Kollwitz, Käthe
Käthe Kollwitz, geb. Schmidt ( 8. Juli 1867 in Königsberg; 22. April 1945 auf Schloß Moritzburg bei Dresden), war eine deutsche Malerin, Graphikerin und Bildhauerin.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Kollwitz erhielt Kunstunterricht und studierte später in München bei Ludwig von Herterich. 1919 wurde sie Professorin an der Berliner Akademie der Künste. Im Stile des Expressionismus schuf sie Darstellungen des nationalen und sozialen Elends. Politisch zählte sich Kollwitz zu den Linken, bereiste 1927 die bolschewistische Sowjetunion und war im Februar 1933 u. a. zusammen mit ihrem Mann sowie den Juden Albert Einstein, Heinrich Mann und Arnold Zweig Unterzeichner des Appells zur Einheit der Linken gegen den Nationalsozialismus.
Als Unterstützerin des Kulturbolschewismus vorlor sie nach der Regierungsübernahme durch die Nationalsozialisten ihr Lehramt, durfte jedoch unbehelligt weiterarbeiten und bezog 1936 ihr Kunstquartier an der Berliner Klosterstraße, wo auch die Juden Hermann Blumenthal und Herbert Tucholski wirkten. Dort veranstaltete sie auch private Ausstellungen ihrer Werke, die teilweise durch Leo von König finanziell unterstützt wurden. Bereits 1937 erhielt sie zu ihrem 70. Geburtstag lobende Erwähnung in der Presse. 1943 fiel ihr Kunstquartier dem alliierten Bombenterror der „Befreier“ zum Opfer, so daß sie sich 1944 auf Schloß Moritzburg nach Dresden zurückzog, wo sie noch den Bombenholocaust der „Befreier“ erlebte, bevor sie im April 1945 verstarb.[1]
Zeitzeugin des 1. Weltkrieges
- „Noch einmal eine solche Zeit durchleben – glaub ich – könnt ich nicht mehr. Dies eine Mal hab ich sie durchlebt, aber unter was für Qualen …!“ schreibt Käthe Kollwitz im Februar 1925 in ihr Tagebuch. Sie denkt dabei an die Zeit des 1. Weltkrieges zurück. Wer war Käthe Kollwitz, von der die berühmte Plastik der „Pietà“ in der „Zentralen Gedenkstätte der Bundesrepublik Deutschland für die Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft“ in der „Neuen Wache“ Unter den Linden in Berlin aufgestellt ist und eine Nachbildung davon auf dem Waldfriedhof in Stuttgart-Degerloch? Die Plastik stellt eine Mutter mit ihrem toten Sohn dar, der gleichsam in ihren Schoß zurückgekehrt ist. Tatsächlich dargestellt sind Käthe Kollwitz und ihr Sohn Peter, der am 2. Tag, nachdem er als Kriegsfreiwilliger in Flandern an die Front gekommen war, am 22. Oktober 1914 mit 18 Jahren den Tod fand. „Das Vaterland braucht meinen Jahrgang noch nicht, aber mich braucht es“, hatte Peter im August 1914, gleich nach Kriegsbeginn also, zu seinen Eltern gesagt und seine Mutter, Käthe Kollwitz, daran erinnert: „Mutter, als Du mich umarmtest, sagtest du: ‚glaube nicht, daß ich feige bin, wir sind bereit‘“ … „Ich stehe auf“, schreibt sie, „Peter folgt mir, wir stehen an der Türe und umarmen uns und küssen uns und ich bitte Karl für Peter, der ja noch nicht mündig ist, sich unbedingt als Kriegsfreiwilliger melden will und dazu die Erlaubnis der Eltern braucht.“ Die Mutter also bittet den Vater, den Sohn in den Krieg ziehen zu lassen. So war das damals: „Diese einzige Stunde. Dieses Opfer, zu dem er mich hinriß und zu dem wir Karl hinrissen“. Mit dem Kassenarzt Karl Kollwitz ist die Künstlerin Käthe geb. Schmidt seit 1891 verheiratet. Beide sind Sozialdemokraten. Sie wohnen und arbeiten in Berlin-Spandau in einem mehrstöckigen Haus, in dem sie zeitweilig ein halbes Stockwerk, zeitweilig 3 Stockwerke zur Unterbringung der Arztpraxis und der Künstlerwerkstatt gemietet haben. Karl stirbt darin 1940, Käthe zieht 1943 kurz vor der Zerbombung des Hauses zu einer Nichte nach Moritzburg bei Dresden. 52 Jahre lang ist die Nummer 25 in der Weißenburger Straße am Wörther Platz ihr Zuhause gewesen. […] Am 12. Oktober 1914 besucht sie ihren Sohn Peter an seinem Ausbildungsstandort und nimmt Abschied von ihm, „den wirklich letzten. Wir küssen uns und sagen uns, wie lieb wir uns haben, und er sagt, er kommt sicher wieder. Du geliebter, geliebter Junge.“ 10 Tage später ist er tot. Ihr Sohn Hans ist als junger Mediziner in der Etappe und ist damit unzufrieden: „Wenn ich nun aber überzeugt bin, daß ich nachher nur etwas leisten kann, wenn ich durch den Krieg gegangen bin?“ Ich sage: „Gehst du nicht durch den Krieg, ob du Kranke verbindest oder an der Front stehst? Sind Karl und ich nicht hundertmal mehr durch den Krieg gegangen als manche, die von Granaten umflogen sind?“ So ringen die Menschen mit sich selbst. „Mein Vaterland zu lieben auf meine Art … und diese Liebe zu betätigen. Auf die Jugend zu sehn und ihr liebevoll treu zu bleiben“, das ist das Wollen der Käthe Kollwitz, wie sie es am Jahresende 1914 ins Tagebuch schreibt, als sie ihren Sohn schon verloren hat. Doch dann wieder: „Ein Kind gebären und groß zu ziehn und nach achtzehn köstlichen Jahren zu sehen, wie alle Anlagen sich entfalten, wie reich der Baum Frucht tragen will – und dann aus.“ 1917 kann sie nur noch die zu Boden herabgedrückten Eltern sehen. „Ich habe eine Arbeit im Sinn, Peter zu Ehren.“ Um dessen Form ringt sie jahrelang. Nach 4 Jahren, 1919, läßt sie sie erst einmal ruhen. Nach weiteren 5 Jahren geht sie wieder daran, mit vielen Depressionsphasen begleitet, und erst nochmals 7 Jahre später ist das Mahnmal „Die Eltern“ vollendet und wird 1932, ein Jahr bevor Hitler an die Macht kommt, auf dem deutschen Soldatenfriedhof in Roggevelde nahe Dixmuiden in Flandern aufgestellt, dort, wo auch ihr Sohn Peter ruht. „Nun dauert der Krieg zwei Jahre, und fünf Millionen junge Männer sind tot, und mehr als nochmal soviel Menschen sind unglücklich geworden und zerstört, gibt es noch irgendetwas, was das rechtfertigt?“ […] Der Individualismus bricht sich mitten im Krieg allmählich Bahn in Deutschland. Und doch muß Käthe Kollwitz erkennen und vermerkt es im Oktober 1917 in ihrem Tagebuch, „daß in Prag Revolten gewesen seien und daß ohne Militär die Deutschen wohl alle niedergemacht worden wären. Einem großen nord-slawischen Staat streben die Tschechen zu, südlich Deutsch-Österreichs einem zweiten slawischen Staat. Österreich in der Mitte soll zerrieben werden. Also die Ziele der Entente.“ Am 1. November: „Versammlung, in der Heine, Naumann, Wyneken zur Jugend sprechen wollen und über den Haufen gerannt werden. Die Jugend randaliert und ist ungebärdig. Den größten Beifall hat der ekelhafte Pfemfert und die Unabhängigen … 6. November 1918: Ausweisung der russischen Botschaft wegen bolschewistischer Agitation … Freitag, 8. November 1918 Forderung der Sozialdemokraten: Abdankung des Kaisers. Bis Mittag 12 Uhr … Sonnabend, 9. November 1918 Heut ist es wahr. Mittags nach 1 Uhr kam ich durch den Tiergarten zum Brandenburger Tor, wo gerade die Flugblätter mit der Abdankung verteilt waren. Aus dem Tor zog ein Demonstrationszug. Ich trat mit ein.“ Die Waffenstillstandsbedingungen findet sie „furchtbar“. „Der Kaiser, Kronprinz, sollen nach Holland geflohen sein. Hindenburg soll geblieben sein und sich dem Soldatenrat unterstellt haben, um das Chaos möglichst zu verhindern. Bravo, alter Hindenburg!“ […] Armes deutsches Volk! „Die Stadt ist geschmückt für die heimkehrenden Soldaten. Wir haben lang über die Fahne gesprochen. Heut am Sonntag hängen Hans und ich sie raus. Die deutsche allgemeine schwarz-weiß-rote Fahne. Die liebe deutsche Fahne.“ […] Der „Friede“ und alles, was aus ihm folgte, wurde in der Tat fürchterlich für Deutschland und Europa. Was für Zeiten! Und in diesem Geschehen: Käthe Kollwitz – die Personifikation der deutschen Zerrissenheit und Qual![2]
Tod
Käthe Kollwitz wurde nach ihrem Tode im April 1945 zunächst in Moritzburg beigesetzt. Im Herbst des selben Jahres wurde die Urne auf den Zentralfriedhof nach Berlin-Friedrichsfelde überführt, neben der Gedenkstätte der Sozialisten.
Familie
Ihr Vater Karl Schmidt war Maurermeister und später freier Prediger der Freien Gemeinde in Königsberg. Ihre Mutter Katharina war die Tochter des Politikers Julius Rupp. 1891 heiratete sie den Armenarzt Karl Kollwitz, der dem Verband der sozialdemokratischen Ärzte in der Weimarer Republik vorstand und ab Mitte der 1930er Jahre dem Nationalsozialismus zuneigte. Ihr Mann verstarb 1940.
Ehrungen
In der BRD sind zahlreiche Straßen, Schulen und Museen nach Kollwitz benannt. So wurde bspw. im Dezember 2010 auf Antrag der neobolschewistischen BRD-Blockpartei „Die Linke“ das Wiehler Kulturhaus von „Oberth-Haus“ in „Käthe-Kollwitz-Haus“ umbenannt.[3]
Walhalla-Genossin
Im Mai 2019 wird eine Büste von Käthe Kollwitz in die Walhalla bei Donaustauf aufgestellt.[4]
Schriften/Briefsammlungen (Auswahl)
- Die Tagebücher 1908–1943. Jutta Bohnke-Kollwitz, Siedler-Verlag, Berlin 1989, ISBN 3886802515
- Briefe an den Sohn 1904–1945. Jutta Bohnke-Kollwitz, Siedler-Verlag, Berlin 1992, ISBN 3886802507
- Aus meinem Leben. Ein Testament des Herzens. Mit Zeichnungen von Käthe Kollwitz und einem Vorwort von Hans Kollwitz, Herder, Freiburg/Basel/Wien 1992, ISBN 3451041057
- Ich sah die Welt mit leibevolln Augen. Käthe Kollwitz. Ein Leben in Selbstzeugnissen, Fourier Verlag, ISBN 43-921-695-21-x