Gündell, Erich von
Erich Gustav Wilhelm Theodor Gündell, seit 1901 von Gündell ( 13. April 1854 in Goslar; 21./23. Dezember[1] 1924 in Göttingen) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee und des Deutschen Heeres, zuletzt General der Infanterie und Ritter des Ordens „Pour le Mérite“ im Ersten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Chronologie
- 1.4.1873 5. Thüringische Infanterie-Regiment Nr. 94 (ab 1912 Infanterie-Regiment „Großherzhog von Sachsen” (5. Thüringisches) Nr. 94), Weimar
- Eintritt als Fahnenjunker
- 15.10.1874 Sekonde-Lieutenant
- 1.4.1873 Preußische Kriegsakademie, Berlin
- 17.10.1883 Premier-Lieutenant
- 20.7.1884 5. Thüringische Infanterie-Regiment Nr. 94, Weimar
- 1.4.1887 Großer Generalstab, Berlin
- 22.3.1888 Hauptmann
- 24.3.1890 6. Infanterie-Division (III. Armeekorps), Berlin (Angehöriger des Generalstabes)
- 5.5.1891 Füsilier-Regiment „Fürst Karl-Anton von Hohenzollern” (1. Hohenzollernsches) Nr. 40, Rastatt (Kompaniechef)
- 27.1.1893 Großer Generalstab, Berlin
- 15.8.1893 Major
- 1.10.1894 Preußische Kriegsakademie, Berlin (Lehrer)
- 14.12.1897 5. Badisches Infanterie-Regiment Nr. 113, Freiburg (Bataillonskommandeur)
- 13.9.1899 Großer Generalstab, Berlin (Abteilungschef)
- 18.4.1900 Oberstleutnant
- 9.7.1900 Ostasiatisches Expeditionskorps, Boxeraufstand (Chef des Generalstabs des Armee-Oberkommandos in Ostasien unter Generalleutnant Emil von Lessel)
- 31.10.1901 Kommission zur Beratung der auf Grund der bei der Expedition nach Ostasien gesammelter Erfahrungen zu treffenden Maßnahmen (Allgemeines Kriegsdepartement)
- Ende 1901 durch Wilhelm II. in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben worden
- 5.11.1901 I. Armeekorps, Königsberg (im Generalstab des Kommandierenden Generals Finck von Finkenstein)
- 14.11.1901 I. Armeekorps - Königsberg (Chef des Generalstabes unter Karl Graf Finck von Finckenstein)
- 22.4.1902 Oberst
- 24.4.1904 Infanterie-Regiment „Prinz Louis Ferdinand von Preußen” (2. Magdeburgisches) Nr. 27, Halberstadt (Kommandeur)
- 22.2.1906 Großer Generalstab, Oberquartiermeister mit dem Rang als Brigadekommandeur, Berlin (mit der Wahrnehmung der Geschäfte beauftragt)
- 14.6.1906 Generalmajor
- 1907 militärischer Delegierter auf der 2. Haager Friedenskonferenz; „Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegs“ abgeschlossen in Den Haag am 18. Oktober 1907
- ab 26. September 1908 auch Mitglied der Studienkommission der Kriegsakademie
- 17.9.1909 Generalleutnant
- 27.1.1910 20. Infanterie-Division, Hannover (Kommandeur als Nachfolger von Generalleutnant Wilhelm Freiherr von und zu Egloffstein)[2]
- 22.3./1.4.1913–3.9.1913 Preußische Kriegsakademie, Berlin (Direktor als Nachfolger Kurt Freiherr von Manteuffel; von Gündells Nachfolger wurde Kuno Arndt von Steuben)
- 4.9.1913 mit dem Charakter als General der Infanterie zur Disposition z. D. gestellt
Erster Weltkrieg
- 2.8.1914 V. Reserve-Korps (Kommandierender General, sein Nachfolger ab dem 3.9.1916 war General der Kavallerie Otto von Garnier)
- 9. Reserve-Division , 10. Reserve-Division und Korpstruppen, der 5. Armee unterstellt
- unter seinem Kommando kämpften auch die Söhne des von ihm verehrten Freiburger Professors, Wolfgang (⚔ 3.3.1916) und Gerhart Husserl
- 2.9.1914 General der Infanterie (Patent zu seinem Charakter-Dienstgrad mit Ansprache „Exzellenz“)
- 3.9.1916 Armeeabteilung „B“ (Oberbefehlshaber als Nachfolger von Hans Gaede)
- Oktober bis November 1918 im Großen Hauptquartier in Spa Vorsitzender der Waffenstillstandskommission der Obersten Heeresleitung
- Verhandlungsleiter in Versailles der Reichsregierung Staatssekretär Matthias Erzberger
- 23.12.1918 in den Ruhestand verabschiedet (außer Dienst)
Studium und Promotion
- 1914 Umzug mit Gemahlin in die Villa Waldstraße 4/6 (Beletage), 1916 in Villa Merkelstraße 3 umbenannt
- Sommersemester 1914 Studium in Göttingen bei Prof. Dr. Edmund Husserl
- „Noch einige andere Leute waren in diesem Sommer neu nach Göttingen gekommen. Reinach berichtete mir gleich darüber, als ich ihn am Anfang des Semesters besuchte. Ein russischer Professor wollte die Phänomenologie an der Quelle studieren, ein General a. D. von Gündell und ein junger Herr von Baligand. Der General, ein kleiner weißköpfiger Herr, durfte natürlich nur am Anfängerseminar teilnehmen. Er war sehr bescheiden im Auftreten, seine Fragen kamen aber immer noch in kräftigem, militärischen Ton heraus.“ — Edith Stein
- 1919 Wiederaufnahme des Studiums in Göttingen
- 1922 Promotion zum Dr. Phil. mit der Arbeit „Neuzeitliche Klassifikationen der philosophischen Systeme“[3]
Familie
Sein Vater war Adolph Friedrich Gündell (1820–1898), seine Mutter Aeone Amalie Henriette Marianne von Quistorp aus Göttingen ( 26. Mai 1827), die nur wenige Monate nach seiner Geburt am 10. September 1854 in Goslar verstorben war. Aeone hatte sich zu Silvester 1849 mit Leutnant Adolph Gündell. Am 21. Mai 1853 fand in Göttingen ihre Hochzeit statt. Sie zog nach Goslar und gebar dort am 13. April 1854 einen Sohn, Erich von Gündell. Bald darauf brach bei Aeone die Schwindsucht aus. Am 10. September 1854 erlag sie dieser Krankheit. Sie wurde auf dem Goslarer Friedhof beigesetzt. Adolph heiratete neun Jahre später Molly Deichmann. Aeones Bruder, Erichs Onkel, Barthold von Quistorp schrieb übers eine geliebte Schwester:
- „Ihr scharfer, logischer Verstand, ihre Teilnahme an allem, was Wissenschaft und Kunst betraf, verbunden mit den Vorzügen weiblicher Schönheit, machten ihre Unterhaltung ebenso willkommen bei Professoren und dem älteren Teil der Gesellschaft, als bei der Jugend, die auf der Universität ihre höhere Bildung suchte. Und Aeone hat ihrerseits diesen Verkehr genutzt, um sich weiter zu heben, sich besonders Sprachen, schöner Literatur und Musik mit erfolgreichem Eifer zugewendet. [...] Aeone war durch Schönheit ausgezeichnet und zog schon als Kind allseitige Beachtung auf sich.“
Erichs Großvater mütterlicherseits war Erich von Quistorp (1794-1830), Offizier in Göttingen. Zu seinen entfernten Verwandten gehören der Raketeningenieur Wernher von Braun und der FDP-Politiker Otto Graf Lambsdorff.
Ehe und Kinder
Erich von Gündell heiratete 1888 in Hannover seine Verlobte Dora Maria Auguste von Jacobi ( 1867), Tochter von Bernhard von Jacobi (1823–1881), Generalstabsoffizier der Hannoverschen Armee und zuletzt preußischer Oberstleutnant. Aus der Ehe sind (mindestens) fünf Kinder entsprossen (vier Söhne, wobei zwei im Ersten Weltkrieg fielen, und eine Tochter), darunter:
- Sohn Erich ( 16. Juli 1890), Leutnant zur See der Kaiserlichen Marine auf der SMS „Derfflinger“, gefallen am 16. Juni 1915 als Flugzeugführer der Marine-Feldflieger-Abteilung durch Absturz mit dem Flugzeug bei Wilhelmshaven
- Sohn Walter von Gündell[4] (1892–1973), Offizier unter seinem Vater im Ersten Weltkrieg (zwei Verwundungen) sowie Generalleutnant der Wehrmacht im Zweiten Weltkrieg,
- Sohn Helmuth ( 13. März 1893 in Hannover), promovierter Mediziner sowie u. a Oberstabsarzt der 22. Infanterie-Division der Wehrmacht, und
- Tochter Hildegard von Gündell ( 10. November 1902), Abitur Hainberg-Gymnasium Göttingen, ∞ von Deines, promovierte Chemikerin mit der Arbeit „Über die Bildung von Ozon und Wasserstoffsuperoxyd in der Knallgasflamme“ (1926) bei Prof. Dr. Ernst Hermann Riesenfeld an der Friedrich-Wilhelm-Universität zu Berlin sowie vielfache Sachbuchautorin.
Auszeichnungen (Auszug)
- Kaiser Wilhelm I. Erinnerungsmedaille 1897
- China-Denkmünze
- Medaille Kaisermanöver 1909
- Roter Adlerorden II. Klasse mit dem Stern, Eichenlaub und Schwertern am Ringe[5]
- Kronenorden I. Klasse[5]
- Preußisches Dienstauszeichnungskreuz[5]
- Komtur I. Klasse des Ordens vom Zähringer Löwen[5]
- Bayerischer Militärverdienstorden II. Klasse mit Stern[5]
- I. Klasse des Ordens Heinrichs des Löwen[5]
- Offizier des Albrechts-Ordens[5]
- Ritterkreuz II. Klasse des Ordens vom Weißen Falken[5]
- Ehrenkreuz des Ordens der Württembergischen Krone mit Schwertern[5]
- Orden vom Doppelten Drachen Zweiter Grad I. Klasse[5]
- Komtur des Ordens der Aufgehenden Sonne[5]
- Komtur des Ordens der Heiligen Mauritius und Lazarus[5]
- Großkreuz des Franz-Joseph-Ordens[5]
- Russischer Orden der Heiligen Anna II. Klasse[5]
- Eisernes Kreuz (1914), II. und I. Klasse
- Pour le Mérite am 28. August 1916
Literatur
- Walter Obkircher: General Erich von Gündell. Aus seinen Tagebüchern: Deutsche Expedition nach China 1900-1901; 2. Haager Friedenskonferenz 1907; Weltkrieg 1914-1918, und Zwischenzeiten, Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1939[6]
Fußnoten
- Geboren 1854
- Gestorben 1924
- Deutscher General der Infanterie
- General der Infanterie (Königreich Preußen)
- Person im Boxeraufstand
- Befehlshaber im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Roten Adlerordens 2. Klasse
- Träger des Preußischen Königlichen Kronenordens 1. Klasse
- Träger des Ordens vom Zähringer Löwen (Kommandeur I. Klasse)
- Träger des Bayerischen Militärverdienstordens (II. Klasse)
- Träger des Albrechts-Ordens (Offizier)
- Träger des Ordens der Württembergischen Krone (Ehrenkreuz)
- Träger des Ordens der hl. Mauritius und Lazarus
- Träger des Ordens Heinrichs des Löwen
- Träger des Franz-Joseph-Ordens (Großkreuz)
- Träger des Ordens der Heiligen Anna
- Träger des Ordens der Aufgehenden Sonne
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Träger des Hausordens vom Weißen Falken (Ritter II. Klasse)
- Nobilitierter (Preußen)