Wissmann-Truppe

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Uniformen der Wissmann-Truppe in Deutsch-Ostafrika, später kam z. B. der Schutztruppenhut hinzu

Die Wissmann-Truppe des Reichskommissars Hermann von Wissmann wurde 1889 aus deutschen und afrikanischen Soldaten aufgestellt, um die mörderische Sklavenhändlerrevolte in Deutsch-Ostafrika unter Führung von Abushiri ibn Salim al-Harthi gegen die berechtigten Herrschaftsansprüche der Deutsch-Ostafrikanische Gesellschaft (DOAG) zu brechen. Die Freiwilligenarmee wurde ab 1891 zum Vorbild und Kern der Kaiserlichen Schutztruppe.

Geschichte

Kommandant Hermann von Wissmann (Mitte), links von ihm sein Stellvertreter Dr. Karl Wilhelm Schmidt, rechts von ihm Karl Friedrich Freiherr von Gravenreuth und weitere Offiziere der Schutztruppe in Ostafrika
Hermann von Wissmann und die Sklavenbefreiung
Offiziere und Mannschaften der Wissmann-Truppe bei der 25-Jahresfeier 1914

Wissmann hatte im Auftrag der Reichsregierung zunächst im Februar 1889 61 deutsche Offiziere und Unteroffiziere angeworben und auf den Weg nach Sansibar gesandt. Er selber machte in Ägypten Station, wo er, begleitet von seinem Adjutanten Oberleutnant Dr. phil. Theodor Bumiller (1864–1912) und dem Chefarzt Stabsarzt Dr. med. Karl Wilhelm Heinrich Schmelzkopf (1848–1889), etwa 600 Soldaten anwarb. Die meisten von ihnen stammten aus sudanesischen Regimentern der angloägyptischen Armee, die damals gerade aufgelöst wurden.

Auf sie wurden die ursprünglich osmanischen Rangbezeichnungen angewendet: Ombascha (Gefreiter), Schausch (Unteroffizier), Betschausch (Sergeant, Unterfeldwebel), Sol (Feldwebel) und Effendi (Offizier). Insgesamt wurde für die afrikanischen Soldaten der aus dem Arabischen stammende Begriff Askari gebraucht. Ebenfalls aus der osmanischen Tradition von Wissmanns Söldnern stammte der Tarbusch als Bestandteil der Uniform.

Eine zweite Gruppe von afrikanischen Söldnern in Wissmanns Truppe waren anfänglich 100 Zulu, die im südlichen Mosambik durch Hans von Ramsay angeworben worden waren. Außerdem wurde eine kleine Gruppe von ostafrikanischen Askaris übernommen, die zuvor im Dienste der DOAG gestanden hatten.

Struktur

Wissmann-Denkmal in Dar-es-Salaam (1908–1918)

Somit war eine in vielen Kolonialarmeen übliche Struktur angelegt: Weiße Offiziere und Unteroffiziere kommandierten farbige Mannschaften, zuweilen „Reichsneger“ genannt. Einheimische Unteroffiziere ergänzten die Führung, ohne den deutschen Dienstgraden gleichgestellt zu sein. Wissmann hatte auch einige ehemalige ägyptisch-osmanische Offiziere angeworben, die den ebenfalls osmanischen Rang eines Effendi führten, unter ihnen ein Grieche und ein Armenier, die gleichwohl als Farbige eingestuft und besoldet wurden. Sie galten deutschen Soldaten gegenüber nicht als Vorgesetzte.

Vor dem Ersten Weltkrieg wurden keine Anstellungen bzw. Beförderungen zum Effendi mehr vorgenommen, die vorhandenen Effendis blieben bis zum Ende der jeweiligen Dienstzeit aktiv. Während des Weltkrieges wurden wieder Beförderungen zum Effendi ausgesprochen.

Unternehmen gegen die Sklavenhändler

Am 8. Februar 1889 begann Wissmann mit Genehmigung der ägyptischen Regierung die Anwerbung mehrerer hundert demobilisierter sudanesischer Soldaten der anglo-ägyptischen Armee, die durch den Mahdi-Aufstand nicht mehr in ihre Heimat im Südsudan zurückkehren konnten. Dieser Tag ist gemäß A.K.O. (Allerhöchster Kabinettsorder) vom 16. September 1911 der Stiftungstag der späteren Kaiserlichen Schutztruppe. Als Gegengewicht gegen die rein mohammedanischen Söldner aus dem Sudan wurden in Portugiesisch-Ostafrika (Mosambik) noch etwa zweihundert Zulus angeworben.

Bevor die Uniformen geliefert werden konnten, handelte es sich um eine wahrhaft bunte Schar, zumal die Sudanesen auch noch ihre Frauen und Kinder mitbrachten. Ein zeitgenössischer Chronist beschrieb den Anblick folgendermaßen:

Die Kleidung bestand im Anfang aus allen nur denkbaren Toilettenstücken des Occidents und Orients. Fetzen von unbestimmbarer Form, Hosen, alte Plätthemden, arabische Tücher und Kaftane, Turban, Fez und Zylinder, türkische Pluderhosen und karierte Gigerl-Unaussprechliche, alles war vertreten und bot oft einen unsäglich lächerlichen Anblick, der noch dadurch erhöht wurde, daß im Anfang wegen mangels an Gewehren mit Stöcken exerziert wurde.[1]

Nach der Einkleidung hielten die Sudanesen ihre Uniformen in tadellosem Zustand, während die Uniformen der kleidungsungewohnten Zulus nach kurzer Zeit wieder trostlos aussahen. Auch ließ man die Zulus barfuß gehen, weil sie sich an Schuhe nicht gewöhnen konnten. Trotz aller Schwierigkeiten gelang es Wissmann in kürzester Zeit aus Sudanesen und Zulus eine schlagkräftige Truppe zu machen, die zu Beginn der Operation im Jahr 1889 folgenden Bestand hatte:

I. an Deutschen:

  • 1 Kommandant (der Reichskommissar Hauptmann Wissmann selbst, seit November 1889 Major),
  • 8 Chefs (Chef = Hauptmann), darunter 1 Chefarzt (Stabsarzt Dr. Carl Heinrich Schmelzkopf)
    • die meisten Chefs verfügten bereits über afrikanische Erfahrung,
  • 13 Leutnants (zumeist direkt aus den heimischen Armeen übernommen),
  • 1 Arzt (Assistenzarzt Dr. Paul Kohlstock),
  • 7 Proviantmeister,
  • 56 Unteroffiziere (einschl. Sanitätspersonal),

II. an Negern, Arabern und Osmanen:

  • 6 Sudanesenkompanien zu 100 Mann,
  • 30 Sudanesen als Artilleristen,
  • 1 Zulukompanie zu 100 Mann (später um 1 Kompanie erweitert),
  • 1 Zug landeseingeborene Askaris: 80 Mann,
  • 40 Somalis,
  • 2 türkische Polizeihauptleute,
  • 20 türkische Polizisten.
  • eine unbestimmte Anzahl Träger

Die Bewaffnung der farbigen Soldaten bildete die Jägerbüchse bzw. Kavalleriekarabiner M/71 und Seitengewehr 71/84. Die Artillerie der Truppe bestand aus 12 leichten Feldgeschützen, die aber wegen der Eigenarten des Geländes und des Mangels an Transportmitteln nur zur Armierung der Stationen zu gebrauchen waren:

  • 1 Maschinengewehr
  • 1 6-cm-Berggeschütz
  • 6 4,7-cm-Schnellfeuergeschütze

Alle Angehörigen der Truppe, Farbige wie Weiße, waren auf Wissmann vereidigt und nicht etwa auf den deutschen Kaiser oder das Deutsche Reich. Das galt auch für die europäischen Offiziere und Unteroffiziere, die soweit sie dem deutschen Reichsheer angehörten, aus diesem ausschieden. Lediglich von Wissmann blieb als Major à la suite (= ehrenhalber) Angehöriger der preußischen Armee.

Ausgang

Der Aufstand konnte bis 1890 erfolgreich niedergeschlagen werden und die Wissmann-Truppe wurde durch Gesetz vom 22. März 1891 als Kaiserliche Schutztruppe in den Reichsdienst übernommen, nachdem das Deutsche Reich anstelle der D.O.A.G. die hoheitlichen Aufgaben übernommen hatte.

Am 1. April 1891 wurde Emil von Zelewski neuer Kommandeur (Oberführer), nach dessen Tode dann August Rochus Schmidt.

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. Paul Reichard: Deutsch-Ostafrika – Das Land und seine Bewohner, seine politische und wirtschaftliche Entwickelung, Springer-Verlag (1892), S. 156–157