Jochimsen, Lukrezia

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Lukrezia Jochimsen

Lukrezia Luise „Luc“ Jochimsen, geboren als Lukrezia Schleussinger (geb. 1. März 1936 in Nürnberg), ist eine Journalistin und Politikerin der Partei „Die Linke“ sowie ehemalige Bundestagsabgeordnete (2005–2013). Sie war Chefredakteurin beim Hessischen Rundfunk (1994–2001).[1][2][3]

Werdegang

Herkunft

Luc (Lukrezia) Jochimsen wurde am 1. März 1936 in Nürnberg als Tochter eines Speditionskaufmanns geboren. Ihre Kindheit verbrachte sie in Wien, Budapest, Düsseldorf und Erlangen. Als Jochimsen acht Jahre alt war, zogen ihre Eltern mit ihr nach Frankfurt am Main.

Ausbildung

Nach dem Abitur (1956) in Frankfurt studierte sie in Hamburg und Münster Soziologie, Politikwissenschaft und Philosophie und promovierte 1961 bei Helmut Schelsky mit einer Dissertation zum Thema „Zigeuner, eine Minderheit in Deutschland“ zum Dr. phil..[4]

Wirken

Nach ihrem Studium arbeitete Lukrezia Jochimsen von 1961 bis 1975 als freie Autorin, erst für den Rundfunk, dann für das Fernsehen. 1975 holte Peter Merseburger sie als Redakteurin zum Politmagazin „Panorama“ des Norddeutschen Rundfunks (NDR) nach Hamburg. Nach zehnjähriger Tätigkeit für „Panorama“ übernahm sie 1985 den Posten des ARD-Korrespondenten in London. 1988 wurde sie Leiterin der Redaktion Feature/Auslandsdokumentation des NDR, doch zog es sie schon 1991 als ARD-Studioleiterin wieder zurück nach London. Während ihrer Arbeit in Großbritannien hat sich die mehrfach für ihre Fernsehfilme ausgezeichnete Journalistin als Feature-Autorin für die ARD und die dritten Programme einen Namen gemacht.[4]

Ende 1993 wurde Jochimsen als Nachfolgerin von Wilhelm von Sternburg für den Posten des Fernsehchefredakteurs des Hessischen Rundfunks (HR) ausersehen, eine Aufgabe, für die sie dem geliebten London, wenn auch „wehmütig“, den Rücken kehrte. Sternburg war im September 1993 aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Amt geschieden. Am 1. Januar 1994 trat sie offiziell ihren Chefredakteursposten in Frankfurt an. Nach Geri Nasarski (Ostdeutscher Rundfunk Brandenburg/ORB) und Elke Herrmann (Saarländischer Rundfunk/SR) war sie damit die dritte Chefredakteurin der ARD. HR-Intendant Klaus Berg begründete die Berufung von Jochimsen mit deren „großer und ausgewiesener journalistischer Erfahrung und Professionalität“. Ihre bisherigen Arbeiten zeigten eine beeindruckende Sensibilität für relevante gesellschaftliche Themen und eine ausgeprägte Fähigkeit, diese Themen in einer ansprechenden und vom Publikum geschätzten Form zu präsentieren. Jochimsens Vorgänger von Sternburg lobte die Entscheidung mit den Worten: „Sie liegt in der Tradition des Hauses, stets liberale und unabhängige Chefredakteure zu berufen“.[5]

Als Chefredakteurin mußte sich Lukrezia Jochimsen, die aus ihrer „sozialdemokratisch-sozialistischen“ Grundorientierung nie ein Hehl gemacht hat, des öfteren mit Kritik seitens CDU und FDP auseinandersetzen, die die vermeintliche Linkslastigkeit des HR beanstandeten – Vorwürfe, die sie als unbegründete Vorurteile zurückwies. Nach sieben Jahren auf dem Chefsessel wechselte Lukrezia Jochimsen zum 30. März 2001 in den Ruhestand. Nachfolger im Amt wurde Manfred Krupp. Mit ihrem Abschied als Chefredakteurin wurde auch die HR-Unterhaltungssendung „3-2-1“ eingestellt, die sie komoderiert hatte. Ihre Karriere wurde 2001 mit dem hessischen Verdienstorden gekrönt. Er ehre, so Ministerpräsident Roland Koch (CDU) bei der Preisverleihung, „eine meiner schärfsten Kritikerinnen“.[4]

2002 trat Lukrezia Jochimsen als parteilose Spitzenkandidatin der hessischen PDS bei der Bundestagswahl in ihrem Frankfurter Wahlkreis an. In einer Kampfabstimmung hatte sich Jochimsen gegen Pia Maier, ihre Kontrahentin um Platz eins auf der Landesliste, durchgesetzt. Als Hauptgrund für ihr Engagement gab sie den Krieg im Irak an. Im Westen herrsche oft Unwissen, Unverständnis und eine regelrechte Phobie gegenüber der PDS.[6] Allerdings erhielt Lukrezia Jochimsen bei der Wahl nicht mehr als zwei Prozent Stimmenanteil. In den Jahren darauf gab Jochimsen an der Universität Wien Lehrveranstaltungen der „Theodor-Herzl-Dozentur für Poetik des Journalismus“.[4]

Bei der vorgezogenen Bundestagswahl 2005 trat Lukrezia Jochimsen für die Thüringer Landesliste der PDS an. Die Delegierten der PDS hatten im Juni 2005 auf einem Sonderparteitag in Berlin beschlossen, die Partei auf Bundesebene künftig in Die Linkspartei.PDS (Kurzform: Die Linke) umzubenennen, um gemeinsam mit der WASG (Wahlalternative für Arbeit und soziale Gerechtigkeit) zur Bundestagswahl antreten zu können. Weil aus zeitlichen Gründen ein Zusammenschluß beider Parteien vor der Wahl nicht mehr möglich war, konnten WASG-Mitglieder auf offenen Listen der Linkspartei kandidieren. Bei der Bundestagswahl am 18. September 2005 verzeichnete „Die Linke“ mit 8,7 % der Stimmen und 54 Mandaten ihren bislang größten bundespolitischen Erfolg. Lukrezia Jochimsen errang dabei ein Bundestagsmandat. Mit dem Vorsitzenden der Linkspartei/PDS, Lothar Bisky, teilte sie sich die Aufgabenfelder Kultur und Medien und wurde kulturpolitische Sprecherin ihrer Fraktion. Zudem ist sie ordentliches Mitglied im Ausschuß für Kultur und Medien.

Die Partei „Die Linke“ nominierte Jochimsen am 8. Juni 2010 für die nach dem Rücktritt von Amtsinhaber Horst Köhler kurzfristig anberaumte Wahl eines neuen Bundespräsidenten am 30. Juni 2010 als Gegenkandidatin zu dem von den Vorsitzenden von CDU, CSU und FDP vorgeschlagenen Christian Wulff, dem gemeinsamen Kandidaten von SPD und Bündnis 90/Grüne, Joachim Gauck, sowie dem Kandidaten der NPD, Frank Rennicke.[7]

Jochimsen sagte im Juni 2010, daß die DDR ein Staat gewesen sei, der unverzeihliches Unrecht an seinen Bürgern begangen habe. Nach juristischer Definition sei sie allerdings kein Unrechtsstaat gewesen. Die Linken-Abgeordnete begründete ihre Haltung damit, daß derartige Definitionen „juristisch und staatsrechtlich haltbar“ sein sollten, „der Begriff Unrechtsstaat ist es nicht“. Wolfgang Thierse kritisierte die Weigerung der Präsidentschaftskandidatin der Linken, Luc Jochimsen, die DDR als Unrechtsstaat zu bezeichnen. Mit ihrer Äußerung unterwerfe sie sich offensichtlich einer mehrheitlichen Stimmungslage unter den Mitgliedern der Linkspartei. Thierse verurteilte das SED-Regime: „Die DDR war sogar nach der eigenen politischen Selbstdefinition kein Rechtsstaat. Es gab keine unabhängige Justiz und das war Teil der Ideologie dieser Diktatur“.

Linken-Politikerin Luc Jochimsen kritisierte im Oktober 2012 das Vertriebenenzentrum.[8] Den 8. Mai 1945 – den Tag der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht – wollte Jochimsen zum deutschen Nationalfeiertag erklären lassen.

BRD-Referenzen

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 06/2006 vom 11. Februar 2006
  2. http://www.jf-archiv.de/online-archiv/file.asp?Folder=02&File=142yy11.htm
  3. http://www.jf-archiv.de/online-archiv/file.asp?Folder=00&File=420yy51.htm
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens Munzinger-Archiv wurde kein Text angegeben.
  5. Frankfurter Rundschau, 13. September 1993
  6. vgl. taz, 25. März 2002
  7. jungefreiheit.de
  8. Wie die Ausstellung genau aussehen wird, ist noch nicht bekannt. Dennoch wird erneut öffentlich über das geplante Vertriebenenzentrum in Berlin diskutiert. Die Linken-Politikerin Luc Jochimsen kritisiert die Ankündigung des Stiftungsrates, den Völkermord an den Armeniern ebenso darstellen zu wollen wie die Verfolgung der Deutschen aus Polen und der Tschechei. Das habe nichts miteinander zu tun. „Will man diese beiden Beispiele wirklich in einen Bezug setzen? Was hat der Genozid an den Armeniern mit der Vertreibung der Deutschen nach 1945 zu tun?“ Jochimsen bezog sich auf Aussagen von Alexander Koch, der Mitglied im Stiftungsrat der Stiftung Flucht, Vertreibung, Versöhnung ist.