Reiterstandbild

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Ein Reiterstandbild oder Reiterdenkmal ist ein Bildnis in Form einer Statue, das die dargestellte Person, im Gegensatz zu den unzähligen Standbilder, als auf seinen Pferd thronenden Reiter zeigt und als, entweder lebensgroßes oder monumentales, Denkmal errichtet ist. Es dient als Mittel der Herrschaftsdarstellung sowie der Verehrung von verdienten, siegreichen Feldherren und Kriegshelden. Höhepunkte mittelalterlicher Reiterstandbilder in Deutschland sind der „Magdeburger Reiter“ und der „Bamberger Reiter“ des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.

Erläuterung

Feierliche Einweihung eines Reiterdenkmals
Niederwalddenkmal: Unterhalb der Genien Krieg und Frieden öffnet sich eine Halle, die durch Bogenverstrebungen in drei Eingänge unterteilt wird. In der Mittelsenkrechten befindet sich das Reiterstandbild Kaiser Wilhelms I. Neben diesem sind auf Säulenpostamenten Statuen von Generalfeldmarschall Graf von Moltke und Otto von Bismarck plaziert.
Ein Kolonial-Neger und andere Franzosen posieren stolz vor dem geschändeten und zerstörten Reiterstandbild Kaiser Friedrichs III. vor der Reichsbank in Metz, 1918
Quelle
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Das Vorbild: das Reiterstandbild des römischen Kaisers Mark Aurel

Die Darstellung „guter“ Herrschaftsausübung mittels eines Reiterstandbildes des Regenten besteht bereits seit der Antike. Das heute im Konservatorenpalast in Rom zu besichtigende Reiterstandbild des römischen Kaisers Marcus Aurelius (121-180, römischer Kaiser von 161 bis 180) kann als Vorbild für diese Art von Personen-Denkmal angesehen werden.

Der dargestellte Kaiser Mark Aurel war im christlichen Mittelalter wegen seines Bartes fälschlicherweise für Kaiser Konstantin den Großen (um 275-337, römischer Kaiser von 306 bis 337) gehalten worden. Dieser Verwechslung mit dem Kaiser, der dem Christentum den Weg ebnete, ist es zu verdanken, dass das antike Reiterstandbild die in dieser Zeit herrschende christlich-dogmatische Weltsicht, der viele „heidnische“ Kunstwerke zum Opfer fielen, überdauern konnte.

Reiterstandbilder in der Herrscher-Darstellungstradition

Auch im Mittelalter bediente man sich der skulpturalen Darstellung eines Fürsten zu Pferde, wobei diese zunächst entweder auf den sakralen Raum oder auf die Grabmahlarchitektur beschränkt blieb. Innerhalb dieses Kontextes muss auch der Bamberger Reiter im Bamberger Dom aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gesehen werden, der in seiner Darstellungsweise noch sichtbar außerhalb der antiken Darstellungstradition steht.

Mit der Renaissance wurden viele Zeugnisse der Antike – so auch die Reiterstatue Mark Aurels – wiederentdeckt, was zur Folge hatte, dass diese Form des Personendenkmals zum beliebtesten Instrument der Herrscherdarstellung avancierte. Diese Thematik wurde zunehmend in verschiedenen Gattungen der bildenden Kunst behandelt, so auch in der Malerei:

Als Beispiel können Tizians berühmtes Bild Kaiser Karl V. nach der Schlacht bei Mühlberg (1548, im Museo del Prado in Madrid) und Jacques Louis Davids fünf Versionen des Historiengemäldes Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard (1800, unter anderem im Berliner Schloss Charlottenburg), genannt werden.

Auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands erfreute sich das Reiterstandbild als plastisches Denkmal ebenfalls großer Beliebtheit. Der Herzog und Kurfürst Johann Wilhelm von Pfalz-Neuburg, genannt „Jan Wellem“, beauftragte den italienisch-flämischen Bildhauer Gabriel Grupello mit der Herstellung eines barocken Reiterstandbildes (1703–1711) ganz im Sinne des aus Frankreich stammenden Absolutismus. Die Jan-Wellem-Reiterstatue vor dem Rathaus Düsseldorf greift ebenfalls den antiken Darstellungsmodus ganz bewusst auf, kombiniert diesen aber noch mit den Machtinsignien Kurhut, Ordenskette und Marschallstab.

In Preußen hatte wenige Jahre zuvor der Bildhauer und Architekt Andreas Schlüter mit seinem Reiterstandbild des „Großen Kurfürsten“ Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1696, heute auf dem Ehrenhof des Charlottenburger Schlosses in Berlin) eine Darstellungstradition begründet, die von verschiedenen Herrschern des Hohenzollern-Geschlechts aufgegriffen wurde und die in ihrer Ausgestaltung ebenfalls deutliche Anleihen am bekannten Mark-Aurel-Standbild nahm. Im Jahr 1851 wurde in Berlin das Reiterstandbild Friedrichs des Großen auf der Prachtstraße Unter den Linden enthüllt.

Christian Daniel Rauch, ein Schüler Johann Gottfried Schadows, hatte mit seinem Entwurf die verantwortliche Regierungskommission überzeugen können. Der Rauch-Schüler Gustav Bläser, der in Gemeinschaftsarbeit mit Hermann Schievelbein 1864 bis 1878 das Reiterstandbild Friedrich Wilhelms III. am Kölner Heumarkt konzipierte, lässt eine gewisse Beeinflussung durch das Denkmal des „Alten Fritz“, besonders hinsichtlich des Bildprogramms erahnen. Alleine die Gestaltung der Sockelzone des Rauch’schen Denkmals in Berlin, die sich aus bronzenen Reliefplatten und überlebensgroßen Bronzeskulpturen verdienter preußischer Staatsmänner und Zeitgenossen – vier Mitglieder des Hochadels an den Seitenecken ebenfalls zu Pferde – ergibt, zeugt davon, dass Bläser und Schievelbein dieses Darstellungskonzept offenbar auch für das Denkmal am Heumarkt überzeugend fanden.

Derartige Reiterstandbilder sind geschaffen um vertikal gelesen zu werden. Sie veranschaulichen zusammen mit ihrem Bildprogramm die Folgen „guter Herrschaft“, welche als Blütezeit für Wissenschaft, Wirtschaft und Künste gezeichnet werden, ebenso wie eine hierarchische Gesellschaftsordnung.

Nicht jedes preußische Reiterstandbild verfügt über eine derart komplexe Aussage. Die Reiterstandbilder an der Hohenzollern Brücke in Köln können eher als Exempel des genealogisch-dynastischen Herrschaftsanspruchs der Hohenzollern verstanden werden, während das Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Deutschen Eck in Koblenz, von Bruno Schmitz (1894–1897) errichtet, genau wie das von Karl Janssen geschaffene Kaiser-Wilhelm-Denkmal am Martin-Luther-Platz in Düsseldorf (1889-1896) in erster Linie der Memoria des zur Zeit der Herstellung kürzlich verstorbenen Kaiser Wilhelms I. dienen sollte.

Alle genannten Reiterstandbilder zeichnen sich dadurch aus, dass die Darstellung des Pferdes im Moment der Bewegung erfolgt. Die Schrittbewegung des Pferdes generiert deutlich das Zitat des Reiterstandbildes des Mark Aurel. Hier wird die Herrschertugend dargestellt: ein eigentlich ungestümes Tier, das symbolisch für den Staat steht und dessen Kraft die des Reiters übersteigt, bändigen und lenken zu können.

Eine derartige Darstellung stand indes nur dem Herrscher zu, weshalb nicht-herrschaftliche Reiterdenkmäler, wie z. B. das Kürassier-Denkmal in Deutz von dieser Darstellungsform ausgenommen sind.

Quelle: 33-cabinet.png Abgerufen am August 2018. Bei WebCite® archivieren.Florian Weber: Reiterstandbilder als Mittel der HerrschaftsdarstellungKuLaDig


Bildergalerie

Wie ein Denkmal entsteht

Literatur

  • Friedrich Ludwig Albert Haack: Zur Entwicklung des Reiterstandbildes, in: „Zeitschrift für Bildende Kunst“, VII. Jahrgang, Seemann Verlag, Leipzig 1896
  • Albrecht Schaeffer / Robert Diehl (Hrsg.): Roß und Reiter – Ihre Darstellung in der plastischen Kunst, Insel-Verlag, Leipzig 1931
  • Rolf Roeingh: Roß und Reiter am Feind. Das Pferd im großdeutschen Freiheitskampf von der Weichsel zum Atlantik, Deutscher Archiv Verlag, Berlin 1940 (Geleitwort von Generalfeldmarschall von Mackensen)
  • Harald von Roques de Maumont: Antike Reiterstandbilder, De Gruyter, Berlin 1958