Erasmus Montanus (Schiller-Theater, 1939)

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Theaterstück

Theaterdaten
Originaltitel: Erasmus Montanus
Produktionsland: Deutsches Reich
Spielzeit: 1939
Premiere:
Bühne: Schiller-Theater
Spielgemeinschaft
Vorlage: Ludwig Holberg
Besetzung
Darsteller Rolle
Holger Gabrielsen Erasmus Montanus
Rasmus Christiansen Jeppe Berg, sein Vater
Sigrid Neiiendam Nille, seine Mutter
Karin Nellemose Lisbeth, Montanus`Braut
Charles Wilken Jeronimus, ihr Vater
Augusta Blad Magdelone, ihre Mutter
Charles Tharnaes Jakob, Montanus`Bruder
Henrik Malberg Peer, Küster
Valdemar Moeller Jesper, Verwalter
Aage Foenes Ein Leutnant
Aage Winther-Joergensen Niels, Korporal

Erasmus Montanus ist eine dänische Komödie in fünf Akten und wurde 1939 im Schiller-Theater aufgeführt. Das Schauspiel war ein Gastspiel des „königlichen Theaters Kopenhagen“.

Handlung

Quelle
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Holbergs Komödien sind Genrebilder. Ihr Reiz beruht daher nicht auf der Spannung des dramatischen Geschehens, sondern auf dem gemächlichen Humor, mit dem die Zustände und Menschen des alten Dänemark geschildert werden. So breitet er auch in seinem „Erasmus Montanus“ ein Minimum von Handlung bedächtig aus. Der Konflikt ist eine Seifenblase, die er schmunzelnd durch die Szenen tanzen läßt, um sie dann mit einem moralischen Fingerstups zerplatzen zu lassen. Und am Ende fällt ein frischer Tropfen Lebensweisheit zu Boden.

In der Gestalt des Erasmus Montanus befehdet Holberg die unfruchtbare, lebensfremde und selbstgefällige Gelehrsamkeit. Die Fabel ist einfach: Ein Bauernsohn, der schlicht als „Rasmus Berg“ die Universität bezogen hatte, kehrt als ein humanistisch aufgeblasener „Erasmus Montanus“ in das Elternhaus zurück. Außer solch eitler Überheblichkeit hat er auf seiner hohen Schule zweierlei gelernt: Die Disputierkunst, die mit spitzfindigen Spiegelfechtereien alles zu beweisen, künstlich zu verdrehen und zurechtzubiegen weiß, dazu die Grundtatsache der Physik, daß unsre Erde eine frei schwebende Kugel sei. Mit diesen beiden Wissenschaften kommt er bei dem altväterischen Bauernvolk in die spaßhaftesten Bedrängnisse, in denen der verstiegene „Montanus“ durch den Mutterwitz seiner Landsleute so gründlich abgehobelt wird, daß er — zum biederen „Rasmus Berg“ zurückverwandelt — sich schließlich zu dem Widerruf, die Erde sei so flach wie ein Pfannenkuchen, bereit erklärt. So werden auf der Waage dieses Lustspiels gleichsam zwei Sprichworte: „Je gelehrter, je verkehrter“ und „Je bauerhafter, desto dauerhafter“ ausgewogen, wobei das Schwergewicht an Bodenständigkeit und alter Sitte dem Lustspiel seine Lebenskräftigkeit verleiht. Dies ist nun die Geschichte Rasmus Bergs, wie sie uns Holberg in seiner Komödie erzählt:

Erster Akt.

Jeppe Berg, der Bauer, hat seien Sohn in Kopenhagen Theologie studieren lassen. Mit väterlichem Stolz erwartet er ihn von der hohen Schule zurück. Ein Brief kündet ihm sein Kommen an. Doch Jeppe versteht die vielen lateinischen Floskeln nicht, mit denen sein Sohn das Scrheiben aufgeplustert hat. Gerade spaziert der Küster Peer vorbei. Er muß ihm das Latein übersetzen. Der nimmt mit eitler Freude die Gelegenheit wahr zu beweisen, daß es noch mehr Gelehrte in dem Dorfe gebe als just den Sohn des stolzen Jeppe. Durch unsinnige lateinische Sprüche und Vokabeln, die er vor Jeppe und Frau Nille Berg zum besten gibt, weiß er sich schnell ins rechte Licht zu setzen. Vollends wirkt seine Sangeskunst so überzeugend, daß Jeppe meint: „So fein können es nicht mal unsere Ferkel!“ Da meldet Jakob Berg die Ankunft seines Bruders. Dieser Jakob ist einer jener trefflich frischen Schelme, die mit belustigtem Augenzwinkern und hellem Mutterwitz in allen Holberg'schen Komödien die Handlung begleiten. So ist schon seine erste Meldung vielsagend genug: der Herr Student sei nämlich vor lauter gelehrtem Nachdenken dreimal aus dem Wagen gefallen, wobei er sich beinah den Hals gebrochen habe.

Zweiter Akt.

Der Studiosus der Theologie ist nun daheim. Den rührenden Empfang der Eltern bemerkt er kaum. Sie sind ihm zu beschränkt, als daß er sich mit ihnen unterhalten könnte. Seinem Bruder Jakob befiehlt er, ihn künftig nur noch „Monsieur“ zu titulieren. Daß Lisbeth, seine Braut, eine stattliche Mitgift zu erwarten habe, hört er gern. Daß aber an die Heirat erst zu denken sei, wenn er im Dorf gepredigt habe, lehnt er als weitaus unter seiner Würde ab. Denn eine akademische Disputation gilt ihm weit mehr als eine Bauernpredigt.

Um seinen Eltern zu beweisen, daß sie ihr Geld nicht ohne Zinsen für sein Studium angelegt haben, gibt er ihnen ein paar Kunststücke seiner Beredsamkeit zum besten. Dem Vater beweist er, daß es ein Glück sei, sich zu betrinken: „Wer gut trinkt, schläft gut. Wer schläft, sündigt nicht. Wer aber nicht sündigt, ist glücklich. Ergo - wer sich gehörig betrinkt, ist glücklich.“ Die gute Mutter verwandelt er auf diese Art gar in einen Stein. Das erschüttert die brave Nille so, daß sie weint, bis sie der tüchtige Sohn mit einem ähnlichen Zauberspruch aus der Versteinerung erlöst. Nach diesem Meisterstück im Elternhaus gedenkt Erasmus, seine Schwiegereltern heimzusuchen. Jakob, der ihn begleitete, kommt bald allein zurück. Ohne jeden Respekt verkündet er, Erasmus sei nichts weiter als ein dummer Tropf. Denn der lateinische Hansguckindieluft, dem er den Mantel nachgetragen habe, sei, ohne es zu merken, im strömenden Regen einherstolziert und habe in seiner wissenschaftlichen Versunkenheit gar noch den Stall mit der Stube verwechselt.

Dritter Akt.

Natürlich kommt Erasmus von dem Haus seiner Schwiegereltern zurück, ohne Jeronimus, Magdelone oder seine Braut auch nur gesehen zu haben. Hat er doch unterwegs jemanden getroffen, mit dem er wirklich disputieren konnte. Noch ganz erregt berichtet er seiner Mutter von dem Verlauf des hitzigen Streitgesprächs. Da tritt Verwalter Jesper und bald darauf Küster Peer in die Stube, mit denen sich der Studiosus in eine sehr verhängnisvolle Disputation verwickelt. Er möchte ihnen das kopernikanische System beweisen, kommt dabei aber völlig in die Brüche, da Küster Peer seine physikalische Gelehrsamkeit in einem Schwall küchenlateinischer Salbaderei ersäuft. Sogar wo er im Recht ist, muß er vor der Kapitelfestigkeit des Bauernverstandes kapitulieren. Erasmus kommt nun in den Ruf eines Schafskopfes und verstrickt sich immer mehr in tragikomische Verwirrungen. Denn seine Behauptung, die Erde sei rund, hat sich im Dorf herumgesprochen. Jeronimus will ihm seine Tochter nur geben, wenn er diesem gotteslästerlichen Satz abschwört. Duch Erasmus denkt nicht daran. Selbst die innige Bitte seiner Lisbeth: „Ach Schatz, sag doch, daß sie flach ist," vermag es nicht, ihn umzustimmen.

Vierter Akt.

Vergebens sucht Verwalter Jesper zwischen den Parteien Frieden zu stiften. Montanus sieht die Ehre der Philosophie und damit seine eigene bedroht. Nun soll der Küster Peer den verstockten Ketzer zur Besinnung bringen. Doch diesmal ist er dem Erasmus nicht gewachsen, der ihn spornstreichs an seiner Küsterwürde packt. Was sei, so fragt er, solch ein Kantor anderes als ein Gockelhahn? Er wecke die Leute, wenn sie aufstehen sollen, rufe die Stunde aus, tue sich groß mit seiner Stimme und dergleichen mehr. — Als Jesper, der Verwalter, seinen Kantor derart in Bedrängnis sieht, fühlt er als staatliche Autorität sich aufgerufen, dem dreisten Weltverbesserer den Mund zu stopfen. Aber trotz allen Bitten seiner Eltern, seines Bruders, seiner Braut versteift sich der Student auf seinen Ehrenstandpunkt.

Fünfter Akt.

Jesper versucht ein letztes Mittel, indem er einen Leutnant, der Soldaten anwirbt, auf Erasmus hetzt. Der Offizier verspielt mit Absicht eine Wette gegen Erasmus und sein Disputationstalent und drückt ihm dafür den verlorenen Dukaten in die Hand. Damit hat der Student im Wortgefecht gesiegt, ist dafür aber ein Soldat geworden. Ein handfester Korporal drillt unter preußischen Kommandos, wie sie damals in Dänemark gebräuchlich waren, den Studiosus derart windelweich, daß er bald unter Tränen sich bereit erklärt, auf seine Schulweisheit Verzicht zu leisten. So steht denn der Versöhnung mit Jeronimus, dem reichen Schwiegervater, und der Verlobung mit der hübschen Lisbeth nichts mehr im Wege als die schmale Treppe, die den gebesserten stud. theol. Rasmus Berg wohl bald auf eine heimatliche Kanzel führt.

Quelle: Gastspiel des Königlichen Theaters Kopenhagen im Schiller-Theater der Reichshauptstadt 1940.


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