Harbou, Bodo von

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Militärbefehlshaber Alexander von Falkenhausen (links) und Oberst i. G. Bodo von Harbou (Mitte).

Bodo Christian Anton Mogens von Harbou und von der Hellen (Lebensrune.png 12. Dezember 1880 in Stollhamm bei Nordenham; Todesrune.png Freitod 22. Dezember 1943 in Berlin)[1] war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres, der Vorläufigen Reichswehr und der Wehrmacht, zuletzt Oberst im Generalstab des Heeres der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.

Werdegang

Großvater Dr. jur. Andreas Paul Adolph von Harbou (1809–1877)
Onkel und Namensgeber Marine-Ober-Assistenzarzt Dr. med. Bodo Julius Ernst von Harbou (1860–1889)
Auf der Gedenktafel an der Kirche in Henfstädt, Thüringen, wo die Familie von Harbou bis zur Enteignung 1945 lange das Gut mit Schloß besaß, wird Bodo von Harbou als „gefallen“ geführt.
  • 1880 geboren als Sohn des Arztes sowie Stabsarztes der Landwehr Dr. med. Christian Bernhard Gustav von Harbou (1845–1892) und dessen Gemahlin aus Bremerhaven Elisabeth „Lili“ Dorothea, geb. Claussen (1856–1927); den Namen Bodo erhielt er zu Ehren seines Onkels, dem Sanitätsoffizier der Kaiserlichen Marine Dr. med. Bodo Julius Ernst von Harbou (Lebensrune.png 20. Februar 1860; Todesrune.png 27. November 1889).
    • Sein Großvater war der Sachsen-Meiningische (von Herzog Bernhard ernannt) und später Fürstlich Reußische Staatsminister Dr. jur. Andreas Paul Adolph Harbou, später von Harbou[2] (1809 1877); sein älterer Bruder war Adolph Georg Daniel von Harbou und von der Hellen (Lebensrune.png 30. März 1879 in Stollhamm bei Oldenburg), der als Hauptmann und Kompaniechef, später Bataillonsführer mehrfach dekoriert und verwundet im Ersten Weltkrieg und als Major am 9. April 1920 mit Pension aus der Vorläufigen Reichswehr verabschiedet wurde und später als Industriebeamter in Hamburg tätig war.
  • 20. März 1899 Eintritt in das Oldenburgische Infanterie-Regiment Nr. 91
  • 1908 bis 1911 Besuch der Kriegsakademie, zu seinen Hörsaalkamerdane gehörte Paul Hausser
  • 19. August 1909 Oberleutnant
  • 1. Oktober 1913 Hauptmann i. G.
    • 1914 tat er sich mit Max Bauer im August 1914 bei der erfolgreichen Eroberung von Lüttich hervor und erhielt dafür „das erste Eiserne Kreuz aus der Hand des Kaisers“, wie die Presse meldete.
    • 1917 bis 1919 in der Operationsabteilung des Chefs des Generalstabs des Heeres
  • 22. März 1918 Major i. G.
    • Adjutant von Erich Ludendorff
    • 1918 zugleich Mitglied der Friedenskommission
    • Anfang September 1918 war er, inzwischen in der OHL als Wirtschaftssachverständiger tätig, beteiligt an Besprechungen zwischen Reichspräsidenten von Hindenburg, den Sozialdemokraten vertreten durch Friedrich Ebert, Oberst Max Bauer und anderen Vertretern des Heeres sowie mit Vertretern der Unternehmen Krupp, Stinnes und Ballin zur Frage eines Regierungswechsels unter Führung der Sozialdemokraten. Ebenfalls eingebunden war er in die Gespräche und Verhandlungen im Großen Hauptquartier in Spa, die schließlich zur Entmachtung von Kaiser Wilhelm II. und zum Waffenstillstand führten. Von Harbou erreichte, dass Ebert dem „Einzug“ des Heeres in Berlin zustimmte. Entsprechend von Harbous Planung als Stabschef von Lequis marschierten Mitte Dezember 1918 neun Felddivisionen aus verschiedenen Himmelsrichtungen auf Berlin zu. Das Unternehmen scheiterte, weil Soldaten den Gehorsam verweigerten. Auch einige Tage später während der Weihnachtskämpfe vermittelte von Harbou zwischen OHL und Sozialdemokraten.
  • Nach seinem Ausscheiden aus dem Militär war Major i. G. a. D. Harbou unter anderem als Geschäftsführer im Deutschen Stickstoffsyndikat (Reichsstickstoffsyndikat) tätig.
    • Die Stickstoffsyndikat GmbH wurde 1919 gegründet und war ab 1925 eine der vier Verkaufsgemeinschaften der I.G. Farben. Ziel des Syndikats war die vom Ausland unabhängige Versorgung des Deutschen Reichs mit Vorprodukten für die Herstellung sowohl von Sprengstoff und als auch von mineralischem Dünger.
  • 1920 Mitglied der „Donnerstag-Gesellschaft“[3], die im November 1920 von Joachim von Stülpnagel und Friedrich Wilhelm Freiherr von Willisen gegründet wurde.
  • 1932 Als die Regierung Franz von Papen nach ihrem Sturz am 12. September 1932 über die Finanzierung des kommenden Reichstagswahlkampfs beriet, wurde von Harbou als Spendenorganisator empfohlen.
  • 1939 als Major i. G. reaktiviert
    • von Harbou wurde Chef des Kommandostabes bei Alexander von Falkenhausen, dem Militärbefehlshaber für Belgien und Nordfrankreich, in Brüssel, und dort dann zum Oberst i. G. befördert.
      • Die Behörde von Falkenhausens gliederte sich funktional in einen militärischen Kommandostab und einen administrativen Militärverwaltungsstab. Der Kommandostab, an dessen Spitze der Chef des Generalstabes, Major Bodo von Harbou, stand, war für die Betreuung der Truppe und rein militärische und sicherheitspolitische Aufgaben zuständig. Chef des Verwaltungsstabes (Militärverwaltungschef) und damit die eigentliche Schaltstelle der deutschen Militärverwaltung war Eggert Reeder.

Tod

Gegen Oberst i. G. von Harbou wurde vom Sicherheitsdienst wegen des Verdachts der Unterschlagung, von Schwarzmarkt-Geschäften und Devisenvergehen ermittelt. Unter dem Vorwurf der Wehrkraftzersetzung erfolgte am 16. Dezember 1943 seine Verhaftung durch den SD. Vom Kriegswehrmachtsgefängnis Brüssel aus wurde er nach Deutschland verbracht. In der Berliner Untersuchungshaft nahm von Harbou sich wenige Tage später das Leben. Es ist zwar möglich, daß er Kontakt zum Verschwörerkreis um Carl-Heinrich von Stülpnagel (mit dem er befreundet war) hatte. Versuche aber, ihn in der Nachkriegszeit als „Widerstandskämpfer“ darzustellen, der am „29. Juli 1944 hingerichtet wurde“, sind hanebüchen und frei erfunden.

Familie

Bodo von Harbou war mit Margarete Erica Cornelia, geb. Zaddach (1885–1968) verheiratet. Deren Sohn war Dr. jur. Mogens Hans Dietrich von Harbou und von der Hellen, der 18. Dezember 1946 im US-amerikanischen Internierungslager Dachau den Freitod wählte, da er als einstiger Kreishauptmann an die Polen ausgeliefert werden sollte. Verheiratet war er von 1933 bis 1936 mit Marie Luise, geb. Freiin von Hammerstein-Equord und ab 1938 mit Lili von Ribbeck.[4]

Auszeichnungen

Fußnoten

  1. zu Geburts- und Todesdatum finden sich widersprüchliche Angaben; hier verwendet sind die von seinem Enkel Knud von Harbou genannten Todesdatum sowie die Geburtsdatum und –Ort nach Peter Broucek (Hrsg.): Ein General im Zwielicht. Die Erinnerungen Edmund Glaises von Horstenau. Band 1: K.u.k. Generalstabsoffizier und Historiker. Böhlau, Wien 1980, ISBN 3-205-08740-2, S. 326, Matthias Graf von Schmettow, Ingrid Gräfin von Schmettow (Hrsg.): Gedenkbuch des deutschen Adels: Nachtrag. C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1980, S. 18 und H. R. Hiort–Lorenzen und A. Thiset: Danmarks adels aarbog 1889, S. 187.
  2. Regierungsrat Harbou wurde 1848 zu Beginn der Schleswig-Holsteinische Erhebung von der Provisorischen Regierung zusammen mit dem stellvertretenden Gouverneur Jacobsen zum Obersten Regierungskommissar in Schleswig ernannt. Durch die revolutionären Ereignisse im März 1848 hofften sie auf die deutsche Einheit und die Lösung der schleswig-holsteinischen Frage im deutschen Sinne. Von August desselben Jahres bis 1851 war Harbou Abteilungschef der Regierung von Kiel für das Inland sowie von März 1848 bis Juni 1850 in Frankfurt am Main beim Deutschen Bund etwa zwei Jahre für das Ausland. Er wurde 1848 in Husum als Mitglied der Landesversammlung gewählt. Von der Amnestie vom 29. März 1852 wurde er ausdrücklich ausgenommen, da er sich für die deutsche Sache einsetzte, auch sein Ritterkreuz des Danebrogordens wurde ihm aberkannt. Er war zwar ein geborener Kopenhagener (Lebensrune.png 3. Februar 1809) aus dem Königreiche Dänemark und späterer reußischer Staatsminister, wurde aber auf Initiative des Erbprinzen Heinrich XIV. Reuß jüngere Linie 1862 der aus der liberalen Bewegung Schleswig-Holsteins hervorgegangene, bisherige meiningische Staatsminister (1859 Großkreuz des Herzoglich Sachsen-Ernestinischen Hausordens) mit der Leitung des Staatsministeriums in Gera beauftragt. Harbou verstarb am 24. Juni 1877 in Gera. Im Jahr 1892 wurde die spätere Florian Geyer Straße (benannt nach einem Lutheraner) in „Harboustraße“ benannt.
  3. Die Donnerstag-Gesellschaft tagte allmonatlich und bestand aus handverlesenen Generalstabsoffizieren der ehemaligen OHL, so z. B. Bodo von Harbou und Erich von dem Bussche-Ippenburg, sowie ausgewählte Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft.
  4. Mogens Hans Dietrich von Harbou heiratete am 4. März 1933 in Berlin die Jurastudentin Marie-Luise Freiin von Hammerstein-Equord (1908–1999), Tochter des Kurt von Hammerstein-Equord und schon in der Schulzeit Mitglied der KPD. Die Ehe wurde bereits drei Jahre später am 22. Dezember 1936 in Berlin geschieden. Am 12. August 1938 heiratete er in Berlin-Zehlendorf Luise „Lili“ Adelheid Hildegard von Ribbeck (1914–1985). Eines der drei gemeinsamen Kinder war Mogens Erik von Harbou (1941–1983), ein anderer der Journalist, Germanist und Historiker Knud von Harbou (Lebensrune.png 1946 in Bremen), der u. a. für die Süddeutsche Zeitung sowie als Universitätsdozent tätig war und eine Biographie über Franz Josef Schöningh verfaßt hat.