Reinhardt, Fritz (1895)

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SA-Obergruppenführer Fritz Reinhardt

Fritz Reinhardt (Lebensrune.png 3. April 1895 in Ilmenau; Todesrune.png 17. Juni 1969 in Regensburg) war ein deutscher Politiker (NSDAP), Steuerfachmann, Gauleiter von Oberbayern, SA-Obergruppenführer, Mitglied des Reichstages und Staatssekretär im Reichsministerium der Finanzen von 1933–1945. Hauptbefehlsleiter Fritz Reinhardt diente dem Vaterland u. a. als Beauftragter für Fragen der Finanz- und Steuerpolitik. Staatssekretär Reinhardt wird in historischen Quellen desöfteren mit Ritterkreuzträger Dr. Reinhardt verwechselt.

Einführende Chronologie

SA-Gruppenführer Fritz Reinhardt
Annelies Reinhardt, die Gattin des Staatssekretär (Aufnahme von 1937)
  • 1919–1924 Direktor der Thüringischen Handelsschule und Akademie für Wirtschaft und Steuern
  • Sachbearbeiter und Steuerbevollmächtigter beim Landesfinanzamt Thüringen
  • ab 1924 Gründer und Leiter der Fernhandelsschule in Herrsching, Gründer der Rednerschule der NSDAP
  • 23. Oktober 1925 Beitritt NSDAP (NSDAP-Nr.: 45.959; er war schon 1923 beigetreten, wurde in Ilmenau aus dem Schuldienst entlassen, verließ die Partei nach der Verfolgungswelle anläßlich des Marsches auf die Feldherrnhalle)
  • 1927 Bezirksleiter der NSDAP Oberbayern-Süd
  • 1. Oktober 1928 bis 14. September 1930 Gauleiter des Gaues Oberbayern der NSDAP
  • seit 1930 Leiter der Reichspropagandaleitung (Reichspropagandaleiter II)
  • 1930–1945 Mitglied des Reichstages (NSDAP)
  • 1. April 1933 bis 8. Mai 1945 Staatssekretär (StS) im Reichsministerium der Finanzen (RFMin) als Nachfolger von Arthur Zarden
    • dem seit 1932 amtierenden und damals noch parteilosen Reichsfinanzminister Lutz Graf Schwerin von Krosigk (1887 - 1977) an die Seite gestellt
    • seit 1934 als Hauptdienstleiter im Stab des Stellvertreters des Führers; er übte die Leitung des Referats Steuer-/Finanzpolitik und Arbeitsbeschaffung aus.
    • zeichnete speziell für die Arbeitsgebiete Steuern, Ausbildung und Prüfung der Finanzbeamten sowie für die Angelegenheiten des Generalinspekteurs des Zollgrenzschutzes verantwortlich; Gründer zahlreicher Reichsfinanz- und Zollschulen
    • Herausgeber der „Reinhardt-Briefe für die Finanzanwärter im Wehrdienst“ und der „Bücherei des Steuerrechts“ sowie der „Deutschen Steuer-Zeitung“
    • das Steueranpassungsgesetz vom Oktober 1934 war Teil des „Reinhardt-Programms“ (Reinhardt-Programm 1933, Reinhardt’sche Steuerreform 1934/36), ...
  • 15. November 1933 SA-Gruppenführer
  • seit 1933 Präsident der Akademie für Deutsches Recht
  • 9. November 1937 Ernennung zum SA-Obergruppenführer, dem Stabe der Obersten SA-Führung zugeteilt
  • um 1941 zugleich Vorsitzender des Aufsichtsrates der Austria Tabakwerke AG Wien und stellv. Vorsitzender des Aufsichtsrates der Reichswerke „Hermann Göring“
  • nach 1945 Verurteilung zu einer Haftstrafe
  • 1949 entlassen

Leben

Jugend

Fritz Reinhardt wurde am 3. April 1895 in Ilmenau in Thüringen geboren und kam nach Ablauf der Bürgerschule sofort in die kaufmännische Lehre. Gleichzeitig mit seiner beruflichen Tätigkeit als kaufmännischer Angestellter besuchte er die Höhere Handelsschule. Den unternehmungslustigen jungen Kaufmann hält es aber nicht lange in der Heimat. Er wollte seinen Blickkreis erweitern und ging bald ins Ausland, nach Osteuropa.

Erster Weltkrieg

In Riga wurde er vom Ausbruch des Ersten Weltkrieges überrascht und wurde als feindlicher Ausländer in Sibirien interniert, er war den ganzen Krieg in Rußland in Gefangenschaft. Während dieser Zeit hatte er Zeit und Muße, sich ganz seinen privatwirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Studien hinzugeben.

Weimarer Republik

Anfang 1919 kam er in die Heimat zurück und wurde wegen seiner großen praktischen Erfahrungen und seines ungeheuren Wissens Direktor der Thüringischen Handelsschule und der Akademie für Wirtschaft und Steuer in Ilmenau. Außerdem wurde er bald zum Steuerbevollmächtigten beim Landesfinanzamt Thüringen ernannt. So gewann er aus der Praxis, aber auch durch eifriges theoretisches Studium, eine gründliche Kenntnis aller betriebswirtschaftlichen, handelsrechtlichen und steuerrechtlichen Fragen. Er gründete 1924 die erste deutsche Fernhandelsschule und leitete an dieser die Ausbildung von Steuerfachleuten. Er wußte aus eigener täglicher Anschauung nur allzu gut, wie schädlich und unübersichtlich das Steuersystem des liberalistischen Staates aufgebaut war. So wuchsen in seinem Geiste schon in dieser Zeit Pläne für eine Reform des deutschen Steuerwesens. Schon ziemlich früh schloß er sich der NSDAP in Thüringen an.

Im Oktober 1925 (nach anderen Quellen 1926) trat er der NSDAP erneut bei und machte durch sein rednerisches Talent und seine Kenntnisse des Wirtschafts- und Steuersystems schnell Karriere. Im gleichen Jahr wurde er Ortsgruppenleiter von Herrsching am Ammersee, 1927 Bezirksleiter von Oberbayern-Süd.

Von 1928 bis 1930 berief ihn Adolf Hitler zum Gauleiter von Oberbayern und gleichzeitig von 1928 bis 1933 zum Leiter der Rednerschule der NSDAP. In dieser Eigenschaft bildete Reinhardt rund 6.000 Parteigenossen der NSDAP zu Rednern aus.

Gleichzeitig hatte er von 1929 an Gelegenheit, als Bürgermeister in Herrsching sich auch als Finanzmann auf dem Arbeitsgebiet der kleinstädtischen Verwaltung zu betätigen.

In Anerkennung seiner Tätigkeit wurde er von Adolf Hitler 1930 zum Amtsleiter der Reichsleitung der NSDAP ernannt. Im Jahr 1930 wurde er auch Mitglied des Reichstages und übernahm in der NSDAP die führende Rolle in Finanzfragen.

Von Oktober 1930 bis März 1931 übernahm er die Schriftleitung des Ingolstädter NS-Kampfblattes Der Donaubote.

Drittes Reich

Er wurde 1933 SA-Gruppenführer und Mitglied im Stab des Stellvertreters des Führers bei Rudolf Heß und arbeitete im Reichsministerium der Finanzen unter Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk.

1937 folgte die Ernennung zum SA-Obergruppenführer.

Maßgeblich war er an der Organisierung der Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen beteiligt, die dann u. a. auch Reinhardtprogramm genannt wurden.

Reinhardt traf die Entscheidungen im Steuerwesen, ihm unterstanden die von ihm ab 1935 eingerichteten Reichsfinanzschulen zur Ausbildung von Steuer- und Zollbeamten und der 1937 gegründete Zollgrenzschutz.

Er war einer der Motoren bei den Programmen gegen die Arbeitslosigkeit, die auch unter dem Namen Reinhardtprogramm bekannt wurden. Auf ihn geht der § 1 des Steueranpassungsgesetzes vom Oktober 1934 zurück, der vorschrieb, daß die Steuergesetze nach nationalsozialistischer Weltanschauung auszulegen waren. Auch in der Folgezeit trugen eine Reihe von Verordnungen und Entscheidungen seine Unterschrift.

Er war Herausgeber der Deutschen Steuerzeitung, die er neben seinen vielen anderen Publikationen den Finanzbeamten zur Pflichtlektüre machte.

Nachkriegszeit

Ab 1945 saß er in alliierter Haft und wurde am 17. Juni 1949 im Entnazifizierungsverfahren als Hauptschuldiger eingestuft und zu vier Jahren Arbeitslager verurteilt. Im Berufungsverfahren Ende 1949 wurde das Urteil bestätigt, die Strafe aber auf drei Jahre reduziert. Ende 1950 wurde das Urteil endgültig bestätigt. Seine bisherige Internierung wurde auf die Strafe angerechnet, womit er sofort frei kam. Bei den Gerichtsverhandlungen sah sich Reinhardt in der Rolle des Finanzexperten, der sich nur den Reichsfinanzen verpflichtet fühlte.

In der Nachkriegszeit war er als Steuerberater und erfolgreicher Fachautor tätig.

Familie

Sein 1941 geborener Sohn Klaus Reinhardt wurde General der neu gegründeten Bundeswehr.

Auszeichnung (Auszug)

Schriften (Auswahl)

  • Kaufmännische Lehre durch Selbstunterricht und Fernunterricht (1917/20), sechsbändiges Werk
  • Fabrikbuchführung (1922)
  • Das Haushaltwesen in Reich, Staat und Gemeinde (1922)
  • Einführung in das Handelsrecht und in das Gesellschaftswesen (1922)
  • Steuerpraxis (1923)
  • Das Sachverständigen-Gutachten (1924)
  • Die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (1927)
  • Die Herrschaft der Börse (1927)
  • Young-Plan - Menschenexport (1929)
  • Hände weg vom Young-Plan. Warum? (1929)
  • Deutschland erwache! (1930)
  • Buchführung, Bilanz und Steuer: Lehr und Nachschlagwerk (1936)
  • Was geschieht mit unserem Geld? (1942)
  • Mehrwertsteuer-Dienst: Kommentar zum Umsatzsteuergesetz (1967)

Literatur

  • Das Deutsche Führerlexikon, Otto Stollberg G.m.b.H., Berlin 1934
  • Männer im Dritten Reich, Orientalische Cigaretten-Compagnie „Rosma“ GmbH, 1934
  • Fritz Reinhardt & Ralf Wittrich (Hrsg.). Die Beseitigung der Arbeitslosigkeit im Dritten Reich. Unter besonderer Berücksichtigung der Aufrüstung. 2010.

Fußnoten