Smidt, Karl

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Kapitän zur See Karl Smidt (1903-1984).jpg

Karl Ernst Smidt (auch: Alfred-Karl; Lebensrune.png 30. August 1903 in Neuenhaus in der Grafschaft Bentheim; Todesrune.png 11. Januar 1984 in Flensburg) war ein deutscher Offizier der Reichsmarine und der Kriegsmarine, zuletzt Kapitän zur See und Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg sowie zuletzt Konteradmiral der Marine der neu gegründeten Bundeswehr und NATO-Befehlshaber der deutschen Flotte (Flottenchef).

Werdegang

„Karl Smidt (in der Marine ‚Karolus‘ genannt) war in den 1960er Jahren der erste und bisher einzige Flottenchef und NATO-Befehlshaber der Nord- und Ostsee, der aus Ostfriesland stammte. Er wurde am 30. August 1903 als Sohn von Pastor Reinhard Petrus Wolbertus Smidt aus Weener geboren, der zuvor vom Konsistorium Aurich von St. Georgiwold nach Neuenhaus nahe der holländischen Grenze versetzt worden war. Die beiden Großväter waren der 1. Pastor und der 2. Pastor von Weener. Karl Smidt wuchs in Hameln auf, wo er das Humanistische Gymnasium besuchte, verbrachte aber einen Teil seiner Jugend in Ostfriesland beim Großvater, dem durch seine eindringliche Verkündigung und religiösen Schriften bekannten Superintendenten Reemt Peters Wolbertus Smidt in Weener, und 1917 beim Onkel Lou Feenders in Arnheim in Holland. Als Schüler genoss er eine humanistische Ausbildung, weshalb er neben seinen Muttersprachen Deutsch und Platt (und etwas Holländisch) auch Griechisch, Latein und Grundlagen des Hebräischen beherrschte, außerdem Englisch und Französisch, die er spaeter in der NATO gut einsetzte. Nach dem Abitur und einer Paddelreise durch die ostfriesischen Kanäle und Flüsse meldete er sich bei der Marine und wurde nach Examen 1922 aufgenommen. Seine Ausbildung genoss er in Kiel-Wik und Flensburg. In 1926 wurde er nach Wilhelmshaven versetzt und wurde 1927 Ausbilder auf Wangerooge; Übungen in Ost- und Nordsee; 1929 auf Torpedoboot Luchs in Wilhelmshaven und Rüstersiel. […] In 1931 Versetzung nach Kiel als Lehrer. 1933/35 Weltreisen mit Kreuzer Karlsruhe, Beförderung zum Kapitänleutnant. 1935 Eintritt in die Bekennende Kirche bei Pastor Steen in Holthusen Kreis Weener […]; Mitgliedschaft in Holthusen bis 1945. 1936 Entsendung an die spanische Küste als Kommandant des Torpedoboots Jaguar, bis 1937; 1938 wieder Rückversetzung nach Wilhelmshaven, nun Kommandeur der Ausbildungsabteilung; 1938 Kommandant des Zerstörers Erich Giese, Beteiligung am 2. Weltkrieg, am 13. April 1940 Untergang der Giese vor Narvik; 1940-41 Admiralsstabsoffizier in Paris, dann Kommandant des Z 27, u. a. Norwegen, bis 1942; dann erneut Versetzung nach Wilhelmshaven, nun Personalchef des Marinekommandos Nord bis 1945, 1943 Ritterkreuz […] Kapitän z. S., 1944 Verlegung nach Varel. Nach der Auflösung seiner Dienststelle 1945 Einstellung als Administrator der German Minesweeping Administration in Buxtehude. 1946 Rückkehr nach Varel, Beginn als freier Unternehmer, Versuch, die Ziegelei des Landwirts Oeltjen in Jeringhave zu betreiben; Torfstechen in Ostfriesland; Übernahmeder Vertretung Ostfriesland für pharmazeutische Artikel. 1947 Umzug in das Rheinland wegen seiner Einstellung als Werftleiter in St. Goar am Rhein im Auftrag der französischen Besatzungsbehörden, innerhalb der Section de navigation du Rhin in Mainz; später Versetzung in das Verkehrsministerium. 1956 Eintritt in die neugegründete Bundesmarine, 1957 im Führungsstab Marine im Verteidigungsministerium Bonn, 6. März 1959 Flottillenadmiral. (mehrere Auslandsreisen, u. a. Juli 58 zu NATO-Stellen Paris und Fontainebleau, Jan. 60 Besuch der schwed. Marine, Nov. 60 Holland-Reise mit Verteidigungsminister Strauß, 17./19.1.61 Vorträge bei den NATO-Stäben in Paris und Fontainebleau, Feb. 61 Kolsas / Norwegen). 10.10.60 Umzug von Rendsburg nach Bad Godesberg als Stellvertretender Inspekteur der Marine; 28.4.61 Umzug nach Rendsburg.; 31.10.61 Ernennung zum Konteradmiral in Bonn durch Strauß. Al seiner der höchsten Repräsentanten der Marine hat er in dieser Zeit besonders viele internationale Kontakte (u. a. Besuch durch den amerikanischen Verteidigungsminister McNamara Aug. 63, Teilnahme am Empfang de Gaulles in Schloß Brühl Sept. 62), mit ausländischen Zeitungen etc., außerdem zahlreiche offizielle Reisen ins Ausland (u. a. Okt. 61 Naval Base in Portland / England, Jan. 62 Marine Nationalel'Escadre, Toulon, Feb. 62 Karup, Jütland / Dänemark, Mai Frederikshavn / Dänemark zum Manöver und Paris zur NATO-Tagung ‚Shapex‘, Juni 63 erneut Teilnahme in Paris, Sept. 63 NATO Naval Station in Keflavik / Island); Mit-Organisation mehrerer deutscher und NATO-Manöver (NATO-Herbstmanöver 61 mit den Dänen, Mai 62 kurzes dt.-französisches Manöver in der Nordsee nach einem frz. Flottenbesuch, nationales Herbstmanöver 62 ‚Doorkeeper‘ unter seiner Leitung, mit der Folge, dass in der DDR heftig protestiert wird gegen die Vorbereitung einer ‚Offensive‘, Sept. 1963 NATO-Herbstmanöver ‚Keystone‘ mit den Dänen) undim Juni 1962 Initiierung des ‚Tages der offenen Tür‘ an allen Häfen mit der Möglichkeit für die Bevölkerung, die Schiffe zu besuchen (mit seinem Flaggschiff Augsburg besucht er Rendsburg); Indienststellung von Schiffen (z. B. der Fregatte Emden 1961, Fregatte Lübeck Juli 1963; vom 7. - 8.12.61 leitet er die Historisch-Taktische Tagung ‚sachlich, klug und mit prächtigem Humor‘ (vgl. Tagungsband von 1962, S. 9; auch die Tagung im Dez. 63 bereitete er noch vor). Er war besonders interessiert an der Förderung selbständigen Denkens und Eigenverantwortung in den ihm untergeordneten Dienststellender Marine und war als besonnener Taktiker bekannt. Er ließ sich nicht aus der Ruhe bringen und verstand es meisterlich, verzwickte Lagendurch ein humorgewürztes Wort zu klären. Verleihung des Großen Bundesverdienstkreuzes durch den Verteidigungsminister. 1.4.64-75 Bundesbeauftragter bei den Seeämtern Flensburg und Lübeck. Durch die Zusammenlegung des Kommandos von Ost- und Nordsee im September 1961 wurde seine Dienststelle NATO-Hauptquartier, und er selbst NATO-Befehlshaber für die Nord- und Ostsee, von Ostfriesland bis zur DDR-Grenze (‚Flag Officer Germany‘). Als Flottenchef war er u. a. verantwortlich fürzahlreiche ausländische Missionen, militärische Tagungen. Er wurde im September 1963 am Ende eines NATO-Manövers mit dem Großen Zapfenstreich mit einer Parade von 104 Schiffen verabschiedet. Zunächst wurde Admiral Smidt als Bundesbeauftragter bei den Seeämtern Flensburg und Lübeck Ehrenbeamter und legte dieses Amt 1975 nieder. In Rendsburg war er Vorsitzender der Ortsgruppe der Gesellschaft für Wehrkunde, für die er Vortragsveranstaltungen organisierte, und trat in die CDU ein; als Soldat hatte er sich bisher von politischer Betätigung ferngehalten. Er organisierte Kameradentreffen in Wilhelmshafen und Bremerhaven, und nahm teil an viele Treffen mit britischen Marineoffizieren u. a. ehemaligen Kriegsgegnern, mit denen er freundschaftliche Beziehungen unterhielt. Der Verfasser traf ihn mehrmals und war von seiner Persönlichkeit, Wissen und Aufrichtigkeit stark beeindruckt. Smidt gabt ihm ein Interview über die Versenkung der Giese in Narvik für das Buch Die Wehrmacht/Untersuchungsstelle und für die WDR Dokumentarfilme über die Wehrmacht Untersuchungsstelle, die im März 1983 in der ARD ausgestrahlt wurden. Auf die Identität seiner Familie als ‚Butenfriesen‘ legte er Wert. Er führte u. a. die friesische Namenstradition fort und beschäftigte sich mit Dialekt und ostfriesischer Geschichte und Genealogie. Er organisierte Familientage in Ostfriesland (Leer, Weener). Aus dem Nachlass seines Vaters gab er dessen anti-nationalsozialistischen Gedichte heraus und führte die von ihm begonnenen Familienchroniken fort. […] Er war oft in Ostfriesland tätig und kehrte in der Notzeit nach dem Krieg dorthin zurück; zu seinen Lieblingsbeschäftigungen gehörte die Gartenpflege, seine Obst-Blumenzucht genoß noch über den Familienrahmenhinaus einen besonderen Ruf. Seine Beschäftigung mit Ostfrieslandendete nie.“[1]

Chronologie

  • 31.3.1922 Eintritt in die Reichsmarine
  • 1926 nach Wilhelmshaven versetzt
  • 1927 Ausbilder auf Wangerooge
    • Übungen in Ost- und Nordsee
  • 1929 auf Torpedoboot „Luchs“ in Wilhelmshaven und Rüstersiel
  • 1931 Versetzung nach Kiel als Lehrer
  • 4.3.1939 bis 13.4.1940 Kommandant Z 12 „Erich Giese“
  • 9.8.1940 bis 4.2.1941 Zweiter Admiralstabsoffizier (2. Asto) beim Marinegruppenkommando West
  • 26.2.1941 bis 8.8.1942 Kommandant Z 27
  • 9.8.1942 bis 8.5.1945 Chef der Offizierspersonalabteilung Marinestation der Nordsee bzw. MOK Nordsee
  • Juni 1945 bis 31.3.1946 Chef Minenräumdienstkommando Westdeutschland
  • 1947 Werftchef in Sankt Goar am Rhein bei den französischen Besatzungsbehörden
  • 1952 Beamter im Verkehrsministerium von Rheinland-Pfalz
  • 1.2.1956 bis 30.9.1963 Bundesmarine
    • 31. Oktober 1961 durch den Verteidigungsminister Franz Josef Strauß zum Konteradmiral befördert
    • Seine Tätigkeit umfaßte zahlreiche offizielle Reisen ins Ausland, Indienststellung von Schiffen, Mit-Organisation von Tagungen und mehrerer deutscher und NATO-Manöver (NATO-Herbstmanöver 1961 mit den Dänen, Mai 1962 deutsch-französisches Manöver in der Nordsee, nationales Herbstmanöver 1962 „Doorkeeper“, mit der Folge, daß in der DDR heftig gegen die „Vorbereitung einer Offensive“ protestiert wurde, September 1963 NATO-Herbstmanöver „Keystone“ mit den Dänen.
    • Juni 1962 Initiation des „Tags der Flotte“ an allen Häfen mit der Möglichkeit für das Volk, die Schiffe zu besuchen.
  • 30. September 1963 pensioniert, der Abschied erfolgte durch den Großen Zapfenstreich mit einer Parade von 104 Schiffen in der Kieler Bucht
  • 1.4.1964 bis 31.1.1973 als Ehrenbeamter Bundesbeauftragter bei den Seeämtern Flensburg und Lübeck
  • 1965–1970 Vorsitzender der Gesellschaft für Wehrkunde (GfW), Ortsgruppe Rendsburg, und Mitglied mehrerer weiterer Gesellschaften
  • 1970 Mitglied der CDU

Tod

Konteradmiral a. D. Smidt verstarb am 11. Januar 1984 während der Teilnahme an der Historisch-Taktischen Tagung in Flensburg, am Tag bevor er als Tagungsältester eine Rede halten sollte.

Familie

Oberleutnant zur See Smidt heiratete 1930 seine Verlobte Ruth Kühl (Lebensrune.png 1910) aus Rendsburg, Tochter eines Fregattenkapitäns. Aus der Ehe sind drei Kinder entsprossen. Die älteste Tochter Antje, Dolmetscherin, war verheiratet mit Kapitän z. S. Peter Lawrence, ehemaliger Standortkommandant von Hamburg. Der Sohn Wolbert Klaus Smidt (1936–2016; benannt nach dem reiderländer Dichter Wolbert W. Smidt) war BND-Direktor und Botschaftsrat I. Klasse in Paris. Die jüngste Tochter Hilke war Pressereferentin und Publizistin.

Beförderungen

Auszeichnungen (Auszug)

Schriften (Auswahl)

  • Seestrategische Lage der Bundesrepublik, Probleme des Aufbaus der Marine, Vortrag in der Führungsakademie der Bundeswehr, Blankenese, Oktober 1959
  • Das Verteidigungssystem der Nato, Vortrag vor den Kommandeuren der Marine in Bonn, 5. November 1959
  • Aufgaben der Marine in der Nato, Vortrag, München, 2. Februar 1961
  • Geleitwort des Befehlshabers der Flotte, in: „Das deutsche Bild der russischen und sowjetischen Marine“, Vorträge der V. Historisch-Taktischen Tagung der Flotte am 6.-7. Dezember 1961 in Frankfurt/M.: Verlag E.S. Mittler & Sohn 1962 (Beiheft 7/8 der Marine Rundschau, Zeitschrift für Seewesen, September 1962), S. 7
  • Einiges aus meinem Leben, in: „Schule und Haus“ (Schülerzeitschrift des Gymnasiums Hameln), Dezember 1963, S. 4-6
  • Die Seeämter, in: „Truppenpraxis“ [Monatszeitschrift] 6, 1971, S. 469
  • Karl Smidt und Hilke Stamatiadis–Smidt (Hrsg.): Gereimtes und Ungereimtes aus böser Zeit 1933-1945, von Reinhard P. W. Smidt, Heidelberg 1981.

Fußnoten

  1. Alfred de Zayas: SMIDT, Karl Ernst
  2. 2,00 2,01 2,02 2,03 2,04 2,05 2,06 2,07 2,08 2,09 2,10 Manfred Dörr: Die Ritterkreuzträger der Überwasserstreitkräfte der Kriegsmarine, Band 2: L-Z, Biblio Verlag, Osnabrück 1996, ISBN 3-7648-2498-0, S. 261–262