Zeichentrickfilm

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Ein Zeichentrickfilm ist eine animierte Bildergeschichte, die aus vielen, meistens mit der Hand hergestellten Zeichnungen besteht, welche zeitlich nacheinander präsentiert werden. Durch geringfügige Änderung des Inhalts von Bild zu Bild entsteht beim Zuschauer der Eindruck von Bewegung.

Geschichte des deutschen Animationsfilm

Während man an der Verbesserung der Filmtechnik arbeitete, wurde auf vielen filmischen Gebieten experimentiert. So versuchte man auch, Zeichnungen „zum Laufen“ zu bringen.

Vor allem in Frankreich, aber auch in England und den VSA wurden neue Errungenschaften sofort in die eigene Filmarbeit mit einbezogen. Als Georges Méliès’ technische Tricks wie Doppelbelichtung oder das Stop-and-Go der Kamera bekannt wurden, verwendeten auch andere Künstler diese Technik und entwickelten sie zum Teil noch weiter. So schuf der Brite Arthur Melbourne Cooper dank dieser Techniken 1899 den wohl ersten Animationsfilm mit Streichhölzern: „Matches: An Appeal“. Durch Anhalten und Weiterkurbeln der Kamera läßt er Streichhölzer wie sich bewegende Figuren aussehen. Im Jahr 1900 stellte dann der Amerikaner J. Stuart Blackton mit derselben Technik den ersten gezeichneten Animationsfilm her: „Enchanted Drawings“. 1906 kam dann ein Film heraus, bei dem er die Bewegung seiner Figuren perfektioniert hatte: „Humerous Phases of Funny Faces“.

Ein weiterer wichtiger Zeichentrickfilmer der Anfangszeit war der Franzose Emile Cohl. In „Fantasmagorie“ von 1908 erzählen seine Phase für Phase auf Papier gezeichneten Charaktere kleine Abenteuer.

Auch der amerikanische Comiczeichner Winsor McCay ging in die Geschichte des Animationsfilms ein. Nach seinem ersten Film „Little Nemo“ von 1910 feierte er mit „Gertie the Dinosaur“ 1914 seinen großen Publikumserfolg. Der fünfminütige Zeichentrickfilm erzählte eine ganze Geschichte. Sein Zeichenstil war schon sehr elegant und aufwendig und die Figuren sehr flüssig animiert.

1915 beschäftigte sich der Deutsche Julius Pinschewer damit, den Film für Dienste der Kriegführung heranzuziehen. Unter den vorherrschenden Begebenheiten nannte er seine Firma kurzerhand in „Vaterländischen Filmvertrieb“ um und produzierte in den folgenden Jahren animationstechnische Zeichenfilme, die für Kriegsanleihen warben. Diese Kriegsanleihefilme liefen in allen Kinos, auch in den Frontkinos.

Neben Julius Pinschewer versuchten sich noch weitere, der nun entstandenen Filmkunst zu widmen. So auch der nennenswerte Hans Fischerkoesen der mit dem ersten werbefreien Zeichenfilm „Das Loch im Westen“ (1919) auf sich aufmerksam machte. Sein Film hatte zu seiner Zeit eine Länge von 30 Metern und somit eine Spielzeit von gerade einmal etwa einer Minute. Später um 1921 führte auch er seinen ersten gezeichneten Werbefilm, „Der Bummelpetrus“ (für eine Leipziger Schuhfirma), vor, um dann 1923 mit dem Berliner Produzenten Julius Pinschewer mit der Herstellung zahlreicher Zeichenfilme zu beginnen. Die wohl produktionsreichste Zeit aller Animationstechniken begann in den 20er Jahren. Es war das Jahrzehnt der Reklamefilme, die mehr und mehr – gerade durch Hans Fischerkoesens Zeichentalent – an Beliebtheit gewannen. Er und Pinschewer, welcher sich nun mit zu den erfolgreichsten Produzenten zählen konnte, erzählten bewegte Geschichten des Lebens, mit oder ohne Werbebotschaft – das Publikum war begeistert.

Eine weitere Zusammenarbeit mit Pinschewer teilte Harry Jaeger, ein Zeitungskarikarist zu seiner Zeit. In dieser Konstellation entstanden Filme wie „Der Zahnteufel“(1921) für Pepeco Zahnpasta (erste Versuche der Coloration). „Der Wettlauf zwischen Hasen und Schwinigel“ ein Märchen der Gebrüder Grimm, wobei auch erstmals Schatten gezeichnet wurden. Mit Walter Ruttmann8 gewann er ein weiteres Talent, welches nun Farbe in seine Produktionen brachte. „Der Sieger“ von 1922 war sein glänzender Werbefilm für Autoreifen, der auch als der erste farbige und animierte Werbefilm bezeichnet werden kann – ein Werk, bei der hochgerechnet 1.950 Filmbilder handkoloriert werden mußten. Realistisch überzeugen konnte die Animation der Gummireifen durch die Anwendung aus Zeichen- und Legeanimation.

Mit Louis Seel, der Anfang der 20er Jahre des 20. Jahrhunderts aus Amerika nach Deutschland kam, fand man eine weitere wichtige Persönlichkeit des Animationsfilms. Und auch Lotte Reiniger stellte für Pinschewer ihr Können in Form eines Silhouettenfilms zu Verfügung. Jener Reklamefilm für Nivea-Seife trug den Titel „Das Geheimnis der Marquise“. Sie gehörte zu den wenigen Frauen, der es Anfang der 1920er Jahre gelang, sich ihre Existenz im Animationsgenre aufzubauen. Mit Legeanimation, Puppen- und Sachanimation bis zum Zeichenfilm wurden neue Ausdrucksmöglichkeiten erfunden. Es entstanden Avantgardefilme für Zuschauer mit speziellem Kunstinteresse. Dies bedeutete, daß man den Film zu den bildenden Künsten, wie der Malerei und des Tanzes, zählte und betrachtete.

Eine weitere nennenswerte Arbeit zu jener Zeit, also 1925, war der „KIPHO“-Film, ein Werbefilm für die Kino- und Photoausstellung unter der Regie von Altmeister Guido Seeber, produziert von Julius Pinschewer. Ausgestattet mit den wichtigsten Mitteln der Avantgarde, wie Montage und den verschiedenen Animationstechniken, gelang ein kongeniales Nebeneinander von Filmtrick und „Trickfilm“. Und wieder einmal taucht jener Name auf, der für Innovation im deutschen Animationsfilm steht: Julius Pinschewer. Er wagte den Schritt, sich mit der sehr jungen Tontechnik zu beschäftigen und produzierte den ersten Tonfilm, „Die chinesische Nachtigall“ von 1928. Tri-Ergon 11, hieß das neue Technische Lichttonverfahren, welches bereits schon Anfang der 1920er Jahre von drei deutschen Ingeneuren entwickelt wurde. Leider zeigte sich die deutsche Filmindustrie nur wenig interessiert, und damit gingen die Patentrechte ins Ausland an die Twentieth-Century-Fox Cooperation. Pinschewer widmete sich wieder der Werbung – zum einen für die neuen mit Hilfe des Lichttons hergestellten Tri-Ergon-Schallplatten und zum anderen für den Tonfilm selbst. Frei nach dem Märchen von Hans Christian Andersen erzählte dieser Werbefilm vom schönen Gesang der Nachtigall. In den Kinotheatern wurde der Film in einer handkolorierten Fassung gezeigt. Das Publikum nahm den tönenden Trickfilm mit Begeisterung auf und verlangte nach weiteren Vorführungen. 1929 erhielt er den ersten Preis bei der ersten Internationalen Reklameschau Berlin. Zeitgleich beschäftigte sich auch Walt Disney mit der Möglichkeit, seine Cartoons sprechen zu lassen. So verzeichneten die Amerikaner zeitgleich ihren Erfolg des vertonten Films von „Steamboat Willi“ (1928). Der tönende Trickfilm war geboren und ging mit neuen Möglichkeiten in das kommende Jahrzehnt, die 1930er Jahre.

Doch mit der technischen Sensation des Tonfilms folgte die bahnbrechende Entdeckung des Farbfilms. Sein Erfinder, der ungarische Ingenieur Bela Gaspar, entwickelte Anfang der 1930er Jahre ein Drei-Farben-Filmverfahren, welches nur für die Produktion von Animationsfilmen, hauptsächlich für Zeichenfilme, verwendet wurde. Dessen Fortschritts bediente sich Oskar Fischinger und produzierte die ersten deutschen animierten, farbigen Werbefilme. „Kreise“ (1933) war eine Kinoreklame für die Filmverleihfirma Tolirag, „Muratti greift ein“ (1934) ein Werbefilm für einen Zigarettenhersteller, welcher so gut inszeniert und animiert war, daß die Leute nur in das Kino kamen, um den dreiminütigen Film zu sehen.

Wahrheit, Sauberkeit und Anständigkeit sind die Forderungen, die an den Film im nationalsozialistischen Deutschland im allgemeinen und an den Werbefilm im besonderen gestellt wurden. Ende der 1930er Jahre und kurz vor Kriegausbruch bestand die hauptsächliche Animationsfilmproduktion aus Werbefilmen, vermehrt aus gezeichneten Werbefilmen. Dabei wurde ihr Können, Geist und die gesamte Gestaltung immer wieder an den Produktionen aus Übersee gemessen. Walt Disney wurde zum größten Konkurrenten und setzte sie unter Druck. Die UFA war der größte Filmkonzern der reichsdeutschen Kinolandschaft seiner Zeit. Bei ihr wurden Hans Fischerkoesen, Wolfgang Kaskeline und Walter Ruttmann unter Vertrag genommen. So kam es zur Gründung einer eigenen „Deutschen Zeichenfilm GmbH", welche am 7. August 1941, gegründet wurde. Sie sollte primär das Ziel verfolgen, künstlerische, anspruchsvolle, im Stil zu ausländischen Produktionen gleichwertige Zeichenfilme herzustellen. Dabei wurde natürlich kräftig abgeschaut, was Produktionsabläufe und Angliederung einer Zeichenschule, um den Nachwuchs zu fördern, betraf (demnach bildeten 15 Lehrkräfte 119 Lehrlinge aus).

„Armer Hansi“ (1943) war das erste und einzige Produkt der Deutschen Zeichenfilm GmbH: 18 Minuten Vorfilm der ebenfalls damals frisch abgedrehten „Feuerzangenbowle“. Er erhielt das Prädikat „künstlerisch wertvoll“ und wurde begeistert von Publikum und Presse gefeiert. Der Film war technisch gut gemacht, bei einer verhältnismäßig langen Produktionszeit von zwei Jahren jedoch nicht überzeugend. Dr. Goebbels dauerte es zu lange. Er wollte so schnell wie möglich nachlegen und holte sich den produktionsstarken Hans Fischerkoesen ins Boot. Und in der Tat gelang es ihm, gleich drei werbefreie Zeichenfilme herzustellen. Dr. Goebbels wollte an die 50 Filme im Jahr realisieren. Deswegen sollten Zeichenfilmstudios des besetzten Europas mit deutschen Firmen zu einer Produktion vernetzt werden. Daraus hervor ging das niederländische Zeichenfilmprodukt „Jodokus“, eine antisemitische Geschichte von einem Nashorn. Des weiteren stellte Hans Held, der später sein Trickstudio Babelsberg gründete und für die Bavaria arbeitete, seinen 13minütigen Zeichenfilm „Der Störenfried“ (1940) vor. Ein einziger Kriegsfilm, angesiedelt in der Tierwelt, „Der Angriff der Wespen“, ist mit dem Originalton deutscher Sturzkampfbomber unterlegt. Der Film ist sehr gut animiert und erinnert in einigen Sequenzen an eine typische Disney-Produktion.

Danach übernahm Horst von Möllendorff die Leitung der Zeichenfilmproduktion in Prag und produzierte mit tschechischen Zeichnern „Hochzeit im Korallenmeer“ (1944). Trotz guter Zeichnung und Animation fehlte es dem Zeichenfilm jedoch an Witz, Dynamik und an humorvollen Raffinessen. So kam zu der Zeit Kurt Stordel ins Spiel, welcher kurzzeitige Hoffnung auf einen deutschen Walt Disney aufkommen ließ. Aufsehen und Anerkennung gelang ihm mit dem animierten Farbfilm „Purzel, Brumm und Quak“ (1938/39), der auch als „Purzel, der Zwerg“ bezeichnet wurde. Dieser ist wieder eng an Disney orientiert, ein unterhaltendes Abenteurer aus der Tierwelt.

Stordel fertigte noch zwei weitere Animationsfilme, zu denen sonst keine näheren Informationen gefunden werden konnten:

  • „Zirkus Humsti Bumsti“ (1944)
  • „Rotkäppchen“ (1945)

In der Nachkriegszeit erhob sich in Westdeutschland das Kinogewerbe relativ schnell aus den Trümmern und versuchte, wieder an alte Zeiten anzuknüpfen. Für den Animationsfilm hingegen sah es schlecht aus, denn es fehlten in erster Linie geschultes Personal und moderne Tricktische und Trickkameras – hatte man doch die aufwendige und teure Multiplankamera, die von Disney so oft verwendet wurde, nie in Deutschland nachgebaut. Der werbefreie Zeichenfilm war vorerst tot. Alles war bei null, und man fing wieder nur mit kleinen Werbefilmen an. Zeichner und Werbegestalter besannen sich bewährter Figuren und Erzählmuster.

Nachdem der von Gerhard Fieber bieder animierte „Tobias Knopp, Abenteuer eines Junggesellen“ von 1949 floppte, war nun auch dem letzten deutschen Produzenten klar, mit den amerikanischen Filmen nicht mehr mithalten zu können. Der Krieg war zu Ende, und es wurden jetzt die deutschen Filmtheater mit Disneys Werken überflutet. So wandte sich Fieber nun auch der Werbung zu und gestaltete neben der Animation auch Puppentrick, vor allem Werbefilme im Auftrag der Deutschen Bahn. In diesem Jahrzehnt hielt auch das deutsche Fernsehen Einzug. Und so kam es, daß Gerhard Fiebers Filmproduktion mit neuen fusionierte und noch im selben Jahr für das ZDF „Die Mainzelmännchen“ ins Leben rief. Weitere bekannte Namen faßten ebenfalls wieder Fuß im Werbegeschäft. In der DDR war die DEFA das volkseigene Filmstudio mit Sitz in Potsdam-Babelsberg. Die DEFA sollte laut ihrer Gründer „helfen, in Deutschland die Demokratie zu restaurieren, die deutschen Köpfe durch Umerziehung umzukrempeln und zu sozialistischen Bürgern erziehen“. Im Gefolge der Entnazifizierung in der SBZ und der DDR sollten auch die Filmindustrie und das Kulturleben von „reaktionären Elementen und von undemokratischer antihumanistischer nationalsozialistischer Ideologie und deren Protagonisten“ befreit werden. Das Hauptthema und Leitbild der SED und der DEFA-Filme war Antifaschismus, deshalb wurden viele antifaschistische und in der Tradition der Arbeiterklasse stehende Antikriegsfilme gedreht.

Die DEFA drehte etwa

  • 900 Spielfilme,
  • 820 Trick- und Animationsfilme und
  • 3.200 Dokumentar- und Kurzfilme.
  • Etwa 8.000 Filme wurden synchronisiert.

dazu kamen noch osteuropäische Produktionen wie die polnische Zeichentrickreihe „Lolek und Bolek“. Bei diesen beiden polnischen Jungs handelt es sich natürlich nicht um DDR-Comics. Aufgrund der großen Popularität, die sie zu DDR-Zeiten genossen (und bis heute genießen), sollen sie nicht unerwähnt bleiben, denn es ist kaum vorstellbar, daß eine Sozialisation in der DDR der 70er und 80er Jahre ohne sie stattfand, liefen sie doch sowohl in den regelmäßigen Trickfilm-Magazinen im Fernsehen (Alles Trick; Tri-Tra-Trick) als auch in den bevorzugt sonntags morgens im Kino gezeigten Trickfilm-Matinees. Das DDR-Kinderfernsehen legte mehr Liebe ins Detail bei der Puppenanimation. So ist bis heut „Das Sandmännchen“ unschlagbar.

1992 wurde die DEFA von der Treuhandanstalt verkauft. Die DEFA-Filmrechte und Dokumente jedoch wurden nicht privatisiert, sondern der gemeinnützigen DEFA-Stiftung übertragen. Die DEFA-Stiftung arbeitet mit unterschiedlichen Partnern zusammen. Während die sowjetische Besatzungszone dem mitteldeutschen Animationsfilm nur wenig kreativen Spielraum ließ, gab es wiederum auf der „anderen Seite“ Deutschlands neue Namen mit neuen Ideen. Dabei sei bemerkt, daß sich in dieser Wiederaufbauphase eine totale Abkehr vom Disneykopismus für den deutschen Animationsfilm entwickelte. Vielmehr waren osteuropäische Länder, also nicht nur für die DDR, besonders einflußreich und prägend – in den sozialkritischen Inhalten wie auch in der graphischen Umsetzung. Bezeichnend ist für den Animationsfilm der 1950er und 1960er Jahre eine sehr reduzierte Verwendung von gezeichneten Bewegungen, der „reine“ Zeichenfilm wurde kaum hergestellt. Es wurden vorrangig Collagen und Mischtechniken bevorzugt. Einer der ersten Animationsfilmer der neuen Generation war Wolfgang Urchs. Auch er fing bescheiden an, ähnlich wie Hans Fischerkoesen, konnte dann aber mit „Die Gartenzwerge“ (1961) seinen ersten großen Erfolg feiern. Ausgezeichnet mit dem Bundesfilmpreis, stellte er seine satirisch animierte Parabel vor. Urchs zweiter gezeichneter Film „Das Unkraut“ (1962) besitzt die Deutung des Gleichnisses, welches Propaganda gegen Nationalsozialismus ist.

Mit einen ebensolchen Thema beschäftigt sich Urchs in seinem dritten Animationsfilm, „Die Pistole“ wobei er hier die Technik des Zeichenfilms um die Legeanimation ergänzt und sich der Collagentechnik annähert. Wolfgang Urchs erhielt auch für diesen Kurzfilm das Prädikat „besonders wertvoll“ sowie internationale Anerkennung und Preise. Finanzielle Erfolge konnte er jedoch nicht mit seinen Filmen erzielen, da sich der deutsche Animationsfilm zu dieser Zeit nur sehr langsam entwickelte und – wie schon bei dem avantgardistischen Filmen der 1920er Jahre – auf eine meist geringe Interessengemeinschaft beschränkte. So blieben dem allgemeinen Publikum diese Filme weitgehend unbekannt. Allgemein ging die Tendenz der Animationsfilme der 1960er Jahre dahin, vor allem etwas auszusagen, die Vergangenheit ruhen zu lassen und die Kritikfähigkeit des Zuschauers zu stärken.

Ein erneutes, mit dem Bundesfilmpreis ausgezeichnetes Werk von Wolfgang Urchs war „Die Maschine“ (1966). Mit diesem Film war er auch der erste Deutsche, der am internationalen Animationsfilmfestival von Annecy teilnahm. In den 1970er Jahren entstanden weitere kritische Kurzfilme von ihm. Sein Streben für einen abendfüllenden Animationsfilm war Ende der 70er Jahre kein leichtes Unterfangen, gab es doch zu wenig geeignete Animatoren und vor allem kaum Geld. Wie schon in den Anfängen der Geschichte des deutschen Animationsfilms verdienten die meisten Trickfilmer ihr Geld mit Auftragsproduktionen für Werbung und Industrie. Die Finanzierung eines abendfüllenden Animationsfilms war nun auch nicht mehr das einzige Problem. Die zunehmenden technischen Neuerungen und die Konkurrenz aus den VSA stellten die deutschen Animationsfilmer vor kaum lösbare Fragen. Als größter deutscher Konkurrent erwies sich das Fernsehen. Sie vertrieben zu günstig eingekauften Preisen Zeichentrickserien, die aus billigeren Produktionsländern stammten. So liefen „Wicki“, „Biene Maja“, „Heidi“ und Pinocchio“ über den Bildschirm. Genau auf diese Mißstände machten zwei Zeichenstudios aufmerksam, deren Brief von 1977 zwei Jahre später an den Berliner Senat im Magazin des Deutsche Trickfilm Verbandes veröffentlicht wurde. Es waren die Filmemacher Ernst J. Schienke und Dieter Parnitzke, die schrieben, es liege ein grundlegendes Problem in einer nicht existierenden freien deutschen Zeichenfilmkultur, denn die meisten hielten sich nur mit der Herstellung von Werbefilmen und Schulfilmen über Wasser. Sie selbst waren später gezwungen, ein lukratives finanzielles Angebot abzulehnen, weil einfach nicht genug geschultes Personal aufzufinden war. Sie hatten nur 20 Zeichner.

Dennoch sollten der Hilferuf und die Kritik nicht umsonst gewesen sein, denn im Jahre 1982 wurde ein Animationsfestival gegründet, nicht in Berlin, sonder in Stuttgart. So wurde nun endlich den jungen Filmemachern ein Forum geboten, welches ihnen internationale Kontakte ermöglichte und neben den Umsetzungsmöglichkeiten auch Aufschluß über die wirtschaftliche Seite zu erlangen. Aller zwei Jahre fanden diese Treffen statt und wurdenen neben Annecy zum zweitgrößten Animationsfestival. Es wurde weiterhin ein abendfüllender Animationsfilm angestrebt. Dabei stand die Technik des Zeichentrick an erster Stelle. Nicht nur die bis dahin geltende Kunst spielte eine Rolle, sondern nun auch die kommerzielle Auswertung. Die Devise lautete: „Um Massen zu erreichen, zählt Unterhaltung mehr als bloße Kunst.“ Der wohl erfolgreichste deutsche Animationsfilm erschien Ende der 1980er Jahre, „Peterchens Mondfahrt“ von Wolfgang Urchs (nach dem Buch von Gerdt von Bassewitz und auf Vorschlag des ZDF) – mit ca. 600.000 Zuschauern.

Dennoch ging es jetzt Schlag auf Schlag, denn nach so einem Erfolgskonzept besannen sich auch andere, bereits geschriebene Geschichten zu verfilmen bzw. zu animieren. „Der kleene Punker“ (1992) von Michael Schaack produziert, entstand nach einer Bildergeschichte von Jackie Niebisch. Zu der Zeit ging es den Machern eher um originelle Charaktere als um detaillierte Darstellung und perfekte Animation. „Das kleine Gespenst“ (1992) von Curt Linda stützte sich auf ein Kinderbuch von Ottfried Preußler. Versehen mit pädagogischen Aussagen und Botschaften wurden da Ausgrenzung und Rassenkonflikte thematisiert. Denn im wesentlichen wurde die Angst vor mangelnder Kommunikation und Respektlosigkeit der Menschen untereinander Ende der 1980er Jahren zur Grundthematik. Ob dabei die teilweise schlichte, reduzierte Animation auf Grund der finanziellen Lage entstand oder wegen der Distanzierung von Disneyproduktionen, sei dahingestellt. Das Zusammenspiel von Animation und der zu erreichenden Zielgruppe, bezüglich des Alters, war bis dato noch uneins. Jedoch schaffte es ein Animationsfilm 1990, auch ein Publikum über 12 Jahre anzusprechen: „Werner – Beinhart!“ (1990). Sein Schöpfer Rötger Feldmann alias Brösel hat seine Bildergeschichten millionenfach verkauft. Inszeniert von Gerhard Hahn und Michael Schaack entstand ein unterhaltsam lustiger Streifen – eine einheitliche saubere Vollanimation, die sich typischer Bildergeschichten-Elemente wie Sprechblasen und untermalenden Comicgeräuschen bedient. Mit dem zweiten Feldmann-Film „Werner – das muß Kesseln!!!“ (1996) strömten dann schon über 5 Millionen Besucher in die deutschen Kinos. Die Tricktechnik war im zweiten Teil den Kinderschuhen entwachsen und sauberer und aufwendiger animiert. Unter der Inszenierung von Michael Schaack und Udo Beißel gelang eine erfolgreiche Fortsetzung.

Ein weiterer Animationsfilm aus diesem Jahrzehnt, basierend auf einer Romanvorlage, war „Filidae“ (1994) von Michael Schaack realisiert. Er schuf damit einen durchaus interessanten Katzenkrimi im Disney-Stil. Jedoch ist die Kreativität eher nicht den Machern zuzuschreiben, sondern der Vorlage von Akif Pirincci. Als einer der teuersten Zeichentrickfilme zur damaligen Zeit, wobei auch viele Arbeiten ins Ausland abgegeben wurden, lockte er nur wenige Besucher in die Kinos.

Als nächsten großen Erfolg im deutschen Animationsgeschäft, was auch auf das umfangreiche Werbeetat zurückzuführen sei, ist „Das kleine Arschloch“ (1997), von Hanno Huth produziert und von Michael Schaack inszeniert. Der Film entstand nach dem berühmten Comic-Zeichner Walter Moers – ein Streifen, der sich auf dem gleichen „Werner-Niveau“ bewegt und somit auch diese Fangemeinde für sich einnehmen konnte. Es geht in seiner Thematik um Sex, Klischees und Ausländertypisierung, alles aus der Sicht eines vor-sich-hin pubertierenden Großmauls. Dennoch erreichte der Film die kommerzielle Breite von rund 3 Millionen Zuschauern. Zum Abschluß der 1990er Jahre kann man sagen, daß eben durch die Verfilmung von Bildergeschichten die wohl erfolgreichste Zeit des deutschen Animationsfilms begonnen hatte. Budgets sprangen in die Höhe und veränderten die Produktionslandschaft. Es entwickelten sich internationale Koproduktionen, um hohe Finanzierungen zu realisieren. Abschließend muß auch gesagt werden, daß speziell in Deutschland Zeichentrickfilme nicht besonders gut laufen, die entweder keine zuvor bekannte Comicfigur oder kein bekanntes Buch als Vorlage haben.

Filmbeiträge

V.S.-Produktion: Der Deutsche Trickfilm - Ein Kulturerbe (2019)

Filmbeispiele
„Schall & Rauch“ (1933, Werbefilm)
„Muratti greift ein“ (1934, Werbefilm)
Information:Werbung für die Zigarettenmarken „Ariston“, „Centry“ und „Privat“ von Muratti
„Schlacht um Miggershausen“ (1937, Werbefilm)
Information:Werbung für den Kauf von Rundfunkgeräten auf dem Lande
„Das lockere Ziel“ (1938, Werbefilm)
„Die lustigen Streiche von Fritz und Franz“ (1939)
„Hochzeit im Korallenmeer“ (1943)
„Der Schneemann“ (1944 von Hans Fischerkoesen)
„Verwitterte Melodie“ (1943)
„Philips Advent“
„Armer Hansi“ (1943)
„Die Abenteuer des Münchhausens“ (1944)
„Das dumme Gänslein“ (1945)

Siehe auch

Verweise