Ritter, Klaus

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Ritterkreuzträger Prof. Dr. Klaus Ritter.jpg

Klaus Ritter (Lebensrune.png 18. September 1918 in Kassel; Todesrune.png 27. Januar 2015 in Hausham) war ein deutscher Offizier der Wehrmacht, Ritterkreuzträger des Heeres im Zweiten Weltkrieg, Geheimdienstmitarbeiter, Politikwissenschaftler und einer der Gründungsväter einer renommierten deutschen Denkfabrik.

Leben

Klaus Ritter wurde am 18. September 1918 in Kassel geboren und entstammt einer Familie des hessischen Bildungsbürgertums. Sein Vater war Dekan und Kirchenrat in Berlin, ein Onkel Orientalist, ein anderer Onkel, Gerhard Ritter, machte sich als Historiker einen Namen. Die Familie zählt auch Melanchthon zu ihren Ahnen.

Wehrmacht

1938 meldete Ritter sich, nach dem Reichsarbeitsdienst im Jahr davor, zum Wehrdienst bei der Wehrmacht. Als junger Hauptmann baute er später im Oberkommando der Wehrmacht einen Stab auf, der die Stärke und den Zustand der sowjetischen Streitkräfte zu analysieren hatte. Im Abwehrkampf auf der baltischen Halbinsel Sworbe gelang es ihm 1944, sich mit seiner Truppe aus der Einkesselung der Roten Armee zu befreien, eine militärische Leistung, für die er mit dem Ritterkreuz ausgezeichnet wurde.

Noch vor Stalingrad machte ihm ein baltendeutscher Offizier klar, daß der Krieg verloren war, er machte diesem klar, daß ein deutscher Offizier bis zuletzt seine Pflicht tut. Er kannte viele Männer der sogenannten Opposition gegen den Nationalsozialismus: von Stauffenberg, Ritter Merz, Stieff, von dem Bussche. Von seinem Regimentskameraden Richard von Weizsäcker erfuhr er 1944, daß „etwas in der Luft lag“. Er ließ sich jedoch nicht beirren, hielt den Avancen stand und erfüllte seinen Eid bis zum letzten Tag im Kampf gegen die blutige Bolschewisierung Europas. Der Philosoph in ihm stellte fest:

„Man kann mit Logik über richtig und falsch entscheiden, aber nicht über die Frage der geschichtlichen Kontingenz.“

Nachkriegszeit

Nach Krieg und Kriegsgefangenschaft studierte er Rechts- und Staatswissenschaften sowie Philosophie in Marburg und Göttingen und schloß 1951 mit der Promotion zum Dr. jur. ab. Seine Dissertation befaßte sich mit Naturrecht und Rechtspositivismus. Nach der Promotion war Dr. Ritter jahrelang in der Organisation „Gehlen“ tätig, aus der 1955 der Bundesnachrichtendienst wurde. Zuletzt war er dort Leiter der politischen Auswertung. Anschließend ging er als Harvard-Stipendiat in die VSA, wo der deutsche Intellektuelle 1959/60 während seines Forschungsaufenthaltes u. a. bei den Professoren Heinz Alfred Kissinger (Rockefeller-Zögling und späterer Friedensnobelpreisträger) und Arnold Wolfers studierte.

Denkfabrik und neue deutsche Weltgeltung

Ritter gehört zu den Gründungsvätern der Arbeitsgemeinschaft „Wissenschaft und Politik“ (AWP),[1] die 1962 von einer Gruppe von Politikern und Wirtschaftsvertretern ins Leben gerufen wurde (1962 zunächst als privatrechtliche Stiftung, die 1965 zum Forschungsinstitut erweitert wurde). Die AWP brachte die Gründung der Stiftung „Wissenschaft und Politik“ (SWP) sowie ihres „Instituts für Internationale Politik und Sicherheit“ auf den Weg, dessen Direktor Prof. Dr. Klaus Ritter von 1962 bis März 1988 war. Dies geschah zur gleichen Zeit, als ein anderer Regimentskamerad, Ewald-Heinrich von Kleist-Schmenzin (Sohn des verurteilten Hochverräters Ewald von Kleist-Schmenzin und selbst Möchtegern-Attentäter gegen Hitler), die Wehrkundetagung in München gründete.

„Kleist sah die Gefahr, die in Deutschlands zentraler Lage lag: Globalstrategisches Schachbrett und potenzielles Schlachtfeld. Aber er verstand auch die Chance, das Gewicht des besiegten und geteilten Deutschland zu verstärken. Es galt, die Deutschen zu Verbündeten und Partnern halbwegs auf Augenhöhe zu machen. Kanzler Adenauer hat durch Vertrauenserwerb und Wiederbewaffnung daran gearbeitet, Ewald von Kleist durch die Gründung der Wehrkunde-Konferenz. [...] Die Bundesrepublik Deutschland aber, so sah Kleist, und er nicht allein, das deutsche Interesse, sollte in den neuen weltpolitischen Gleichgewichten nicht Verlierer sein, sondern Gewinner. Die amerikanische ‚Grand Strategy‘ sollte nicht ohne die Deutschen formuliert werden. Das war die Ausgangslage der ‚Wehrkunde-Konferenz‘. Es war kein Zufall, daß zur selben Zeit aus einer Initiative quer durch die politischen Parteien, von Helmut Schmidt bis Richard von Weizsäcker, die Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen/Isartal ins Leben gerufen wurde, deren erster Direktor Klaus Ritter wie Kleist aus dem IR 9 stammte, von Pullach bis Harvard, im Parlament und in der Wissenschaft weitreichende Verbindungen aktivieren konnte und der deutschen Politik ein Forum wissenschaftlich-systematischer Analyse und Beratung zur Verfügung stellte.“[2]

Von Ritter stammt zum Beispiel der Terminus „systemöffnende Koexistenz“, der Mitte der 1980er Jahre zur gängigen Münze geworden war. Die ersten Politiker im Stiftungsrat waren Kurt Birrenbach, Thomas Dehler, Herbert Wehner und später Helmut Schmidt. Erster Stiftungsratspräsident war General a. D. Hans Speidel. Zu den übrigen Mitgliedern des Gründungskuratoriums zählten Männer wie Werner Heisenberg, Georg Picht, Carl Friedrich von Weizsäcker, Hellmut Becker und Theodor Schieder.

Traueranzeige der Familie

Auftragsarbeiten für das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt, das Bundesministerium für Verteidigung wurden gefertigt, aber auch freies, wiewohl politikbezogenes Schaffen. Klaus Ritter meinte zur politischen Ausrichtung:

„Wir sind sachlich nicht indifferent, doch wir sind parteineutral. Rechts oder links ist mir egal, das Wichtigste ist, daß eine Sache Niveau hat. [...] In 25 Jahren sind wir nie in den Spiegel gekommen.“

Das inzwischen als „Denkfabrik“ eingeordnete Forschungsinstitut rühmte sich unter Ritter stets seiner weitgehenden Unabhängigkeit (und tut dies immer noch), die aber eingedenk der Tatsache, daß ein Großteil des Etats aus dem Haushalt des Bundeskanzleramtes (nach Entscheidung von Bundeskanzler Ludwig Erhard) kam, anzuzweifeln war. Ritter vertrat die Meinung:

„Aufgabe der Wissenschaft ist es, der Politik aus dem Labyrinth herauszuhelfen, in dem sie sich immer wieder verläuft.“[3]

Zu seinem 90. Geburtstag veranstaltete die „Stiftung Wissenschaft und Politik“ am 23. September 2008 eine würdige Feier für den „Vater des Institutes“ Ritter in Berlin. Der aktuelle und vorherige Vorstandsvorsitzende der SWP und Direktor des Institutes, Prof. Dr. Volker Perthes und Dr. Christoph Bertram hielten Reden, Dr. Thomas de Maizière, Chef des Bundeskanzleramtes und Vizepräsident des Stiftungsrates, die Laudatio.[4]

Tod

Hauptmann a. D. Prof. Dr. Klaus Ritter starb nach einem reich erfüllten Leben am 27. Januar 2015 im Krankenhaus Agatharied in Hausham im oberbayerischen Landkreis Miesbach. Der Witwer hinterließ mehrere Kinder, Enkelkinder und Urenkelkinder. Er wurde am 6. Februar 2015 auf dem Waldfriedhof in Gauting nördlich des Starnberger Sees, wo er zuletzt wohnhaft war, beigesetzt.

Auszeichnungen (Auszug)

Literatur

  • Albrecht Zunker: Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) – Entwicklungsgeschichte einer Institution politikbezogener Forschung, Berliner Wissenschaftsverlag (BWV), 2007, ISBN 9783830514749

Fußnoten

  1. Die AWP firmiert mittlerweile als „Forum Ebenhausen e. V. – Freundeskreis der Stiftung Wissenschaft und Politik“ und ist Treffpunkt für den sachorientierten Trialog zwischen Wirtschaft, Politik und Wissenschaft.
  2. Was Wehrkunde mit Münchens Fasching zu tun hatDie Welt
  3. Eine Denkfabrik feiert Geburtstag: Politikberatung in Deutschland – Seit 25 Jahren leitet Klaus Ritter die Stiftung Wissenschaft und Politik in Ebenhausen
  4. Klaus Ritter zu seinem 90. Geburtstag