Dornberger, Walter
Walter Robert Dornberger ( 6. September 1895 in Gießen; 27. Juni 1980 in Obersasbach) war ein deutscher Offizier des Kaiserlichen Heeres (zuletzt Leutnant), der Reichswehr (zuletzt Hauptmann) und der Wehrmacht, zuletzt Generalmajor des Heeres. Er war im Heereswaffenamt zuständig für das gesamte deutsche Raketenwaffenprogramm und einer der engsten Mitarbeiter Wernher von Brauns bei der Entwicklung der Vergeltungswaffe V2.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Bei Beginn des Ersten Weltkrieges meldete sich Dornberger als Kriegsfreiwilliger und kurz darauf Fahnenjunker im Fußartillerie-Regiment „General-Feldzeugmeister“ (Brandenburgisches) Nr. 3. Er diente ab dem 3. Juli 1915 als Zugführer, dann als Batterieführer im Fußartillerie-Regiment Nr. 3. Ab dem 27. Juli 1918 war er Bataillons-Adjutant im Fußartillerie-Regiment Nr. 26. Vom 3. Oktober 1918 bis zum 20. März 1920 war er in französischer Kriegsgefangenschaft. Danach wurde er als Artillerieleutnant in die Reichswehr der Weimarer Republik übernommen.
1925 bis 1930 studierte er allgemeinen Maschinenbau an der Technischen Hochschule in Berlin bis zur Diplomprüfung, die er mit Auszeichnung bestand. Ab 1930 arbeitete er dann im Heereswaffenamt Berlin, zunächst als Assistent der Ballistischen und Munitionsabteilung, beauftragt mit der Entwicklung von Pulverraketen (Feststoffraketen) für Heereszwecke, später als Abteilungschef für Raketenentwicklung, dazwischen als Leiter der Versuchsstelle für die Entwicklung von Flüssigkeitsraketen an der Heeresversuchsanstalt Kummersdorf bei Berlin. Wegen der Festlegungen im sogenannten Versailler Vertrag durfte das Deutsche Reich weder große Kanonen entwickeln noch besitzen. Fernraketen waren damals allerdings noch nicht bekannt und wurden im Versailler Diktat demnach auch nicht genannt.
1932 trat der „Verein für Raumschiffahrt“ an das Militär heran mit der Bitte um finanzielle Unterstützung. Trotz einer mißlungenen Flugvorführung bot Dornberger dem Verein Fördermittel an, jedoch unter der Bedingung von Geheimhaltung und militärischer Ausrichtung der Raketenentwicklung. Der Verein lehnte zwar ab, der junge Wernher von Braun nahm das Angebot jedoch an. Am 24. Juli 1935 wurde Dornberger als Major zum Abteilungschef im Heereswaffenamt berufen. 1935 erhielt er die Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule (TH) Charlottenburg für seinen Beitrag zur Kreiselstabilisierung von Raketen.
1936 wurde ihm die verantwortliche Leitung der Raketenentwicklung des Heeres in Peenemünde übertragen, die zur Entwicklung der V2 führte. 1943 wurde er zum Generalmajor ernannt und Kommandeur der Heeresversuchsanstalt Peenemünde. Gemeinsam mit von Braun und Hanna Reitsch überlebte er die Operation Hydra, den ersten Bombenangriff auf Peenemünde. Dornberger war von 1943 bis 1945 auch zuständig für die Ausbildung und die Logistik der V2-Einheiten. Nach der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht stellte sich Walter Dornberger am 12. Mai 1945, gemeinsam mit Wernher von Braun, den VS-amerikanischen Besatzern. Walter Dornberger wurde bis Juli 1947 in England als sogenannter „Kriegsgefangener“ inhaftiert.
Chronologie
- 26.3.1920 Angehöriger Reichswehr-Artillerie-Regiment 10
- 4.12.1920 Angehöriger in der Beobachtungsbatterie des Artillerie-Regiments 6
- 1926–1930 Immatrikulation an der Technischen Hochschule Berlin-Charlottenburg
- 1.4.1931 Mitarbeiter im Heereswaffenamt (WaRw 1)
- 11.8.1934 Staffelchef Transport-Bataillon 4
- 1.11.1934 Batteriechef im Artillerie-Bataillon Königsbrück
- 18.10.1935 Batteriechef im Nebelwerfer-Bataillon 1
- 1.10.1936 Mitarbeiter im Heereswaffenamt (WaPrw 1)
- 24.7.1939 Abteilungschef im Heereswaffenamt (WaPrüf 11)
- 1.9.1943 Artillerie-Kommandeur 191 (Arko 191)
- Der Stab des Artillerie-Kommandeurs 191 wurde durch Befehl des BdE durch den Wehrkreis II beim Heimat-Artillerie-Park 11 bis zum 15. Oktober 1943 vordringlich aufgestellt. Für die Aufstellung standen die Reste des Stabs des Artillerie-Regiments 760 zur Verfügung. Am 3. Dezember 1943 wurde der Stab des Artillerie-Kommandeurs 191 durch den Wehrkreis II zum Stab des Höheren Artillerie-Kommandeurs 191 umgegliedert und unterstand direkt Generaloberst Friedrich Fromm. Eingesetzt wurde der Stab zur Führung von A 4-Verbänden (V2). Im März 1944 übernahm Generalmajor Richard Metz. Am 20. September 1944 wurde der Stab aufgelöst.
- 11.5.1943 Kommandeur Heimat Artillerie-Park 11
- 1.10.1944 Inspekteur der Raketentruppen (in Zusammenarbeit mit SS-Obergruppenführer Hans Jüttner und SS-Gruppenführer Dr.-Ing. Hans Kammler)
- 12.1.1945 Arbeitsstab im Munitionsministerium
- 3.4.1945 Befehl von Hans Kammler an Dr. Dornberger, das gesamte Personal Peenemündes in die Alpenfestung zu evakuieren
- 2.5.1945 Gefangennahme durch Truppen der 44. VS-amerikanischen Infanteriedivision
- mit Wernher von Braun und anderen für einen Monat in Oberjoch bei Hinderlang festgehalten und verhört, danach den Briten übergeben; seine Frau Alice befand sich zu dieser Zeit in Königsdorf bei Köln (Marienhoferweg)
- 9.1.1946 von Camp 1 in das Island Farm Special Camp 11 verlegt
- 9.7.1947 Verlegung nach London (London District Cage), um dann an die Amerikaner übergeben zu werden
- 1947 Übersiedlung nach Dayton (Ohio), Berater der US Air Force
- 1950–1965 Mitarbeiter der Bell Aircraft Corporation in Buffalo / New York
- Projekt Dyna-Soar
- 1954 Erscheinen der Memoiren
- „Peenemünde – Geschichte der V-Waffen“
- 1959 Vizepräsidenten der Bell Aircraft Corporation
- 1965 Ruhestand
Nachkriegszeit
1947 wurde er in die VSA entlassen, wo er zwei Jahre als Lenkflugkörper-Berater der VS-Luftwaffe auf dem Wright-Flugplatz in Ohio tätig war. Insgesamt waren damals etwa 120 verschleppte deutsche Raketenforscher in den VSA tätig. Später wechselte er in die Privatwirtschaft zur Bell-Aircraft Company nach Buffalo und war dort von 1959 bis zu seiner Pensionierung in der Geschäftsleitung tätig. In dieser Zeit war er Berater beim Projekt X20 Dyna-Soar, einem Flugzeug mit Raketenantrieb.
Familie
Walter Dornberger, Sohn von Hermann Dornberger und Hedwig Dornberger, geborene Roltsch, wurde in eine Apothekerfamilie in Gießen geboren, die von 1898 bis 1984 in drei Generationen die Pelikan-Apotheke betrieb. Er hatte zwei Brüder, Max ( 1893) und Wolfgang ( 1898). Dornberger war verheiratet in erster Ehe mit Alice Dornberger, geborene Raeder ( 16. Juli 1913; 1960).
Bildergalerie
Walter Dornberger (mitte) mit Dr. Fritz Todt (rechts) in Peenemünde
Beförderungen
- Offiziers-Stellvertreter: 30. Juni 1915
- Leutnant: 3. Juli 1915 (ohne Patent)
- Patent am 19. Dezember 1915 erhalten mit späterem Rangdienstalter (RDA) vom 1. September 1915
- Oberleutnant: 3. Juli 1925 (RDA 1. April 1925)
- Hauptmann: 1. März 1930
- Major: 1. November 1935 (RDA 1. Oktober 1935)
- Oberstleutnant: 1. Juni 1938 (RDA 1. Oktober 1938)
- Oberst: 1. August 1940
- Generalmajor: 1. Juni 1943
Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse
- Hessische Tapferkeitsmedaille
- Hausorden vom Weißen Falken, Ritter II. Klasse mit Schwertern
- Verwundetenabzeichen (1918) in Schwarz
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung IV. bis I. Klasse
- Dr.-Ing. e. h. der Technischen Hochschule Berlin, 1935
- Kriegsverdienstkreuz (1939) II. und I. Klasse mit Schwertern
- Ritterkreuz des Kriegsverdienstkreuzes mit Schwertern am 29. Oktober 1944 als Beauftragter für besondere Versuche an der HVA nach dem Einsatz der V2 an der Westfront
- Eugen-Sänger-Medaille, 1966
Werke
- V2 – der Schuß ins All. Bechtle, Esslingen 1952 (mit dem Titel: Peenemünde. Die Geschichte der V-Waffen. Durchgesehene und erweiterte Neuausgabe. Ebenda 1981, ISBN 3-7628-0404-4; 17. Auflage. Ullstein, Frankfurt am Main u. a. 2008, ISBN 978-3-548-33119-5)
- V-2 – Hitler's Space Age Missile – The secret weapon that almost changed the course of World War II, Bantam War Book 12660, The Viking Press Inc. 1954, ISBN 0-553-12660-1
- The Rocket-Propelled Commercial Airliner (= Research Report. Nr. 135). University of Minnesota, Minneapolis MN 1956 (Wiederabdruck in: Robert Godwin (Hrsg.): Dyna-Soar. Hypersonic Strategic Weapons System. Apogee Books, Burlington 2003, ISBN 1-896522-95-5, S. 19–37)
- Peenemünde, die Geschichte der V-Waffen, Ullstein-Verlag, ISBN 3-548-33119-x