Rigaer Straße 94
Die Rigaer Straße 94 ist ein Wohnhaus in der Rigaer Straße in Berlin-Friedrichshain. Das Haus ist ein aus einer illegalen Hausbesetzung entstandenes Wohnobjekt, das als eines der letzten Häuser in Berlin zu Teilen auch heute noch besetzt ist. In den Räumlichkeiten befand sich die Hausbesetzer- und Antifakneipe Kadterschmiede, welche am 22. Juni 2016 geräumt wurde.[1]
Inhaltsverzeichnis
Wesen
Die Rigaer Straße 94 ist seit 1990 besetzt. Einige Bewohner haben reguläre Mietverhältnisse. Der Eigentümer ist offiziell nicht bekannt. Im Grundbuch steht dem Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb) zufolge die Briefkastenfirma Lafone Investments Limited mit Sitz im Nordosten Englands. Laut Angaben des Anwalts will sich der Besitzer durch die Anonymität vor linksradikalen Angriffen schützen.
Rund um das Haus kommt es immer wieder zu Gewalt- und anderen Straftaten. Im Jahr 2020 mußte die Polizei 717 Mal anrücken. Sicherheitsbehörden gehen davon aus, daß die Rigaer 94 auch als Rückzugsort für Linksextremisten dient.
Räumung im Juni 2016
Am 22. Juni 2016 wurden die im Vorderhaus ansässige und illegal besetzte Antifakneipe Kadterschmiede, eine Werkstatt und der Dachboden geräumt. Etwa 300 Polizisten schützten die Handwerker vor Übergriffen von Linksextremisten, die Hausverwaltung hatte die Polizei darum gebeten. Die Handwerker räumten den Dachboden und zwei Flächen im Erdgeschoß leer. Das führte zu massiven Protesten. Laut Hausverwaltung seien Mängel im Brandschutz und der Verkehrssicherheit behoben worden. Die Arbeiter schafften containerweise Balken, mit denen Treppenhäuser verbarrikadiert waren, Sperrmüll und mehr als 20 Kühlschränke weg. Schließlich bauten sie Metalltüren ein, die von privaten Wachleuten gesichert werden. Bei dem Einsatz fand die Polizei auch Waffen (u. a. eine Werkzeugkiste mit zwei Teleskopschlagstöcken, einem Schlagstock und einer Schreckschußpistole). Die Polizei transportierte auch etwa 40 Fahrräder ab, die im Hof und im Gebäude standen.[1]
Im Anschluß gab es verschiedene kriminelle Solidaritätsaktionen der linken Szene zu ihrem „Tag X“ in Berlin.[2][3][4] und anderen Städten wie Leipzig, Rostock, Magdeburg, Nürnberg und weiteren.
Gewalttätige Demonstration am 9. Juli 2016
Bei einer Demonstration linker und linksextremer Gruppen kam es zu gewalttätigen Ausschreitungen. Demonstranten zündeten Pyrotechnik und bewarfen die Polizei mit Steinen und Böllern. Schaufensterscheiben wurden zerstört und Autos beschädigt. Es gab Festnahmen und Verletzte. Eine Hubschrauberbesatzung verschaffte sich aus der Luft einen Überblick.
Ab 20 Uhr flogen Polizeihubschrauber über Friedrichshain, ständig wurden mit Sondersignal neue Polizeikräfte herangeführt, unterschiedliche Silvesterknaller waren zu hören und die Linksextremisten riefen mit „Bullenschweine raus aus der Rigaer!“ sowie „Rigaer Straße rauf auf die Bullen!“ zu Gewalt gegenüber der Ordnungsmacht auf.
Der „Protestmarsch“ mit etwa 1.500 Teilnehmern wurde durch die Anmelderin an der Ecke Revaler/Warschauer Straße für beendet erklärt.[5]
Etwa 650 Polizisten begleiteten den Aufzug, der auch durch die Rigaer Straße führte. Insgesamt waren in der ganzen Stadt 1.800 Beamte im Einsatz. Auch ein Wasserwerfer wurde in Stellung gebracht. Unterstützung erhielt die Berliner Polizei auch aus Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und von der Bundespolizei. Der „Protestmarsch“ richtete sich unter anderem gegen die Polizeipräsenz rund um die von „Autonomen“ bewohnten Häuser in Friedrichshain.
Die Besetzer verbreiteten im Weltnetz eine Botschaft mit der Forderung, daß sich die Polizei aus der Rigaer Straße zurückziehen, Räume im Haus wieder freigeben und auf die Räumung des linken Projektes „M99“ in der Kreuzberger Manteuffelstraße verzichten solle. Die Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) und Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) wollten mit den linksextremen Gruppen „Gespräche führen“.[6]
Bilanz der Polizei: 123 verletzte Polizisten, 86 Festnahmen, mehr als 100 Strafverfahren.[7]
Zu den 123 verletzten Polizisten gaben die Linksextremisten auf Indymedia in ihrer Stellungnahme folgenden Kommentar ab:
„Es soll angeblich 123 verletzte Schweine geben. Wir hoffen das stimmt, wenn wir das auch stark bezweifeln. Mögen es beim nächsten Mal 234 verletzte Schweine sein.“[8]
Chronik
- 2016
- Berliner Finanzierung für das alternative Wohnprojekt – Am 24. Juli 2016 wurde bekannt, daß der Berliner Senat das Haus „Rigaer Straße 94“ für vier bis fünf Millionen Euro vom jetzigen Eigentümer kaufen möchte.[9][10]
- 2018
- Gewalttätige Bewohner – Der 41jährige Marek M. („Isa“) wurde wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Vollstreckungsbeamte verhaftet. Der Täter hatte am Nachmittag des 11. März 2018 auf der Liebigstraße in Berlin-Friedrichshain einen Mann zu Boden geschlagen und bis zur Bewußtlosigkeit gewürgt. Am 15. März 2018 soll er gegen 21 Uhr im Rahmen eines Polizeieinsatzes aus wenigen Metern Entfernung gezielt mit einem Reizstoffsprühgerät einen am Einsatz beteiligten Beamten besprüht und verletzt haben. Der Beschuldigte wurde in der Zellestraße verhaftet, seine Wohnräume (Rigaer Straße 94) wurden durchsucht und Beweismittel sichergestellt. Insgesamt waren rund 350 Polizeikräfte und ein Hubschrauber im Einsatz.
- 2021
- Im März sollte eine Brandschutzprüfung des Hauses stattfinden. Der Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, Florian Schmidt (Grüne), hat eine Mitarbeiterin in das Haus geschickt, wodurch die offizielle Begehung mit Polizeischutz verhindert wurde. Dem Land Berlin entstanden laut „Tagesspiegel“ Kosten in Höhe von rund 500.000 Euro.
Zitate
- „Die beiden zu beräumenden Flächen werden ab sofort instand gesetzt und an Flüchtlinge mit Mietverträgen zu Konditionen des Berliner Mietspiegels als Wohnraum vermietet.“ — Hausverwalter Pawel Kapica[1]
- „Da fehlt Geld an allen Ecken und Enden für Kitas, Schulen, Wohnungen und Straßen sowie Bürgerämter und Polizei und der Senat soll Millionen in die Hand nehmen, um einen rechtsfreien Raum zu legalisieren. Das ist doch völlig aberwitzig. So etwas gibt es wohl nur in Berlin, das sich damit einmal mehr als Hauptstadt von Absurdistan bewirbt.“ — Sebastian Czaja (FDP)[11]
Filmbeiträge
Ein „Nazi“ auf Antifa-Terror-Demo (Teil 1), 9. Juli 2016
Ein „Nazi“ auf Antifa-Terror-Demo (Teil 2), 9. Juli 2016
Ein „Nazi“ auf Antifa-Terror-Demo (Teil 3), 9. Juli 2016
Siehe auch
- Marcel Göbel (ehemaliger Unterstützer)
- Lukas Theune (Rechtsanwalt der Kadterschmiede)
Verweise
- Wer sind die linken Flüchtlingsgegner in Berlin?, blog.halle-leaks.de
- Polizeieinsatz in Berlin-Friedrichshain – Canan Bayram zu „Rigaer 94“: Zweifel, dass Flüchtlinge einziehen, Der Tagesspiegel, 22. Juni 2016 (→ Canan Bayram)
- Randale nach Polizeieinsatz in Berlin – Henkel: Kein Zurückweichen vor Gewalttätern, Der Tagesspiegel, 23. Juni 2016
- Bei nächtlichem Einsatz in Berlin-Kreuzberg – Hubschrauberpilot der Polizei mit Laser geblendet, Der Tagesspiegel, 23. Juni 2016
- Marlene Grunert: Krawalle in Berlin – Gewalt von links mit Ansage, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 4. Juli 2016