Juden-Massaker von Tarnopol
Beim Juden-Massaker von Tarnopol in der ukrainischen Stadt Tarnopol wurden im Juli 1941 mehrere Hundert Juden von Ukrainern ermordet. Die sowjet-bolschewistische Lügenpropaganda lastete den Vorgang später unrechtmäßig der Deutschen Wehrmacht an.
Ende Juni 1941 ermordete der NKWD in Tarnopol 574[1] politische Gefangene, überwiegend Ukrainer, und ließ die Leichen nach der Flucht vor der Wehrmacht zurück. Praktisch jede Familie in Tarnopol, besonders die Ukrainer, war vom roten Terror betroffen. Schon beim Abzug der Roten Armee und des NKWD kam es zu einzelnen Racheakten. Da die Juden überproportional am Terrorapparat des NKWD beteiligt gewesen sein sollen, verübte die ukrainische Bevölkerung nach der Flucht der Sowjet-Bolschewisten Vergeltung, wobei einige hundert Juden zu Tode gekommen sein sollen.
Nach dem Krieg stellte der VS-Militärgerichtshof II in seinem Urteil im SS-Einsatzgruppenprozeß wörtlich fest:
- „...daß Ausschreitungen in Tarnopol stattgefunden hatten, daß 600 Juden ermordet worden waren (...) getötet durch die Bevölkerung.“[2] Zeitgleich soll es auch zu Übergriffen durch eine SS-Einheit gekommen sein, die sich für getötete Kameraden rächen wollte. Dies führte zu zusätzlichen Opfern.
Die Racheakte wurden durch den daraufhin eingesetzten deutschen Stadtkommandanten beendet. Angesichts der Unruhen hatte der kommandierende General des XIV. Armeekorps, General von Wietersheim, den Artilleriekommandeur der 9. Panzerdivision, Oberst Sander, mit der Einrichtung einer Stadtkommandantur beauftragt, um in Tarnopol umgehend Ordnung zu schaffen. Allerdings gelang es dem Kommandanten nicht, die Racheakte gänzlich zu unterbinden, weshalb es dennoch zu rund 600 Opfern kam, die von Ukrainern ermordet wurden.
- „Vier Jahre lang hatten die Aussteller Reemtsma und Heer Hunderttausenden von Besuchern weisgemacht (vorgegaukelt), Wehrmachtsoldaten hätten Anfang Juli 1941 im westukrainischen Tarnopol 1.000 Juden ermordet. Anläßlich einer Korrektur wegen eines verfälschenden Zusatzes ‚Wehrmachts‘ in einem Zitat nannten die Aussteller dann Anfang 1999 vier Divisionen als mögliche Täter, darunter die aus Wien stammende 9. Panzer-Division. Auf seiner Reue-Pressekonferenz am 4. November 1999 hatte Reemtsma eingeräumt, daß seine Fotos zu Tarnopol nicht als Beweis für Wehrmachtverbrechen dienen könnten. Er hat jedoch bis heute nicht klargestellt, was damals tatsächlich geschehen ist. (...)“[3]
Das Katyn-Modell der Geschichtsfälschung
- Umwidmung sowjetischer Massengräber und manipulierte Zeugenaussagen
Vor zehn Jahren, im Oktober 1999, führte eine Fallstudie des Naturwissenschaftlers Dr. Dieter Schmidt-Neuhaus über Fotos als Dokumente zusammen mit zwei Publikationen junger ausländischer Historiker, Musial und Ungváry, zum völlig unerwarteten und unrühmlichen Ende der sogenannten ersten „Wehrmachtsausstellung“ auf dem Höhepunkt ihres Erfolges und zum Verzicht auf eine Parallelveranstaltung in den USA. Schmidt-Neuhaus hatte die von Reemtsmas Hamburger Institut für Sozialforschung in seiner Wanderausstellung 1995 in die Welt gesetzte Behauptung widerlegt, Wehrmachtsoldaten hätten in der westukrainischen Stadt Tarnopol Anfang Juli 1941 eintausend jüdische Zivilisten ermordet. Trotzdem wurde der Fall Tarnopol von Reemtsma in seiner zweiten Wanderausstellung 2001-2004 weiter als „Verbrechen der Wehrmacht“ mit 600 Opfern dargestellt.
Tatsächlich ist die Zahl von Personen, die nach Abzug der Sowjets aus Tarnopol individuellen Racheakten oder einem geplanten Massaker der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN) zum Opfer fiel, bis heute nicht bekannt. Sie könnte zwischen 50 und 500 gelegen haben. Die Ausschreitungen wurden wenige Tage nach Einnahme der Stadt durch die Wehrmacht beendet.
Die SWG greift jetzt eine neue Veröffentlichung von Schmidt-Neuhaus auf, denn inzwischen zeigte sich, daß der Fall Tarnopol eine weit über die Verleumdung der deutschen Wehrmacht hinaus gehende Bedeutung hat. Reemtsma hatte merkwürdigerweise nicht die seit Jahrzehnten in Veröffentlichungen und Nachschlagewerken weltweit verbreitete Zahl von 5.000 Opfern benutzt. Niemand hatte erkannt, daß diese absurde Zahl tatsächlich ab 1944 von sowjetischer Seite über Zeugenaussagen und Memoiren lanciert worden war. Die angeblich ermordeten „5.000 friedlichen Sowjetbürger“ stellen eine massive Geschichtsfälschung dar. Dies war jedoch kein Einzelfall und kein Zufall, sondern Teil einer von Stalin 1942 begonnenen umfassenden Kampagne, durch eine mit renommierten Personen besetzte „Außerordentliche Staatliche Kommission“ zur Erfassung von Kriegsschäden und Kriegsverbrechen (ASK) seine eigenen Massengräber den Deutschen zuzuschieben.
Das hat tatsächlich schon 1990 der junge russischer Archivangestellte Dmitri Yurasov aus Moskau enthüllt. Er war einer der Begründer der Menschenrechtsorganisation Memorial und wurde international bekannt, weil er als Schuljunge schon vor der „Perestroika“ begonnen hatte, Jahr um Jahr ohne Genehmigung und Unterstützung eine Kartei von einer Viertelmillion oder mehr Stalinopfern zusammenzustellen. Jedoch wurde eine wichtige Erkenntnis von Yurasov nicht beachtet: In einem Interview in der weitverbreiteten sowjetischen Gewerkschaftszeitung „Trud“ vom 4. März 1990 sagte er, daß von der ASK „Grabstätten der 30er Jahre“ auf Rechnung der Deutschen „umgeschrieben“ wurden. Dies wurde nur einmal von Radio Freies Europa gemeldet, jedoch nirgends aufgegriffen.
Die erst ab 1990 zugänglich gewordenen Unterlagen der ASK wurden auch von der Fachwelt bis heute überwiegend unkritisch gebraucht. Erst 2005 berichtete eine Moskauer Historikerin in einer russischen und in einer amerikanischen Zeitschrift über Zustandekommen und Arbeitsweise der Kommission und die Rolle des sowjetischen Geheimdienstes NKWD dabei. Eine ihrer Schlußfolgerungen war, daß die ASK „einen weitgehend erfolgreichen Versuch darstellte, Hitler einen Teil der eigenen Verbrechen sowjetischer Behörden anzulasten“. Sie prägte dafür den Begriff „Katyn-Modell“. Dies wurde bisher allerdings nirgends weiter verfolgt.
In dem nachstehend abgedruckten kurzen Beitrag aus dem „Zeitweiser 2009“ der Galiziendeutschen wird erläutert, daß der Fall Tarnopol auch ein bezeichnendes Beispiel für das „Katyn-Modell“ der sowjetischen Geschichtsfälschung darstellt.
- Der Fall Tarnopol 1941/1944 und das erfolgreiche Katyn-Modell der sowjetischen Geschichtsfälschung
Der „Zeitweiser“ veröffentlichte im Jahr 2000 einen in Tarnopol vor einer galiziendeutschen Reisegruppe gehaltenen Vortrag „Ternopil in der Zeit des Krieges“. Danach hätten am 4. Juli 1941 „die Hitlerdeutschen den ersten Pogrom“ unter den damals dort lebenden 15.000 Juden durchgeführt und „5.000 von ihnen“ erschossen.[R 1]
Der Verfasser und die Zuhörer konnten damals nicht erkennen, daß diese Aussage aus sowjetischer Quelle stammt und hinsichtlich der Täter und der Opferzahl falsch ist. Nach Besetzung des mit dem Hitler-Stalin-Pakt der Sowjetunion zugefallenen Teils von Polen im September 1939 wurden etwa 60.000 Galiziendeutsche aus Ostgalizien großenteils in das damals Warthegau genannte, wieder an das Deutsche Reich angeschlossene Gebiet der Provinz Posen umgesiedelt. Anders als die Wolgadeutschen entgingen diese Aussiedler dadurch der Sowjetisierung und den sowjetischen Massenverbrechen, die alle Bevölkerungsgruppen betrafen. Im Raum Tarnopol wurden von 1939 bis 1941 etliche Tausend Einwohner, Ukrainer, Polen und Juden, verhaftet und ab Februar 1940 in vier Wellen ins Innere der Sowjetunion deportiert. Die Verfolgung erreichte wenige Tage nach Beginn des deutsch-sowjetischen Krieges Ende Juni 1941 einen grausigen Höhepunkt,als der NKWD noch einmal über 1.000 Personen aus Tarnopol forttrieb,[R 2] 574 politische Häftlinge, meist Ukrainer,[R 3] sowie zehn deutsche Kriegsgefangene[R 4] ermordete und die Leichen im NKWD-Gefängnis zurückließ. Kriminelle Häftlinge waren vom NKWD freigelassen worden. Waffen waren greifbar, es kam zu Plünderungen und Gewalttaten, auch Tötungsdelikten in noch nicht bekanntem Ausmaß.
Unmittelbar nach dem Abzug der Roten Armee, noch vor Einnahme der Stadt durch deutsche Truppen am 2. Juli 1941, entdeckten die vom sowjetischen Terror besonders betroffenen Ukrainer die Opfer des NKWD-Massakers. Angehörige der ermordeten Bürger, im Ort gebildete ukrainische Milizen und vom deutschen Heer nicht kontrollierte ukrainische „Marschgruppen“ rächten sich an ortsbekannten Helfern des Sowjetsystems, seien es Russen, Polen, Ukrainer und Juden gewesen. Der Kollektivrache fielen sicher auch unschuldige jüdische Zivilisten zum Opfer, weil die Bevölkerung der Meinung war, daß Juden die Hauptrolle im sowjetischen Unterdrückungsapparat gespielt hätten.[R 5]
Ein am 4. Juli 1941 eingesetzter deutscher Stadtkommandant beendete die Ausschreitungen der Bevölkerung,[R 6] denen zwischen 50 und 500 Menschen zum Opfer gefallen sein können. Es gibt keine Namenslisten, anders als bei den 574 NKWD-Opfern vom Juni 1941. Die im Zeitweiser 2000 wiedergegebene Zahl von 5.000 Opfern ist eindeutig eine Fälschung der sowjetischen Propaganda.
Gleich nach Rückeroberung der Stadt durch die Rote Armee im Sommer 1944 wurde die vom NKWD gesteuerte sowjetische „Außerordentliche Staatliche Kommission zur Ermittlung und Untersuchung der von den deutsch-faschistischen Invasoren begangenen Verbrechen“ (ASK) auch in Tarnopol tätig. Sie legte fest, daß von „Deutschen mit Hilfe örtlicher ukrainischer Nationalisten“ „in den ersten Tagen der Nazi-Besetzung der Stadt Tarnopol etwa 5.000 friedliche Sowjetbürger, unter ihnen Frauen, Kinder und ältere Leute, ermordet“ wurden.[R 7]
Diese Zahl entstand dadurch, daß die ASK die ihr genau bekannte Zahl der NKWD-Opfer von 1939 bis 1941 im Raum Tarnopol als Basis nutzte und für die Opferzahl der Deutschen einfach „etwa 5.000“ ansetzte. Der ASK-Bericht blieb in der Sowjetunion bis Anfang der 90er Jahre unter Verschluß. Die um das Zehnfache oder mehr überhöhte Zahl der Rachemordopfer in Tarnopol wurde ohne Angabe der Quelle nach 1945 auch außerhalb der Sowjetunion in Memoiren und in Zeugenaussagen vor Gerichten verbreitet und akzeptiert. So ging sie ungeprüft weltweit in Fachliteratur und Nachschlagewerke ein. Die Fälschung wird auch heute noch kritiklos in Büchern bekannter Autoren verbreitet, obwohl schon 2002 geklärt wurde, daß die falsche und überhaupt nicht plausible Zahl von der ASK 1944 in die Welt gesetzt wurde.[R 8]
Dabei wurde der Mechanismus dieser Geschichtsfälschung schon 1990 durch ein in der weitverbreiteten Moskauer Gewerkschaftszeitung „Trud“ veröffentlichtes Interview mit einem jungen russischen Archivar aufgedeckt: Die ASK hatte „eine geheime Aufgabe“, Massengräber des NKWD „auf Rechnung der Deutschen umzuschreiben.“[R 9]
Erst kürzlich hat eine russische Historikerin diese umfassend benutzte und erfolgreiche Methode der sowjetischen Geschichtsfälschung gründlich untersucht und als „Katyn-Modell“ bezeichnet.[R 10]
Die „bewußte und vorsätzliche Fälschung“ hat in dem schließlich 1990 auch offiziell aufgeklärten „Fall Katyn“, Ermordung der polnischen Elite durch den NKWD im Frühjahr 1940, nicht funktioniert. In vielen anderen Fällen gelang es den Sowjets jedoch, ihre Verbrechen den Deutschen unterzuschieben. Tarnopol 1941 ist nur ein Fall von vielen, in dem die Leichen in Massengräbern Stalins zu Opfern der Deutschen erklärt wurden. Auch hier ist die sowjetische Version der Ereignisse falsch, sie sollte nicht mehr verbreitet werden.
Es bleibt für Historiker, und nicht nur für die ukrainischen, die Aufgabe, die tatsächliche Opferzahl genauer zu ermitteln sowie Opfer und Täter zu identifizieren, sich so der Wahrheit anzunähern und diese zu verbreiten.
Erschienen am 15. Dezember 2008 im
Zeitweiser der Galiziendeutschen 2009, Seiten 293-295
Redaktion: Erich Müller
Herausgeber: Hilfskomitee der Galiziendeutschen A. u. H. B. im Diakonischen Werk der EKD e.V., Saumweg 19, 70192 Stuttgart
- Quellenreferenzen
- ↑ Bohdan Hinka: Ternopil in der Zeit des Krieges, Zeitweiser der Galiziendeutschen 2000, Stuttgart 2000, 204–207
- ↑ Krysztof Popinski/Aleksandr Kokurin/Aleksandr Gurjanow: Drogi Smierci - Ewakuacja wiezien sowieckich z Kresow Wschodnich II Rzeczypospolitej w czerwcu i lipcu 1941. Warszawa 1995, S. 84, 97, 102.
- ↑ Oleh Romaniv, Inna Fedushchak: Western Ukrainian Tragedy 1941. Shevchenko Scientific Society/Ukrainian Free University Foundation in USA, Library of Ukrainian Studies, No. 18, Lviv – New York, 2002
- ↑ Bundesarchiv-Militärarchiv (BA-MA) Freiburg, RW 2/149, Blatt 270.
- ↑ Osyp Zaloba: U pochodi na schid [Going into Ukraine]. In: Na zov Kieva [On the Call of Kiew]. Ukrains'kyj nacionalizm u II Svitovij vijni [Ukrainian Nationalism during the Second World War]. Toronto 1985, S. 248–263
- ↑ Carl Hans Hermann: Einbruch in die Stalin-Linie. Mitteilungsblatt der Kameradschaft 9. PD, Wien, Folge 34, Juni 1965, S. 5.
- ↑ Städtische Kommission Tarnopol der ASK: Urkunde vom 31.7.1944, Staatsarchiv der Russischen Föderation, Moskau (GARF) 7021-75-105
- ↑ Dieter Schmidt-Neuhaus: Der Fall Tarnopol Juli 1941. In: Franz W. Seidler/Alfred M. de Zayas (Hrsg.), Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhundert. Mittler, Hamburg, 2002, S. 167–169
- ↑ O. Gorelow und A. Iwanizkij: 250 Tausend Namen (Interview mit Dmitri Yurasov), Trud, Moskau, 4.3.1990, S. 4
- ↑ Marina Sorokina: People and Procedures. Toward a History of the Investigation of Nazi Crimes in the USSR. Kritika: Explorations in Russian and Eurasian History, Volume 6, Number 4, Fall 2005, 797-831.
Literatur
- Der Große Wendig, Band 3: 576 Das Juden-Massaker 1941 in Tarnopol in der Ukraine • 348