Heinz, Friedrich Wilhelm
Friedrich Wilhelm Heinz ( 7. Mai 1899 in Frankfurt am Main; 26. Februar 1968 in Bad Nauheim) war ein deutscher Offizier des Deutschen Heeres im Ersten Weltkrieg, Agent der Abwehr, Elite-Soldat der Brandenburger und Oberstleutnant des Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Erster Weltkrieg
Der junge Pfadfinder der Schwarzen Freischar, späteres Mitglied der Deutschen Vaterlandspartei (DVLP), meldete sich am 3. Mai 1916 als Kriegsfreiwilliger während des Ersten Weltkrieges. Nach der Teilnahme an mehreren Schlachten wurde Leutnant Heinz im August 1918 schwer verwundet und erlebte das Kriegsende im Lazarett.
Freikorps
Im April 1919 schloß sich Heinz als Angehöriger des Freiwilligen Infanterie-Regiments Nr. 46 dem Freikorps Grenzschutz Ost an und beteiligte sich an der Niederschlagung[1] des ersten polnischen Aufstands in Oberschlesien. Bei einem durch Sabotage verursachten Eisenbahnunfall wurde er am 23. Juni 1919 erneut schwer verwundet. Anschließend war er bis zu seiner Verabschiedung als überzähliger Offizier Ende März 1920 Erzieher in der Kadettenanstalt Wahlstatt.
Heinz schloß sich der Marine-Brigade „Ehrhardt“ an und nahm während des Kapp-Aufstandes im März 1920 als Kompanieführer an ihrem Marsch auf Berlin teil. In der Brigade fand er Gleichgesinnte wie Manfred von Killinger und Erwin Kern.
Weimarer Republik
Nach der Auflösung der Marine-Brigade „Ehrhardt“ schloß sich Heinz dem von Hermann Ehrhardt organisierten Geheimbund Organisation Consul (O.C.) an, er war danach Mitglied der Nachfolgeorganisation „Bund Wiking“ (auch Wikingbund genannt).
Eine Gruppe des Bund Wiking um Heinz setzte sich für eine nationalrevolutionäre Querfrontpolitik ein und fand ihre politische Heimat 1925 zunächst im Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten. Heinz zog nach Magdeburg und publizierte im Verbandsorgan neben unter anderem Ernst Jünger, Franz Schauwecker und Georg Dertinger.
Am 12. November 1927 hatte er in Wolfenbüttel die 21jährige Stahlhelm-Sekretärin Hedwig Meyer aus Schönebeck/Elbe, die er in Magdeburg, dem Sitz der Stahlhelm-Bundesleitung, kennengelernt hatte, geheiratet. Der Ehe entsprangen fünf Kinder: Gisela ( 1929), Friedrich Wilhelm ( 1931), Rüdiger ( 1934), Hildburg ( 1939) und Michael ( 1948).
1929 lernte er Friedrich Hielscher kennen, mit dessen Weltanschauung er sich zunehmend identifizierte. Später las er dessen 1932 erschienenes Buch Das Reich, zu dem er bemerkte, es enthalte sein „politisches Glaubensbekenntnis“.
Nachdem Heinz aus der NSDAP ausgeschlossen worden war, arbeitete er in Berlin als Schriftsteller und Journalist für den „Hugenberg-Konzern“, als Presseobmann der Schwarzen Front Otto Strassers und als persönlicher Referent Ehrhardts. 1931 versuchte er vergeblich einen Zusammenschluß der Gruppen um Ehrhardt, Strasser und Walther Stennes zu vermitteln. Als Mitglied des Jungkonservativen Clubs gründete Heinz 1932 den „Nationalverband Deutscher Schriftsteller“.
Drittes Reich
1936 wurde Heinz von der Wehrmacht reaktiviert und wurde Presseoffizier der Abwehrabteilung im Reichskriegsministerium. Im August 1939 erhielt Heinz die Leitung über die Gruppe III C (Abwehr Inland) im Amt Ausland/Abwehr. Der Tod des Kaiserenkels, Oberleutnant der Reserve Wilhelm von Preußen (1906–1940), am 26. Mai 1940 im Frankreichfeldzug, mit dem ihn eine enge Freundschaft verband, erschütterte ihn sehr.
Zweiter Weltkrieg
Major Heinz wurde im Dezember 1940 Kommandeur des I. Bataillons des Lehrregiments z. b. V. 800 „Brandenburg“. Mit diesem nahm er am Unternehmen Barbarossa teil, wobei ihm zusätzlich das aus ukrainischen Nationalisten gebildete Bataillon „Nachtigall“ (Legion Ukrainischer Nationalisten) unterstellt war. Nach dem Rußlandfeldzug befahl Wilhelm Canaris Heinz, ab dem 28. Oktober 1941 in der Ausbildungsstätte der Brandenburger auf dem Quenzgut die Abwehrkampfschule „Quenzgut“ aufzubauen und auf dem Truppenübungsplatz bei Meseritz („Regenwurmlager“) eine sogenannte V-Abteilung aufzustellen. Sein I. Bataillon wurde nun von Hauptmann Wilhelm Walther übernommen. Die V-Abteilung sollte V-Leute (Vertrauensleute) und Agenten weltweit führen. Daneben wurden Inder der Azad Hind Legion von Subhash Chandra Bose für den Kampf gegen die Kolonialmacht England ausgebildet, eine persische und eine afghanische Kompanie folgten.
Im Januar 1943 wurde Heinz Kommandeur des 4. Jägerregiments „Brandenburg“ in dem inzwischen aufgestellten Sonderverband Brandenburg, mit dem er im Partisanenkrieg in Jugoslawien eingesetzt wurde. Oberstleutnant Heinz wurde im September 1943 in die Führerreserve des Wehrkreises III (Berlin) versetzt, in dem er dann zum Kommandeur des Heeresstreifendienstes ernannt wurde. Was diese „Kaltstellung“ auslöste, bleibt unklar.
Heinz soll eine Randfigur beim Attentat vom 20. Juli 1944 gewesen sein. Ab November 1944 tauchte Heinz nach eigenen Aussagen unter und überlebte das Kriegsende angeblich im Untergrund. Ob diese Darstellung stimmt oder ob der stets unbequeme, provokante und ggf. frustrierte Offizier Fahnenflüchtig oder gar im Geheimauftrag des SS-Brigadeführers Walter Schellenbergs (als Chef des Amtes Mil im RSHA) im Ausland tätig war, kann nicht ermittelt werden.
Inzwischen wird auch vermutet, daß (ein) Major Heinz am 21. Januar 1945 den Jagdverband „Südost“ übernahm, da dessen Chef Adrian von Fölkersam schwer verwundet wurde und später gar als vermißt galt. Von 800 Mann schafften es nur 15 zurück nach Friedenthal,[2] ob (dieser) Heinz verletzt, verhaftet, fahnenflüchtig war oder weiterhin verdeckt operierte, läßt sich heute kaum noch feststellen. Die Überlebenden konnten über ihre Kameraden nichts berichten, sie wurden in Rückzugskämpfen aufgerieben und in kleine Gruppen zerstreut.
Kapitulation und Kalter Krieg
Nach der Stunde Null „tauchte“ Heinz wieder auf und soll im Auftrag der Stadt Berlin für die Beschaffung von Nahrungsmitteln im Umland zuständig gewesen sein. Heinz wurde Bürgermeister in Bad Saarow-Pieskow und gründete mit Gustav Dahrendorf die SPD im Kreis Fürstenwalde/Spree. Unklar bleibt, ob dies eine ideologische Kehrtwendung darstellte, oder ob Heinz schon wieder dem Nachrichtendienstspiel frönte, um eine neue Legende[3] aufzubauen.
Im Sommer 1946 kehrte er nach Berlin zurück und arbeitete als Journalist unter anderem unter dem Pseudonym Horst Falkenhagen. Er knüpfte Verbindungen zu den Geheimdiensten der West-Besatzer in Deutschland. Während der Berlin-Blockade wurde Heinz von den Amerikanern ausgeflogen und von den Franzosen in Neuwied mit einer Verlagslizenz ausgestattet. Das Agentennetz, das Heinz aufbaute, war aber, auch aufgrund der Finanzierung, faktisch ein amerikanischer Nachrichtendienst, es sollte als Konkurrenzunternehmen zur Organisation Gehlen (des späteren BND) des Generalmajors a. D. Reinhard Gehlens dienen. Die Franzosen, die zunehmend den übermächtigen amerikanischen Einfluß in Europa ablehnten, stellten die Zusammenarbeit mit Heinz 1948/49 ein.
Heinz erhielt 1950 die Deutschlandvertretung der Nachrichtenmagazine Time und Life und wurde zum Aufbau eines militärischen Nachrichtendienstes für Bundeskanzler Konrad Adenauer herangezogen. Er baute den Friedrich-Wilhelm-Heinz-Dienst (FWHD)[4] auf, welcher der „Zentrale für Heimatdienst“ (ZfH) unter Gerhard Graf von Schwerin (der späteren Dienststelle „Blank “ im Geschäftsbereich des Bundeskanzleramtes angegliedert war. Mit Billigung von Hans Globke sammelte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Vaterlandsverräter Otto John Material gegen Heinz, was am 1. Oktober 1953 dazu führte, daß dessen Dienstverhältnis aufgelöst wurde.
1953 schrieb Heinz in einem Abschiedsbrief an Theodor Blank folgerichtig:
- „... Das Leben eines aktiven und politischen Mannes in der ersten Hälfte dieses Jahrhunderts ist, wenn es sinnvoll war, ein buntes und vielgestaltiges Mosaikwerk.“
Im Dezember 1954 besuchte Heinz das sowjetische Hauptquartier in Berlin-Karlshorst. Bis heute ist unklar, was Heinz dort wollte. Der KGB hatte schon lange gehofft, den stets betonten Anti-Kommunisten Heinz anwerben zu können. Das Ministerium für Staatssicherheit der DDR ging aber später von einer Finte aus. Unwahrscheinlich erscheint allein Heinz' Behauptung, er sei entführt worden.
Tod
Der geheimnisumwitterte und undurchsichtige Abenteurer, Familienvater, Journalist und Schriftsteller Friedrich Wilhelm Heinz ließ sich in der Nähe von Wiesbaden nieder, arbeitete in Frankfurt als Werbefachmann und verstarb am 26. Februar 1968 in Bad Nauheim. Das letzte Geleit gaben ihm, neben der Familie und guten Freunden, Angehörige der ehem. Marine-Brigade „Ehrhardt“, des Stahlhelms, der Abwehr des Admirals Canaris, des 4. Regiments „Brandenburg“ und des FWH-Dienstes. Sein Sarg war mit der Flagge der Kaiserlichen Marine von 1914 bedeckt, am Ende erklang der 4. Satz aus Haydns Kaiserquartett mit der Urmelodie des Deutschlandliedes.
Auszeichnungen (Auszug)
Beförderungen
- 8. Oktober 1916: Fahnenjunker
- März 1918: Fähnrich
- 21. Juli 1918: Leutnant
- 1940: Major
- 1943: Oberstleutnant
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz und Silber
- Bewährungsabzeichen des V. Armeekorps
- Schlesischer Adler, I. Stufe mit Schwertern
- Ärmelabzeichen Marine-Brigade „Ehrhardt“
- Verdienstabzeichen 2. Marine-Brigade Wilhelmshaven
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- Infanterie-Sturmabzeichen in Silber
Schriften
- Sprengstoff. Frundsberg, Berlin 1930.
- Franz Alfons Gayda, Friedrich Wilhelm Heinz und Franz Schauwecker: Nation und Schrifttum. Berlin 1933.
- Die Nation greift an. Geschichte und Kritik des soldatischen Nationalismus. Das Reich, Berlin 1933
- Kameraden der Arbeit. Deutsche Arbeitslager: Stand, Aufgabe und Zukunft. Frundsberg, Berlin 1933
- Mensch Unbekannt. Begegnung und Erinnerung. Eckart, Berlin 1934
- Documents. Revue mensuelle des questions allemandes, 6. = N° spécial. Themenheft: Freies Deutschland. Hg. Centre d'études culturelles, économiques et sociales. [5] Eigenverlag, Paris 1949
- Durchbruch ins Reich.[6] Bublies (2011), ISBN 978-3937820156
Literatur
- Susanne Meinl: Nationalsozialisten gegen Hitler. Die nationalrevolutionäre Opposition um Friedrich Wilhelm Heinz.[7] Siedler, Berlin 2000, ISBN 978-3886807031 .
- Susanne Meinl, Dieter Krüger: Friedrich Wilhelm Heinz, Vom Freikorpskämpfer zum Leiter des Nachrichtendienstes im Bundeskanzleramt. In: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte. Jg. 42, Heft 1, Januar 1994, S. 39–69. PDF - 1,4 MB
- Susanne Meinl: Im Mahlstrom des Kalten Krieges. Friedrich Wilhelm Heinz und die Anfänge der westdeutschen Nachrichtendienste 1945–1955. In: Wolfgang Krieger, *Jürgen Weber (Hrsg.): Spionage für den Frieden. München, 1997
- Martin Sabrow: Der Rathenaumord. Rekonstruktion einer Verschwörung gegen die Republik von Weimar. Oldenbourg Wissenschaftsverlag (1995), ISBN 978-3486645699
Verweise
- http://www.friedrich-wilhelm-heinz.de/
- Literatur von Friedrich Wilhelm Heinz im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Umerziehungsliteratur: ArtikelGeheimdienste: Ein Heldenlied, Der Spiegel, 18. November 1953
- Umerziehungsliteratur: ArtikelAbwehr: Alle Dienste trinken, Der Spiegel, 14. April 1954
- Umerziehungsliteratur: ArtikelFriedrich Wilhelm Heinz, Der Spiegel 21/1956, 23. Mai 1956