Rutkowski, Lothar Stengel-von

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SS-Hauptsturmführer Dr. med. Lothar Stengel-von Rutkowski beim SS-Hauptamt, hier mit dem Eisernen Kreuz, 2. Klasse und das Verwundetenabzeichen in Schwarz

Lothar August Arnold Stengel-von Rutkowski (Lebensrune.png 3. September 1908 in Hofzumberge, Lettland; Todesrune.png 24. August 1992 in Wittmund) war ein deutscher Schriftsteller, Dichter, Lyriker, Arzt und Kulturbiologe. Er war ein Mitglied des Führerrats der Deutschen Glaubensbewegung, ein Freund von Gustav Frenssen vom Eutiner Dichterkreis und ein langjähriger Wegbegleiter Jakob Wilhelm Hauers.

Lothar Stengel-von Rutkowski war u. a. Korporierter der Deutschen Gildenschaft, Hauptgemeinschaftsleiter der NSDAP und Hauptabteilungsleiter („Erbarzt“) im Heiratsamt des Rasse- und Siedlungshaupamtes, einem SS-Hauptamt auf dem „Burghof Kyffhäuser“ sowie Unitarier.

Werdegang

Lothar von Rutkowski, als sechster Sohn, entstammte einer alten deutsch-baltischen Familie. Sein Vater war der evangelische Pfarrer Arnold von Rutkowski, seine Mutter Elisabeth von Bahder. Im Alter von 8 Jahren erlebte er die Ermordung seiner Eltern durch die Bolschewiki. Zusammen mit seinem Bruder übersiedelte er nach Deutschland, wo er in Marburg an der Lahn vom Historiker Edmund Ernst Hermann Stengel adoptiert wurde.

„Im Frühjahr 1919 wurden meine beiden Eltern mit 300 anderen Geiseln von Bolschewisten erschossen. Ich wurde vom baltischen Roten Kreuz als Adoptiv-Kind an das kinderlose Ehepaar Stengel in Marburg vermittelt. An einem Sommertage des Jahres 1920 traf ich, von dem Königsberger Professoren-Ehepaar Brackmann von Berlin nach Marburg mitgenommen, in Marburg ein.“

Mit der Rassenforschung begann er nach 1927 und studierte die Werke von Fritz Lenz und Hermann Muckermann.[1] In Marburg besucht er das Gymnasium, wo er 1928 sein Abitur ablegte. Von 1928 bis 1933 studierte er Medizin und Rassenhygiene in München, Marburg und Wien. Er war Mitglied des völkischen Jugendbundes Adler und Falken.[2]

Im April 1930 trat Stengel-von Rutkowski der NSDAP (Mitglieds-Nr. 223.102) und im November 1930 der SS (Mitglieds-Nr. 3.683) bei. In der SS folgte am 24. März 1934 die Ernennung zum SS-Untersturmführer der Reserve, am 12. September 1937 zum SS-Hauptsturmführer d. R. und am 25. Februar 1944 zum SS-Sturmbannführer d. R.

Nach seinem Studium war Stengel-von Rutkowski bis 1934 als Leiter der Rassenhygienischen Abteilung des Rasse- und Siedlungshauptamtes (RuSHA) der SS in München tätig. Bei der Gründung des Rasseamtes war er im Referat für Gesundheitszeugnisse zuständig.

1934 wurde er eingebürgert und heiratete Monika Hoppe. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor. 1934 legte er sein Staatsexamen ab. 1935 schrieb er u. a. den Text zum Kanon zu zwei Stimmen „Der Wille nur formt die Welt“.[3]

Karl Astel holte ihn 1933 als Abteilungsleiter des „Thüringischen Landesamt für Rassenwesen“ nach Weimar. Seit November 1934 leitete er die Abteilung Lehre und Forschung des Weimarischen Rasseamtes an der Universität Jena. Dort avancierte er zum engsten Mitarbeiter von Karl Astel. Mit dem Rassentheoretiker Hans F. K. Günther war Rutkowski eng befreundet. Unter Astel avancierte Stengel-von Rutkowski zu den Hauptbetreibern einer „Deutschen Biologie“ und „Deutschen Philosophie“. Mit seinen „pseudo-biophilosophischen“ und rassentheoretischen Aussagen in seinen Publikationen beeinflußte er große Teile der Bevölkerung.[4] 1936 wurde er als Richter an das Jenaer Erbgesundheitsgericht berufen. Seit dem 1. Oktober 1937 war er Regierungs- und Medizinalrat.

1938 wurde er in Jena mit seiner Arbeit „Die Fortpflanzung der thüringischen Bauern“ promoviert.

1940 war er Dozent für Rassenhygiene, Kulturbiologie und rassenhygienische Philosophie an der Medizinischen Fakultät. Im gleichen Jahr wurde er stellvertretender Gaudozentenführer. Mit seiner Arbeit „Was ist ein Volk?“ wurde er 1941 habilitiert. Eine der Aufgaben Stengel-von Rutkowskis war es, für die SS in Jena „eine große Sammelstätte aller für die Geschichte der Rassenidee bedeutungsvollen Dokumente“ einzurichten. In diesem Zusammenhang verwaltete er den Nachlaß von Wilhelm Schallmayer und bemühte sich um die Archive von Alfred Ploetz und Ernst Rüdin.[5] Neben der Verbreitung rassenhygienischen und kulturbiologischen Gedankengutes setzte sich Stengel-von Rutkowski auch für die Ideen Ernst Haeckels ein.[6] Stengel-von Rutkowskis Definition von Rasse prägte maßgeblich die NS-Ideologie und fand Einzug in das NS-Wörterbuch aus dem SS-Amt.[7] Stengel-von Rutkowski schrieb in seinem Werk Von Allmacht und Ordnung des Lebens:

„Wenn die Welt Gottes Schöpfung ist – und wessen Schöpfung sollte sie sonst wohl sein –, müssen die Naturgesetze, nach denen das All des Stirb und Werde sich verwandelt und entwickelt, göttliche Gesetze sein. Die Gesetze, die in dieser Gesetzmäßigkeit für uns Menschen von besonderer Gültigkeit sind, sind aber die Gesetze, die unsere Erbwelt und unsere Umwelt gestalten. Deshalb ist für uns die Rassenerkenntnis die höchste Erkenntnis. Deshalb steht aber auch die wissenschaftliche, politische und weltanschauliche Pflege der Naturkunde und der Lebenskunde für uns an erster Stelle. Auf ihr muß sich ja alles andere aufbauen. Wenn für uns also das Leben, die Rasse, die Arbeit, die Natur, die Heimat hohe und höchste Werte sind, dann nicht aus Willkür, sondern weil über alle diese Dinge der Weg zu Gott, zum Sinn des Lebens, zu einer lebensgerechten Ordnung, Sittlichkeit und Gläubigkeit führt."

Stengel-von Rutkowski war Mitherausgeber von Jakob Wilhelm Hauers Zeitschrift „Deutscher Glaube. Monatsschrift für arteigene Lebensgestaltung, Weltschau und Frömmigkeit“, die zwischen April 1934 und Februar 1944 erschien. In der am 29./20. Juli 1933 gegründeten und bis Mai 1934 bestehenden Arbeitsgemeinschaft Deutsche Glaubensbewegung war er für die Adler und Falken Mitglied des Führerrats.[8]

Seit 1940 wurde er als Truppenarzt der Waffen-SS mehrfach auf dem Balkan, in der Sowjetunion und bei der Bekämpfung terroristischer Banden in Griechenland eingesetzt, wo er auch Frontkampferfahrung sammelte und selbst verwundet wurde.

1944 war Stengel-von Rutkowski Hauptabteilungsleiter im Heiratsamt des Rasse- und Siedlungshaupamtes der SS. Seit Januar 1944 war er als Arzt im RuSHA in Prag tätig.[9]

SS-Sturmbannführer der Reserve Lothar Stengel-von Rutkowski geriet 1945 in sowjetische Kriegsgefangenschaft.

Nachkriegszeit

Im Juli 1949 kehrte Dr. Stengel-von Rutkowski nach vier Jahren Gefangenschaft in Rußland nach Marburg zurück, wo er eine wissenschaftliche Abhandlung mit dem Titel „Der Rassengedanke in Wissenschaft und Politik“ verfaßte. Während der Gefangenschaft hatte er die junge Krankenschwester Ingeborg Goos (Lebensrune.png 1. Juli 1928) kennengelernt, die bis zu seinem Tode seine Lebensgefährtin wurde, seine Ehe mit Monika (Todesrune.png 1990), die sich von ihrem Ehemann während seiner Tortur in Rußland abgewandt hatte, wurde jedoch nie geschieden.

Von 1958 bis 1972 war der verheiratete Familienvater Stengel-von Rutkowski als Amtsarzt des Kreises Waldeck in Korbach sowie als praktischer Arzt tätig und wurde führendes Mitglied „rassistisch-religiöser Vereine“. Zusammen mit Jakob Wilhelm Hauer gründete Stengel-von Rutkowski am 4. April 1956 die „Freie Akademie“ (Eintragung in das Vereinsregister am 6. Januar 1957 in Nürnberg). Von 1956 bis 1972 war er deren „wissenschaftlicher Sekretär“. Nach Hauers Tod 1962 wurde er Vorsitzender der Akademie. Er pflegte engen Kontakt zu zahlreichen Künstlern und Akademikern, darunter Isabella Nadolny, Ernst Jünger, Helga Goetze und weitere.

Stengel-von Rutkowskis Schwiegertochter, Prof. Dr. med. Sabine Stengel-Rutkowski, ist eine renommierte Humangenetikerin und Fachautorin.[10]

Gedichte (Auswahl)

Der nachdenkliche Lyriker an seinem Lebensabend
Das Reich dieser Welt
Ach Mutter, liebe Mutter, wo kommt das Brot denn her?
Mein junge, das wächst aus der Erde
Zu der Ernte wogendem Meer.
Im Frühjahr wurden die Felder grün von junger Saat.
Sonne, Wind und Regen machen es reif zur Mahd.
Es mahlt das Korn die Mühle, daraus backt der Bäcker Brot.
Das Schwert schützt alle Arbeit und schirmt uns vor der Not.
Ach Vater, lieber Vater, wo kommt das Schwert denn her?
Mein Junge, das kommt aus den Boden.
Von Erz sind die Steine schwer.
Im Schacht tief unter der Erde der Bergmann gräbt und schafft.
Die Schlacke schmilzt vom Eisen des Feuers heiße Kraft.
Das Eisen geht zur Schmiede, der Schmied schlägt Waffen daraus.
Die tragen dann die Männer und schirmen Volk und Haus.
Ach Mutter, liebe Mutter, wo kommen die Männer her?
Mein Junge, es lebt in der Heimat
Die Sippe rings umher.
Gewachsen aus Blut und Boden sind Mann und Frau und Kind.
Wir alle Enkel von Ahnen und Ahnherrn von Enkeln sind.
Der Junge wächst zum Burschen, Kampf macht der Bursch zum Mann,
Der Weib und Herd und Glauben sich frei bewahren kann.
Ach Vater, lieber Vater, wo kommt der Glaube her?
Von ihm zu reden, mein Junge,
Wird mir bitter schwer.
Er wuchs nicht auf unserm Boden, die Ahnen kannten ihn nicht.
Er weiß nicht vom Segen der Erde und nichts von des Schwertes Gewicht.
Er machte das Haus uns sündig und die schaffende Arbeit zum Fluch, -
Doch – er ward uns also gelehret aus Bibel, Lied und Spruch.
Ach Vater und liebe Mutter, nie wird die Lehre mein!
Wie Korn und Mensch und Eisen
Muß auch der Glaube sein.
Die Ahnen wußten das Rechte. – Wir sind der Enkel Ahn.
Er strömt aus Segen der Erde und des Jahres ewigem Lauf,
Aus des Hauses wärmendem Herde und des Schwertes Klinge und Knauf.
Gesippen und Kameraden, uns formte das gleiche Blut!
Uns trägt die Heimaterde, und führt des Nordens Mut.
Älter als Kirchen und Klöster ist unser Väter Land,
Fester als Priesters Taufe bindet des Blutes Band.
Unser Reich, ihr Brüder, ist von dieser Welt!
Es gesund zu bauen, hat uns Gott bestellt!
Einst waren wir Menschen
Einst waren wir Menschen,
Die Waffen tragen, –
Aber das war! –
Heute sind wir Getier,
Das vom Gestern nicht weiß
Und vom Morgen nichts will. –
Wann werden wir wieder Menschen werden,
Die Willen haben,
Vom Reiche träumen
Und Waffen schmieden
Zu neuem Brückenschlag?
Einst wird kommen der Tag!

Werke (Auswahl)

Rutkowski - Was ist ein Volk.jpg
  • Hans F. K. Günther, der Vorkämpfer für den nordischen Gedanken (PDF-Datei)
  • Die unterschiedliche Fortpflanzung. Untersuchung über der Fortpflanzung der 20.000 thüringischen Bauern, 1939
  • Der Gang durch das Jahr - Lyrische Aquarelle, 1939
  • Enkel bist du!, 1940
  • Deutsch auch im Glauben. Gedanken und Gedichte, Kernsprüche und Lieder aus deutschbewußter Haltung, eine Sammlung für Front und Heimat, 1940
  • Was ist ein Volk? Der biologische Volksbegriff; eine kulturbiologische Untersuchung seiner Definition und seiner Bedeutung für Wissenschaft, Weltanschauung und Politik, 1942
  • Von Allmacht und Ordnung des Lebens, 1942
  • Das naturgesetzliche Weltbild der Gegenwart, 1943
  • Grundzüge der Erbkunde und Rassenpflege, 1944
  • Spur durch die Dünen der Zeit, Zwei Gedichtfolgen, 1959
  • Die Gesichte des Einhorns, 1968
  • Vogelflug und Seinsminute. Bilder, Horizonte, Sinnbilder, Bilanzen, Gedichte, 1978
  • Im Spiegel des Seins: Geschautes, Erfahrenes, Geliebtes, Gedachtes, Gedichte, 1983
  • Der Wanderer: Bilder zwischen Tag und Traum, Gedichte, 1988
  • Zaubereien in Bild und Wort
  • Die Erinnerung lebt, Roman

Siehe auch

Literatur

  • Dr. Wolfgang A. Ritter: Der Lyriker Lothar Stengel-von Rutkowski — ein Wanderer zwischen Natur und Geist, Edition L, 1992, ISBN 3-927932-61-2

Verweise

Fußnoten

  1. Schaul Baumann: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 2005, ISBN 3-927165-91-3, S. 173
  2. Stefan Breuer: Die Völkischen in Deutschland. Darmstadt 2008, S. 212
  3. In: Lobeda-Singeblatt 17, hrsg. v. Carl Hannemann und Walter Rein, Hanseatische Verlagsanstalt, Hamburg 1936
  4. Uwe Hoßfeld, Rassenkunde und Rassenhygiene an der Universität Jena im Dritten Reich In: Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit, Karen Bayer, Frank Sparing und Wolfgang Woelk (Hrsg), Steiner Verlag 2004, S.212
  5. Paul Weindling: Health, Race and German Politics between National Unification and Nazism, 1870-1945. New York: Cambridge University Press, 1993 ISBN 052142397X, S. 498.
  6. Uwe Hoßfeld, Rassenkunde und Rassenhygiene an der Universität Jena im Dritten Reich In: Universitäten und Hochschulen im Nationalsozialismus und in der frühen Nachkriegszeit, Karen Bayer, Frank Sparing und Wolfgang Woelk (Hrsg), Steiner Verlag 2004, S.213
  7. Gerd Simon: „Art, Auslese, Ausmerze...“ etc. Ein bisher unbekanntes Wörterbuch-Unternehmen aus dem SS-Hauptamt im Kontext der Weltanschauungslexika des 3. Reichs, Gesellschaft für interdisziplinäre Forschung, Tübingen 2000, S.47
  8. Ulrich Nanko: Die Deutsche Glaubensbewegung. Marburg 1993. S. 147
  9. Detlef Brandes: Umvolkung, Umsiedlung, rassische Bestandsaufnahme: NS-Volkstumspolitik in den böhmischen Ländern. Oldenbourg, München, 2012 ISBN 978-3-486-71242-1 S. 232-234; S. 305
  10. Lebenslauf von Prof. Dr. med. Sabine Stengel-Rutkowski