Heeringen, Josias von
Josias Oskar Otto von Heeringen ( 9. März 1850 in Kassel; 9. Oktober 1926 in Berlin-Charlottenburg) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee und des Kaiserlichen Heeres, zuletzt Generaloberst, Kriegsminister und von 1918 bis Ende Januar 1926 Präsident des Kyffhäuserbundes.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Herkunft und Familie
Josias von Heeringen war der Sohn des kurhessischen Oberhofmarschalls und Theaterintendanten Josias von Heeringen (1809–1885) und dessen Ehefrau Karoline von Starkloff (1817–1871). Sein jüngerer Bruder August von Heeringen ( 26. November 1855 in Kassel; 29. September 1927 in Berlin) diente später als hochrangiger Offizier der Kaiserlichen Marine und war Chef des Admiralstabs.
Militärische Laufbahn
Von Heeringen trat am 11. April 1867 aus dem Kadettenkorps kommend als Fähnrich in das Füsilier-Regiment Nr. 80 der Preußischen Armee ein. Mit dem Regiment nahm er 1870/71 als Sekondeleutnant am Deutsch-Französischen Krieg teil. In der Schlacht bei Wörth wurde er schwer verwundet und erhielt für persönliche Tapferkeit das Eiserne Kreuz II. Klasse.
Nach mehreren Stationen seiner militärischen Laufbahn wurde von Heeringen 1887 Major im Kriegsministerium. 1890 erhielt er als Referent im preußischen Kriegsministerium die Anweisung von Reichskanzler Leo von Caprivi, eine Denkschrift zur militärischen Organisation der Schutztruppe zu verfassen. Nachdem die Ressorts diese dann ausgehandelt hatten, wurde von Heeringens Denkschrift als „Organisatorische Bestimmungen für die Kaiserliche Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika“ am 9. April 1891 vom Reichskanzler und vom Kaiser festgeschrieben.
Zwischen 1892 und 1895 war er Abteilungschef im Generalstab. Im Jahr 1898 wurde von Heeringen zum Generalmajor und zum Direktor des Armee-Verwaltungsdepartements im Kriegsministerium ernannt. 1901 wurde er zum Generalleutnant befördert. 1903 wurde er Kommandeur der 22. Division. Am 21. September 1906 wurde von Heeringen zum General der Infanterie befördert und gleichzeitig zum Kommandierenden General des II. Armee-Korps in Stettin ernannt. Dieses Kommando hatte er bis zum 31. August 1909 inne.
Amtszeit als Kriegsminister
Vom 19. August 1909 bis zum 4. Juli 1913 amtierte von Heeringen als Kriegsminister, er war der Nachfolger von Karl von Einem. Am 8. April 1910 gab er einen vielbeachteten Erlaß zur „Stärkung für das Militärische“ bei der Jugend heraus. Vor dem Deutschen Reichstag gab Preußens Kriegsminister von Heeringen am 30. April 1912 eine Erklärung zur Duellfrage im deutschen Heer ab. Anlaß dafür war die Verweigerung eines Duells durch den Militärarzt Sambeth und dessen daraufhin erfolgte Entlassung aus der Armee.
Von Heeringen widersetzte sich den Plänen von Generalstabschef Helmuth Johannes Ludwig von Moltke und Oberst Erich Ludendorff, damals Leiter der Aufmarschabteilung des Generalstabs, die Heeresstärke in Friedenszeiten von 670.000 auf 970.000 Mann aufzustocken.[1] Dies sollte sich später als Fehler herausstellen. Nur durch einen Immediatvortrag bei Kaiser Wilhelm II. konnte der Kriegsminister es erreichen, daß in der Heeresvorlage 1913 die Heeresvergrößerung auf 117.000 (statt der geplanten 300.000) Mann begrenzt blieb.[2] Doch die Kritik, durch seinen Einsatz gegen eine forcierte Aufrüstung habe von Heeringen die Aufstellung dreier zusätzlicher Armeekorps vereitelt, riß nicht ab.
Die Beziehungen zwischen dem Kriegsministerium und dem Generalstab blieben angespannt. Auch die ständigen Angriffe im Reichstag vom Abgeordneten Karl Liebknecht, der dem Kaiser Steuermittel für die Heeres- und Flottenrüstung verweigern wollte und dem Kriegsministerium Bestechlichkeit durch die Firma Krupp vorwarf (sog. Kornwalzer-Affäre), setzen dem hehren Offizier derart zu, daß der Kriegsminister den Kaiser um seine Amtsentpflichtung bat.
Nach seinem Ausscheiden aus dem Kabinett war von Heeringen Generalinspekteur der II. Armee-Inspektion mit Sitz in Berlin und wurde am 27. Januar 1914 zum Generaloberst befördert.
Erster Weltkrieg
Mit Beginn des Ersten Weltkrieges wurde von Heeringen am 2. August 1914 zum Oberbefehlshaber der 7. Armee an der Westfront ernannt. Das Armeeoberkommando 7 blieb bis zum September 1914 an die Weisungen der 6. Armee gebunden, um ein einheitliches Vorgehen der Nachbararmeen in der Schlacht in Lothringen (21./22. August 1914) zu gewährleisten.
Während der Schlacht von Mülhausen verteidigte von Heeringen das Elsaß gegen Angriffe der französischen Vogesengruppe (Armée d'Alsace) unter General Paul Marie Pau. Deren Angriff auf den Donon, den Nordgipfel der Vogesen, von dessen Einnahme General Pau sich eine Entlastung der französischen 1. Armee unter General Auguste Dubail erhoffte, scheiterte unter schweren Verlusten.
Am 13. September 1914 und den Folgetagen wurde die 7. Armee in den Raum südlich von Laon verlegt und half, die schwer bedrängte deutsche Front in der Schlacht an der Aisne zu stabilisieren. Von Heeringen erhielt dabei kurzfristig den Befehl einer zentralen Heeresgruppe beiderseits Reims. Am 28. August 1916 mußte er die 7. Armee an General der Artillerie Richard von Schubert abgeben und verließ die Westfront.
Von 1916 bis 1918 war er Oberbefehlshaber der Küstenverteidigung. Am 18. September 1918 wurde von Heeringen zu den Offizieren von der Armee überführt (in die Reserve versetzt) und nach Kriegsende am 18. November 1918 aus dem aktiven Dienst verabschiedet.
Kyffhäuserbund
Vom 15. November 1919 bis zu seinem Tode 1926 war von Heeringen Präsident des Kyffhäuserbundes (Reichskriegerbund „Kyffhäuser“).
Chronologie
- 11.4.1867 Eintritt als Portepee-Fähnrich in das Füsilier-Regiment „von Gerdsdorff“ (1. Kurhessisches) Nr. 80, Wiesbaden
- 10.8.1868 Sekonde-Lieutenant
- 19.7.1870 Deutsch-Französischer Krieg (Teilnahme)
- 15.6.1873 Premier-Lieutenant
- 1879 Großer Generalstab, Berlin
- 13.5.1880 Hauptmann
- 1882 XI. Armeekorps, Kassel (im Stab von Karl von Schlotheim)
- 1884 22. Infanterie-Division, Kassel (im Stab von Ernst von Unger)
- 1887 Preußisches Kriegsministerium, Berlin
- 22.3.1887 Major
- 1890 Infanterie-Leibregiment „Großherzogin“ (3. Großherzoglich Hessisches) Nr. 117 (Bataillonskommandeur)
- 1892 Großer Generalstab, Berlin (Sektionsschef)
- 18.6.1892 Oberst-Lieutenant
- 1895 Infanterie-Leibregiment „Großherzogin“ (3. Großherzoglich Hessisches) Nr. 117 (Regimentskommandeur)
- 13.5.1895 Oberst
- 1898 Preußisches Kriegsministerium (BD), Berlin (Leiter der Heeresabteilung)
- 20.7.1898 Generalmajor
- 7.7.1901 Generalleutnant
- 1903 22. Infanterie-Division, Kassel (Divisionskommandeur)
- 21.9.1906 II. Armee-Korps, Stettin (Kommandierender General als Nachfolger von Arnold von Langenbeck)
- 16.10.1906 General der Infanterie
- 19.8.1909 Preußisches Kriegsministerium, Berlin (Preußischer Kriegsminister als Nachfolger von Karl von Einem)
- 5.7.1913 II. Armee-Inspektion, Berlin (Generalinspekteur als Nachfolger von Colmar von der Goltz)
- 27.1.1914 Generaloberst
- 2.8.1914 7. Armee (Oberbefehlshaber)
- 28.8.1916 Küstenverteidigung, Hamburg (Oberbefehlshaber)
- 18.9.1918 Chef des Colbergschen Grenadier-Regiments „Graf Gneisenau“ (2. Pommersches) Nr. 9
- 16.11.1918 zur Disposition gestellt und aus dem aktiven Dienst verabschiedet
Tod
Nach seinem Ableben im Oktober 1926 wurde Kriegsminister sowie Generaloberst a. D. Josias Oskar Otto von Heeringen auf dem Invalidenfriedhof mit einem feierlichen Militärbegräbnis geehrt.
Familie
Oberleutnant Josias von Heeringen heiratete 1874 in Wiesbaden seine Verlobte Augusta von Dewall, Tochter des Generalleutnants Casimir von Dewall. Aus der Ehe sind sechs Kinder – vier Söhne und zwei Töchter – entsprossen.
Auszeichnungen und Ehrungen (kleiner Auszug)
- Eisernes Kreuz (1870), II. Klasse
- Kriegsdenkmünze für die Feldzüge 1870–71 (Deutsches Reich) mit mehreren Gefechtsspangen
- Königlich Preußisches Dienstauszeichnungskreuz, 1892
- Jubiläums-Eichenlaub „25“ 1870/1895 zum Eisernen Kreuz II. Klasse
- Zentenarmedaille, 1897
- Orden der Württembergischen Krone
- nach dem Tode rückgabepflichtig, so geschehen laut Landesarchiv Baden-Württemberg im November 1926
- Königlicher Kronen-Orden (Preußen), II. Klasse (Halsorden)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Roter Adlerorden, III., II. und I. Klasse mit Schwertern
- ab II. Klasse Verleihung mit Eichenlaub (Halsorden)
- Stern zur II. und I. Klasse
- Großherzoglich Hessischer Verdienst-Orden „Philipps des Großmüthigen“, Großkreuz mit der Krone am 23. August 1911 als Königlich Preußischer General der Infanterie und General-Inspekteur der II. Armee-Inspektion
- Wiederholungsspange (1914) zum Eisernen Kreuz II. Klasse (1870)
- Eisernes Kreuz (1914), I. Klasse
- Ritter des Königlich Preußischen Ordens „Pour le Mérite“ mit Eichenlaub
- Verdienstorden am 28. August 1915
- Eichenlaub am 28. August 1916
- Königlicher Hausorden von Hohenzollern, Großkomtur am 3. April 1917
- Großherzoglich Hessischer Verdienstorden, Großkreuz
- Ordenskette zum Schwarzen Adlerorden
Ehrungen
- Ehrenbürger der Stadt Kassel im September 1914
- Vom Kaiser à la suite des Füsilier-Regiments „von Gerdsdorff“ (1. Kurhessisches) Nr. 80 gestellt
- Chef des Colbergschen Grenadier-Regiments „Graf Gneisenau“ (2. Pommersches) Nr. 9 am 18. September 1918
Literatur
- Rüdiger Graf von der Goltz: Deutschlands Köpfe der Gegenwart über Deutschlands Zukunft, Eigenbrödler Verlag, 1928
Fußnoten
- Geboren 1850
- Gestorben 1926
- Deutscher Adliger
- Deutscher Generaloberst
- Kriegsminister (Preußen)
- Generaloberst (Königreich Preußen)
- Befehlshaber im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Oberbefehlshaber einer Armee (Deutsches Kaiserreich)
- Ritter des Schwarzen Adlerordens
- Träger des Pour le Mérite (Militärorden)
- Träger des Großherzoglich Hessischen Verdienstordens (Großkreuz)