Hoppe, Hans-Hermann
Hans-Hermann Hoppe ( 2. September 1949 in Peine) ist ein deutscher Volkswirt der sog. Österreichischen Schule der Nationalökonomie, emeritierter US-Hochschullehrer sowie Publizist. Er sieht sich als kulturell konservativer Libertärer und als Vertreter des Anarchokapitalismus.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Beide Elternteile Hoppes waren Vertriebene aus dem Osten. Hoppe studierte Philosophie, Soziologie, Geschichte und Volkswirtschaftslehre an der Universität des Saarlandes (Saarbrücken), der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt am Main und der Universität von Michigan. Er wurde 1974 in Frankfurt promoviert[1] und 1981 habilitiert.
Hoppe war von 1986 bis zu seiner Emeritierung 2008 Professor für Volkswirtschaftslehre an der staatlichen Universität von Nevada in Las Vegas und gehört dem Ludwig von Mises Institute in Auburn (Alabama, USA) an. Er gründete 2006 den Verein Property and Freedom Society.
Denken
Hoppe ist ein Befürworter ethischer Naturrechte mit Selbsteigentum und Privateigentum und folgt darin vor allem der anarchokapitalistischen Schule des Juden in den USA Murray Rothbard, seines Mentors und Freundes. Die Rechtfertigung seiner Ethik stützt sich zudem auf den Theoretiker Jürgen Habermas, dessen Student Hoppe war und der auch Hoppes Dissertation betreute. Bei seinem Buch Demokratie. Der Gott, der keiner ist handelt es sich um eine weitgehend unsystematische Kritik der Demokratie und des demokratischen Staates. Weder in der Familie, noch in der Kirche, nicht in der Wissenschaft oder in der Wirtschaft gebe es Demokratie. Hoppe selbst befürwortet „Freiheit statt Demokratie“.
Für Hoppe als Vordenker des Anarchokapitalismus ist der Staat keine moralische Institution. Zudem sieht er in der Demokratie einen zivilisatorischen Abstieg gegenüber der Monarchie, auch wenn er weder die eine, noch die andere, noch irgendeine Staatsform für ethisch gerechtfertigt hält.[2] In Demokratien kommt es zu einer höheren Zeitpräferenz der staatlichen Ausgaben, weil Legislaturperioden und wechselnde Machtverhältnisse die Regierungen dazu animieren, mehr Geld auszugeben, um ihre Ziele rechtzeitig umzusetzen und um wiedergewählt zu werden. Da Monarchen nicht unter diesem Druck stehen und ihr Land und ihre Menschen als Eigentum betrachten können, gingen Monarchen pfleglicher mit den knappen Ressourcen ihres Landes um. Für Hoppe ist daher eine Monarchie das geringere Übel gegenüber einer Demokratie. In einer Monarchie sei der Staat im Privatbesitz und der Monarch habe ein persönliches Interesse am Wohlergehen seines Besitzes, während dies bei Politikern und Beamten in einer Demokratie nicht der Fall sei.[3]
Hoppe ist es auch ein Anliegen, christliche Ansichten zu verbreiten.[4]
Die natürliche Ordnung
In der natürlichen Ordnung, die Hoppe beschreibt, sind Privateigentum, Produktion und freiwilliger Tausch die letzten Quellen menschlicher Zivilisation.[5] Diese natürliche Ordnung muß durch eine natürliche Elite aufrechterhalten werden. Diese Elite kommt durch freiwillige Anerkennung ihrer Autorität in ihre Position und nicht durch politische Wahlen oder adelige Herkunft.[6] Hoppe vertritt die Auffassung, daß aufgrund „überlegener Leistungen hinsichtlich Vermögen, Weisheit, Mut oder einer Kombination davon“ in jeder Gesellschaft einige Individuen ‚natürliche Autorität‘ erlangen und ihre Meinungen und Urteile weitreichenden Respekt genießen. Darüber hinaus würden in einer natürlichen Ordnung, „als Ergebnis selektiver Paarung und Ehelichung sowie der Gesetze bürgerlicher und genetischer Vererbung, die Positionen natürlicher Autorität wahrscheinlich von den Mitgliedern weniger ‚adeliger‘ Familien eingenommen und innerhalb dieser Familien weitergegeben.“ Nach Hoppes Auffassung, die unter Anarchokapitalisten allerdings umstritten ist, könnten es die Oberhäupter solcher Familien, die in einer anarchokapitalistischen Gesellschaft als Richter und Friedensstifter wirken, „oft kostenlos, aus einem von einer Autoritätsperson verlangten und erwarteten Pflichtbewußtsein heraus oder gar aus prinzipieller Sorge um Gerechtigkeit als privat produziertes ‚öffentliches Gut‘.“[7] Des weiteren sieht Hoppe die Möglichkeit, rechtlichen Streit, insbesondere in komplizieren Fällen, durch private Schlichtungsorganisationen klären zu lassen.
Das Privateigentum
Hoppe verteidigt in allen seinen Schriften mit Nachdruck das Privateigentum und setzt sich für eine „Privatrechtsgesellschaft“ ein. Ein Privateigentümer müsse auch ein „Recht auf Ausschluß, Exklusivität, Diskriminierung und Verbannung“ haben. Hoppe argumentiert, daß zum Beispiel eine Privatarmee selbstverständlich „gegen Frauen und bekennende Homosexuelle diskriminieren“ würde, da „die Gegenwart von Frauen und offen Homosexuellen in Kampfverbänden“ kontraproduktiv sei. Auch sei „das öffentliche Anpreisen des homosexuellen Lebensstils […] mit einer familien-basierten, auf ihren eigenen Fortbestand gerichteten natürlichen Ordnung unvereinbar“.[8]
Dagegen hält Hoppe die Idee intellektueller Eigentumsrechte (beispielsweise Patente, Marken, Urheberrecht) für „falsch, verworren und gefährlich“. Seine Bücher, auch ein solches, in dem er diese Ansicht äußert[9], werden indes unverändert mit dem Vermerk „Alle Rechte vorbehalten“ vertrieben.
Über die demokratischen Vorurteile
Hoppe ist auch der Meinung, die Französische Revolution gehöre „in dieselbe Kategorie von üblen Revolutionen wie die bolschewistische Revolution“. Wir verdankten der Französischen Revolution „Königsmord, Egalitarismus, Demokratie, Sozialismus, Religionshaß, Terror, Massenplünderung, -vergewaltigung und -mord, die allgemeine militärische Zwangsverpflichtung und den totalen, ideologisch motivierten Krieg“.[10]
In dem Buch Der Wettbewerb der Gauner. Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft (2012) kommt Hoppe zu der Ansicht, durch Massenwahlen werde eine institutionalisierte Kleptokratie (Herrschaft der Selbstbereicherer) begünstigt, die kaum oder keine Hemmungen habe, das Eigentum anderer Menschen zu entwenden. Der demokratische Staat operiere als ultimativer Rechtsmonopolist in einem vertragslosen rechtlichen Vakuum, denn eine vertragliche Unterwerfung aller unter den Staat, wie ihn Thomas Hobbes und Jean-Jacques Rousseau fingierten und proklamierten, habe es faktisch nie gegeben. Infolge übergroßer Schuldenmacherei auf Kosten Anderer, sei die Zeit der großen Demokratien in naher Zukunft abgelaufen. Sie könne in einem neuen Totalitarismus oder in einer Privatrechtsgesellschaft enden.[11]
Privates
Hoppe hat zwei erwachsene Kinder. Er lebt mit seiner heutigen Frau, der Türkin Guelcin Imre, in Istanbul.
Zitate
- „Die Idee der Demokratie muss ins Lächerliche gezogen werden: Sie ist nichts anderes als Pöbelherrschaft, die sich als Gerechtigkeit ausgibt. Als Demokrat bezeichnet zu werden, muss als schlimmstes aller Komplimente angesehen werden!“[12]
- „Die Intelligenz von [demokratischen] Politikern ist also die Intelligenz von moralisch skrupellosen Demagogen und gerissenen Gaunern und deshalb geht von ihnen und ihrem Schmarotzertum eine unvergleichlich viel größere Gefahr für alle Produzenten aus, als von den intellektuell unterprivilegierten schmarotzenden Unterklasslern.“[13]
- „Egalitarismus hat Demokratie zur Folge, Demokratie führt zu Sozialismus, Sozialismus endet in wirtschaftlichem Ruin, und demokratischer Sozialismus in multikulturellen Gesellschaften bringt Tod und Völkermord.“[14]
Veröffentlichungen
- Eine kurze Geschichte der Menschheit: Fortschritt und Niedergang. Lichtschlag Medien und Werbung, 2015. ISBN 978-3939562337
- Ökonomik als Wissenschaft und die Methode der Österreichischen Schule. mises.at, 2015. ISBN 978-3902639295
- Der Wettbewerb der Gauner: Über das Unwesen der Demokratie und den Ausweg in die Privatrechtsgesellschaft, Holzinger Hubert W. 2012, ISBN 978-3926396587
- Produzenten gegen Parasiten: Aufruf zum Klassenkampf (2012)
- Staat oder Privatrechtsgesellschaft (2010)
- Sozialismus oder Kapitalismus, Verlag Axel Schernhammer, Wien 2005 (Vergriffen; Bestellmöglichkeit [2]).
- Demokratie. Der Gott, der keiner ist. Waltrop/Leipzig 2003, ISBN 3-933497-86-8.
- Privateigentum: Die Grundlage der Gerechtigkeit und des Wohlstands Beitrag in: Roland Baader, ed., Die Enkel des Perikles. Liberale Positionen zu Sozialstaat und Gesellschaft (München: Resch, 1995)
- Eigentum, Anarchie und Staat. Studien über die Theorie des Kapitalismus, Opladen 1987. (PDF-Datei; 1,39 MB)
- Kritik der kausalwissenschaftlichen Sozialforschung: Untersuchungen zur Grundlegung von Soziologie und Ökonomie, Opladen 1983. (PDF-Datei; 6,2 MB)
- Handeln und Erkennen, Bern 1976.
- Englischsprachig
- Getting Libertarianism Right, Ludwig von Mises Institute, 2018, ISBN 978-1610166904
- On the Corona Panic and Other Insanities, 4. August 2021 – geht auch auf Zivilinvasion und Gleichmacherei ein
Siehe auch
Literatur
- Josef Schüßlburner: Zur Hoppe-Kontroverse: Die Unvermeidbarkeit der Macht. Über die Unmöglichkeit der Anarchie und Auswege durch Staatenpluralismus. In: eigentümlich frei, Juli/August 2006, S. 49-51
- Manfred Kleine-Hartlage: Die liberale Gesellschaft und ihr Ende. Über den Selbstmord eines Systems. Verlag Antaios, Schnellroda 2013, ISBN 978-3-944422-30-5
- Olaf Baale: Die Verwaltungsarmee. Wie Beamte den Staat ruinieren. dtv, München 2004, ISBN 3-423-24412-7
Verweise
- An Open Letter to Walter E. Block, lewrockwell.com, 31. Januar 2024 – zur Unvereinbarkeit einer libertären Haltung mit der Unterstützung Israels bezüglich Gebietsansprüchen und deren kriegerische Durchsetzung in Palästina
- „Steuern sind Diebstahl“, mises.de.org, 3. April 2012; ausführlicher: Vom moralischen und wirtschaftlichen Wohl der Steuerhinterziehung, misesde.org, 11. November 2022
- On the Corona Panic and Other Insanities, 4. August 2021 – geht auch auf die Zivilinvasion und auf Gleichmacherei ein
- Die EU: Ökonomisch und moralisch pervers, Gespräch mit der polnischen Wochenzeitschrift Najwyzsy Czas!, 10. August 2016
- „Steuern sind Enteignung“, Gespräch mit der Wirtschaftswoche, 4. Januar 2014
- Bücher, Artikel, Übersetzungen und Interviews in deutscher Sprache auf seiner Netzpräsenz
- Netzpräsenz der von Hans-Hermann Hoppe gegründeten Property and Freedom Society
- Artikel von Hans-Hermann Hoppe auf LewRockwell.com (englisch)
Filmbeiträge
- Hans-Hermann Hoppe: Der Staat, Youtube-Veröffentlichung, Dauer: 50:03 Min. – Seminarvortrag aus dem Jahr 2015, zu wesentlichen Merkmalen von Staat und Demokratie