Goßler, Gustav von
Gustav Konrad Heinrich von Goßler ( 13. April 1838 in Naumburg/Saale; 29. September 1902 in Danzig) war ein deutscher Jurist und Staatsmann, preußischer Staats- und Kultusminister sowie Rechtsritter des Johanniterordens. Er war ein persönlicher Freund Robert Kochs.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Goßler besuchte die Gymnasien in Potsdam und Königsberg, studierte in Berlin, Heidelberg und Königsberg Rechtswissenschaften, trat 1859 als Auskultator in Königsberg in den preußischen Justizdienst und wurde 1861 Referendar. 1864 wurde er Gerichtsassessor in Insterburg und 1865 Landrat im Kreis Darkehmen (Ostpreußen).
Seit 1874 als Hilfsarbeiter im Ministerium des Inneren insbesondere mit der Ausführung der Kreisordnung von 1872 beschäftigt, schied er 1878 aus dieser Stellung, trat zunächst als Rat in das Oberverwaltungsgericht ein und wurde 1879 als Unterstaatssekretär in das Kultusministerium berufen.
Zugleich war Goßler seit 1878 Reichstagsabgeordneter für den Wahlkreis Darkehmen-Goldap-Stallupönen. Hier schloß er sich der konservativen Partei an, gewann bald Einfluß in ihr und wurde zum ersten Präsidenten des Reichstags gewählt.
Kulturkampf
Am 17. Juni 1881 wurde Goßler an Stelle Robert Viktor von Puttkamers zum Kultusminister ernannt und nahm nunmehr die schon von seinem Vorgänger während des Kulturkampfes verfolgten Bestrebungen zur Herbeiführung eines Ausgleichs des kirchenpolitischen Konflikts auf, indem er von dem Standpunkt ausging, prinzipiellen Verhandlungen über die Grenzen von Staat und Kirche möglichst auszuweichen und durch rein praktische Behandlung der Fragen eine Reihe tatsächlich bestehender Härten zu beseitigen, und zwar nicht durch ein Konkordat oder unmittelbares Abkommen mit der Kurie, sondern durch einseitige staatliche Gesetzgebung, die aber möglichste Fühlung mit der Kurie suchen sollte.
Es gelang ihm zunächst, mehrere wichtige Bestimmungen der sogenannten Maigesetze, insbesondere die Staatsprüfung der Geistlichen und die Einsetzung von Staatspfarrern, im wesentlichen zu beseitigen und der Regierung die Vollmacht auszuwirken, von einer Reihe anderer Vorschriften (Bischofseid, Temporaliensperre u. a.) Dispens zu erteilen. Den Abschluß bil- deten die kirchenpolitischen Novellen von 1886 und 1887, die den kirchlichen Gerichtshof aufhoben, den katholioschen Priesterseminaren wieder größere Rechte einräumten, die Orden wieder zuließen und auch die Anzeigepflicht , welche der Papst schließlich 4. April 1886 dauerhaft zugestanden hatte, endgültig regelten.
Gegenüber den Bestrebungen der Zentrumspartei hielt Goßler an dem Prinzip des staatlichen Einflusses auf die Volksschule fest, aber auch zugleich an der Erhaltung der religiösen Grundlage derselben. Dem wachsenden Ruf nach Reform des höheren Unterrichtswesens und Zurückdrängung der klassischen Sprachen gegenüber machte Goßler nur sehr vorsichtige Konzessionen.
Volkstumspolitik
Den polnischen Umtrieben in Posen trat Goßler energisch entgegen; die einschneidendste Maßregel hierbei war die Aufhebung des polnischen Sprachunterrichts an den Volksschulen am 27. September 1887. Gegen Ende 1890 brachte er den Entwurf eines Volksschulgesetzes ein, der in der Kommission des Abgeordnetenhauses schließlich die Zustimmung aller Mitglieder, mit Ausnahme der Vertreter der Zentrumspartei und der Polen fand. Als er dann aber erkannte, daß die Regierung für die Annahme der Handelsverträge im Reichstag auf die Unterstützung der Zentrumspartei und der Polen nicht verzichten konnte, erbat er seine Entlassung, die ihm auch am 12. März 1891 ehrenvoll gewährt wurde. Sein Nachfolger als preußischer Kultusminister wurde Robert von Zedlitz-Trützschler.
Bereits am 7. Juli 1891 wurde er dann zum Oberpräsidenten der Provinz Westpreußen ernannt. In seinem neuen Wirkungskreis war es von Goßlers Bestreben, die junge, erst 1878 gebildete Provinz zu landschaftlicher Einheit fortzuentwickeln und das deutsche Bevölkerungselement durch Ansiedlung von Bauern zu stärken. Eines seiner Lieblingsprojekte – die Begründung einer Technischen Hochschule in Danzig – konnte erst 1904, zwei Jahre nach seinem Tode verwirklicht werden.
Familie
Gustav Konrad Heinrich war ein Sohn des Kanzlers des Königreichs Preußen Karl Gustav von Goßler (1810–1885), Kronsyndikus und Präsident des Oberlandesgerichts in Königsberg, und dessen Ehefrau Sophie, geborene von Mühler (1816–1877), Tochter des preußischen Staats- und Justizministers Heinrich Gottlob von Mühler (1780–1857). Er hatte zehn Geschwister, darunter die drei Brüder Heinrich Wilhelm Martin (1841–1927), General der Infanterie sowie von 1896 bis 1903 preußischer Kriegsminister, Konrad Ernst (1848–1933), General der Infanterie, und Albert Theodor Wilhelm (1850–1928), Generalleutnant.
Ehe
Gustav von Goßler heiratete am 14. Juni 1867 auf Gut Georgenburg im Landkreis Gumbinnen seine Verlobte Mathilde von Simpson ( 15. April 1847 in Wensöwen bei Marggrabowa, Ostpreußen; 13. Februar 1901 in Danzig). Sie war Tochter von George William von Simpson. Aus der Ehe gingen zwei Söhne (einer starb im Kleinkindalter) und drei Töchter hervor. Ein Sohn war der spätere Autor und Landrat des Kreises Naugard Wilhelm Gustav von Goßler (1883–1945). Die Tochter Mathilde Sophie Emilie von Goßler ( 1872) heiratete 1904 Ernst Reinhold Gerhard von Glasenapp.
Auszeichnungen und Ehrungen
- Dr. theol. h. c. der Friedrich-Wilhelms-Universität zu Berlin
- Dr. iur. h. c. der Friedrichs-Universität Halle
- Dr. phil. h. c. der Friedrichs-Universität Halle
- Dr. med. h. c. der Georg-August-Universität Göttingen
- Schwarzer Adlerorden (15. Juni 1898)
- Ehrenbürger von Danzig (1899)
- Ehrenmitglied der Königlich-Preußischen Akademie der Wissenschaften (1900)
- Umbenennung von Jablonowo in Goßlershausen (1903)
- In Berlin-Friedenau, Berlin-Dahlem und in Göttingen ist eine „Goßlerstraße“ nach Gustav von Goßler benannt.
Schriften (Auswahl)
- Die Naturwissenschaftlichen und medicinischen Staatsanstalten Berlins: Festschrift für die 59. Versammlung Deutscher Naturforscher und Aerzte, 1886
- Ansprachen und Reden des königlichen Staatsministers, Ministers der geistlichen. Unterrichts- und Medizinal-Angelegenheiten. Verlag E. S. Mittler und Sohn, Berlin 1890
Verweise
- Stephan Skalweit: Goßler, Gustav Konrad Heinrich von, in: Neue Deutsche Biographie 6 (1964), S. 650 f.
Karl vom Stein zum Altenstein (1817–1838) • Adalbert von Ladenberg (1840) • Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn (1840–1848) • Maximilian von Schwerin-Putzar (1848) • Johann Karl Rodbertus (1848) • Adalbert von Ladenberg (1848–1850) • Karl Otto von Raumer (1850–1858) • Moritz August von Bethmann-Hollweg (1858–1862) • Heinrich von Mühler (1862–1872) • Adalbert Falk (1872–1879) • Robert Viktor von Puttkamer (1879–1881) • Gustav Konrad Heinrich von Goßler (1881–1891) • Robert von Zedlitz-Trützschler (1891/92) • Robert Bosse (1892–1899) • Konrad Heinrich Gustav von Studt (1899–1907) • Ludwig Holle (1907–1909) • August von Trott zu Solz (1909–1917) • Friedrich Schmidt-Ott (1917/18) • Adolph Hoffmann (1918/19) • Konrad Haenisch (1919–1921) • Carl Heinrich (1921) • Otto Boelitz (1921–1925) • Carl Heinrich Becker (1925–1930) • Adolf Grimme (1930–1932) • Aloys Lammers (1932) • Wilhelm Kähler (1932/33) • Bernhard Rust (1933–1945)
- Geboren 1838
- Gestorben 1902
- Deutscher Politiker
- Deutscher Verwaltungsjurist
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Kaiserreich)
- Mitglied der Deutschkonservativen Partei
- Kultusminister (Preußen)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Rechtsritter (Johanniterorden)
- Corpsstudent (19. Jahrhundert)
- Ehrenbürger von Danzig
- Ehrendoktor der Humboldt-Universität zu Berlin
- Ehrendoktor der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
- Ehrendoktor der Georg-August-Universität Göttingen
- Mitglied der Preußischen Akademie der Wissenschaften
- Person (Danzig)
- Preuße
- Parlamentspräsident