Amt „Blank“
Das Amt „Blank“ (auch Dienststelle „Blank“ genannt) war von Oktober 1950 bis 1955 die Vorgängerinstitution des Bundesministeriums der Verteidigung der Bundesrepublik Deutschland und unterstand direkt dem Bundeskanzler. Die offizielle Bezeichnung lautete „Dienststelle des Bevollmächtigten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“. Behördenleiter war zunächst Theodor Blank, der von 1955 bis 1956 erster Bundesminister für Verteidigung war.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Dienststelle „Schwerin“
Bereits von Mai bis Oktober 1950 hatte Gerhard Graf von Schwerin Bundeskanzler Konrad Adenauer in sicherheitspolitischen Fragen beraten und Vorbereitungen für den Aufbau eines zukünftigen Verteidigungsministeriums getroffen. Hierfür wurde die Dienststelle Schwerin mit der Tarnbezeichnung Zentrale für Heimatdienst (ZfH) gebildet (nicht zu verwechseln mit der Bundeszentrale für Heimatdienst).
- „Die Perzeption der deutschen Militärgeschichte nach dem 8. Mai 1945 zeigt, trotz des eklatanten historischen Bruchs, eine Kontinuität der beteiligten Personen aus Politik und Wehrmacht. Zwar galt es, durch die Auflagen der Siegermächte bzw. die persönliche Situation in der Nachkriegszeit, für das alte Offizierkorps ein begrenztes zeitliches Vakuum zu überstehen, aber die Wiederbewaffnung war schon wenige Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ein Kernpunkt der deutschen Sicherheitsüberlegungen. Daher suchte Bundeskanzler Adenauer in Absprache mit den Alliierten 1950 einen ‚sachverständigen Berater für militärische Angelegenheiten und Sicherheitsfragen‘. […] Dessen Aufgabe sollte primär in der Suche nach praktikablen Lösungen für die Sicherung und die Verteidigung des Staatsgebiets der Bundesrepublik bestehen, denn die Furcht vor einer sowjetischen Invasion oder vor provozierenden territorialen Übergriffen der DDR, hing 1949/50 über der Bundesregierung. Die Erfahrung des Terrors durch die Sowjetarmee im letzten Kriegsjahr 1944/45 und die Befürchtung neuer unkontrollierbarer Fluchtbewegungen der deutschen Bevölkerung im Konfliktfall spielten dabei die wesentliche Rolle. Die Wahl des Bundeskanzlers fiel auf General a. D. Gerhard Graf von Schwerin. […] Adenauers Überlegungen gingen damals vermutlich weniger von einer selbständigen Sicherheitspolitik oder einer zukünftigen NATO-Beteiligung der Bundesrepublik aus, sondern waren vielmehr von den Befürchtungen durch die latente sowjetische Bedrohung und einen möglichen Verteidigungsfall entlang der innerdeutschen Grenze zur damaligen Ostzone bestimmt. Daher wurde die geheime ‚Zentrale für Heimatdienst‘ (ZfH) am 24. Mai 1950 direkt im Bundeskanzleramt in Bonn etabliert. Schwerin wurde zum Amtschef sowie zum ‚Berater des Kanzlers in militärischen und sicherheitsrelevanten Fragen‘ ernannt. Intern wurde das Pilotprojekt als ‚Dienststelle Schwerin‘ bezeichnet und mit den ersten paramilitärischen Planungsaufgaben betraut. Die Errichtung dieser neuen Dienststelle erfolgte vor Ort jedoch so diskret, daß selbst manchen Bundesministern und Mitarbeitern ihre Existenz unter dem Dach des Palais Schaumburg nicht bekannt war. Im offiziellen Sprachgebrauch der Bundesregierung handelte es sich um die Geheimregistratur des Kanzleramtes. […] Unter Schwerins ersten Mitarbeitern befanden sich zahlreiche frühere Offiziere der Wehrmacht wie Oberst i. G. a. D. Kurt Ritter und Edler von Kienle (Grundsatzreferent/Stellvertretender Amtschef), Major a .D. Heinrich Schütze (Rüstungsfragen), Major i. G. a. D. Alfred Dippold (Alliierte Arbeits- und Dienstgruppen), Oberst a. D. Otto Fischer (Polizeifragen), Major i. G. a. D. Joachim Oster (Informations- und Nachrichtendienst), Oberstleutnant a. D. Friedrich-Wilhelm Heinz (Nachrichtendienst), Major a. D. Axel Freiherr von dem Bussche-Streithorst (Pressereferent), Oberstleutnant a. D. (N.N.) Gram (Verwaltung), Generalmajor a. D. Helmuth Bachelin (Leiter Prüfstelle für die personelle Erfassung ehemaliger Angehöriger der Wehrmacht), Oberst i. G. a. D. Johann Adolf Graf von Kielmansegg (Sekretär Expertenausschuß der Generale/Admirale bei der Himmeroder Konferenz) und Generalmajor a. D. Heinrich Voigtsberger (Schutz-/Begleitkommando Bundesregierung). Der damalige Leutnant a. D. Jürgen Brandt aus dem Dezernat Personalbearbeitung wurde später General und von 1978 bis 1983 Generalinspekteur der Bundeswehr.“[1]
Die ZfH war dem Friedrich-Wilhelm-Heinz-Dienst (FWHD) angegliedert. Adenauer entließ Schwerin, der in dieser Zeit als CIA-Agent in Westdeutschland tätig war,[2] im Oktober 1950, nachdem er mit Pressevertretern über seine Tätigkeit gesprochen hatte. Daraufhin wurde Theodor Blank am 26. Oktober 1950 sein Nachfolger, zugleich wurde die Dienststelle offiziell gegründet und die Dienststelle Schwerins, die ZfH, übernommen.
Dienststelle „Blank“
Das Dienstgebäude befand sich zunächst in einem Behelfsbau am Museum Koenig, anschließend in der Bonner Ermekeilkaserne. Das Amt „Blank“ besaß zwar einen eigenen Nachrichtendienst, es ist aber davon auszugehen, daß, da die wichtigsten Mitarbeiter ab 1950/51 ehemalige Mitarbeiter Reinhard Gehlens waren, dieser auch stets gut informiert war. Adolf Heusinger war von 1948 bis 1950 unter dem Decknamen Horn Leiter der Auswertung der Organisation „Gehlen“ und mit der Auskundschaftung der militärischen Lage der Sowjetunion befaßt.
Heusinger wirkte beim „Amt“ zuerst gutachterlich mit, ab 1952 übernahm er offiziell die Militärabteilung des Amtes. Da Gehlens „Org“ nachrichtendienstlich überlegen war, besuchte Theodor Blank deren Dienststelle 1952 und nahm das – sicherlich nicht selbstlose – Angebot General Gehlens an, qualifiziertes Personal für Blanks „militärisches Führungsgrundgebiet G 2“ (Bearbeitung der Feindlage und der Militärischen Sicherheit) zu stellen. Auf diese Weise gelangten viele Offiziere zuerst in die „Org“ und von hier in das „Amt“.[3]
Die Rivalität zwischen BND und Bundesverteidigungsministerium sollte noch viele Jahre anhalten. Erst als Gerhard Wessel, sowohl Mitarbeiter der „Org“ als auch des „Amtes“, 1968 BND-Präsident wurde, kam es im Laufe der Zeit zu einer festen Zusammenarbeit. Wessel hatte Verständnis für beide Ministerien, dennoch war das Mißtrauen noch groß. Er brachte gleich zum Amtsantritt frühere Kollegen des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) mit, die sogleich seine zu beziehende Präsidentenvilla durch Abhöreinrichtungen „verwanzt“ vorfanden.
Von Dienststelle zum Ministerium
Bis Juni 1955 wuchs dieses sogenannte Amt „Blank“ auf über 1.300 Beschäftigte an. Es wurde am 7. Juni 1955 in Bundesministerium „für“ Verteidigung umbenannt und die Bezeichnung auch so im kurz darauf geänderten Grundgesetz übernommen. Amtssitz blieb vorerst die Ermekeilkaserne in der Ermekeilstraße in Bonn. Am 30. Dezember 1961 wurde die Bezeichnung (jedoch nicht im Grundgesetz) – als eines der „klassischen Ressorts“ wie Auswärtiges, Finanzen, Inneres und Justiz – in Bundesministerium „der“ Verteidigung geändert.
Bekannte Angehörige des Amtes „Blank“ (Auszug)
- Bern Oskar von Baer
- Bogislaw von Bonin
- Werner Drews
- Heinrich Gerlach
- Hans Guhr
- Friedrich Wilhelm Heinz
- Adolf Heusinger
- Peter Roewer
- Hans Speidel
- Heinz Trettner
- Wolfgang Vorwald
- Ernst Wirmer
Traditionspflege für die neuen Streitkräfte
Insgesamt blieben bei der Bundeswehr-Ausrüstung in den ersten paar Jahren noch viele Anklänge an die preußisch-deutsche Heeres- und Exzerziertradition bestehen. Die Dienststelle Blank untersuchte u. a. Tarnmuster, Kampf- und Ausgehanzüge für die neue Bundeswehr, wobei man sich für ein leicht abgewandeltes Splittertarn-Muster entschied, das bereits 1931 in der Reichswehr eingeführt worden und bei den Fallschirmjägern der Wehrmacht berühmt geworden war.
Im Zusammenhang mit der seit 1952 geplanten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG), der mehrere europäische Staaten angehören sollten, wurde auch mit einer leicht abgewandelten Variante des bis 1945 entwickelten SS-Leibermusters, einem Flecktarn-Muster, experimentiert.
1956 wurde die weitere Ausgabe der EVG-Uniform an die neu gegründete Bundeswehr 1956 eingestellt, insbesondere die VS-Amerikaner wollten kein „schneidiges deutsches Heer“, so daß Feld- und Dienstanzüge allmählich amerikanisiert wurden, wobei die United States Army sich diesbezüglich weiterentwickelte, und sowohl deutsche Tarnmuster als Gefechtshelm nach deutschem Vorbild einführte, während die Bundeswehr teilweise abgelegte VS-Uniformen und weiteres Material aus dem Koreakrieg tragen mußte.
Ebenso wurde das Hackenknallen untersagt und, im Gegensatz zur NVA, der preußische Stechschritt verboten.
Ermekeilkaserne
Die erste Einheit, die am 31. März 1883 die Kaserne belegte, war das II. Bataillon des 2. Rheinischen Infanterie-Regiments Nr. 28, das 1889 in Infanterie-Regiment „von Goeben“ (2. Rheinisches) Nr. 28 umbenannt wurde. Ihm folgte am 1. April 1887 das II. Bataillon des Infanterie-Regiments 160.
Nach dem Ersten Weltkrieg verkaufte das Deutsche Reich 1920 die Kaserne an die Stadt Bonn, damit diese zum Teil als Unterkunft für Minderbemittelte genutzt werden konnte. Im Dritten Reich zog das Wehrbezirkskommando der Wehrmacht ein.
In der neugegründeten Bundesrepublik war die Ermekeilkaserne ab 1950 für wenige Jahre Sitz des 1949 gegründeten Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung sowie ab 1951 im Zeichen des Kalten Krieges Sitz des „Beauftragten des Bundeskanzlers für die mit der Vermehrung der alliierten Truppen zusammenhängenden Fragen“ (kurz nach dem Dienststellenleiter Amt „Blank“ genannt).
Am 7. Juni 1955 wurde Theodor Blank der erste Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland, und aus dem Amt „Blank“ das Bundesverteidigungsministerium.
Die Ermekeilkaserne gilt damit als die Geburtsstätte der Bundeswehr. Hier überreichte Theodor Blank am 12. November 1955, dem 200. Geburtstag des preußischen Generals Gerhard von Scharnhorst, den ersten 101 Soldaten der Bundeswehr ihre Ernennungsurkunden.
Von 1960 bis 1969 zog der Großteil des Ministeriums in den Neubau auf der Bonner Hardthöhe um. Der Umzug war erst 1974 abgeschlossen. Freigewordene Gebäude der Kaserne nutzten Behörden der Bundeswehr.
Auflösung 2013
Das Bundesministeriums der Verteidigung gab die Kaserne am 17. Juni 2013 an die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben ab und verlagerte das bisher dort ansässige ehemalige Bundesamt für Wehrverwaltung auf die Hardthöhe. Für die zivile Nutzung der Kaserne wurde eine Bürgerinitiative gegründet.[4]