Kraus, Christian Jakob

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Prof. Dr. phil. Christian Jakob Kraus

Christian Jakob Kraus (Lebensrune.png 27. Juli 1753 in Osterode, Kreis Mohrungen, Ostpreußen; Todesrune.png 25. August 1807 in Königsberg i. Pr.) war ein deutscher Philosoph, Nationalökonom, Kameralwissenschaftler in der ausgehenden Aufklärungszeit, Sprachwissenschaftler und Professor an der Universität Königsberg.

Zu dessen bekanntesten Studenten gehörten Friedrich Leopold Reichsfreiherr von Schrötter (1743–1815; deutscher Offizier, Leutnant im Siebenjährigen Krieg, Heeresreformer unter Friedrich Wilhelm III., 1791 Oberpräsident von Ost- und Westpreußen, 1795 Staats- und Finanzminister Altpreußens und Neuostpreußens, bis 1808 leitender preußischer Beamter unter Freiherr von Stein, 1810 Mitglied des Geheimen Staatsrates und königlicher Kommissar) und Heinrich Theodor von Schön (1773–1856; preußischer Staatsmann). Im Jahr 1800 ordnete von Schrötter an, daß in den Verwaltungsdienst nur eingestellt werden konnte, wer den Besuch der Vorlesungen von Kraus nachweisen konnte.

Leben

Christian Jakob Kraus wurde 1753 in Osterode bei Hildesheim als Sohn von Johann Kraus (1712–1777), Chirurg und Ratsherr in Osterode, und seine Gemahlin Catharina, geb. Buchholz (Todesrune.png 1771), eine Tochter des Bürgermeisters, geboren. Seine Eltern hatten sich verliebt, als Catharina Dr. Kraus als Patientin aufsuchen mußte. Erich Kühn schrieb über Christian Jakob Kraus 1902:

„Christian Jakob Kraus wurde am 20. Juli 1753 als ältester Sohn des Stadtchirurgus Kraus zu Osterode in Ostpreußen geboren. Seine Mutter war eine Tochter des dortigen Bürgermeisters Buchholz. Eine zarte und schonungsbedürftige Gesundheit, sowie die keineswegs glänzenden Verhältnisse seiner Eltern legten dem Knaben in seiner Jugend viel Entbehrungen auf. Schon mit vier Jahren begann sein äußerer Bildungsgang, denn seine Angehörigen, im übrigen angesehene und gebildete Leute, wollten frühzeitig der Geistesentwickelung des Kindes eine seinen vielverheißenden Anlagen entsprechende Richtung geben. Der stille, in sich gekehrte und gern grübelnde Knabe, bei dem sich bald ein eigentümlicher Forschertrieb bemerkbar gemacht haben soll genoß zuerst den Unterricht seiner Mutter und wurde dann auf die städtische Schule geschickt. Frühzeitig zeigte sich bei ihm eine besondere Liebe für Musik, die nach Kräften gepflegt wurde. Für die krankhafte Reizbarkeit und Empfindlichkeit seines schwächlichen Organismus ist es bezeichnend, daß er beim Anhören von Mißtönen und Disharmonieen häufig in Thränen ausbrach. Aber neben dieser Nervosität, unter der Kraus bis an sein Lebensende litt, und die ihm eine geistige Produktion oft zur qualvollen Anstrengung machte, zeigte er einen erstaunlichen Fleiß und kaum aufzuhaltenden Lerneifer, sodaß er bald der Primus seiner Klasse wurde. Lieber, als mit den Spielen seiner Altersgenossen, zu denen er wohl auch nicht kräftig genug war, beschäftigte er sich mit Lesen und kaufte sich für sein kärgliches Taschengeld Lichte, um nachts heimlich arbeiten zu können, oder er schlich sich in Sommernächten aus dem Hause und studierte sogar beim Mondschein.“

Studium

Kraus nahm im Oktober 1770 sein Studium an der Universität Königsberg auf, deren Mitglied er offiziell, zunächst als Student (Immatrikulation ab 13. April 1771 an der Albertus-Universität Königsberg für Evangelische Theologie), dann als Professor seither war. Als Neffe von Pastor Buchholz (Bruder seiner Mutter, der allerdings 1773 überraschend verstarb), dem Beichtvater Johann Georg Hamanns, geriet Kraus rasch in das Zentrum der Königsberger Gesellschaft.[1] Hamann attestierte dem jungen Kraus um 1775, er sei „ein großes Genie, philosophisch und mathematisch […]. Er ist der erste Lehrmeister meines Buben und seines Vaters“. Von Anfang an (ab seinem allerersten Semester) hörte er in der philosophischen Fakultät Vorlesungen bei Prof. Immanuel Kant (er hatte am 21. August 1770 nach der Disputation im Rahmen eines Festaktes die Berufung und die Professor-Würde der Universität erhalten[2]), der dem jungen Studenten sehr zugetan war (Kant verglich Kraus’ intellektuelle Ausrichtung mit der von Jakob Michael Reinhold Lenz), sie wurden enge Freunde und Vertraute:

„Das Todesjahr seines Königsberger Oheims, des Schul- und Kirchenrates Buchholz, der bis dahin Kraus in mancher Hinsicht beeinflußt und gefördert hatte, das Jahr 1773, wurde entscheidend für die Bekanntschaft mit Kant. Dieser wurde einst in seinem Disputatorium durch die scharfsinnigen und wohldurchdachten Einwürfe, die Kraus ihm gemacht hatte, derart in Erstaunen gesetzt, daß er den jungen Studenten, der viel zu schüchtern war, um von selbst eine Begegnung mit Kant herbeizuführen, nach der Stunde in ein längeres Gespräch zog und sich sofort auf das Lebhafteste für ihn zu interessieren begann. Und dieses Interesse wuchs, je mehr sich Kant von dem Fleiß, den glücklichen Anlagen und dem durch und durch ehrenhaften Charakter überzeugte, wodurch sich Kraus auszeichnete. Unter des Philosophen Anleitung arbeitete nun Kraus eifrig in seinen Fächern weiter und durfte sogar mit einem Schüler aus vornehmer Familie, dem er Privatunterricht gab, in Kants Haus ziehen. Er gab aber diese Stellung als Hofmeister bald auf, da ihm sein Zögling zu wenig Fortschritte machte, und er das ihm bezahlte Geld, wie er meinte, nicht umsonst einstecken wollte.“

Professur

1779 ging er mit einem adeligen Studenten an die Georg-August-Universität Göttingen, wo er Christian Gottlob Heyne, August Ludwig von Schlözer und Johann Georg Heinrich Feder hörte. Als er einen Ruf nach Königsberg erhielt, promovierte er im Herbst 1780 an der Friedrichs-Universität Halle zum Doktor der Philosophie. Daraufhin ernannte ihn die Universität Königsberg (durch Fürsprache von Kant und mit Förderung von Freiherr von Zedlitz und Leipe) zum ordentlichen Professor der Praktischen Philosophie und der Kameralwissenschaft. Zum Antritte dieser Stelle (Ostern 1781) schrieb er „De paradoxo, edi interdum actiones voluntarias homine ipso non invito solum, verum adeo reluctante“, d. h. über die unfreiwillig-freiwilligen Handlungen oder über den bestrittenen Spruch „Coactus volui“ (Ich wollte, nachdem gezwungen).

Er begann seine Lehrtätigkeit mit einem Privatissime über Homer und Platon. Kraus' Vorlesungen (vier Stunden täglich) gehörten bald zu den besuchtesten der Universität, die Bewunderung und Verehrung seiner Zuhörer wuchs jährlich. In seinen Vorlesungen vertrat er seit 1794 Finanzwissenschaft, Polizeiwissenschaft, Handelswissenschaft, Gewerbekunde und Landwirtschaft.[3]

Auch anthropologisch betätigte er sich. Kraus wandte sich eingehenden Forschungen über Zigeuner zu,[4] nachdem seine erste abgeschlossene Schrift der kriminalistischen Rekonstruktion des Lebens eines seinerzeit bekannten Hochstaplers gegolten hatte. Kraus waren Verlogenheit und Scharlatanerie verhaßt, seine 1784 erschienene Abhandlung „Der geistliche Abentheurer“ diente der Entlarvung eines Hochstaplers, des angeblichen „Freyherrn von Mortezinni“,[5] der 1784 das ganze Heilige Römische Reich Deutscher Nation („von Nordhausen bis Riga, und von Stettin bis Zittau“) durchzog.[6] Mortczinni war ein Abenteurer, dessen eigentlicher Name Johann Gottlieb Herrmann gen. Eichhörnl war, geb. 1742 in Mähren. Er nannte sich Pallini, Paillafini, Pannich, Freiherr von Mortczinni, auch Mortezini. Er gab sich für einen verfolgten Hussiten aus, gab vor, Güter in Mähren zu besitzen, und verübte allerhand Gaunereien, war in der Tat ein kursächsischer Deserteur, der sich mit seltner Dreistigkeit an verschiedenen Orten durchzuschwindeln verstand.[7]

„Als der bekannte Romantiker, Schöngeist und Diplomat Varnhagen von Ense im Jahre 1811 den Freiherrn vom Stein besuchte, kam dieser während der Unterhaltung auf den 1807 zu Königsberg verstorbenen Professor der praktischen Philosophie Christian Jakob Kraus zu sprechen und verteidigte ihn eifrig gegen Angriffe, die jener Zeit gerade von Berlin aus gegen den Toten gemacht wurden. ‚In Berlin nämlich‘ — so erzählt Varnhagen in den Denkwürdigkeiten des eigenen Lebens Bd. III Seite 176 — ‚gab damals Heinrich von Kleist deutsche Blätter heraus, in welchen Adam Müller den Wert von Kraus sehr herabsetzte und ihn blos für einen Adam Smith-Nachbeter erklärte, dessen Grundsätze, als den Gewerbefleiß zum Nachteil des Adels begünstigend, schon nicht mehr gelten sollten.‘ Stein aber sagte von Kraus: ‚Der Mann hat mehr gethan, als diese Herren[8] je vernichten werden. Die ganze Provinz hat an Licht und Anbau durch ihn zugenommen, seine Belehrung drang in alle Zweige des Lebens, in die Regierung und Gesetzgebung ein. Hat er keine neuen glänzenden Ideen aufgestellt, so ist er dafür auch kein ruhmsüchtiger Sophist gewesen, und die einfache Wahrheit, klar und rein vorgetragen; und auf ihren richtigen Ausdruck gebracht, und Tausenden von Zuhörern erfolgreich mitgeteilt zu haben, ist ein größeres Verdienst, als durch Geschwätz und Paradoxieen Aufsehen erregt zu haben. Aber so verhält es sich nicht einmal: Kraus war kein Nachbeter. Kraus hatte eine unscheinbare, und doch geniale Persönlichkeit, die seine Umgebungen mächtig ergriff, er hatte Blitze neuer Einsichten, großer Anwendungen, und setzte uns durch sein unerwartetes Urteil oft in Erstaunen. Wenn er indeß sein A. B. C. vortrug, suchte er das B. nicht hinter das C. zu setzen und eine solche Neuerung als geistreich auszuschreien. Lesen Sie seine Schriften, klar und einfach ist da alles, und mehr brauchen Sie für jetzt nicht!‘“

Sprachwissenschaft

Kraus begründete die Lehre von der „inneren Sprachform“, die Wilhelm von Humboldt entfalten sollte.

Patriotismus

Prof. Kraus bezeichnete in einem von ihm gelesenen Kolleg, bezüglich der deutschen Reichsverfassung, die den römisch-deutschen Kaiser als „Schutzengel der gesetzlichen Gleichheit und Freiheit der deutschen Bürger“ hervorhebt,[9] das Königreich Preußen als „Schutzengel der deutschen Freiheit".

„Die ganze deutsche Freiheit wird wieder verloren gehen, wenn Preußen nicht darüber wacht.“

Tod

Seit 1802 begann Christian Jakob Kraus an einem Lungenübel zu leiden, welchem er nach fünf schmerzvollen Jahren in Königsberg erlag. Zuvor hatte ihn die Nachricht über den Friede von Preßburg und die Niederlegung der Reichskrone, aber vor allem über die preußische Niederlage bei der Schlacht bei Jena und Auerstedt schwer erschüttert.

Ehrungen (Auszug)

Albertus-Universität Königsberg im Jahre 1862 mit den Parkanlagen und dem Reiterstandbild von König Friedrich Wilhelm III. Neben Immanuel Kant und Johann Friedrich Herbart war Prof. Kraus der dritte Philosoph, dem die Universität Königsberg in diesem Jahr ein Portrait, unter den neun bedeutendsten Gelehrten der Geschichte der Albertina, errichten ließ.
  • 1862 ehrte die Universität Königsberg neun der bedeutendsten Gelehrten der Albertina durch Anbringung ihrer Portraits an der Fassade des auf dem Paradeplatz neu errichteten Universitätsgebäudes, so auch das von Prof. Kraus
  • Namensgeber des „Instituts für Wirtschafts- und Sozialphilosophe“ der Fernuniversität Hagen

Werke (Auswahl)

Literatur

Verweise

Fußnoten

  1. Manfred Kühn: Kant – Eine Biographie, 2004, S. 244
  2. Magister Immanuel Kant war bis zu seiner Berufung zum ordentlichen Professor der Logik und Metaphysik 1770 Privatdozent und als solcher auf die Honorare der Studenten dringend angewiesen, machte aber, wie bei Johann Gottfried Herder, Ausnahmen, wenn geistreiches Talent vorhanden war. Diese wenigen erhielten zu seinen Lehrveranstaltungen kostenlos Zugang.
  3. Kraus, Christian Jakob, Allgemeine Deutsche Biographie
  4. Unter Leitung des Professors für Praktische Philosophie arbeiteten einige weitere Personen zusammen in einem relativ breit angelegten empirischen Forschungsprojekt über die Sprache, die Physiognomie und den moralischen Charakter der Zigeuner in Preußen und Litauen. Kraus ersann ein ausgefeiltes Forschungsmuster, das erstens Fragen enthielt, die zu erforschen wären, zweitens aber auch methodische Anweisungen darüber, wie die Zigeuner zu befragen seien, um die richtigen, eindeutigen und verwertbaren Antworten zu bekommen. Die Sprachforschungen sind die ausgedehntesten; sie sollen und sie allein können die seit Jahrhunderten strittige Frage der Herkunft der Zigeuner klären; Kraus ist der erste, der auf wirklich breiter Basis die kurz zuvor von Johann Christian Christoph Rüdger aufgestellte These der Herkunft aus Indien nachgewiesen hat. Er selbst hielt die bisher vorliegenden Beweise für unzureichend. Heute wird davon ausgegangen, daß Kraus’ Studien die genuine Grundlage der Zigeunerforschung legte, die mit einem Aufsatz von Johann Erich Biester („Über die Zigeuner, besonders im Königreich Preußen“, Berlinische Monatsschrift 1793) und mit August Friedrich Potts magistralem Werk über die Zigeunersprache (Die Zigeuner in Europa und Asien) datiert wird.
  5. Friedrich Joseph Freyherr von Montezini
  6. Gründliches freymüthiges Urtheil über die Begebenheiten des Freyherrn von Mortczini
  7. Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich, Wien 1856 ff.
  8. Gemeint sind Heinrich von Kleist und Adam Heinrich Müller als Herausgeber der national-konservativen Berliner Abendblätter, die 1810/11 eine Kampagne gegen die liberale Ökonomie von Kraus begonnen hatten.
  9. Kritik der deutschen Reichsverfassung, Germanien, 1796, S. 188