Riedel, Klaus
Klaus Erhard Riedel (auch: Klaus Erhardt; 2. August 1907 in Wilhelmshaven; 4. August 1944) war ein deutscher Raketenkonstrukteur und Mitbegründer des weltweit ersten Raketenflugplatzes in Berlin-Tegel. Fachhistorisch wird Klaus Riedel als „Riedel II“ geführt, „Riedel I“ ist Walter Julius Hermann Riedel (1902–1968), „Riedel III“ dagegen Walther Johannes Riedel (1903–1974).
Inhaltsverzeichnis
Leben
Vater Albert Riedel ( 1921) war Offizier der Kaiserlichen Marine. Riedel besuchte die Volksschule und das Gymnasium in Wilhelmshaven.
Berlin
1914 nach Kriegsbeginn und Einberufung des Vaters erfolgte der Umzug mit seiner Mutter ( 1919) nach Berlin zu seinem Onkel Karl. Dort besuchte er das Gymnasiums, später dann das Gymnasium in Zehlendorf.
Nach dem Tod des Vaters blieb Klaus bei seinem Onkel, seine Schwester ging zur Großmutter Meta Riedel, geb. Teutscher, nach Bernstadt auf dem Eigen (Sachsen). 1923 legte Riedel das Abitur in Zehlendorf ab, danach absolvierte er eine Lehre im Maschinenbau bei Loewe & Cie, Berlin, in Abendkursen an der TH bildete er sich zum Feinmechaniker fort und wurde schließlich Ingenieur bei den Heylandt-Werken in Berlin-Britz.
Raketenleute
Riedel stieß 1929 während eines Vortrages von Dipl.-Ing. Rudolf Nebel über die technischen Hintergründe bei der Produktion des UfA-Films von Fritz Lang „Die Frau im Mond“ zur Gruppe der „Raketenleute“ um Professor Hermann Oberth.
Minimum-Rakete
- „Dipl.-Ing. Klaus Riedel (Riedel II) stieß 1929 während eines Vortrages von Dipl.-Ing. Rudolf Nebel[2] über die technischen Hintergründe bei der Produktion des UfA-Films von Fritz Lang ‚Frau im Mond‘ zur Gruppe der ‚Raketenleute‘ um Professor Hermann Oberth. Während der Premiere des Films am 15.10.1929 sollte eine echte Rakete gestartet werden. Klaus Riedel und Rudolf Nebel, die gute und enge Freunde wurden, erkannten jedoch, daß die ‚UfA-Rakete‘ mit der speziellen Kegeldüse von Hermann Oberth nicht flugfähig war, und sie konstruierten eine verkleinerte Variante, die MIRAK-1 (Minimum-Rakete), deren Tank nur 1 Liter flüssigen Sauerstoff faßte und daher besser zu handhaben war. Riedel setzte als der geniale Praktiker im Hintergrund die Ideen der anderen in versuchsreife Modelle um, Nebel beteiligte sich maßgeblich an der Konstruktion von Neuentwicklungen. Nach ersten Versuchen auf dem Siemensgelände in Berlin suchte die Gruppe für kommende Experimente zur Entwicklung und Erprobung von Flüssigkeitsraketen einen neuen, ruhigeren Ort, den sie in Bernstadt fanden, wo Riedels Großmutter wohnte, die begeistert finanzielle und materielle Unterstützung gewährte. In dem 2500-Seelen-Dorf Bernstadt in der Oberlausitz wurden seit August 1930 auf einer südlichen Anhöhe insgesamt 140 Brennversuche mit der ‚Mirak I‘ zur Testung eines günstigen Gemisches von Flüssigtreibstoff zur Verbesserung der Schubkraft durchgeführt. Der erste Start der Mirak 1 sollte am 07.09.1930 stattfinden, der Start mißlang jedoch, die Rakete explodierte kurz nach der Zündung. Weitere Tests wurden auf einem Versuchsgelände des Reichswehrministeriums in der Nähe der ‚chemisch-technischen Reichsanstalt‘, dem ‚Raketenflugplatz Berlin-Reinickendorf‘, fortgesetzt, der am 27.09.1930 den Raketenpionieren vom ‚Verein für Raumschiffahrt‘ (VfR) überlassen wurde. Durch die Umlaufkühlung des flüssigen Sauerstoffs vor der Verbrennung wurde das Prinzip der Flüssigkeitsrakete konstruktiv gelöst. Am 10.05.1931 erreicht eine Flüssigkeitsrakete 60 Meter Höhe (MIRAK 2, Repulsor 2). Im August 1931 kommt die MIRAK 3 auf eine Gipfelhöhe von 1000m. Bei einer praktischen Vorführung auf dem Artillerieschießplatz in Kummersdorf im Juni 1932 für das Heereswaffenamt erreicht die MIRAK 3 zwar bis 1200m, vom HWA aber als völliger Fehlschlag bewertet werden die zugesagten 1360 Reichsmark nicht bereitgestellt. Mit Wirkung vom 01.10.1932 trat Wernher von Braun in die Dienste des Heereswaffenamtes, Kommandant des Testgeländes in Kummersdorf wurde Walter Dornberger, und als einzige Mitarbeiter vom ‚Raketenflugplatz Berlin-Reinickendorf‘ wurden Ende Oktober 1932 Klaus Riedel und der 1. Weltkriegs-Flieger Kurt Heinisch vom HWA übernommen. Nach dem Prinzip der Dissertation Wernher von Brauns (‚Thermodynamik des Strahlantriebes‘) wurde nun in Kummersdorf der erste Raketenofen entwickelt.“ — Dieter Zinke, 2005
Im August 1930 wurden in Bernstadt a. d. Eigen über 100 Brennversuche mit Flüssigkeitsraketen durchgeführt. Die hauptsächlich von Riedel konstruierte sogenannte Minimumsrakete (Mirak) überzeugte die Reichswehr von der Kriegstauglichkeit der Rakete als Waffe.
Raketenflugplatz
Auf dem ehemaligen Artillerie-Schießplatzgelände Tegel in Berlin-Reinickendorf gründeten Rudolf Nebel und Klaus Riedel am 27. September 1930 den Raketenflugplatz Berlin, wo sie zusammen mit Hermann Oberth, Wernher von Braun und Kurt Heinisch forschten und experimentierten. Dort gelang im Mai 1931 der Start einer ersten Flüssigkeitsrakete und der Test von Flugkörpern bis 1.000 Meter Höhe.
Mitgliedschaften
Riedel war 1932 Gründungsmitglied in der von Albert Einstein und Friedrich Simon Archenhold initiierten Panterra-Gesellschaft. Ebenso im Bund Neues Vaterland - der späteren Deutschen Liga für Menschenrechte - war er bis zur Auflösung Mitglied.
Zweiter Weltkrieg
Klaus Riedel war in Peenemünde zuständig für die Einsatzvorbereitung der V2. Außerdem arbeitete er in der dortigen Heeresversuchsanstalt an der Entwicklung von Triebwerken für eine militärische Interkontinentalrakete, die A9, mit.
Tod
Dipl.-Ing. Klaus Riedel starb bei einem Autounfall im Jahr 1944 auf der Straße zwischen Bannemin und Zinnowitz´.
Nachwirken
Im Jahr 2008 berichteten BRD-Medien über eine Kontroverse um die Benennung einer Mittelschule in Bernstadt a. d. Eigen nach Riedel. In der Stadt steht weiterhin ein Denkmal für ihn, das lokale Museum widmet ihm Teile seiner Ausstellung.
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse mit Schwertern
- Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern am 1. September 1944 (posthum)
- Mondkrater nach Riedel benannt (1970)
- Riedel ist als einer der ersten Raumfahrtpioniere in die „International Space Hall of Fame“ in Alamogordo, New Mexico, VSA aufgenommen worden (1976)[3]
- Das Heimatmuseum in Bernstadt (Sachsen) beherbergt eine Klaus Riedel-Ausstellung