Wimpffen, Emanuel Felix Freiherr von

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Freiherr von Wimpffen stieg in seiner Militärkarriere bis zum Divisionsgeneral und schließlich zum Oberbefehlshaber der algerischen Provinz Oran auf und errang infolge seiner Tapferkeit, Tüchtigkeit und vor allem mehrheitlich in Algerien verbrachten Diensttätigkeit im August 1861 sogar den Titel und Grad eines Großoffizier der Ehrenlegion (Grand officier de la Légion d’Honneur).

Emanuel Felix Freiherr von Wimpffen (laut Geburtsurkunde Emmanuel-Félix; Lebensrune.png 13. September 1811 in Laon; Todesrune.png 26. Februar 1884 in Paris) war ein deutschstämmiger Offizier in französischen Diensten, zuletzt Divisionsgeneral. Den Menschen in Europa und darüber hinaus in aller Welt sowie nicht zuletzt auch der Einwohnerschaft Wimpfens ging er unrühmlich als Verlierer der spektakulären Umfassungs- und Artillerieschlacht bei Sedan des 31. August und 1. September 1870 sowie als so gut wie erfolglos Verhandelnder und Unterzeichner der Kapitulation seiner Armee in die Geschichte ein und ihm dadurch bleibend der Spottname „Sedangeneral” zugekommen ist.

Leben

Emanuel Felix Freiherr von Wimpffen I.jpg
Proklamation
General Freiherr von Wimpffen an General der Infanterie von Moltke

Felix war der einzige (und vermutlich uneheliche) Sohn (er soll nicht von der Ehefrau Maria, geb. Freiin Engelthal von Ehrenhorst stammen sondern von der Liebschaft des Vaters mit Cornelie Breda aus Leeuwarden in den Niederlanden, wo diese auch am 25. Juni 1821 verstarb) des Obersten des 2. französischen Linien-Infanterie-Regimentes Felix Viktor Emmanuel Karl Freiherr von Wimpffen (Lebensrune.png 2. November 1778 auf der Bornburg nächst Frankfurt a. M.; Todesrune.png 24. Februar 1814 zu Frankfurt am Main; nach einer einzelnen Quelle am 21. Juli 1813 in Paris verstorben), dem viertältesten Sohn des Generals in französischen Diensten Franz Ludwig Herold Freiherr von Wimpffen-Berneburg (1732–1800; 12 Kinder). Sein Onkel war der württembergische Generalmajor Franz Karl Eduard Freiherr, seit 1797 Reichsgraf von Wimpffen (1776–1842), zu seinen Vettern gehörte u. a. der königlich-württembergische Kammerherr und Rittmeister Wilhelm Maria Paul Friedrich Freiherr von Wimpffen (1820–1879), Sohn seines Onkels Friedrich Wilhelm Heinrich Heermann Freiherr von Wimpffen (1784–1845).

Bericht in „Schwäbische Kronik, des Schwäbischen Merkurs zweite Abtheilung. III. Blatt” vom 11. September 1870 über die Ankunft und Unterbringung von General von Wimpffen als Kriegsgefangener in Stuttgart.

Werdegang

Grabstätte

Felix Freiherr von Wimpffen, der als Waise aufwuchs – seine Tante Adelheid Kunigunde Dorothee, verheiratet Marquette de la Viéville übernahm die Erzeihung, unterstützt wurde sie dabei von ihrem jüngeren Bruder Dagobert Sigismund Freiherr von Wimpffen (1782–1862) –, besuchte ab dem 29. September 1821 die Militärvorschule („Ècole royale militaire préparatoire de La Flèche”) und ab dem 14. November 1829 die Militärschule („École royale spéciale militaire Saint-Cyr”). Er hatte zuerst keinerlei Kenntnisse in Latein und Französisch, Deutsch war die Umgangssprache. An der Militärschule gehörte er dort zusammen mit 146 anderen Offiziersschülern 1830–1832 der „Promotion du Firmament” an. Da er, so stellt er später selbst bedauernd fest, seine Studien vernachlässigte, bestand er die Abschlußprüfung nicht, mußte deshalb ein drittes Jahr absolvieren und klassifiziert sich abschließend unter 122 Schülern an 102. Stelle.

Er kann sich jetzt Unterleutnant nennen und tritt als solcher im Oktober 1832 in das in Straßburg stationierte 49. Linienregiment ein. Im Sommer 1834 wechselt er in das in Algier stationierte 67. Infanterie-Linienregiment über und wird damit Angehöriger der Armee in Afrika, die im Sommer 1830 mit der Eroberung und Unterwerfung sowie Kolonialisierung von Algerien begonnen hat und insbesondere auf den erbitterten Widerstand der Berberstämme unter Führung des arabischen Emirs Abd el-Kader gestoßen ist. Mit dem Erreichen seines Regiments in Algier ausgangs August 1834 beginnt er dort seinen Dienst, der zunächst zwar nur bis März 1835 geht, dem aber noch drei weitere Verwendungen in Algerien folgen werden, womit er letztlich dort rund 17 Jahre in höchst verdienstvoller Weise für sein Vaterland Frankreich tätig sein wird. Er erlebt seine Feuertaufe im Herbst 1834 im Schlachtengeschehen bei Bouffarick (Westalgerien), in dem sein Regiment ganz besonders der hervorragend kämpfenden arabischen Kavallerie-Guerilla der sog. Hadjoutes die Stirn bietet. Nach weiteren Kampfeinsätzen insbesondere gegen die aufständischen Rif-Kabylen wird sein Regiment im April 1835 nach Frankreich zurückverlegt, wo er dann in wechselnden Garnisonsstädten öd empfundenen Kasernendienst leistet, in seiner Freizeit sich aber im Militärischen fortbildet, mehrere Jahre die Schulungen seines Regiments leitet und im Frühjahr 1837 zum Leutnant des 67. Linienregiments befördert wird. 1839 lernt er bei einem Aufenthalt in Paris die aus einer ehrbaren Familie stammende 20-jährige ADÈLE EUPHROSINE QUESNEL kennen, die er im August heiratet und die 60.000 Francs in die Ehe bringt. Im September danach wird er im vorgenannten Regiment zum Hauptmann befördert. Zur Durchsetzung der Eroberung Algeriens sowie der Unterdrückung der immer wieder aufflammenden Aufstände wird zunächst neben mehreren Kavallerieregimentern des Namens Chasseurs d’Afrique ein aus drei Bataillonen bestehendes Infanterie-Korps aus einheimischen Söldnern gebildet, den nach einem Kabylen-Stamm benannten sog. Zuaven, deren malerische Uniform an die türkisch-orientalische Tracht angelehnt gewesen ist. 1841 kommt noch ein Bataillon der sog. Tirailleurs algériens indigènes d’Alger et de Titteri hinzu, die wegen ihrer ähnlichen Tracht mit dem Spitznamen Turkos belegt werden. Die Mannschaften dieser Einheiten unterstehen natürlich französischen Offizieren und großteils auch französischen Unteroffizieren. Hauptmann de Wimpffen wird im Juni 1842 der letztgenannten Einheit zubeordert und kehrt somit nach Nordafrika zurück, wo er dann ein Jahrzehnt bleiben und seine Führungsqualitäten unter Beweis stellen wird. Sein auffallender Mut, sein Draufgängertum und seine große Tapferkeit bei verschiedenen Einsätzen insbesondere der Eroberung von Stützpunkten der Aufständischen führen dazu, dass er ausgangs Juni 1844 auf Veranlassung des Generalgouverneurs von Algerien Marschall Bugeaud zum „Chevalier de la Légion d’honneur” („Ritter der Ehrenlegion”) ernannt wird, womit die Verleihung der ersten (= untersten) Stufe des auf der Brust getragenen Ordens am Band verbunden ist. Und auch in den Folgejahren sticht den Vorgesetzten immer wieder die große Liebe zu seinem Metier und die große Tapferkeit ins Auge, die Hauptmann de Wimpffen bei den geführten vielerlei Gefechten an den Tag legt. Schließlich wird er im April 1847 zum Bataillonschef im 44. Linieninfanterie-Regiment und im Juli 1848 zum solchen seiner früheren Einheit der Tirailleurs indigènes d’Algier ernannt. Diese bildet er, der von seinen Turkos verehrend Ba-Ba (Papa) genannt wird, im Rahmen der vielen Kämpfe in den erneut aufflammenden Unruhen zu einer herausragenden Truppe heran. So wird er ausgangs Juli 1849 zum „Offizier der Ehrenlegion” (zweite Stufe) ernannt und dadurch das Band seines Ehrenkreuzes auf der Brust mit einer Rosette ausgestattet. Nachdem er bei den anschließenden Operationen gegen den immer wieder sich der französischen Beherrschung widersetzenden Volksstamm der Kabylen große Kompetenz und Tapferkeit und sein Turko-Bataillon sich gleichwertig mit französischen Bataillonen bewiesen hat und er 1851 als „ein ausgezeichneter … Offizier von hoher Intelligenz und konstanter Hingabe für alle seine höchsten Erfolg bringenden Reformvorhaben“, der „Beförderung verdient”, bewertet wird, erfolgt im September 1851 seine Ernennung zum Oberst im ebenfalls in Algerien stationierten 68. Linieninfanterie-Regiment. Im August des Folgejahres 1852 wird er zum in Paris stationierten 13. Linieninfanterie-Regiment versetzt und erhält die Erlaubnis, sich 30 Tage nach Laon, seinem Geburtsort, zu begeben. Als 1853 das Osmanische Reich (Türkei) Russland wegen dessen Vordringens auf dem Balkan den Krieg erklärt hat und Frankreich und England im März 1854 sich angeschlossen haben und so der sog. Krimkrieg (1853/54 – 1856) im Entstehen begriffen ist, erklärt der Oberst de Wimpffen, befragt wegen seiner Sachkenntnis und Erfahrung, dass die Turkos, die Zuaven eingeschlossen, mit den allerbesten Truppen Frankreichs und selbst auf europäischen Kampfesfeldern Schritt halten könnten. So kommt ihm der Auftrag zu, sich wieder nach Algerien zu begeben und aus diesen und weiteren Freiwilligen ein Regiment zusammenzustellen. Es umfasst zwei Bataillone, nämlich das weniger große Bataillon de Constantine und das größere Bataillon d’Alger et d’ Oran mit insgesamt 2.000 Mann und erhält den Namen „Régiment de Tirailleurs algérien”, dessen Kommando ihm im März 1854 übertragen wird. Von Kaiser Napoleon III. bekommt dieses am 9. März 1854 eine Fahne gestiftet, die von Emmanuel Félix de Wimpffen im Rahmen einer großen Militärparade im nordalgerischen Kolea von Marschall de Saint-Arnaud, dem Kommandanten des französischen Korps, übergeben wird. De Wimpffens Regiment landet bald danach in den Dardanellen bei der Halbinsel Gallipoli an, nimmt am Krimkrieg teil und zeichnet sich wie sein Kommandant in den folgenden Kampfabschnitten aus: – Zunächst in der Schlacht nahe Sewastapol am Fluss Alma im September 1854, wo die französich-britisch-türkisch-piemontesischen Verbündeten den russischen Truppen gegenüberstehen und in den letzten Phasen des Schlachtengeschehens insbesondere die Zuaven der Armée d’Afrique entscheidend zum Sieg beitragen. – Dann in der im November 1854 stattfindenden Schlacht bei Inkerman (Festung im Südwesten der Halbinsel Krim), in der bei der Verfolgung des Feindes de Wimpffens Pferd unter ihm getötet wird und nach der General Bosquet in seinem Bericht anerkennend schreibt, dass „der Oberst de Wimpffen an der Spitze seiner Schützen springend gleich Panthern mitten durch das Dickicht auf die Russen losstürzte”. – Danach bei der im September 1855 erfolgten blutigen Erstürmung des Forts Malakow bei Sewastopol, wo die zunächst in Reserve stehende Brigade de Wimpffen am Schluss in den wachsend verbissenen Kampf tritt und nach der Eroberung des Forts die bedrängenden russischen Gegenangriffe in der Schlucht von Malakow insbesondere durch den harte Zurückschlagen der Tirailleurs d’algériens zurückgewiesen werden. – Zuletzt bei der Eroberung der drei Forts der einstigen Felsenfestung Kinburn an der Mündung des Dnjepr im Oktober 1855. Oberst de Wimpffens und seines 2. Turko-Bataillons Einsatz in den vorgenannten Kämpfen zieht bereits im Oktober 1854 nach der Schlacht an der Alma seine Ernennung zum „Kommandeur der Ehrenlegion” (3. Stufe) nach sich, woraus sich jetzt das Tragen des Ordens am Halsband ergibt. Die vorbildhafte Führung seiner Truppe in der Schlacht bei Inkermanm bringt ihm im März 1855 den Rang eines Brigadegenerals ein. Und im Februar 1856 wird ihm die Kommandantur der in Paris stationierten 2. Infanterie-Brigade der Kaiserlichen Garde der 1. Infanterie-Division übergeben, die er im Juni nach dem Friedensschluss übernimmt. Im mit Österreich geführten sog. Italienischen Krieg 1859 (auch Sardinischer Krieg oder Zweiter Italienischer Unabhängigkeitskrieg) nimmt er insbesondere an der Schlacht bei Magenta und Buffalora (in der Provinz Mailand) am 4. Juni 1859 mit den vier von ihm kommandierten Regimentern der Kaiserlichen Garde teil, wo er am Fuß leicht verwundet und der Sieg teuer mit hohen Verlusten auch seiner Chasseurs d’Afrique erkauft wird.[1]

Er nahm an den Kriegen in Algerien und der Krim teil. Zwischen 1860 und 1866 war er Generalinspekteur, im, März 1865 übernahm er das Kommando über die Provinz Algier und im Mai 1869 über Oran. Im Jahr 1870 kommandierte er die Expedition von Oued Guir und während des Deutsch-Französischen Krieges, das 5. Korps der Armee von Chalons. Als am Morgen des 1. September 1870 die Entscheidungsschlacht des Krieges eröffnet wurde, wurde gegen 7.00 Uhr morgens der Oberbefehlshaber Mac-Mahon schwer verwundet, und eineinhalb Stunden später übernahm General Emanuel Felix de Wimpffen das Oberkommando und stand dem deutschen Heer unter General der Infanterie Graf von Moltke gegenüber. Die Schlacht endete mit einem entscheidenden Sieg des Heeres des Norddeutschen Bundes.

Freiherr von Wimpffen wurde im April 1872 aus seiner Militärtätigkeit als Divisionsgeneral mit einer Pension von 9.000 Francs verabschiedet und zog sich nach Mustapha bei Algier zurück. Als „Grand-Officier de la Légion d’honneur“ stand ihm jährlich noch der zusätzliche Genuß von 2.000 Francs zu. Über die schon genannten mit der Schlacht bei Sedan zusammenhängenden Veröffentlichungen hinaus erscheinen von ihm in der Zeit des Ruhestandes noch die folgenden weiteren militärischen Schriftwerke, die alle auf die ihm nach dem verlorenen Krieg notwendig erscheinenden Armeereformen gerichtet sind.

BLKÖ

Emanuel Felix Freiherr (geb. 13. September 1811), vom Franzens-Zweige des jüngeren (Johann Dietrich’schen) Hauptastes. Ein Sohn des Freiherrn Felix [Nr. 10], der 1814 zu Paris als französischer Oberst starb, wurde er 1832 Lieutenant in der französischen Armee, diente 1834 und 1835 und 1842–1854 in Africa, rückte 1853 zum Obersten vor und zeichnete sich im Krimkrieg, an der Alma, bei Inkjerman, beim Sturm auf den Malakow und im italienischen Kriege 1859 bei Magenta aus. Dann ging er wieder nach Africa und übernahm das Commando der Provinz Algier. Von dort 1870 zurückgerufen, wohnte er, zu spät, um entscheidend einzugreifen, nach Mac Mahon’s Verwundung der Katastrophe von Sedan bei und unterzeichnete als Höchstcommandirender die Capitulation der französischen Armee. Interessante, auf dieses Ereigniß bezügliche Briefe Bismarck’s und Moltke’s an den durch seine Pflicht so schwer getroffenen General, in welchen demselben die Anerkennung des siegreichen Feindes in den ehrenvollsten Ausdrücken gezollt wird, befinden sich im Archive des Schlosses Kainberg in Steiermark. Von ihm erschien das Werk: „Sédan“ (Paris 1871, Lacroix, 8°.), welches einen nicht unwichtigen Beitrag zur Geschichte des Krieges 1870 französischerseits bildet. Der Freiherr lebte zuletzt als Divisionsgeneral im Ruhestande in Paris und starb daselbst am 26. Februar 1884. Seiner Ehe mit Adelheid Euphrosine geborenen Quesnel [Anm.: Lebensrune.png 1818; Todesrune.png 1878] sind keine Kinder entsprossen.[2]

Würdigungen

„Seiner Exzellenz Herrn General Graf von Wimpffen. – Berlin, am 9. Januar 1872 – Herr Graf, Ich habe den Brief, den Sie mir zu schicken die Ehre gegeben haben, unter dem 20. letzten Monats, ebenso Ihr Buch über die Ereignisse von Sedan erhalten. Ich danke Ihnen, Herr General, für die wohlwollende Erinnerung, die Sie an unsere Zusammenkünfte bewahrt haben, und es ist mir eine Freude, Ihren einen solchen Geist der Gerechtigkeit atmenden Bericht zu lesen. Meine Sympathien verbleiben immer einem General, der, nachdem er anderwärts seine Proben abgelegt, auf das Terrain erst im Augenblick berufen wurde, wo das Los der Waffen bereits entschieden hatte. Empfangen Sie, Herr General, die Versicherung meiner großen Hochachtung. v. Bismarck“
„General von Wimpffen war ein tapferer Soldat. Mehr denn das, er war ein guter Repräsentant militairischer Ehre und untadeliger Gesinnung. Seine Widersacher haben ihm auch das bestreiten wollen; gewiß mit Unrecht. Ducrot – persönlich erbittert und von jener Leidenschaftlichkeit des Charakters, der ein gerechtes Urtheil überhaupt schwer fällt – hat ihn unbedingt zu hart behandelt als er ihm vorwarf, um 9 Uhr Vormittags, wo die Dinge in Bazeilles eher gut als schlecht standen, aus Eitelkeit und Großmannssucht das Commando an sich gerissen zu haben. Er glaubte momentan an die Möglichkeit eines Sieges; gewiß. Aber es lag ihm an diesem, nicht an der Indentificirung seiner Person mit diesem Siege. Folgen wir ihm durch die letzten Augusttage.- Von dem Momente seines Eintreffens in Sedan, ja schon vorher, von der Stunde seiner Pariser Abreise an … , gab er die mannigfachsten Beweise psychischen und moralischen Muthes, rascher Entschlußkraft, lebhaften Geistes, starken Vaterlandsgefühls. Im Fluge orientirte er sich, griff im Großen und Kleinen energisch ein, ermuthigte die Schwachen und bestärkte die Starken in ihrem Widerstande. Die Art, wie er sich in Reims des Husarendetachements versicherte, wie er den Maire von Signy-L’Abbaye belobte und persönlich erfahrene Unbequemlichkeit vergaß, wie er am 30. die Beaumont-Flüchtlinge sammelte, am 31. bei seinem Corps sich einführte, und die Nacht darauf, auf platter Erde schlafend, das Loos des einfachen Soldaten theilte, die Energie, mit der er im entscheidenden Moment das Commando ergriff, gegebene Befehle annullirte, Bedenken beschwichtigte, Widerspruch bekämpfte, um dann, in verzweifelten Kämpfen, erst mit Vielen, dann mit Wenigen den Durchbruch und dadurch die Rettung der Armee zu versuchen, endlich die Entsagung, die er übte, als er seinen Namen unter die Unterwerfungsurkunde setzte, – all das hat in unsern Augen Anspruch auf Achtung bei Freund und Feind. Er war charaktervoll, soldatisch feurig, so lange es noch zu kämpfen gab, ehrenvoll und opferbereit, als das Unglück hereingebrochen, das Unvermeidliche an ihn herangetreten war; in diesem Sinne hat er Anspruch auf die Worte, die General v. Moltke und Graf Bismarck brieflich an ihn gerichtet haben: ‚Im Augenblick, wo Ew. Exzellenz den Oberbefehl übernahmen, wurde die Armee von Sedan, welche sich bis zum Schlusse tapfer geschlagen hat, von uns als eine vollständig verzweifelte betrachtet.’ *) Rand-Anmerkung des Autors: ‚Die Frage, ob ein Entschlüpfungsversuch über Illy nicht besser gewesen wäre, als ein Durchbruchsversuch über Bazeilles, wird hier seitens Generals v. M. nicht berührt. Die Lage war um 8 Uhr verzweifelt, gewiß; aber der eine kommt aus verzweifelten Lagen besser heraus als der andre.’ Fortsetzung des laufenden Textes: ‚Ew. Exzellenz kann sich das Zeugniß ablegen, daß kein Oberbefehlshaber für seine Armee bessere Bedingungen erhalten hätte, als die, welche aus persönlichen Rücksichten für Ihre Person bewilligt wurden. Ich würdige mit Erkenntlichkeit die wohlwollenden Ausdrücke, mit denen sich Ew. Exzellenz betreffs meiner in Ihrer Veröffentlichung ausgedrückt haben.- Aehnlich schrieb Bismarck. So viel über Wimpffen den tapferen Soldaten, den Mann von Ehre und Gesinnung. Anders freilich stellt sich das Urtheil, wenn wir den Feldherrn Wimpffen ins Auge fassen und nach der Einsicht fragen, die er am Tage von Sedan zu erkennen gab. Hier erschienen uns alle gegen ihn erhobenen Angriffe als berechtigt, und der Verurtheilung zustimmend, die er durch die verschiedensten Stimmen erfahren hat, finden wir es unbegreiflich, daß er sich bei Bazeilles durchkämpfen wollte, während bei Illy noch ein freier Abzug in der Möglichkeit lag. Dies letztere hat Wimpfen freilich bestreiten wollen und sein mehr citirtes Buch ist vorwiegend zu dem Zwecke geschrieben worden, die Unmöglichkeit dieses Abzuges zu beweisen. Aber er ist mit dieser Beweisführung völlig gescheitert. Seine Zeitangaben sind sämmtlich falsch. Er läßt bereits um 5 Uhr früh unser XI. Corps bei Fleigneux und St. Menges, unser V. Corps bei Vrigne aux Bois stehen, was entweder eine große Unkenntniß verräth oder einen nicht statuirbaren Hang bekundet, die Tathsachen nach persönlichem Bedürfniß zu modeln. Um 5 Uhr früh standen beide Corps bei Donchery noch am linken Ufer der Maas; erst um 6 Uhr waren die Brücken passirt; erst um 8 standen sie in Höhe von Vrigne aux Bois, erst um 10 zwischen St. Menges und Fleigneux. Und zwar höchstens in Stärke von zwei Divisionen. Das ergiebt eine Differenz von fünf Stunden. Mit Recht schreibt Oberst Borbstädt: ‚Wäre der Feind zwischen 9 und 10 Uhr energisch vorgegangen, so wäre es vielleicht möglich gewesen, die preußischen Têten in das Défilée von St. Albert zurückzuwerfen und das Abfahren der Artillerie-Linie zu erzwingen, was auf den Gang der ganzen Schlacht und die Entwicklung der auf einer Straße marschirenden preußischen Marschkolonnen von entschiedenem Einfluß gewesen sein würde.’ Es ist nachträglich für jeden, der sehen will, – also für jeden mit alleiniger Ausnahme des Generals v. Wimpffen – ein unbestreitbares Factum, daß um 9 Uhr ein Entkommen der Armee mindestens noch innerhalb der Möglichkeit lag, daß aber unter allen Umständen ein Abzugsversuch über Illy hinaus besser gewesen wäre, als ein Durchbruchsversuch bei Bazeilles; – es fragt sich nur, ob General Wimpffen verpflichtet war, schon damals am Schlachttage selbst, eine Einsicht zu besitzen, über die wir nachträglich Alle verfügen. Wir müssen auf diese Frage antworten: ja, er war dazu verpflichtet. Er hatte sich am 30. mit eigenen Augen davon überzeugt, daß von Süden und Südosten her unsererseits ganze Armeen heranrückten, die stark genug gewesen wären das französische V. und VII. Corps vor sich her zu treiben und unterstützende Brigaden des I. und XII. Corps zu werfen. Meldungen hatten ihm inzwischen bestätigt, daß bei mannigfachen von Mouzon und Carignan her auf Sedan führenden Straßen von den Unseren überdeckt seien, er wußte also, nach Allem was er gehört und gesehen, mit Sicherheit wissen, daß an seiner Front (nach Osten zu) feindliche Massen vor sich habe. Und trotz alledem hielt er an der Vorstellung fest, daß Alles damit gethan sein würde, die Baiern in die Maas zu werfen. Diese Redewendung kehrt in seinen eigenen Aufzeichnungen beständig wieder. Er sah nicht über das Nächstliegende hinaus; sein geistiges Auge reichte nicht weiter als sein physisches. Er sah immer nur die Baiern und betrachtete die ganze Schlacht als eine Art Zweikampf zwischen dem französischen Corps Lebrun und dem bairischen Corps v. d. Tann. Er schlug nicht eine Schlacht bei Sedan, er schlug nur eine Schlacht bei Bazeilles und hielt, bis es zu spät war, die Vorstellung aufrecht, daß ein Sieg an letztgenanntem Orte (Bazeilles) überhaupt den Sieg bedeuten werde. Er wollte nicht den Abzug über Illy; die Frage ob ‚ausführbar oder nicht’ lag damals seiner Seele noch völlig fern; er wollte einfach siegen, und dieser Sieg, so vermeinte er, war da, wenn die Baiern in die Maas geworfen würden. In diesem Allem sprach sich eine Beschränktheit aus, seine Unfähigkeit, Großes zu umfassen; – die Schlacht war für ihn jedesmal an der Stelle, wo er persönlich stand. Er sah sich plötzlich in Verhältnisse hineingestellt, die erheblich über sein geistiges Vermögen hinauslagen; er war ein Divisionsgeneral, kein Feldherr, der Riesenschlachten schlägt. Kleine Anschauungen übertrug er auf große Dinge, afrikanische Erfahrungen auf europäische Verhältnisse. Zu verlangen war von ihm die Einsicht, daß mit dem ‚in die Maas werfen’ des I. bairischen Corps ein Entkommen auf Montmedy auch noch nicht annähernd gesichert war, zu verlangen war die Einsicht, daß hinter und neben den Baiern andere und immer wieder andere standen, die, in Front und Flanke zufassend, von seinen Durchbruchskolonnen nicht viel übrig gelassen haben würden. Aber von diesen Erwägungen scheint ihm bis zu dem Momente, wo er die Dinge leibhaftig sah, auch nicht eine gekommen zu sein. Er tappte hinein, guten Glaubens, daß er ein Auserwählter sei und mußte sich 12 Stunden später davon überzeugen, daß er nur auserwählt worden sei, eine ungeheure Niederlage zu unterzeichnen. Mit gutem Willen und Feuereifer werden keine modernen Schlachten gewonnen. Sein Fehler war gewesen, daß er geglaubt hatte, mit Gaben zweiten Ranges da auskommen zu können, wo Gaben ersten Ranges nöthig waren. Er war energisch und decidirt; zwei militärische Tugenden, wie nicht bestritten werden soll. Aber ununterstützt durch entsprechende Erkenntniß, können sie verhängnißvoll werden. An Warnungen hatte es nicht gefehlt. Um 9 Uhr ritt Ducrot an ihn heran: ‚Ich komme nicht, General, um Ihnen das Commando zu bestreiten; … aber lassen Sie mich Ihnen bemerklich machen, daß ich mich seit fast anderthalb Monaten den Preußen gegenüber befinde, daß ich ihre Operationsart besser kenne, daß ich die Situation und das Terrain studirt habe und daß es mir nach Allem unzweifelhaft ist, daß der Feind Miene macht, uns einzuschließen.’ So Ducrot. Jeder empfand ein Gleiches, nur Wimpffen nicht.- So brach es denn herein.- Tapfer, patriotisch und ehrenhaft, und im Unglück sogar würdevoll und edel geartet, ist General Wimpffen nicht frei zu sprechen von dem Vorwurf, dies Unglück selbst zum größeren Theil herbeigeführt zu haben. Ein überraschender Mangel an Einsicht und ein eigensinniges Verharren im Irrthum, die beide seine Haltung am Tage von Sedan charakterisiren, haben die Katastrophe verschuldet oder doch wenigstens erst perfekt gemacht.“
  • Max Freiherr von Wimpffen (1863–1917) in einem in der „Wimpfener Zeitung” veröffentlichten Brief an deren Redaktion aus Wien vom 18. September 1911:
„Obwohl in Frankreich geboren und mit Leib und Seele Franzose hatte Felix Wimpffen seine deutsche Abstammung nicht vergessen. Er gehörte zu jener kleinen Gruppe französischer Patrioten, die von freundschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschen und Franzosen die gedeihlichsten Rückwirkungen auf die Entwicklung beider Völker erhoffte. Als gebildeter und tüchtiger Offizier kannte er die Kraft der deutschen Wehrmacht, wußte, daß die Franzosen militärisch den Siegern von Königgrätz nicht gewachsen waren, und sah den schlimmen Ausgang des Krieges voraus. Darin eben liegt das Tragische seines Schicksals, daß er, der Gegner dieses Krieges, im letzten Akte des Sedandramas zu einer Zeit, da die französische Armee rings umstellt und die Entscheidung bereits gefallen war, die führende Rolle übernehmen mußte. Allerdings wäre es klüger gewesen, die Vollmacht, die ihm den Oberbefehl nach Mac-Mahon übertrug, nicht geltend zu machen; ehrenvoller aber war es – wie er es tat – die Klugheit, d. h. die Rücksicht auf die eigenen Person in der verzweifelten Lage beiseite zu setzen und den Versuch einer Rettung mit der Waffe zu wagen. Als Wimpfen das Kommando übernahm, bot ein Durchbruch nach Paris dieselben Schwierigkeiten wie ein Durchbruch nach Metz. Der Durchbruch nach Metz war die dem General von der Pariser Regierung gesetzte Aufgabe und ein Vormarsch daher dem französischen Temperament mit seinem Elan gelegener als ein Rückzug nach Paris. Deshalb entschied sich Wimpffen für den Durchbruch nach Metz. Glückliche Zufälle hätten vielleicht sein Unternehmen zu einem teilweisen Erfolg führen können, die Disziplinlosigkeit höherer Offiziere ließ es aber nicht einmal zu einem durchgreifenden Versuche kommen. – General von Wimpffen hat seine Pflicht erfüllt, das war auch Moltkes Urteil. Moltke, der mit der Familie Wimpffen verwandt war, hatte mit seinem Gegner besonderes Mitgefühl.”

Schriften (Auswahl)

  • Souvenirs de captivité. De l’instruction en Allemagne par un officier général, Paris 1872
    • Erinnerungen an die Gefangenschaft. Von der Ausbildung in Deutschland von einem Offizier General; General von Wimpffen durfte, seinem Wunsch entsprechend, die fünf Monate seiner Kriegsgefangenschaft in Stuttgart hinter sich bringen, während der er sich intensiv dem Studium der deutschen Schulerziehung widmete und woraus er die Grundzüge seiner nach seiner Rückkehr nach Frankreich herausgebrachten Rechtfertigungsschrift „Sedan, par le Général de Wimpffen” entwickelte.
  • La situation de la France et les réformes nécessaires, Paris 1873
  • La Nation armée par le Général de Division de Wimpffen, Paris 1876
  • L’État-major, son rôle dans l’armée, Paris 1879

Fußnoten

  1. Erich Scheible: Sedangeneral, in: „Wimpfen am Neckar“ (archiviert)
  2. Wimpffen, Emanuel Felix Freiherr, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Band 56 (1888), ab Seite 240