Macht

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Macht ist das Vermögen einer Person oder einer Gruppe, ihre Ziele gegen Widerstände durchzusetzen. Diese Widerstände können in der äußeren Natur, in dem Willen Dritter oder in der eigenen Person liegen.[1]

Macht kommt von „mögen“

Der Begriff Macht ist ein Elementarbegriff, dessen Bedeutungsfeld mit Vermögen, Können, Fähigkeit, Kraft und Stärke weitgehend übereinstimmt. Die sprachliche Wurzel (indogerm. magh, gotisch magan, althochdeutsch mugan) weist darauf hin, daß „Macht“ von dem Zeitwort (ver)mögen abstammt.

Macht bedeutet also Können oder Fähig-Sein, auch wenn die Beziehung von Macht und „mögen“ ähnlich weit aus dem Bewußtsein gerückt ist wie die von Kunst zu können und Zucht zu ziehen. Fälschlicherweise wird Macht oft für eine Ableitung des Zeitworts „machen“ gehalten.

Auf eine kurze Formel gebracht kann man sagen: Macht ist Vermögen. Dabei ist mit Vermögen die Gesamtheit menschlicher Fähigkeiten und Verfügungsmöglichkeiten gemeint, unter denen nicht allein das Sach- und Geldvermögen eine Bedeutung hat. Ohne eigenes Zutun verrinnt jede erworbene Macht; deshalb ist Macht stets ein dynamischer Begriff, keine bloße Kategorie. Macht existiert nie ohne beständige Konkurrenz um sie und nie ohne den beständigen Zwang, sie zu erhalten oder unterzugehen.

Machtfaktoren: Grundlagen der Macht

Macht ist für Thomas Hobbes der Inbegriff an „gegenwärtigen Mitteln zur Erlangung eines zukünftigen anscheinenden Guts.“ Sie beruht auf Machtmitteln oder Machtfaktoren, die Menschen in unterschiedlichem Ausmaß besitzen. Machtmittel sind:

  1. körperliche Stärke, die im physischen Kampf erprobt wird und sich als primäre Kampfkraft manifestiert,
  2. Arbeitskraft, die etwa eine Festung baut oder der es gelingt, sich durch Erwirtschaftung der nötigen Lebensgrundlagen besser zu behaupten und ihre Mitarbeiter und Mitkämpfer besser zu belohnen,
  3. Disziplin, Tapferkeit und Fleiß, also psychologische Stärken, durch welche die vorgenannten Faktoren optimal eingesetzt werden und Vermögen (Realkapital) und Kampfkraft hervorbringen,
  4. kaufmännisches Talent, das im Handel Vorteile gewinnt und dadurch Geldmacht (Finanzkapital) erzeugt,
  5. Wissen und Erfindergeist, die alle vorgenannten Faktoren klug organisieren und einen Vorsprung in Produktivität und Schlagkraft bewirken,
  6. Überzeugungskraft und Charisma, die Menschen für gemeinsame Ziele motivieren und mobilisieren können oder ihnen vorzumachen, daß sie etwas zum Erreichen ihrer Ziele tun,
  7. Zugang zu Kommunikationsmitteln, Informationswegen und Medien, die es erlauben, andere zu informieren, „in Formation zu bringen“, in ihrer Identität zu beeinflussen und zu gemeinsamen Handlungen zu bewegen bzw. unerwünschte Informationen zu unterdrücken oder zu verfälschen,
  8. Verfügung über materielle Güter, Bodenschätze und Handelsgüter, Waren und Waffen, Gebiete und Seewege, Rechte und Privilegien, die zum Zwang und zur Belohnung eingesetzt werden können.

Das Zusammenspiel der Machtfaktoren bestimmt die Macht eines Einzelnen, einer Gruppe oder eines Staates.

Entstehung politischer Macht

Personen, Gruppen und Staaten, die Machtmittel besitzen, sind Machthaber. Treffen Machthaber im selben Raum aufeinander, so stellt sich die Machtfrage. Dies ist die Frage nach den Grenzen der Macht jedes einzelnen Akteurs. Die Machtfrage wird im allgemeinen

  1. durch einen Vertrag (bei Machtgleichgewicht) oder
  2. durch eine Machtprobe mit Friedensschluß und nachfolgendem Vertrag oder
  3. durch die Elimination oder Vertreibung des im Kampf unterlegenen Machthabers entschieden.

Formen der Machtprobe sind alle Arten von Kampf und Wettbewerb, die bis zur maximalen Mobilmachung der Machtfaktoren führen können. Sobald mehrere Personen mit ihren jeweiligen Machtmitteln zusammentreffen, entsteht eine Gesellschaft, die den Kampf durch Regeln und Rechtsnormen begrenzt. Recht, Kultur und Sozialformen sind Institutionen, die den Gliedern der Gesellschaft Vorteile und Entlastungen bringen. Oberste Institution und das gemeinsame Dach aller Institutionen ist der Staat.

Machthaltigkeit der Institutionen

Die Institutionen beruhen auf einer Machtabtretung des Einzelnen an den Staat, der wiederum die so gewonnene Macht in den Dienst aller stellt. Die Machtübertragung an den Staat ist ein Tauschgeschäft. Die Herrschaft wird erduldet, weil im Gegenzug mehr an Schutz gewonnen wird, als der Einzelne durch eigene Macht erreichen könnte. Die Machtübertragung bedeutet eine Ermächtigung der Institutionen. Daher gibt es auch Macht im übertragenen Sinne, die Macht des Rechts, die Macht der Kultur und des Wissens, wobei dies immer die Macht der jeweils das Recht, die Kultur und das Wissen beherrschenden Eliten ist. Presse, Wirtschaft, Justiz, Militär, Polizei und Geheimdienst sind machthaltige Institutionen. Die Machthaltigkeit der Institutionen bedeutet einen Machtgewinn für diejeningen, die über die Institutionen verfügen können.

Das Machtstreben jenseits von Gut und Böse

Das Machtstreben des Einzelnen ist nach John H. Herz Teil eines Selbsterhaltungstriebes, der häufig als Freiheitsdrang in den Vordergrund tritt. Daher ist der Kampf um die Macht ein immerwährender Kampf, der nur durch Regeln gedämpft, aber nicht vermieden werden kann. Dies bestreitet der Anarchismus, der es für möglich und erstrebenswert hält, ohne Macht zu leben. Am Verhältnis zur Macht wird die politische Rechts/Links-Dichotomie deutlich. Während die Linke herrschaftsfreie Utopien oder eine Minimierung von Macht anzustreben behauptet, pflegt die Rechte ein positives Verhältnis zur Macht. Friedrich Nietzsche sieht im „Willen zur Macht“ ein Ursprüngliches der Wirklichkeit. Er hebt hervor, daß Sklavenmoral reaktiv sei (und sie deshalb gut und böse gegenüberstelle); Herrenmoral ist aktiv, d. h., sie wertet aus sich selbst heraus und agiert frei. Die Sklavenmoral dagegen bewegt sich stets unfrei im Korsett der Ressentiments.

Die ethische Bewertung der Macht reicht von der absoluten Bejahung der Macht und des Machtstrebens bei Nietzsche bis hin zu ihrer gänzlichen Verwerfung. Nach Auffassung Jacob Burckhardts ist die Macht „ihrem Wesen nach böse“. Dem steht die These gegenüber, daß Macht ihre Ziele ohne Ansehung des sittlichen Wertes verfolge, daß sie nicht unmoralisch, sondern amoralisch sei. Allerdings gilt nach Dalberg-Acton: „Macht neigt dazu, verderblich zu wirken, absolute Macht verdirbt bedingungslos.“ Daraus folgt: Macht braucht Kontrolle. Für die Gestaltung des politischen Machtkampfes gibt es verschiedene Modelle, die sich darin unterscheiden, wieviel Raum sie dem Kampf um die Macht geben.

Kampf um die Macht

Innerhalb eines autoritären Staates hat die Stabilität der Machtverhältnisse Vorrang vor dem Machtstreben des Einzelnen. Der Kampf um die Macht wird eingeschränkt, um Anarchie und Bürgerkrieg zu verhindern und den inneren Frieden zu bewahren. Machthaber ist im allgemeinen eine kleine Gruppe, die „politische Klasse“, die mit hohem Einsatz ihrer Machtmittel gegen alle Mitbewerber vorgeht. Kollektive Einschwörung auf das Herrschaftssystem oder die Führung soll den Machterhalt sichern. Machtwechsel ist entweder nicht vorgesehen oder nur als (scheinbarer) Wechsel zwischen Fraktionen der politischen Klasse möglich. Das Machtgefälle zwischen staatlichen Machthabern und Masse ist so hoch, daß die Machtverhältnisse nur durch Revolution verändert werden können.

Innerhalb eines demokratischen Staates wird der Kampf um die Macht in geregelte Bahnen gelenkt, indem sich verschiedene Parteien zur Wahl stellen. Theoretisch sollen dabei alle Bürger gleich an der Macht beteiligt werden, praktisch wird ein Teil durch die Nichtzulassung ihrer Parteien ausgeschlossen. Der Vorteil des demokratischen Systems ist, daß zwischen den zugelassenen Parteien ein Wechsel möglich ist, ohne den Staat zu gefährden. Durch Wahl„kampf“ werden die Machtverhältnisse in den zugelassenen Grenzen verändert. Allerdings kann auch ein demokratisches System soweit degenerieren, daß die Parteien insgesamt einen Block darstellen und die Herrschaft des Parteiensystems autoritären Charakter annimmt. Demokratismus, also die rein rhetorische Zustimmung zur Demokratie, ist keine Gewähr für reale Demokratie.

Machtwechsel durch Revolution

Am Zusammenbruch der DDR im Jahre 1989 war erkennbar, wie eine Scheindemokratie hinweggefegt wird, wenn sich das Volk auf seine Macht besinnt. In einer Ein- oder Mehrparteien-Diktatur verbirgt sich die Macht in den Institutionen, die daher gerne von pseudo-demokratischen Machthabern zu unantastbaren und heiligen Errungenschaften erklärt werden. Die Behauptung: „Alle Macht geht vom Volke aus“ sagt nichts darüber aus, in welchen Institutionen sich die Macht zwischen den Wahltagen versteckt. Erst wenn die Macht nicht nur symbolisch bei Wahlen für ein paar Stunden wieder in die Hände des Volkes zurückkehrt, sondern wenn das Volk sie wirklich in der Hand hat und selbst seine Grundordnung bestimmt, ist die Herrschaft demokratisch legitimiert. Wenn das nicht möglich ist, bleibt der Weg der Revolution.

Sobald die institutionelle Macht von Parteien, Verfassungsorganen, Justiz, Polizei, Presse und Geheimdienst von einer ausreichenden Zahl von Bürgern als unzumutbar, beleidigend und erdrückend empfunden wird, erhebt sich der Machtwille der vielen Einzelnen zum Kampf um die Macht. Aus diesem Kampf können neue Machtverhältnisse hervorgehen, die die staatliche Grundordnung auf demokratische Füße stellen oder ruinieren können. Für die Deutschen war die Revolution von 1989 ein Lehrbeispiel für einen Machtwechsel, in dem ein System abgeschüttelt wurde, das sich sogar im Staatsnamen das Etikett „demokratisch“ gegeben hatte.

Macht hat viele Namen

Macht ist ein Zentralbegriff im System der politischen Begriffe.

„Gleichwohl entzieht er sich einer eindeutigen Fassung, da er nicht nur kontrovers bewertet, sondern auch deskritptiv-analytisch von höchst unterschiedlichen Rahmenbedingungen aus entwickelt wird.“ — Dieter Nohlen[Quellennachweis erforderlich]

Die genaue Bestimmung von Macht ist praktisch und theoretisch schwierig – praktisch, weil die „Verborgenheit der Macht“ oft im Interesse der Machthaber ist, theoretisch, weil die Begriffe Macht, Herrschaft und Freiheit große Ähnlichkeiten aufweisen.

  1. Macht ist die Bedingung von Herrschaft. Herrschaft kann als Ausübung und Realisierung von Macht verstanden werden.
  2. Macht ist mit Freiheit verbunden. Macht gewährt die Freiheit zu tun, was man will. Freiheit bedeutet: nicht fremder Macht unterworfen zu sein und damit selbst Macht zu besitzen.
  3. Ebenso beinhaltet Herrschaft die Freiheit des Herrschenden, zu tun, was er will. Freiheit ist die Herrschaft über sich selbst und seine unmittelbare Umgebung.

Aus der Verschränkung der Begriffe ergibt sich, daß eine Definition des einen durch den anderen keine neue Erkenntnis liefert. Macht, Herrschaft und Freiheit sind Aspekte des gleichen Bedeutungsfeldes und werden oft in ähnlicher Bedeutung verwendet.

Auch die klassische Definition von Max Weber: „Macht bedeutet jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht.“ liegt nahe an der eingangs gewählten Formulierung: „Macht ist das Vermögen, seinen Willen gegen Widerstände durchzusetzen.“ In Webers Definition wird das Vermögen durch den vagen Begriff „Chance“ relativiert und damit zum Ausdruck gebracht, daß Macht als Eigenschaft von Menschen keine vollkommene Sicherheit bietet.

Zitate

  • „Bleibt Ihr auf dem Rechtsboden, so bleibt Ihr bei der – Rechthaberei. Der Andere kann Euch euer Recht nicht geben, er kann Euch nicht ‚Recht widerfahren lassen‘. Wer die Gewalt hat, der hat – Recht; habt Ihr jene nicht, so habt Ihr auch dieses nicht. Ist diese Weisheit so schwer zu erlangen? Seht doch die Gewaltigen und ihr Tun an!“Max Stirner[2]
  • „So wenig man von den Ereignissen der Zukunft weiß […], so sicher ist es, daß die bewegenden Mächte der Zukunft keine anderen sind als die der Vergangenheit: der Wille des Stärkeren, die gesunden Instinkte, die Rasse,[3] der Wille zu Besitz und Macht: und darüber hin schwanken die Träume, die immer Träume bleiben werden: Gerechtigkeit, Glück und Friede.“Oswald Spengler[4]

Siehe auch

Filmbeiträge

Macht und Moral (YouTube-Kanal: Sapere Aude)

Literatur

  • Herbert Ludwig: Macht macht untertan – Methoden der Unterdrückung in der „Demokratie“, EWK-Verlag GmbH, Elsendorf 2015, ISBN 978-3-938175-90-3 [196 S.]
  • Brockhaus Enzyklopädie, 17. Auflage 1966–1974, Band 11, S. 751
  • Friedrich Nietzsche:
    • Der Wille zur Macht (Nachlaßkompilation; nicht in gängigen Werkausgaben enthalten, Ausgabe: Kröner-Verlag, Stuttgart)
    • Also sprach Zarathustra – Ein Buch für Alle und Keinen, 1883–1885 (KSA, Bd. 4)
  • Wolfgang Eggert: Im Namen Gottes. Israels Geheimvatikan als Vollstrecker biblischer Prophetie, Edition Hermetika, München 2001, ISBN 3-935845-03-0
  • Panajotis Kondylis: Der Philosoph und die Macht, Hamburg: Junius Verlag, 1992. ISBN 3-88506-201-1 (gründliche Anthologie klassischer Texte)
  • Max Weber: Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie, 1. Halbband, Tübingen 1956/1980, S. 28
  • Bertrand Russell: Formen der Macht. Aus dem Englischen von Stephan Hermlin; Anaconda Verlag, Köln 2009, ISBN 978-3-86647-360-7 [319 S.]
  • Thomas Hobbes: Leviathan oder Stoff, Form und Gewalt eines kirchlichen und bürgerlichen Staates, hrsg. und eingeleitet von Iring Fetscher, Suhrkamp, Frankfurt am Main 1984, ISBN 3-518-28062-7
  • Hans J. Morgenthau: Macht und Frieden. Grundlegung einer Theorie der internationalen Politik, Gütersloh 1963, S. 50
  • Suzanne Grieger-Langer: Die 7 Säulen der Macht, Junfermann, Paderborn 2006, ISBN 978-3-87387-620-0 [285 S.]
  • Erich Schwinge: Machtmißbrauch der Massenmedien. Die Ohnmacht des Bürgers. (Klappentext)
  • J. H. Herz: Politischer Realismus und politischer Idealismus, (a. d. Englischen 1959)

Fußnoten

  1. Brockhaus Enzyklopädie, F. A Brockhaus, Wiesbaden 1970, Band 11, S. 751
  2. Max Stirner: Der Einzige und sein Eigentum, Verlag Otto Wigand, Leipzig 1844 (Ausgabe Reclam 1972: Seite 211)
  3. Spengler meint Rasse hier nicht als Rassegemeinschaft, sondern im Sinne eines persönlichen Adels („Rasse, die man hat, nicht eine Rasse, zu der man gehört“ – Jahre der Entscheidung, S. 161 unten)
  4. Oswald Spengler: Jahre der Entscheidung, 45. – 60. Tsd., C.H. Beck’sche Verlagsbuchhandlung, München, Seite 4