Held

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Die Bezeichnung Held (ahd. helid, mhd. helt, mnd. held[1]; in früher Zeit auch: Degen) steht für einen Menschen, der eine bedeutende, das gewöhnliche Maß menschlicher Leistungskraft und Einsatzbereitschaft weit überragende Tat oder Taten vollbringt. Als hierfür ursächlich werden ihm außergewöhnlich stark ausgeprägte Tugenden wie Selbstlosigkeit und Tapferkeit unterstellt. Grundsätzlich bezieht sich der Begriff auf einen Menschen mit unbedingt vorhandenen und hervorstechenden moralischen Eigenschaften; während intellektuelle Fähigkeiten nicht seinen Wesenskern definieren, allerdings zur erfolgreichen Durchführung einer heldenhaften Handlung notwendig sein können.

In der abendländischen Mythologie erscheint der Held als ein durch große und kühne Taten besonders in Kampf und Krieg sich auszeichnender Mann edler Abkunft (→ Adel), um den Mythen und Sagen entstanden sind.

Artikel aus dem staatspolitischen Handbuch


Quelle Folgender Text stammt aus dem Staatspolitischen Handbuch, Band 1: Begriffe.

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Held bezeichnet auch heute noch den hervorragenden Menschen, dessen Tat das erwartbare Maß an Tapferkeit übersteigt. Da solche Tapferkeit für gewöhnlich im Kampf gezeigt wird, ist das Verhältnis „post-heroischer“ Gesellschaften zum Heldentum aber zwiespältig. Einerseits kann das Vorkommen von H. nicht bestritten werden, andererseits neigt man dazu, ihre Bedeutung unter Bezug auf pazifistische, utilitaristische oder hedonistische Argumente zu verkleinern. Im tiefsten geht es dabei immer um ein Ressentiment gegenüber dem H., eben weil er das Gleichheitsdogma durch Handeln und Sein in Frage stellt.

Die Haltung, die für die Gegenwart kennzeichnend ist, unterscheidet sich dramatisch von den Vorstellungen älterer Gesellschaftsformen. Das hat im wesentlichen drei Ursachen: 1. deren kriegerischen Charakter; 2. die Dominanz männlicher Wertvorstellungen (Geschlecht); 3. das Widerspiel von Schande und Ehre als Regulativ des Verhaltens. Man kann diesen Zusammenhang beispielhaft an den griechischen Poleis der Antike ablesen, die nicht nur einen ausgesprochenen Heldenkult trieben, sondern im „Heros“ mehr als einen überlegenen Krieger sahen; als Heroen wurden auch die halbgöttlichen Stifter der Gemeinschaften wie etwa Lykurg angesehen. Ihre Heldentat hatte darin bestanden, das Chaos – den schlimmsten aller Feinde – zu überwinden.

Bezeichenderweise läßt sich der griechische Begriff hèros nicht ins Lateinische übersetzen, während das deutsche Wort „H.“ durchaus als Äquivalent gelten kann. Für die Römer war die Disziplin des Kämpfers entscheidend, nicht dessen agonaler Einsatz oder die außergewöhnliche Tat. Demgegenüber spielte im griechischen wie im germanisch-deutschen Mythos der H. als einzelner – auch als tragisch scheiternder einzelner – die zentrale Rolle.

Das Christentum hat diese Vorstellungen zwar abgewandelt, aber die mittel­alterliche Gesellschaft blieb durch die tragende Bedeutung ritterlich-aristokratischer Leitideen nachhaltig vom Gedanken des heldenhaften Lebens geprägt. Das war an den Motiven der Gralssage – einer genuinen religiösen Schöpfung des Abendlandes –, die immer wieder um die Bewährung des H. kreiste, genauso zu erkennen wie an dem Konzept des „geistlichen“ Kampfes, den der Kleriker, in gewissem Sinne aber auch jeder Laie zu führen hatte.

An der Vorbildlichkeit des H. wurde bis zum Ende des 19. Jahrhunderts kein prinzipieller Zweifel geäußert. Auch die revolutionären Kräfte der Zeit hatten sich ausdrücklich auf heroische Taten berufen und Heldenhaftigkeit von ihren Anhängern gefordert. Allerdings stand dahinter doch die Vorstellung, daß durch solche Anstrengung ein gesellschaftlicher Zustand erreicht werden könnte, in dem sich das Heldentum erübrigte. Daß entsprechende Vorstellungen allmählich immer größeren Einfluß gewinnen würden, haben einige Beobachter des Zeitgeschehens – vor allem Thomas Carlyle, Friedrich Nietzsche und Georges Sorel – sehr früh erkannt. Sie waren der Überzeugung, daß die durch die Aufklärung eingeleitete Entwicklung zum Tod des großen Individuums führe und die Ideologie der Gleichheit schließlich einen Zustand erzeugen werde, in dem der H. als Typus unmöglich wäre.

Sie entwarfen dagegen eine „heroische Weltanschauung“, die einerseits auf das antike Erbe und den Genie-Kult der Klassik Bezug nehmen konnte, die aber doch praktischer und politischer gerichtet war, da sie darauf ausging, einen „Übermenschen“ vorzubereiten, der alle Eigenschaften eines H. in sich vereinigt hätte.

Obwohl dieses Projekt erheblichen Einfluß auf die europäische Intelligenz ausübte, wurde seine Wirkung durch den Mißbrauch in den totalitären Regimen[2] und die Furchtbarkeit des Krieges im 20. Jahrhundert konterkariert. Vor allem in Deutschland glaubte man nach 1945 ohne H. auskommen zu können. Diese Vorstellung wurde indes korrigiert durch die neuerlichen Erfahrungen mit der Realität des Krieges. Seit einiger Zeit gibt es wieder eine wachsende Zahl von Stimmen, die eine Rückbesinnung auch auf den H. als militärisches Vorbild verlangen und einen Kult der Feigheit und der Desertion als Ausweis von Dekadenz ansehen.

Zitate

  • „So ist alle Tapferkeit auf den Tod bezogen, alle Tapferkeit steht im Angesichte des Todes. Tapferkeit ist im Grund die Bereitschaft zu sterben, genauer gesagt, die Bereitschaft zu fallen, das heißt: im Kampfe zu sterben. Jede Verwundung des natürlichen Seins ist auf den Tod hin. So nährt sich aus der Todesbereitschaft wie aus seiner tiefsten Wurzel jedes tapfere Tun, mag es, von außen gesehen noch so weit entfernt scheinen selbst von jeglichem Gedanken an den Tod. Eine ‚Tapferkeit‘, die nicht hinabreicht bis in die Tiefe der Bereitschaft, zu fallen, ist in der Wurzel verdorben und ohne Wirklichkeitsmacht. Bereitschaft erweist sich im Einsatz, und die Tapferkeit vollendet sich im Blutzeugnis.“Josef Pieper[3]
  • Achilleus wiederzubeleben wird uns nicht gelingen. Aber ab und zu an ihn zu denken, als an ein reinigendes Ideal – das könnte hilfreich sein.“Joachim Latacz[4]
  • „Die Sorge um die Rettung des eigenen Kindes läßt die schwächlichste Mutter zur Heldin werden, und nur der Kampf um die Erhaltung der Art und des sie schützenden Herdes oder auch Staates trieb die Männer zu allen Zeiten in die Speere der Feinde“Adolf Hitler[5]
  • „Das Bild, das vom ‚Helden‘ in der Seele der Deutschen wohnt, beschließt am Ende stets der ‚Dolchstoß‘, der Verrat gerade an jener Eigenschaft, die die deutscheste sein soll, an der Treue. Um ein ‚Mythos‘ zu werden, muß eine Gestalt so enden.
    Und so endete auch tatsächlich der letzte hybride Recke der Deutschen: Hitler. Er wird ein Mythos werden, ob wir wollen oder nicht. In wenigen Generationen wird es soweit sein: Er wird aus ‚Xanten‘ stammen, er wird den Drachen erschlagen haben, er wird der Sieger der Sachsenkriege gewesen, er wird durch einen Hagen gefällt, und das Reich wird durch die Hunnen zerstört worden sein. Wir mögen ihn hassen und lächerlich machen – es wird korrigiert werden.“
    Joachim Fernau[6]

Gedichte

Von deutschen Helden leiden
Die Deutschen, den zumeist,
Der einfach und bescheiden
Erst Gott im Himmel preist.
Max Bewer[7]

Weitere

Siehe auch

Literatur

  • Hans F. K. Günther: 96-book.png PDF PDF Ritter, Tod und Teufel – der heldische Gedanke, 1935 [213 S.]
  • 96-book.png PDF Ernst Pitawall: Die Männer des Volkes in der Zeit des deutschen Elends, 1805–1813. Nach Briefen und Memoiren, 1864
  • Gustav Neckel: Germanisches Heldentum, 1915 (PDF-Datei, 16 MB); Bezugsnachweis für Druckausgabe
  • Ernst Mann: Die Überwindung des Christentums durch den aristokratischen Gedanken, Fritz Fink Verlag, Weimar 1927 [mit Abschnitt über „Heldenverehrung und Geniekultus“; 193 S.]
  • Thomas Carlyle: Über Helden und Heldenverehrung in der Geschichte [1841], zuletzt St. Gallen 2001
  • Joachim Latacz: Achilleus. Wandlungen eines europäischen Heldenbildes, Lectio Teub­neriana, Bd III, Stuttgart/Leipzig 1995

Fußnoten

  1. Held, in: Deutsches Wörterbuch von Jacob Grimm und Wilhelm Grimm (Bd. 10, Sp. 930 bis 935)
  2. Anmerkung: Bezüglich der Redewendung „totalitäre Regime“ sollte man, bezogen auf die Zeit des Zweiten Weltkrieges, in erster Linie die plutokratisch-totalitären angloamerikanischen Staatssysteme und die Sowjetunion betrachten.
  3. Josef Pieper: Das Viergespann, S. 165 f; Pieper beschrieb die Tapferkeit als die Tugend des Kampfes gegen die Macht des Bösen, „durch Standhalten wie durch Angriff“. Der tapfere Mensch lasse sich durch Gefahr und Risiko nicht dazu bringen, seine höchsten Güter aufzugeben. Die Tapferkeit beginne zu wirken, wenn Sicherheiten versagen und die Gefahr in der Situation des „unbedingten Ernstfalles“ sichtbar werde. Die Tugend befähige dann dazu, auf das Furchtbare zuzugehen und Risiken bei der Verfolgung des Guten zu akzeptieren. Es liege im Wesen der Tapferkeit, „auf das Äußerste zu blicken“.
  4. Joachim Latacz: Homers Ilias: Studien zu Dichter, Werk und Rezeption (Kleine Schriften II), De Gruyter, 2014, S. 342
  5. Adolf Hitler: Mein Kampf, 22. Auflage 1944, S. 168
  6. Joachim Fernau: Disteln für Hagen, 9. Auflage 1987, Seite 97, ISBN 3-442-03680-1
  7. Max Bewer: Beim Kaiser und Hindenburg im Großen Hauptquartier, 1917