Schinkel, Karl Friedrich
Karl Friedrich Schinkel ( 13. März 1781 in Neuruppin, Brandenburg; 9. Oktober 1841 in Berlin; auch Carl geschrieben), Begründer der Schinkelschule, war ein preußischer Architekt, Baumeister, Stadtplaner und Maler, der den Klassizismus in Preußen entscheidend prägte.
Inhaltsverzeichnis
Wirken
Kaum ein anderer Architekt hat die Architektur in Berlin so geprägt. Auch war er nicht nur Architekt, sondern wie viele berühmte Leute seiner Zeit Universalgelehrter, unter anderem Schriftsteller und vor allem Maler.
Zu seinem Wirken heißt es:
- „Der Märker aus Neuruppin, hatte zu seinen Bauten antike Formen verwendet. Klassizistischer Stil hielt damit in Preußens Hauptstadt glorreichen Einzug: die Neue Wache, das Schauspielhaus, das Alte Museum. Aber mit seltsamer Macht hatte der strenge preußische Geist sich in den antiken Formen selbstherrlich durchzusetzen gewusst. Wenn die Münchner Bauten prächtig und sonnenfroh in linderer Luft sich bereiten, als flösse die Sonne Griechenlands selber durch ihre weiten Räume, so sind die Werke Schinkels strenger gerafft, karger in ihrer Pracht, gemessener in ihrem Rhythmus. Nirgends trübt Überfluß die geordnete Klarheit und edel heraus; streng und zuchtvoll sind die äußeren Formen dem Willen zur schlichtesten und darum besten Gesamtschau untergeordnet. Nur in Preußen war solche Bändigung denkbar. Eigenwillige, streng in sich geschlossene Gesinnung hat das antike Vorbild zu einem neuen Ausdruck preußischer Haltung gewandelt.“[1]
In seinem relativ kurzen Leben – er wurde nur 61 Jahre alt – zeigte er eine unglaubliche Schaffenskraft. Unzählige Entwürfe und viele verwirklichte Bauten in Berlin sind Zeugnisse dafür.
Nach einer kurzen Ausbildung in der Bauakademie wurde rasch das preußische Königshaus auf den jungen Architekten Schinkel, der bereits erste eigene Arbeiten verwirklicht hatte, aufmerksam. Sein erstes Werk war das Pomonatentempelchen in Potsdam, das dort auch heute noch auf dem Pfingstberg steht. Schinkel unternahm viele Studienreisen, um neue Einflüsse für seine Architektur zu finden. Viele Reisen führten ihn nach Italien. Auf seiner ersten Italienreise 1803 freundete er sich mit Wilhelm von Humboldt an.
Von nun an ging es für Schinkels Karriere steil bergauf. Angesehen am preußischen Hof und als zuverlässiger Architekt geschätzt, konnte er sich vor Aufträgen kaum noch retten. Eine Rolle hierbei spielte auch, daß er ein sehr charmanter Mann war, der Fürst von Pückler-Muskau nannte ihn gar einen „homme à femmes“, obwohl Schinkel nicht unbedingt dem gängigen Schönheitsideal entsprach.
Für Königin Luise entwarf Schinkel 1810 im Alter von 29 Jahren ein Schlafzimmer aus Birnbaumholz. Damit begann seine Laufbahn als preußischer Beamter, die in der Ernennung zum Oberlandesbaudirektor gipfelte. Als Oberlandesbaudirektor war er für alles verantwortlich, was in Preußen gebaut wurde, kein Entwurf durfte ohne die Zustimmung Schinkels realisiert werden.
Seine wichtigsten Bauten realisierte Schinkel zwischen 1816 und 1830 in Berlin, unter einer Vielzahl an Prachtbauten seien hier die Neue Wache, das Schauspielhaus und das Alte Museum genannt. Aber nicht nur durch große Bauten hinterließ Schinkel seine Spuren in der Stadt, es gibt auch eine Vielzahl von kleineren Schinkels, so z. B. das Kreuzbergdenkmal.
Schinkels Bauten waren nicht revolutionär, aber gerade sein Spätwerk ist geprägt von klaren, am Nutzungszweck orientierten Gebäuden. Sich ganz von der klassischen Formensprache loslösen wollte Schinkel jedoch nie. Wichtigstes Beispiel für diese Schaffensphase ist die Bauakademie. Diese war wegweisend und gilt vielen als früher Vorläufer von modernen Rasterbauten, da sie bereits einen seriellen Aufbau vorwies.
Zeit seines Lebens gelangte Schinkel nie zu übermäßig viel Reichtum, so baute er auch nie ein Haus für sich selbst. Er bezog eine Wohnung mit Arbeitszimmer in der Bauakademie. Dort starb er 1841 an den Folgen eines Schlaganfalls.
Viele von Schinkels Bauten sind auch heute noch in Berlin zu bewundern, andere wurden im Zweiten Weltkrieg gegen Deutschland für immer zerstört. Schinkels praktisches, aber auch sein theoretisches Schaffen machen ihn zu einem der wichtigsten Baumeister Berlins und einem der größten deutschen Baumeister überhaupt.
Werk (Auswahl)
Wichtige Bauten
- 1800: Pomonatempel auf dem Pfingstberg in Potsdam
- 1806: Schloß Owinsk, Provinz Posen (zusammen mit Ludwig Catel)
- 1806: Schloß Rosenau (Coburg), (einschließlich erhaltener Innenarchitektur)
- 1810: Begräbnisstätte für Königin Luise
- 1810: Schloß Ehrenburg, Coburg (vollständiger Umbau)
- 1815: Kirche in Glienicke bei Wittstock
- 1818: Neue Wache in Berlin
- 1818: Schauspielhaus in Berlin am Gendarmenmarkt
- 1819: Schloßbrücke (Berlin-Mitte)
- 1821: Schloß Tegel, Berlin (vollständige Umgestaltung für Wilhelm von Humboldt)
- 1822: Schloß Neuhardenberg (vollständiger Umbau für Karl August von Hardenberg)
- 1823: Luisenkirche in Berlin-Charlottenburg
- 1824: Jagdschloß Antonin, Provinz Posen
- 1824: Altes Museum in Berlin am Lustgarten, ursprünglich bezeichnet als „Neues Museum“
- 1824: Kirche im heutigen Saarbrücker Stadtteil Bischmisheim (achteckiger Grundriß und achteckiges Kirchenschiff)
- 1824: Friedrichswerdersche Kirche in Berlin (heute Schinkel-Museum in der Werderstrasse) und Kirche Schöneberg
- 1824: Pfarrkirche St. Maria Magdalena in Voigtsdorf bei Habelschwerdt
- 1825: Neuer Pavillon in Berlin-Charlottenburg (einschließlich erhaltener Innenarchitektur)
- 1825: Schloß Glienicke, Berlin (vollständige Neugestaltung)
- 1826: Alter Leuchtturm, Kap Arkona auf Rügen
- 1827: Elisenbrunnen in Aachen
- 1829: Schloß Charlottenhof in Potsdam (einschließlich erhaltener Innenarchitektur)
- 1830: Nikolaikirche in Potsdam
- 1831: Altstädtische Hauptwache in Dresden
- 1831: Alexander Newski Kapelle in Peterhof
- 1831: Bauakademie in Berlin, ursprünglich bezeichnet als „Allgemeine Bauschule“
- 1832: Rathaus in Kolberg
- 1832: Johanniskirche in Berlin
- 1833: Römische Bäder in Potsdam
- 1833: Palais Redern am Pariser Platz in Berlin (1906 für den Bau des Hotel Adlon abgerissen)
- 1833: Westfront der St. Johanniskirche in Zittau (keine klassizistische Überformung, sondern Integration zweier bestehender Türme)
- 1834: Schloß Babelsberg in Potsdam
- 1834: die sogenannten Berliner Vorstadtkirchen, darunter die Elisabethkirche
- 1834: Jenisch-Haus in Hamburg zusammen mit Franz Gustav Forsmann
- 1835: neue Berliner Sternwarte
- 1835: Schloß Stolzenfels am Rhein (bei Koblenz)
- 1836: Fassade für das Hauptgebäude der Universität Leipzig
- 1836: Mittelturm des Jagdschlosses Granitz, Rügen
- 1836: Kirche in Kunnerwitz
- 1838: Die Altstädtische Kirche (Königsberg)
- 1838: Schloß Kamenz, Provinz Schlesien
Kleinarchitekturen
- 1802/03: Verwalter- und Molkenhaus auf dem Vorwerk Bärwinkel (bei Neuhardenberg)
- Luisen-Denkmal in Gransee, nach 1810; nach Entwurf von Schinkel in Gußeisen durch die Königlich Preußische Eisengießerei ausgeführt
- Pfarrkirche in Straupitz/Spreewald
- Denkmal an die Gefallenen der Befreiungskriege (Spandau), 1816; im Stil der deutschen Romantik entworfen, siehe auch: Denkmäler in Spandau
- Preußisches Denkmal der Schlacht bei Kulm in Böhmen, 1817
- Kreuzbergdenkmal (Nationaldenkmal für die Siege in den Befreiungskriegen, 1821)
- Evangelische Kirche Bischmisheim (achteckiger Grundriß, erbaut 1824)
- Verschiedene sogenannte Normalkirchen Schinkels nach dem Musterentwurf von 1825 für ländliche Gegenden
- Grabkapelle für den blinden König Johann von Luxemburg (König von Böhmen und Erbkönig von Polen) sowie das heutige Bürgerhaus und die ehemalige Schule in Kastel-Staadt
- Klopstockdenkmal (mit Tieck) in der Parkanlage Brühl in Quedlinburg, 1831
- Josephskreuz auf dem Auersberg in Stolberg (Harz), 1832
- Für die älteste Dorfkirche von Hennigsdorf entwarf er das Altarkreuz und die Leuchter.
- Entwurf eines gußeisernen Baldachins für den Gedenkstein des Gustav-Adolf-Denkmals in Lützen (ausgeführt 1837)
Gemälde
Gemälde von Karl Friedrich Schinkel sind in Berlin zu sehen:
- Alte Nationalgalerie (Saal 3.05), Staatliche Museen zu Berlin
Schriften
- Karl Friedrich Schinkel: Die Reisen nach Italien 1803-1805 und 1824 (Karl Friedrich Schinkel Lebenswerk Band XIX), Redaktion und Kommentar von Georg Friedrich Koch, überarbeitet und ergänzt von Helmut Börsch-Supan und Gottfried Riemann, Deutscher Kunstverlag, München/Berlin 2006, ISBN 3-422-06601-2; Rezension von Erik Forssman in: Journal für Kunstgeschichte, Band 10, 2006, Heft 4, S. 379–383, E.1. Architektur
Sonstiges
- Der norwegische Architekt Christian Heinrich Grosch (1801–1865) übersandte seine Pläne für die Univisität in Christiania (heute Oslo) an Schinkel und bat um Korrekturen. Die Ausführung erfolgte dann im wesentlichen nach den redigierten Plänen 1841–1854.
- Schinkel gestaltete nach einer Idee von Friedrich Wilhelm III. das Eiserne Kreuz für Preußen 1813. Obwohl es gemäß der am Geburtstag Königin Luises ausgefertigten Stiftungsurkunde ausdrücklich alleinig für die Befreiungskriege gestiftet war, kam es in späteren Kriegen immer wieder zu einer Neuauflage. Es findet sich noch heute als Tatzenkreuz der Bundeswehr.
- Er entwarf den Luisenorden für preußische Frauen, die sich bei der Kranken- und Verletztenpflege im Krieg verdient gemacht hatten.
Ehrungen
Schinkels stilbildendes Wirken in Preußen führte über seine berühmten Schüler Ludwig Persius und Friedrich August Stüler zu einer gestalterischen Tradition, die man rückblickend als Schinkelschule bezeichnet. In seiner Wohnung im zweiten Obergeschoß der Berliner Bauakademie wurde nur wenige Jahre nach seinem Tod von 1844 bis 1873 bereits das erste Schinkelmuseum eingerichtet.
Seit 1852 schreibt der Architekten- und Ingenieursverein zu Berlin mit dem Schinkelwettbewerb einen jährlichen Wettbewerb mit einem Preis für junge Architekten, Ingenieure und Künstler zu Ehren Schinkels aus.
Unter anderem ist es seinen Werken zu verdanken, daß Berlin Mitte bis heute ein touristischer Anziehungspunkt ist. Sein Denkmal – geschaffen von Friedrich Drake – steht deshalb seit 1996 wieder auf dem Schinkelplatz.
Am 2. März 2006 gab das Bundesministerium der Finanzen eine 10-Euro-Gedenkmünze zur Erinnerung an Karl Friedrich Schinkel heraus.
Literatur
- Hermann Ziller: Künstler-Monographien, XXVIII. Schinkel, mit 27 Abbildungen von Gemälden, Bauten, Skulpturen und Zeichnungen, Velhagen/Klasing 1897 (PDF-Datei)
- PDF Fritz Stahl: Berliner Architekturwelt. 10. Sonderheft „Schinkel“, 1912 Für Nicht-USA-Bewohner nur mit US-Proxy abrufbar! (Hinweis: Dreiteiliger Band: Schinkel, Wallot, Berliner Opernhaus)
- Sammlung architektonischer Entwürfe: enthaltend theils Werke welche ausgeführt sind theils Gegenstände deren Ausführung beabsichtigt wurde (Netzbuch)
- August Grisebach: Karl Friedrich Schinkel, in: Willy Andreas / Wilhelm von Scholz (Hgg.): Die Großen Deutschen. Neue Deutsche Biographie, Propyläen Verlag, Berlin, 4 Bde. 1935–1937, 1 Ergänzungsbd. 1943; Dritter Band, S. 140–150
Fußnoten
- Geboren 1781
- Gestorben 1841
- Deutscher Architekt
- Deutscher Maler
- Mitglied der Académie des Beaux-Arts
- Mitglied der Preußischen Akademie der Künste
- Mitglied des Deutschen Archäologischen Instituts
- Träger des Roten Adlerordens 2. Klasse
- Träger des Nordstern-Ordens (Ritter)
- Träger des Dannebrogordens
- Träger des Erlöser-Ordens (Komtur)
- Träger des Hausordens vom Weißen Falken (Ritter/Ritter I. Klasse)
- Karl Friedrich Schinkel