Studt, Konrad von

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Wirklicher Geheimer Rat und Exzellenz Dr. h. c. mult. Konrad Heinrich Gustav von Studt; er war u. a. Chef der Verwaltung des Dortmund-Ems-Kanals, Kurator des westfälischen Altertumsvereins, Mitglied des Evangelischen Kirchlichen Hilfsvereins für Westfalen, Kurator der Akademie Münster und seit 1907 erzkonservatives Mitglied des Preußischen Herrenhauses.

Konrad Heinrich Gustav Studt, seit 1906 von Studt (Lebensrune.png 5. Oktober 1838 in Schweidnitz, Niederschlesien; Todesrune.png 29. Oktober 1921 in Berlin) war ein deutscher Jurist, Reserveoffizier der Preußischen Armee, Ministerialbeamter im Königreich Preußen, Politiker, Staatsminister und Oberpräsident von Westfalen, zuletzt preußischer Kultusminister. Als solcher mußte er sich den ständigen Angriffen der „Liberalen“ aussetzen, da er auf eine geistliche Schulaufsicht bestand. Er zeigte sich aber auch „modern“, als er sich für das Studium für Frauen einsetzte. Nicht nur „das Gefühl“, nein, vielmehr „auch der Verstand“ soll fortan bei Frauen befördert werden, kündigt der preußische Kultusminister Konrad von Studt am 15. März 1907 an. Ab Oktober 1908 konnten dann junge deutsche Frauen, nach Besuch der zehnklassigen „Höheren Töchter- oder Mädchenschule“ und dem anschließenden Besuch einer Studienanstalt, die unmittelbar auf ein Universitätsstudium vorbereitete, sich dann immatrikulieren.

Leben

Konrad Studt, Corps Borussia Breslau, 1857
Miniatur des Reiterstandbildes Kaiser Wilhelm I. zu Münster in Westfalen aus Silber für Konrad Studt; Das Denkmal wurde auf Initiative des damaligen Oberpräsidenten der Provinz Westfalen Studt im Jahre 1897 (nach den Plänen des Bildhauers Friedrich Reusch) vor dem Schloß zu Münster aufgestellt). Um Studt 1899 gebührend aus dem Amt zu verabschieden, bildete sich eine Kommission unter Leitung des Freiherrn Ignatz von Landsberg auf Schloß Drensteinfurt, die bei der Altenaer Silberwarenfabrik Arnold Künne ein Ehrengeschenk in Silber in der Form eines verkleinerten Kaiserdenkmals in Auftrag gab. Freiherr von Landsberg bedankte sich in einem Schreiben vom 19. November 1900 an Arnold Künne in Altena für die Übersendung von zwei Lichtbilder des Ehrengeschenks und bringt in diesem Schreiben zum Ausdruck, „[…] wie sehr die wohlgelungene Ausführung des Reiter-Denkmals Kaiser Wilhelm des Großen sowohl bei den Mitgliedern der Commission als auch insbesondere bei Sr. Exzellenz Herrn Minister Studt Anerkennung gefunden hat“.
Kaiser Wilhelm II. bei der Enthüllung eines Denkmals für Richard Wagner im Berliner Tiergarten am 1. Oktober 1903, rechts hinter dem Kaiser der preußische Kultusminister Konrad Studt. Das Gemälde stammt von Anton von Werner (1908).
Konrad Studt als preußischer Kultusminister; er war unter anderen Ehrenmitglied des „Vereins für die Geschichte Berlins“.

„Dem armen Konrad von Studt1 zum Abschied“ (Kladderadatsch):

Stoßt an, Konrad soll leben! Hurra hoch!
Er herrschte von Königsberg mächtig bis Bonn,
Zuerst als Bürger, doch dann als Herr von,
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, freies Wort lebe! Hurra hoch!
Das freie Wort liebt er platonisch gar sehr,
Doch sein Manuskript, das liebte er mehr.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Schulkritik lebe! Hurra hoch!
Wie hat er die kritischen Lehrer geschätzt!
Er hat sie von Köln nach Palmnicken versetzt.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Schulaufsicht lebe! Hurra hoch!
Die geistlichen Aufseher hat er geliebt,
Weil ihr Urteil durch keine Sachkunde getrübt.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Mäßigkeit lebe! Hurra hoch!
Er bremste und gab die Gehälter nur halb,
Dass die Lehrer nicht tanzen ums goldene Kalb.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Lehrfreiheit lebe! Hurra hoch!
Wär er länger geblieben Minister im Land,
Hätt er zu Chirurgen nur Pfarrer ernannt.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Feuer soll leben! Hurra hoch!
Er schützte die Feuerbestattung gewandt.
Wie gern hätt er ketzernde Pfarrer verbrannt!
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Stadtschule lebe! Hurra hoch!
Er schrieb ihnen vor gar väterlich nett,
Wer das Turnhaus benutzen dar und das Klosett.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Ordenspracht lebe! Hurra hoch!
Er liebte die Orden mit inniger Lust,
Sowohl die im Kloster wie die auf der Brust.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Freigeist soll leben! Hurra hoch!
Sobald am Dinertisch der Sektbecher kreist,
Da nannt er sich stolz den Minister vom Geist.
Konrad ade, Konrad a. D.

Stoßt an, Konrad soll leben! Hurra hoch!
Jetzt winkt dir die Ruhe, o welcher Genuss!
Nun geh in ein Kloster, Ophelius!
Konrad ade, Konrad a. D.[1]

Kurzchronologie

Studt III.png
  • 26.3.1856 mit siebzehneinhalb Jahren Zeugnis der Reife am Gymnasium Schweidnitz
    • Eine mathematische Arbeit (Zirkel) und ein lateinisches Skriptum (Seiffert) waren „nicht befriedigend‟ genannt worden. Dahingegen waren aber auch wieder recht viele Leistungen „gut‟ gewesen. Am 26. Februar 1856 sollte die mündliche Prüfung stattfinden, da erkrankte der Direktor, der Termin mußte verschoben werden. Man legte ihn fast an den Schluß der Freizeit (Osterferien), auf den 26. März 1856. Alle sieben hatten bestanden. Sechs davon waren Auswärtige; nur einer stammte aus Schweidnitz: Konrad Studt.
  • 1856 bis 1858 Studium als Korporierter: Corps Borussia Breslau (1856) und Saxonia Bonn (1857)
    • Universität Breslau, 2 Semester Rechts- und Staatswissenschaften
    • Universität Bonn, 2 Semester Rechts- und Staatswissenschaften
    • Universität Breslau, 2 Semester Rechts- und Staatswissenschaften
  • 1858 Prüfung zum Auskultator beim Appellationsgericht Breslau bestanden
  • Mai 1861 Prüfung zum Gerichts-Referendar bestanden
  • 19.7.1865 Prüfung zum Gerichts-Assessor „gut“
  • 1.4.1859 Einjährig-Freiwilliger im Grenadier-Regiment „König Friedrich III.“ (2. Schlesisches) Nr. 11
  • 18.6.1859 Ernennung zum Auskultator (Appellationsgericht Breslau)
  • 10.7.1861 Ernennung zum Gerichts-Referendar (Appellationsgericht Breslau)
  • 30.11.1865 Ernennung zum Gerichts-Assessor (Stadtgericht Breslau)
  • 10.5.1867 Justitiar bei der Regierung Breslau
  • 29.9.1867 mit der kommunalen Verwaltung des Landratsamtes Kreis Obornik beauftragt
  • 29.7.1868 definitive Ernennung zum Landrat (Kreis Obornik)
    • Als er 1876 nach neun Jahren ausschied, schenkten ihm die dankbaren Bewohner seines Kreises einen silbernen Tafelaufsatz.
  • 21.1.1876 Hilfsarbeiter im Innenministerium
  • 12.1.1880 Patent als Geheimer Regierungsrat
  • 15.3.1880 Bestallung zum Vortragenden Rat beim deutschen Kaiser
  • 5.4.1882 Ernennung zum Präsidenten der Regierung Königsberg
  • 11.6.1884 Ernennung zum Mitglied des Staatsrates
  • 1.4.1887 Ernennung zum Unterstaatssekretär der Abteilung des Innern im Ministerium für das Reichsland Elsaß-Lothringen in Straßburg
  • 29.5.1889 Ernennung zum Oberpräsidenten der Provinz Westfalen
  • 2.4.1899 Ernennung zum preußischen Kultusminister
  • 2.9.1899 Ernennung zum Staatsminister
  • 24.6.1907 Entlassung aus dem Staatsdienst auf Gesuch[2]
    • bei der Entlassung wurde er lebenslängliches Mitglied des Herrenhauses.

Werdegang

Als Ältester hatte er dem Vater immer besonders nahegestanden. Von ihm, der einst als Student in Breslau ein berühmter Fechter, Schwimmer und Turner gewesen war, hatte sein Stammhalter die Freude an körperlichen Übungen geerbt, von ihm aber auch die Liebe zur Natur. Ist doch die einzige Erinnerung aus frühester Kindheit, die die „Vita‟ des Abiturienten zu melden weiß, die, daß ein schöner geräumiger Garten beim Hause sich befand, in dem er und seine Geschwister sich nach Herzenslust tummeln durften. Ein vom Vater erworbenes Landgut bot einen herrlichen Ferienaufenthalt, und als vor einigen Jahren Kränklichkeit ihn zur Aufgabe seiner Berufstätigkeit zwang, da war die Familie aus der bedrückenden Enge der Festung hinausgezogen nach dem jetzigen Hause Bahnhofstraße 12. Von einer Reise nach Italien im Jahre 1845 hatte der alte Studt manche naturgeschichtlichen Merkwürdigkeiten mitgebracht; das spornte den Sohn zur Anlegung planmäßiger Sammlungen an, die er auch wissenschaftlich zu ordnen beflissen war. Dieses Interesse hat ihn bis ins hohe Alter nicht verlassen. Es kam ihm zustatten, als 1854 das Gymnasium von der alten Stätte seines Wirkens, dem jetzigen Lutherheim, auf die Köppenstraße verlegt wurde; da war Studt den Lehrern ein sachkundiger Gehilfe, der die Umräumung der Sammlungen mit drei anderen Sekundanern und ebensoviel Primanern besorgte. Als Primaner hat er dann selbst Reisen machen dürfen, so ins Riesengebirge und in die sächsische Schweiz; natürlich versäumte er bei letzterer Gelegenheit auch nicht, die einzigartigen Kunstschätze Dresdens gebührend zu bewundern. […] Als Rechtsanwalt hatte Studts Vater vielfach Wagenfahrten zu den vor 1848 bestehenden gutsherrlichen Patrimonialgerichten zu machen. Dabei pflegte er Konrad mitzunehmen und kürzte die Langeweile der Fahrt, um ihm den ersten Unterricht zu erteilen. Lesestunden und Religionsunterricht förderten den Knaben so, daß er nach kurzer Vorbereitung Michaelis 1846 in die 3. Klasse der ev. Volksschule eintreten konnte, die er dann durchmachte. Wiederum durch Privatunterricht gefördert, erlangte er Pfingsten 1848 die Aufnahme nach Quinta des Gymnasiums, dessen Klassen er dann regelrecht absolvierte. Mit besonderer Liebe hing er, wie alle seine Mitschüler, an dem Prorektor Brückner, dessen Tod am 21. Januar 1853 ihm überaus tief zu Herzen ging. Sekunda und Prima setzten dem verehrten Lehrer im Herbst des Jahres ein Grabdenkmal. In der obersten Klasse genoß Studt den besonders anregenden und sorgfältigen Unterricht des Direktors Held, der ein Menschenalter hindurch die Anstalt geleitet hat. Von 31 Wochenstunden gab er allein 17. Im Griechischen unterrichtete Guttmann, der ein Jahr später als Direktor nach Brieg kam. Mathematik lehrte Türkheim, der verdienstvolle Gründer unseres Gewerbevereins, der übrigens ganz kurz nach der Reifeprüfung Studts, am 7. April, auf dem Schulwege plötzlich durch einen Schlaganfall seinen Tod fand. Geschichte und Erdkunde vertrat Konrektor Dr. Schmidt, ein Verwandter Studts. Sprachen fielen Studt besonders leicht. Vom Latein bezeugt das Held bei seiner Beurteilung der Prüfungsarbeiten; im Griechischen und Französischem fühlte es Studt selbst, in letzterer Sprache umsomehr, als seine Eltern sich ihrer im täglichen Gespräch gewöhnlich bedienten.
Nun war das Ziel erreicht! Es ging zur Universität! Konrad wählte die Wissenschaft seines hochverehrten Vaters, die Rechtskunde. In Breslau trat er, durch den großen heimischen Verwandtenkreis an Geselligkeit gewöhnt, in das Korps Borussia ein. Auch als er Ostern 1857 nach Bonn ging, wurde er Mitglied der Saxonia dort. In ihr, wie nach seiner Rückkehr nach Breslau in der heimischen Verbindung, hat er Chargiertenposten bekleidet. Das hinderte aber ein rechtzeitiges Erledigen der ersten der drei damaligen Staatsprüfungen nicht; aber noch ehe der frischbackene Auskulator den Staatsdienst antrat, begann er die Ableistung des Militärjahres. Am 1. April 1859 wurde er Einjährigfreiwilliger der 5. Kompanie 11. Grenadier-Regiments. In eben der Kompanie hatte einst 1824 sein Vater als Flügelmann gestanden. Die weitherzige damalige Dienstauffassung machte es Studt möglich, am 8. Juni desselben Jahres beim Schweidnitzer Kreisgericht in den Staatsdienst einzutreten. Als der spätere Kaiser Friedrich in dieser Zeit das Regiment zu besichtigen kam, bezog Konrad nebst seinem gleichfalls bei der Kompanie dienenden Bruder den Ehrendoppelposten beim Empfang des hohen Herrn. Im Mai 1861 wurde Studt Referendar, blieb aber noch bis November hierorts, um dann an das Stadtgericht und Appellationsgericht in Breslau versetzt zu werden. Als 1863 der polnische Aufstand uns zum Besetzen der russischen Grenze zwang, kommandierte man ihn zum 50. Infanterie-Regiment als Landwehrleutnant. Diese Einziehung kostete ihm ein Jahr; denn es schloß sich der Krieg um Schleswig-Holstein daran, der ihn nach Jütland führte. Trotzdem bestand er schon im Frühjahr 1865 die dritte und letzte, die Assessorprüfung mit „gut‟ und wurde auf den 15. Januar des Jahres vorpatentiert. Beim Breslauer Stadtgericht, dessen Zivilprozeßabteilung er überwiesen wurde, sollte er nicht lange verbleiben; der Krieg gegen Österreich rief ihn aufs neue zu den Waffen. In der entscheidenden Schlacht bei Königggrätz gelange es ihm, ebenso wie dem Leutnant v. Hindenburg, unserem jetzigen Reichspräsidenten, eine feindliche Batterie zu überrumpeln und zwei Geschütze zu erobern; gleich jenem erhielt er dafür den Roten Adler IV. Kl. mit Schwertern. Nach der Rückkehr vom Feldzuge ging er von der Richterlaufbahn zur Verwaltung über.
Vom Mai 1867 an vertrat er den erkrankten Justitiar bei der Abteilung des Innern in der Regierung zu Breslau. Schon nach 5 Monaten wurde er mit der Verwaltung des Landratsamtes in Obornik nördlich von Posen betraut. Kurz vorher verlobte er sich mit Luise Witte, Tochter des Rittergutsbesitzers Witte in Chrustowo bei Samter. Nachdem er im Sommer 1868 zum Landrat ernannt worden war, fand die Hochzeit am 24. September statt. Der Ehe ist eine Tochter Martha entsprossen, geboren am 6. September 1869. Beim Ausbruch des Krieges 1870 hatte Studt zunächst als Landrat die Mobilmachungsarbeiten seines Kreises zu leiten; Mitte August aber wurde er selbst eingezogen. Er wurde der Nachrichtenabteilung des stellvertretenden Großen Generalstabes in Berlin überwiesen. Dann übertrag man ihm die Führung eines Generalstabskartentransports nach dem Hauptquartier in Ferrières; nach dem Fall von Straßburg wurde er Adjutant des dortigen Gouvernements, bis ihn Ende Oktober eine Order in die Verwaltung des Generalgouvernement in Reims berief. Er wurde Generalsekretär des Departements Seine et Marne mit dem Sitz erst in Meaux, später in Melun, dessen waldreiche Umgebung von Franktireurs wimmelte. Im April 1871 kehrte er, mit dem Eisernen Kreuz geschmückt, heim in sein Amt. Hebung des Volksschulwesens inmitten der überwiegend polnischen Bevölkerung, Bodenverbesserung und Fürsorge für das Verkehrswesen, namentlich Landstraßenbau, nahmen seine Tätigkeit in Anspruch. Sein festes und bestimmtes, zugleich aber auch dem sachlichen Gegner gegenüber gewandtes und versöhnliches Wesen lenkte bald die Aufmerksamkeit der Zentralverwaltung auf ihn. Gegen Ende des Jahres 1875 berief ihn Graf Friedrich Eulenburg als Hilfsarbeiter in sein Ministerium des Innern. Für die ihm obliegende Vorbereitung von Gesetzen zur Abänderung von Kreis- und Städteordnung kamen ihm die mehrjährigen in Posen unter schwierigen Verhältnissen gesammelten Erfahrungen sehr zugute. Die gemeinsame Arbeit mit dem Vortragenden Rat von Brauchitsch führte zu einer Beteiligung an dem von diesem begonnenen Werk: Kommentar zu den neuen preußischen Verwaltungsgesetzen, was nach dem 1882 erfolgten Tode seines Mitarbeiters Studt allein weiterführte.
Im April des genannten Jahres ward der vielseitig bewährte Beamte zum Regierungspräsidenten in Königsberg ernannt. In diesem größten Regierungsbezirk der preußischen Monarchie hatte er ein 41 Köpfe starkes Kollegium zu leiten. Mit besonderer Sorgfalt nahm er sich der Weiterbildung der 15 Regierungsreferendare an. Die Aufgaben, die seiner harrten, waren, wenn auch in größerem Umfange, etwa die gleichen, wie in dem früheren Landratsamt. 1884 bei Bildung des neuen Staatsrates wurde Studt in denselben berufen. Das wichtigste Gesetz, was hier, unter dem Vorsitz des Kronprinzen beraten wurde, war das Ansiedlungsgesetz für Posen und Westpreußen. Gerade jemand, der sich in schwierigsten Bezirken der Lage voll gewachsen gezeigt hatte, schien geeignet, in die dornenvolle Stellung eines Verwaltungsbeamten in Elsaß-Lothringen einzutreten. Im April 1887 erfolgte Studts Ernennung zum Unterstaatssekretär in Straßburg. Statthalter war damals Fürst Chlodwig Hohenlohe, der spätere Reichskanzler. Protestwahlen im Februar, der Fall Schnäbele hatten der deutschen Regierung große Hemmnisse bereitet. Wie sehr Studt sich trotzdem auch hier bewährte, beweist der Umstand, daß ihm Ende Mai 1889 das Oberpräsidium der Provinz Westfalen anvertraut wurde, gerade in gefährlichster Zeit. Ein großer Bergarbeiterstreik hatte zahlreiche Industrien ergriffen, Militär mußte das Streikgebiet besetzen. Studts festem und gewandtem Auftreten gelang es aber, die Ordnung wiederherzustellen. Er zog aus den Ereignissen dann aber auch die nötigen Folgerungen für die Gesetzgebung. Die 10 Jahre, die er in Münster zubrachte, sind für die Provinz ganz besonders segensreich gewesen. Eifrige Tätigkeit galt hier namentlich dem Schulwesen, von der Volksschule an bis zur Akademie in Münster, deren Interessen er auch noch später durch Schaffung einer juristischen Fakultät wahrnahm. An diesem Platz bot sich auch reiches Feld der Tätigkeit für seine Gattin, die an die Spitze des Vaterländischen Frauenvereins trat. Studts Tochter hatte sich schon in Straßburg mit dem damaligen Oberleutnant v. Drabich-Wächter vermählt (6. Oktober 1888). Der Ehe sind drei Söhne entsprossen, deren jüngster, Adolf Friedrich, auf unserem Gymnasium zurzeit der Reifeprüfung entgegensteuert. Das Ehepaar, nun Generalleutnant v. Drabich-Wächter und Frau, lebt jetzt in dem benachbarten Kynau.
Als Studt 1899 zur Erholung im Engadin weilte, berief ihn ein schleuniges Telegramm nach Berlin. Am 2. September erfolgte seine Ernennung zum Kultusminister. Die Trauer in Münster über den Fortgang Studts und seiner Gattin war groß! Ein Fackelzug von über 6000 Teilnehmern bewies, welche Liebe beiden von weitesten Kreisen der Bevölkerung dargebracht wurde. Eine in Westfalen vielverbreitete Postkarte enthielt sein Bild mit der Unterschrift:
„Achtung, Liebe bracht‘ entgegen
Jeder Mann Dir, jeder Stand,
Und Dein Wirken war ein Segen
Für der roten Erde Land!‟
Seine Hauptleistung in der neuen Stellung war die Entwerfung und glückliche Durchbringung eines seit 80 Jahren immer wieder vergeblich angestrebten Volksschulunterhaltungsgesetzes. Unendliche Verhandlungen mit den Parteien des Abgeordneten- wie des Herrenhauses, das Aufbieten der ganzen ihm eigenen Geschäftsgewandtheit war nötig, um das oft gefährdete Werk unter Dach zu bringen. Am 6. Juli 1906 konnte eine Depesche nach Aalesund dem Kaiser das endliche Gelingen melden. Die Antwort war die Verleihung des Schwarzen Adlerordens, mit dem der erbliche Adel verbunden ist. Am 14. Juni des folgenden Jahres veranlaßten die Beschwerden des herannahenden Alters Studt, den Abschied zu nehmen. Derselbe ward unter anerkennendsten Worten zugleich mit lebenslänglicher Berufung ins Herrenhaus genehmigt. Vom 24. bis 26. Januar 1908 feierte unser Gymnasium sein 200jähriges Jubelfest. Da hatten wir die hohe Ehre und Freude, an der Spitze von 400 zum Teil von weither geeilten früheren Schülern auch Seine Exzellenz den Staatsminister Dr. von Studt hier begrüßen zu können. In dankbarem Andenken steht es uns, die wir an dem Fest teilnahmen, wie seine hohe ehrfurchtsgebietende Gestalt sich bei Tafel erhob, um den ersten Trinkspruch auf den Landesherren auszubringen! Als Ruhestandssitz wählte er sich erst Hannover, später Berlin. Noch manche glückliche Jahre waren ihm beschieden; aber auch den Zusammenbruch des Vaterlandes zu schauen, blieb ihm nicht erspart. Am 29. Oktober 1921, in dem hohen Alter von 83 Jahren, ist er heimgegangen! Wahrlich, ein Leben, was köstlich war, da es Mühe und Arbeit gewesen ist![3]

Anna Freifrau von Schrötter

Anna Freifrau von Schrötter an Konrad von Studt. Wohnsdorf, 24. August 1906
Sehr geehrter Herr von Studt,
Ihr so liebenswürdiges Erhören meiner damaligen Bitte in Bezug auf ein Stipendium für Fräulein Taube ermutigt mich zum erneuten Aussprechen eines Wunsches, der auch mir sehr am Herzen liegt. Pfarrer Junkuhn aus Rosengarten hat eine Eingabe um Bewilligung einer Bauhilfe für das Rosengarten-Waisenhaus in das Kultusministerium gesandt; dieses Waisenhaus ist von meiner Mutter einst begründet. Sie hielt es in kleinerem Rahmen, weil sie es so wichtig fand, daß bei der Erziehung von Mädchen der Charakter des Familienhaften gewahrt bliebe und das einzelne Kinde nicht nur als Nummer figuriert. Das alte Haus ist baufällig geworden. Es soll kein Prachtbau aufgeführt werden, der nur die Kinder verwöhnt, so daß sie sich nachher in Instmannshäusern nicht mehr wohlfühlen, aber ein sicheres und gesundes Haus muß entstehen. Wir haben nicht Geld genug zum Neubau und es wäre mir ein großer Schmerz, wenn diese Anstalt, die soviel verkommene halbe oder ganze Waisen im Lauf der Jahre zu ordentlichen einfachen Dienstmädchen erzogen hat, nun aufhören müßte. Ich vereinige meine Bitte um eine Beihilfe mit der des treu, selbstlos und praktisch für die Anstalt sorgenden Pfarrers Junkuhn und vor allem in Erinnerung an meine geliebte Mutter, der dies Haus am Herzen lag. Bitte bereuen Sie nicht Ihr liebenswürdiges Eingehen auf meine Wünsche, was mich so unbescheiden macht, sondern glauben Sie, verehrter Herr von Studt, an die herzliche Dankbarkeit
Ihrer ergebenen
Freifrau von Schrötter geb. Gräfin Lehndorff

Familie

Sein Vater war der Rechtsanwalt und Justizkommissar Gustav Adolf Ferdinand Studt, der sich 1832 in Schweidnitz niedergelassen und sich mit Christiane Friederike Weinbrich, aus einer Breslauer Patrizierfamilie stammend, vermählt hatte. Aus dieser Ehe waren außer zwei Töchtern vier Söhne hervorgegangen, deren ältester Konrad war.

Ehe

Am 24. September 1868 heiratete er in Chrustowo, Kreis Obornik, seine Verlobte Luise Karoline Witte (Lebensrune.png 12. April 1848), Tochter des Rittergutsbesitzers Witte. Der Ehe ist Tochter Martha entsprossen, geboren am 6. September 1869. Martha heiratete am 6. Oktober 1888 Premierleutnant Paul Friedrich Wilhelm von Drabich-Wächter (1859–1947), der später Generalleutnant werden sollte. Der Ehe sind drei Söhne entsprossen, deren jüngster, Adolf Friedrich (Lebensrune.png 27. September 1907 in Neustrelitz), Offizier der Reichswehr (seit 1926 Fahnenjunker) und der Wehrmacht wurde, zuletzt Oberst i. G. und Inhaber des Deutschen Kreuzes in Gold. Adolf Friedrich hatte als Ia der 384. Infanterie-Division nur knapp den Kessel von Stalingrad überlebt und ist beim Weichsel-Brückenkopf von Baranow am 29. Januar 1945 als Chef des Stabes des XXXXII. Armeekorps gefallen.

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

Ehrendoktorwürden

  • Dr. iur. h. c. (Königsberg, 1901)
  • Dr. rer. pol. h. c. (Münster)
  • Dr.-Ing. E. h. (Berlin)
  • Dr. phil. h. c. (Münster)

Bildergalerie

Literatur

  • E. Landsmann: Konrad von Studt, ein preußischer Kultusminister. Darstellung eines Lebens und Wirkens. Zu seinem 70. Geburtstage, den 5. Oktober 1908, Carl Heymann Verlag, Berlin 1908

Fußnoten

  1. In: Kladderadatsch, Jahrgang 60, Nr. 26, 2. Beiblatt, 30. Juni 1907
  2. Studt, (von) Konrad, Internet-Portal „Westfälische Geschichte“
  3. Dr. Konrad von Studt – Was aus einem Schweidnitzer Kinde alles werden kann, Arbeitsgemeinschaft ostdeutscher Familienforscher e. V. (archiviert)
  4. Konrad von (1906) Studt
  5. Holger Krahnke: Die Mitglieder der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen 1751–2001. (= Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Philologisch-Historische Klasse, Folge 3, Band 246 = Abhandlungen der Akademie der Wissenschaften in Göttingen, Mathematisch-Physikalische Klasse, Folge 3, Band 50.) Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, ISBN 3-525-82516-1, S. 236.
  6. General-Ordenskommission (Hrsg.): Königlich Preußische Ordensliste 1905. Zweiter Nachtrag vom 1. Februar 1906 bis 31. Januar 1907. E.S. Mittler & Sohn, Berlin 1907, S. 1.