Hengge, Josef
Josef Hengge (selten auch: Joseph Hengge; 23. Januar 1890 in Durach[1]; 21. März 1970 in Kempten (Allgäu)) war ein deutscher Kunst-, Portrait- und Kriegsmaler sowie bedeutender Freskant. Ein Kunstkritiker nannte Hengge den „Egger-Lienz des Allgäus“ und hat ihn damit stilistisch eingeordnet. Er nahm von 1937 bis 1944 an der Großen Deutschen Kunstausstellung (GDK) in München mit 14 Werken teil. Sein Monumentalgemälde „General Dietl“ (GDK, 1941) wurde von Adolf Hitler für 3.000 Reichsmark gekauft. Ernterast (GDK, 1942) wurde für 4.000 und „Allgäuer Holzer“ (GDK, 1943) für 4.500 RM verkauft. Eines seiner schönsten Werke „Die Enzianpflückerin auf einer Bergwiese mit Blick auf das gegenüberliegende Gebirge“ wurde 2015 von einem Auktionshaus für hochwertige Kunst versteigert.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Der Allgäuer Josef Hengge besuchte nach einer Lehre bei einer Kirchenmalerfirma in Sontheim die Städtische Gewerbeschule und anschließend die Königliche Kunstgewerbeschule in München.
Erster Weltkrieg
Am 4. August 1914 trat er als Kriegsfreiwilliger und Unteroffizier der Bayerischen Armee bei, um seinen Beitrag zum Kampf des Deutschen Heeres im Ersten Weltkrieg zu leisten. 1915 wurde er in Arras an der Westfront von einer Granate schwer verwundet, wo er unweit der Kriegsfront eine Feldkirche bemalte.
Wirken (Zusammenfassung)
- „Hengge lernte bei der Kirchenmalerfirma Gebrüder Haugg in Sontheim, besuchte danach die Städtische Gewerbeschule und dann die Königliche Kunstgewerbeschule in München. An der Akademie der Bildenden Künste in München waren seine Lehrer Angelo Jank und Franz von Stuck. Hengge studierte sehr lange, erhielt mehrere Preise und wurde als junger Künstler schon in die Jury der Glaspalastausstellungen gewählt und stellte dort auch aus. Nach dem Studium ließ er sich in München nieder und wurde als Freskant und Maler so bekannt, dass sich der letzte König von Bayern, Ludwig III., und dessen Gemahlin von ihm malen ließen. Im Ersten Weltkrieg wurde Hengge 1915 bei Arras schwer verwundet und der König nahm sich seiner persönlich an. Besonders gut verstand sich Hengge mit Kronprinz Rupprecht, der ihm 1929 den Auftrag für die Schlossplatzfresken in Berchtesgaden beschaffte, den Hengge 1952 ‚aktualisierte‘.
- Von 1922 stammt die Bemalung des Passauer Rathausturmes. 1924 malte Hengge die Fresken am Alten Rathaus in Bad Reichenhall. Einen marianischen Bilderzyklus erhielt die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Maria-Schutz-Kirche in Pasing. In Burghausen schuf er bemerkenswerte Wandgemälde im Meier-Helmbrecht-Saal. In der Katholischen Kirche in Hersbruck malte er 1934 eine überlebensgroße Kreuzigung Christi. Er hatte 1935/36 auch die Leitung über die Neu-Freskierung des Weberhauses in Augsburg, das Haus wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Hengge hatte familiäre Wurzeln in Wertach. Dort malte er 1923 das Deckenfresko und das breite Wandgemälde im oberen Altarraum der Kapelle von Bichel mit Einheimischen vor originalgetreuer Landschaft. Die meisten Fresken an Wertacher Gebäuden stammen von ihm. In Durach ist der Heilige Christopherus an der Pfarrkirche von ihm (in der Nähe ist Hengges Grab). Ebenso schmückte Hengge die Wendelin-Kapelle in Weidach bei Durach und die Pfarrkirche in Frauenzell. 1928 wurde in der bekannten Kunstzeitschrift ‚Velhagen & Klasing‘ sein Gemälde ‚Holzer im Allgäu‘ abgedruckt. Viele Arbeiten von ihm waren in Kempten – Fassade der Sparkasse am Alten Bahnhof, am früheren Arbeitsamt in der Königstraße, drei große Wandbilder im alten Bahnhof, ein Freskenstreifen am Lyzeum als Hintergrund des Kriegerdenkmals für 1870/71 und das Dornier-Porträt an der Dornierstraße – außer letztgenanntem wurden alle dem geänderten Zeitgeschmack geopfert.
- 1932 lebte Hengge mit einem Stipendium der Stadt München in Florenz. Heim nach Wertach zog Hengge 1945, als er in München ausgebombt wurde. In der Pfeifermühle baute er sich aus einer Werkbaracke ein Atelier und eine gemütliche Wohnung. Aber schon 1950 zog er nach Kempten, weil ihm Wertach zu einsam war. Zu seinem 70. Geburtstag fand im Kornhaus in Kempten eine Ausstellung mit über 100 Bildern statt. Die Marktgemeinde Wertach hat vor einigen Jahren in einer Ausstellung im Sitzungssaal des Rathauses des Malers gedacht. Ölmalerei sei eigentlich nur seine Nebenbeschäftigung, flaxte Josef Hengge. Er liebte das Monumentale, das große Fresko. Ferdinand Hodler war sein Vorbild. Seine Motive für Ölbilder waren bevorzugt arbeitende Menschen: Holzfäller und Bauern. Außerdem porträtierte er viele hohe Militärs. Seltener malte er Blumenstillleben oder Landschaften. Seine Werke entsprechen sehr dem kräftigen Realismus der 20er und 30er Jahre, und weil diese Art heute nicht ‚in‘ ist, wird heute auch Hengges künstlerisches Werk unterschätzt.“[2]
Altes Rathaus (Bad Reichenhall)
Als die Fassade des Rathauses 1924 renoviert werden musste, entschloss sich der Stadtrat dazu, die Schauseite mit Fresken versehen zu lassen. Dort sollten bedeutende Persönlichkeiten der Reichenhaller Geschichte dargestellt werden. Mit der Ausführung beauftragte man den Künstler Josef Hengge, welcher zuvor die Fresken am Passauer Rathaus geschaffen hatte.
Fresken (Erläuterung)
An die Außenseiten plazierte man Allegorien, die als Symbole eines glücklichen Gemeinwesens gelten:
- Justitia (Gerechtigkeit)
- Caritas (Nächstenliebe, Wohltätigkeit)
Dazu wurden vier germanisch-deutsche Persönlichkeiten gestellt:
- Karl der Große; der Kaiser gilt als Symbol für die einstige Größe und den Ruhm des Deutschen Reiches
- Rupert von Salzburg, heiliggesprochener Stadtpatron von Bad Reichenhall; er hatte einst ein Drittel der Saline vom Bayernherzog Theodo II. erhalten.
- Friedrich Barbarossa; Reichenhall erhielt unter Kaiser Friedrich 1159 die Rechte als Reichsstadt, er war Beschützer und Wohltäter des Augustiner Chorherrenstifts St. Zeno
- König Ludwig I.; die Abbildung des Königs sollte die Verbundenheit der Stadt mit dem Hause Wittelsbach zum Ausdruck bringen
Zwischen den Figuren sind elf Wappen angebracht. Es sind dies von links nach rechts:
- Gotteslamm: Erstes Siegel der Bürger von Reichenhall (1279) als Wappen dargestellt
- Adler: Wappen des deutschen Königs
- Fische: Stiftswappen des Augustiner Chorherrenstifts St. Zeno
- Aufgehende Sonne: Phantasiewappen des Priesters Lanzo, erster Propst von St. Zeno (1136-1146). Das Wappen wurde von einer Wappentafel der Pröbste von St. Zeno aus dem 18. Jh. übernommen.
- Löwe und Rot-Weiß-Rot: Land Salzburg
- Rauten und Greif: Stadt Reichenhall, (verfälschtes Wappen, letztes Drittel des 18. Jh. bis 1929)
- Rauten: Altbayern
- Feuerlilie auf Dreiberg: Wolfgang Lueger, Propst von St, Zeno (1515-1526). Unter Lueger Wiederaufbau der Stiftskirche nach dem Brand von 1512.
- Kreuz: „Stauferkreuz“ aus der kaiserlichen Heerfahne in der Zeit der Kreuzzüge
- Königreich Bayern (Wappen von 1835-1918)
- Panther und Rauten: Wappen der Stadt Reichenhall (Anfang 14. Jahrhundert)
Die letzten Jahre
1945 fiel die Wohnung der Familie Hengge in München dem alliierten Bombenterror zum Opfer. Mit dem Leben davon gekommen, zogen sie nach Wertach und ab 1950 nach Kempten, nur vier Kilometer nördlich von Durach, wo Hengge geboren wurde.
Tod
Im März 1970 verstarb Josef Hengge in Kempten.
Bildergalerie
Bilder (Kriegerdenkmal Berchtesgaden)
Berchtesgadener Schloßplatz unterhalb des Locksteins mit Kriegerdenkmal (die Tafeln mit den Namen der Gefallenen hängen im Bogengang); Wandgemälde vom Kunstmaler Josef Hengge[3]
Das Kriegerdenkmal vor 1945; die ursprüngliche Inschrift lautete:
„1914-1918 – Den 89 gefallenen Helden des Marktes Berchtesgaden. Errichtet im Jahre 1929. Sie fielen für die Freiheit und Ehre des Vaterlands.“Das Kriegerdenkmal mußte 1945 auf Befehl der VS-amerikanischen Besatzern übermalt und somit geschändet werden, nur das mittlere Motiv mit Christenkreuz dürfte unbeschadet bleiben. In den 1950er Jahren wurde das Wandgemälde restauriert, das Frontbild mit Handgranatenwurf mußte jedoch weichen. Das Kriegerdenkmal wurde in „Ehrenmal“ umbenannt.
Das ursprüngliche Bild von der Kriegsfront: Ein Landser des Deutschen Heeres mit Stielhandgranate im Sturmangriff, zu seinen Füßen besiegte Russen mit Schneeanzügen.
Die übermalte Nachkriegs-Version: Eltern und Bruder trauern über den gefallenen Sohn und Bruder. Auch die Nachkriegsinschrift wurde politisch-korrekt angepaßt und somit schändlich verfölscht:
„Den gefallenen Söhne der Marktgemeinde Berchtesgaden. Sie gaben ihr Leben, ihr Opfer ist uns Mahnung.“
Bilder (Portraits)
„Schlafendes Kind“
„General Dietl“ (GDK, 1941)
Verweise
- Josef Hengge, Kunstgalerie „Thule“
- Josef Hengge, German Art Gallery