Rust, Bernhard
Karl Josef Bernhard Rust ( 30. September 1883 in Hannover; Freitod 8. Mai 1945 in der Gemeinde Berend, Nübel, Kreis Schleswig) war ein deutscher Reserveoffizier des Deutschen Heeres, Freikorpskämpfer, Gymnasiallehrer (Oberstudienrat), Politiker und Mitglied des Reichstages. Er leitete von 1934 bis 1945 das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung und gilt als einer der Hauptvertreter der nationalsozialistischen Erziehung. Seit 1940 war er Vorsitzender des Reichsforschungsrats (RFR) und SA-Gruppenführer. Er darf nicht mit dem Generalleutnant Bernhard Rust verwechselt werden.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Zusammenfassung
Rust, der aus wohlhabender Familie stammte, studierte nach dem Abitur in Hannover 1904 bis 1908 Germanistik, klassische Philologie, Philosophie, Kunstgeschichte und Musik in München, Berlin, Göttingen und Halle. Nach Examen und dem einjährig-freiwilligen Dienst unterrichtete er von 1909 bis 1930 am Ratsgymnasium zu Hannover. Am Ersten Weltkrieg nahm er 1914 bis 1918 teil. Schon seit 1922 in der NSDAP und verschiedenen völkischen Organisationen aktiv, übernahm Rust nach der Wiedergründung der Partei im Februar 1925 (bis 8. Dezember 1940) die Funktion eines Gauleiters von Südhannover-Braunschweig, sein Nachfolger wurde der spätere SS-Obergruppenführer Hartmann Lauterbacher. Seit 1929 führte er die NSDAP-Fraktion im Hannoverschen Provinziallandtag und gab im März 1930 nach einem Konflikt mit dem Oberpräsidenten Helmuth Brückner sein Lehramt am Gymnasium auf. Seit September 1930 hatte er zudem ein Reichstagsmandat inne.
Im April 1933 übernahm Rust die kommissarische Leitung des Preußischen Kultusministeriums; nach Abschaffung der Kulturhoheit der Länder wurde er am 1. Mai 1934 zum Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung ernannt. In seiner Schulpolitik führte Rust zunächst eine bereits in der Weimarer Republik geforderte Vereinheitlichung des Schulwesens (u. a. Abschaffung der privaten Vorschulen) durch. Zugleich führte Rust allgemeine „Hochschulen für Lehrerbildung“ ein, die auch künftige Gymnasiallehrer zu durchlaufen hatten.
Jugend
Bernhard Rust wurde am 30. September 1883 in Hannover geboren und besuchte in seiner Vaterstadt das Gymnasium und studierte dann Germanistik, Philosophie und klassische Philologie in Göttingen, Halle, München und Berlin, zu seinen engen Studienfreunden gehörte Wolfgang Stammler. In Halle machte er am 7. März 1908 die Staatsprüfung für das Höhere Lehramt.
Erster Weltkrieg
Er diente als Einjährig-Freiwilliger beim 1. Hannoverschen Infanterie-Regiment Nr. 74. Am 1. April 1909 wurde er an das Ratsgymnasium in Hannover berufen. Gleich zu Beginn des Ersten Weltkrieges meldete er sich freiwillig, ging als Leutnant der Reserve an die Kriegsfront und wurde mehrmals schwer verwundet (schwere Kopfverletzung und wurde zweimal verschüttet). Das Eiserne Kreuz II. und I. Klasse und das Ritterkreuz des Hohenzollernordens waren sein Lohn. Er wurde als Oberleutnant der Reserve entlassen.
Weimarer Republik
Nach dem Krieg fand er, der auch als Lehrer schnell die Herzen seiner Schüler gewann, sehr bald den Weg in die völkische und darauf in die nationalsozialistische Bewegung. Bereits 1922 trat Rust der NSDAP bei. Als Adolf Hitler die NSDAP neugründete, wurde Bernhard Rust vom 22. März 1925 bis 30. September 1928 zum Gauleiter von Lüneburg-Stade (später Ost-Hannover/Hannover-Ost). Nach der Neugliederung der Gaugrenzen wurde er am 1. Oktober 1928 zum Gauleiter des neu gegründeten Gaues Süd-Hannover-Braunschweig ernannt.
Er übernahm die Bürgschaft für die Bewegung, haftete mit seiner ganzen Habe für sie, ermöglichte so die Finanzierung der Wahlkämpfe und den Aufbau des Niedersächsischen Beobachters. Von seinem Lehramt wurde er durch den marxistischen Oberpräsidenten Noske entfernt, weil er als Fraktionsvorsitzender des Provinziallandtages einen Mißtrauensantrag gegen Oberpräsidenten Noske eingebracht hatte. Von 1930 bis 1932 vertrat der Pädagoge den Wahlbezirk Hannover-Stadt im hannoverschen Provinziallandtag, wo er dem Haushaltsausschuß angehörte. Bereits 1930 erhielt Rust einen Sitz im Reichstag und wurde Bürgervorsteher in Hannover.
Drittes Reich
Nach dem 30. Januar 1933 wurde Rust Minister im Preußischen Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung und baute von hier aus das Reichsministerium für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung aus. Unter Leitung von Bernhard Rust wurde es zu einem schlagkräftigen Instrument im Sinne des Nationalsozialismus gestaltet. Die neue Verfassung für die deutschen Universitäten und Hochschulen vom April 1935 zielte auf die Zentralisierung und vor allem die Beschränkung der akademischen Selbstverwaltung ab. Die Rektoren waren fortan „Führer der Hochschule“ und direkt Rust unterstellt. Rust ernannte ebenfalls den Leiter des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes (NSDStB) sowie des Nationalsozialistischen Deutschen Dozentenbundes (NSDDB). Beide Verbände dienten der Ideologisierung des Lehrbetriebes und waren der NSDAP angeschlossen.
Chronologie
Schule, Studium und Beruf
- 1904 Abitur am Gymnasium Lyzeum II, Hannover
- 1904 bis 1908 Studium (Germanistik, klassische Philologie und Philosophie, Kunstgeschichte und Musik)
- 7.3.1908 Staatsprüfung für das höhere Lehramt an der Universität Halle (Gesamtnote: „gut“)
- 1.8.1909 Referendar/Studienassessor am Kaiser-Wilhelm-Gymnasium in Hannover
- Abschlußarbeit „Die Philosophie im Deutschunterricht der Prima“ bewertet mit „hervorragend“
- 1.4.1911 bis 31.3.1930 Oberlehrer/Studienrat am Ratsgymnasium Hannover
Militär
- April 1908 bis 1909 Einjährig-Freiwilliger beim 1. Hannoverschen Infanterie-Regiment Nr. 74
- 1914 bis 1915 Kompanieführer beim Infanterie-Regiment Nr. 368
- 1916 bis 1918 Kompanie- und Bataillonsführer beim Infanterie-Regiment Nr. 232
- 18.12.1918 Entlassung aus dem Heer als Oberleutnant der Reserve
- 13.3.1920 bis 17.3.1920 Kompanieführer der Einwohnerwehr Hannover („Kapp-Aufstand“)
Politik
- 2.7.1921 Gründung der NSDAP-Ortsgruppe Hannover („1. in Norddeutschland, 25. im Reich“)
- 1922 Gründung der „Völkischen Organisation Niedersachsens“ durch Rust
- 22.6.1924 Leiter der Deutsch-völkischen Freiheitspartei
- 4.5.1925 Eintritt in die NSDAP, am Tage der Neugründung
Gauleiter
- 22.11.1925 bis 8. Dezember 1940 Gauleiter von Hannover-Nord
- ab 1928 nach der Umstrukturierung der Wahlkreise: Süd-Hannover-Braunschweig
- 18.1.1941 Offizielle Übergabe des Gaus an Hartmann Lauterbacher
Reichsminister
- 1.5.1934 Ernennung zum Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung
Tod
Gegen Kriegsende begab sich Reichsminister Rust in das Quartier der bislang letzten deutschen Reichsregierung in Flensburg-Mürwik. Als er dort am 8. Mai 1945 von der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht hörte, beging er aus Verzweiflung in Berne bei Oldenburg Suizid.
Familie
Bernhard war der Sohn des Zimmermeisters Johann Franz Rust (1828–1900) aus Seulingen (Eichsfeld) und dessen Frau Josefa, geb. Deppe (1845–1928) aus Breitenberg (Eichsfeld). Seine Schwester war Jusefa Rust (1881–1965).
Ehen
1910 heiratete er Martha Haake (1885–1919) aus Hannover, 1920 dann Anna-Sofie Elisabeth Margarete Dietlein (1891–1979), ebenfalls aus Hannover. Aus der ersten Ehe ist ein Sohn, und aus der zweiten Ehe sind drei Töchter entsprossen.
Mitgliedschaften
- Bund ehemaliger Frontkämpfer
- Stahlhelmbund
- NSDAP am 4.5.1925 (Tag der Neugründung der NSDAP; Nr.: 3.390)
- Sturmabteilung am 4.5.1925
- Nationalsozialistischer Lehrerbund (Hannover) seit dem 1.11.1930
- Nationalsozialistische Volkswohlfahrt seit dem 1.11.1937 (NSV-Nr.: 8.319.456)
Auszeichnungen (Auszug)
Kaiserreich
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Militärverdienstkreuz (Österreich), III. Klasse mit Schwertern und der Kriegsdekoration
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Ritterkreuz mit Schwertern
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
Drittes Reich
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Goldenes Parteiabzeichen
- Deutsche Olympia-Ehrenzeichen, I. Klasse
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Silber und Bronze
Schriften (Auswahl)
- Die Grundlagen der nationalsozialistischen Erziehung, in: „Hochschule und Ausland“ 13, 1935, H. 1, S. 1–18
- Education in the Third Reich, in: „Germany speaks“, London 1938, S. 97–117
- Reichsuniversität und Wissenschaft, 1940
- Erziehung und Unterricht in der Volksschule (1940); PDF-Datei
Verweise
Karl vom Stein zum Altenstein (1817–1838) • Adalbert von Ladenberg (1840) • Johann Albrecht Friedrich von Eichhorn (1840–1848) • Maximilian von Schwerin-Putzar (1848) • Johann Karl Rodbertus (1848) • Adalbert von Ladenberg (1848–1850) • Karl Otto von Raumer (1850–1858) • Moritz August von Bethmann-Hollweg (1858–1862) • Heinrich von Mühler (1862–1872) • Adalbert Falk (1872–1879) • Robert Viktor von Puttkamer (1879–1881) • Gustav Konrad Heinrich von Goßler (1881–1891) • Robert von Zedlitz-Trützschler (1891/92) • Robert Bosse (1892–1899) • Konrad Heinrich Gustav von Studt (1899–1907) • Ludwig Holle (1907–1909) • August von Trott zu Solz (1909–1917) • Friedrich Schmidt-Ott (1917/18) • Adolph Hoffmann (1918/19) • Konrad Haenisch (1919–1921) • Carl Heinrich (1921) • Otto Boelitz (1921–1925) • Carl Heinrich Becker (1925–1930) • Adolf Grimme (1930–1932) • Aloys Lammers (1932) • Wilhelm Kähler (1932/33) • Bernhard Rust (1933–1945)
- Geboren 1883
- Gestorben 1945
- Deutscher Politiker
- Deutscher Leutnant
- Gauleiter
- NSDAP-Mitglied
- Erziehung im Nationalsozialismus
- Landesminister (Preußen)
- Reichstagsabgeordneter (Weimarer Republik)
- Reichstagsabgeordneter (Deutsches Reich 1933–1945)
- Mitglied des Provinziallandtages von Hannover
- Mitglied im Deutschvölkischen Schutz- und Trutzbund
- DVFP-Mitglied
- KfdK-Mitglied
- SA-Mitglied
- Stahlhelm-Mitglied
- Ehrenbürger von Trier
- Ehrenbürger von Göttingen
- Person (Hannover)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Eisernen Kreuzes I. Klasse (1914)
- Kultusminister (Preußen)