Gefecht bei Kitzen

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Der Überfall auf das Lützow'sche Freikorps bei Kitzen.jpg

Das Gefecht bei Kitzen am 17. Juni 1813 bei Kitzen in der Nähe von Leipzig war ein französischer Überfall auf das Lützowsche Freikorps, der die Freischar beinahe völlig aufrieb.

Geschichte

Mitte April 1813 hatte Napoleon Paris verlassen, Ende des Monats stand er bereits mit seinen Truppen in Erfurt, und am 2. Mai 1813 siegte er in der Schlacht bei Lützen über die miteinander Verbündeten der Preußischen Armee und der Kaiserlich Russischen Armee. Nach der Schlacht bei Bautzen am 21. Mai 1813 trat ein Waffenstillstand ein. Ludwig Adolf Wilhelm Freiherr von Lützow, der Anfang Juni mit seinem Korps vor Hof in Bayern lag, erfuhr hiervon und trat sofort den Rückmarsch nach dem rechten Elbufer an.

Es wurde ihm vom Feind (rheinbündische Württemberger unter Generalmajor Karl von Normann-Ehrenfels, der während der Völkerschlacht bei Leipzig am 18. Oktober 1813 zu den Alliierten übertrat) sicheres Geleit durch Sachsen zugesagt.

Das unter Lützow und dessen Adjutant Theodor Körner operierende Freikorps, „die schwarze Schar“ genannt, das sich nach dem Aufruf des Preußenkönigs Friedrich Wilhelm III.An mein Volk“ zu einer allgemeinen Landesverteidigung gegen die französischen Aggressoren im März 1813 in Breslau gebildet hatte, mußte sich laut Waffenstillstand bis zum 12. Juni 1813 auf preußisches Gebiet (rechts der Elbe) zurückziehen. Das erfuhren die Truppen allerdings erst am 14. Juni 1813 mit Gewißheit und machten sich mit einem sächsischen Marschkommissar auf den Weg von Plauen über Gera nach Zeitz. Napoleon befahl dem in Leipzig stationierten Herzog von Padua, entgegen allen Zusagen und völkerrechtswidrig, das Korps zu vernichten.

Der Herzog wiederum befahl General Fournier, der von diesem im Namen Napoleons den Befehl erhalten hatte, „die Räuberbande des schwarzen Korps einzufangen und niederhauen zu lassen“, mit der Aufgabe des heimtückischen Überfalls. 4.000 bis 5.000 Soldaten (1. französische Reiter-Division und die beiden württembergischen Reiter-Regimenter) verfolgten die 800 Männer Lützows, die am 17. Juni bei dem Dorf Kitzen, vier Stunden südwestlich von Leipzig gelegen, ein Biwak bezogen.

Lützow und Körner hielten sich an den Waffenstillstand und versuchten bei Kitzen, auf diplomatischem Wege die Verfolger vom Kampf abzubringen. Der arrogante Fournier, seiner zahlenmäßigen Übernacht bewußt, schleuderte Lützow jedoch entgegen: „L’armistice pour tout le monde, excepté pour vous!“ („Der Waffenstillstand gilt für alle, nur für Sie nicht!“)

Auf dem Rückweg von der Unterredung unter Parlamentärflagge wurden sie jedoch dem Kriegsrecht mißachtend am Biwak überfallen. Körner konnte schwer verwundet fliehen. Lützow geriet in Kriegsgefangenschaft, konnte aber in der Nacht fliehen. In den darauffolgenden Gefechten fielen 105 deutsche Freiheitskämpfer, 200 wurden verwundet, 150 (nach anderen Quellen 200) wurden gefangengenommen (wurden jedoch nicht als Kriegsgefangene behandelt, viele als Banditen ermordet), und gut 500 bis 600 konnten entweichen. Lützow und die Reste des Freikorps konnten sich in losen Verbänden über die Elbe in Sicherheit bringen.

Am 20. Juni 1813 ließ Napoleon, ohne den König von Sachsen zu benachrichtigen, Leipzig in den Belagerungszustand versetzen, da zu viele gefangene Lützower entkommen konnten, aber auch, weil in ganz Deutschland, aber auch in den Zeitschriften Frankreichs, der Überfall als ehrlos und schmachvoll angesehen wurde. Die Lützower erhielten einen Heldenmythos, auch wenn das Selbstbewußtsein des Freikorps sich nie ganz von der Niederlage erholte.

Schilderung

Quelle
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Am 14.06. erreichte von Lützow das erste offizielle Schreiben über den Waffenstillstand. Auf seine Ehre versicherte der sächsische Kriegsminister das ein solcher Vertrag abgeschlossen sei, der Minister schickte den Hauptmann Montbé und den Subdelegierten der vogtländischen Kreisstände von Gößnitz als Verpflegungskommissarius.

Im Artikel 10 des Vertrages heißt es:

Alle Truppenbewegungen werden so eingerichtet, daß eine jede Armee ihre neue Linie am 12. Juni einnimmt. Alle Korps oder Abteilungen der verbündeten Armee, welche jenseits der Elbe oder in Sachsen sein möchten, können und sollen in das preußische Gebiet zurückkehren.

Im Artikel 11 des Vertrages heißt es:

daß Offiziere von der französischen und verbündeten Armee gemeinschaftlich abgefertigt werden sollen, um den Feindseligkeiten auf allen Punkten durch Bekanntmachung des Waffenstillstandes Einhalt zu tun.

Den vorgegebenen Zeitplan einzuhalten war nicht mehr möglich, aber durch die Übersendung der sächsischen Offiziere glaubte sich Lützow in vertragsgemäßer Sicherheit und wählte den kürzesten Weg zur Elbe über Leipzig. Er trat seinen Rückmarsch am 15.06. an. In der ersten Phase mußte noch der Jäger Schmidt, der drei gefangengenommene, französische Gendarmen nach Gera bringen sollte, durch das energische Auftreten des Majors befreit werden. Der französische Kommandant von Gera lehnte es ab, einen französischen Marschkommissar mitzugeben, es sei ja schon ein sächsischer da. Am 16. Juni wurde ein Biwak bei Dresden bezogen. Am 17. Juni fand der Major die Stadt Zeitz mit württembergischen Truppen besetzt vor. Er umging die Stadt, zeigte aber den kommandierenden Obersten seine Marschrichtung an. Weiter ging es nach Groß-Görschen, der Ritt über das Schlachtfeld machte alle sehr nachdenklich.

Gegen 18.00 Uhr erreichte die Vorhut das Dorf Kitzen. Trotzdem drei Ulanen in einem Nachbardorf ohne Grund gefangengenommen wurden, verbot Lützow jede Repressalien bei strengster Strafe. Kaum waren alle Lützower im Dorf angekommen, wurde eine herannahende feindliche Kolonne gemeldet. Premierleutnant Kropff wurde als Parlamentär vorgeschickt und kam mit dem Oberst Becker wieder zurück. Der Oberst übermittelte den Befehl des Gouverneurs von Leipzig, dem General Arrighi, der Major möge dort stehen bleiben, wo ihn der Oberst antrifft und der General würde ihm Offiziere schicken, die ihn weiterleiten würden. Der Major und der Oberst gaben sich gegenseitig ihr Ehrenwort, keine Feindseligkeiten gegeneinander auszuüben und den Waffenstillstand einzuhalten.

Der Major schickte gemäß der Abmachung den Premierleutnant Kropff und den sächsischen Kommissar von Gößnitz nach Leipzig, um den Gouverneur um die Freilassung der Gefangenen Ulanen zu bitten und weiterhin die Offiziere zu schicken, um den Weitermarsch zu beginnen. Der General Arrighi erkannte den Premierleutnant nicht als Parlamentär an, er bezeichnete die Truppe des Majors als Brigands [Anm. Banditen] und außerhalb des Gesetzes stehend. Kropff wurde mehrfach aufgefordert, seinen Säbel abzugeben, dieser Aufforderung widerstand er solange bis man ihm das Ehrenwort gab, er erhalte den Säbel beim Verlassen der Räumlichkeiten zurück. Kaum getan kam die Meldung, die Lützower hätten angegriffen. Acht Grenadiere überwältigten daraufhin den Premierleutnant und er wurde auf die Pleißenburg gebracht.

Gegen 19.00 Uhr erhielt der Major im Biwak vor Kitzen die Meldung, daß sich eine Staubwolke auf das Dorf zu bewege. Er schickte umgehend einen Leutnant und einen Trompeter los, um Aufklärung zu erhalten. Der Major ritt auf die andere Seite des Dorfes, weil sich hier eine weitere feindliche Truppe formierte. Durch diese Bewegungen misstrauisch geworden, befahl der Major den Eskadrons sofort aufzusitzen und nach Altranstedt zu reiten. Der Major und sein Kavalleriebefehlshaber von Bornstaedt hatten in den letzten Tagen den Verdacht gewonnen, der Feind wolle sie zu einer Verletzung des Waffenstillstandes animieren. Von Bornstaedt erließ deshalb in Kitzen folgenden Befehl:

Noch einmal und zum letzten Mal muß ich es den Herren Eskadronchefs zur ausdrücklichen Pflicht machen, den Schwadronen laut und vernehmlich bekannt zu machen, daß unter den jetzigen Umständen jede feindliche Handlung an fremden Truppen mit dem Tode bestraft werden muß, auch dann, wenn der von feindlicher Seite Beleidigte, ohne vorher davon Anzeige gemacht zu haben, Gegenfeindseligkeiten ausübt. Die Sache ist zu wichtig, als daß ich nicht mit dem höchsten Ernst darauf bestehen sollte.
Kitzen, den 17. Juni 1813
v. Bornstaedt

Selbst bei Annäherung des Feindes sollte kein Alarmschuß abgegeben werden, sondern durch Ordonnanzen informiert werden. Obwohl das Netz der sich nähernde feindliche Truppen immer enger wurde, hielt sich Lützow an das gegebene Ehrenwort. Der vorausgeschickte Leutnant stieß auf einen Parlamentär, der im Auftrag des französischen Generals Fournier und des württembergischen Generals Normann den Major um eine Unterredung bat. Von den Leutnants Körner und von Oppeln begleitet ritt der Major den Generalen entgegen. Vor der Tete [Anm.: militärische Vorhut] der feindlichen Kavallerie ritt der General Normann, er erklärte der hinten reitende General Fournier sei der verantwortliche Befehlshaber und er habe die Aufgabe, das nächste Dorf zu besetzen.

Der Major und seine Begleiter mußten die ganze Kolonne durchreiten und fanden den französischen General ca. 100 Schritt hinter dem letzten Bagagewagen. Der Major sprach den General folgendermaßen an:

Ich befehlige das kombinierte Korps Preußen und Russen, welches sich im Rücken der französischen Armee befand und sich jetzt, zufolge des Waffenstillstandes, nach der Elbe begiebt. Ich habe in Gera und Zeitz, meinen Marsch angezeigt, und so hoffe ich denn, daß auch Sie, Herr General, mir keine Hindernisse in den Weg legen und nicht die Ehre der beiden Monarchen, deren Truppen ich kommandiere, antasten werden. Ebensowenig kann ich glauben, daß Sie etwas unternehmen werden, was meine persönliche Ehre kompromittieren könnte. Ich wünsche nichts, als laut den Bestimmungen des Waffenstillstandes sobald als möglich die Elbe zu passieren, ich sehe mich aber durch das fortwährende Vorrücken der Kolonne genötigt zu fragen, ob Sie mich angreifen wollen oder nicht?

Der General erwiderte:

Ich gebe Ihnen mein Ehrenwort, daß ich Sie nicht angreifen werde, wenn Sie ruhig auf der Straße nach Leipzig abziehen. Ich werde mit meinem Korps dorthin folgen.

Nach einem kurzen Halt begann die Lützower Kavallerie auf der Straße nach Leipzig abzuziehen. Während der Unterhandlung bemerkte der Major, daß die württembergischen Dragoner das Gewehr aufgenommen hatten und das sich die französischen Dragoner im zweiten Treffen in Trab setzten. Auf die Frage, was dies zu bedeuten hat, antwortete der General:

L’armisticc pour tout le monde, exepté pour vous!

Daraufhin wendeten der Major und seine Begleiter ihre Pferde und versuchten, die Tete der Lützower zu erreichen. Zur gleichen Zeit gab Fournier den Befehl zum Angriff. Die Lützower Kolonne war gemäß einem beabsichtigten Rückzug folgendermaßen aufgestellt:

an der Tete die Wagen mit der Infanterie
die russischen Kosaken
die Ulanen
die Husaren
die Jäger

Die zum Teil Marschlieder singende Kolonne wurde plötzlich von den württembergischen Reitern attackiert, den gegebenen Befehl noch im Ohr, blieben die Säbel in der Scheide, man glaubte immer noch an einen Irrtum. Diese auf der linken Seite vorgetragene Attacke wurde fast gleichzeitig auf der anderen Seite durch französische Dragoner vorgenommen. Nicht betroffen von diesem Angriff waren die Ulanen und Kosaken. Zugweise formierten sich diese und kamen ihren Kameraden zu Hilfe. Bei einer dieser Gegenangriffe gelang es ihnen, den verwundeten Major aus der Umklammerung zu befreien, damit sich dieser in Sicherheit bringen konnte. Weitere Attacken im Zusammenwirken mit den Kosaken zur Hilfeleistung der anderen Eskadrons waren auf Grund der Stärke des Feindes sowie der anbrechenden Dunkelheit nicht möglich.

Die Ulanen und alle zur Zeit nicht im Kampf stehenden Kosaken und Lützower zogen sich in nördlicher Richtung zurück. Durch den plötzlichen Angriff der württembergischen und französischen Dragoner, an die auf der rechten Seite der Straße befindlichen Häuser und Gärten gedrückt, war den Husaren und Jägern ein Entfalten nicht mehr möglich. Da es kein Pardon gab, verwandelte sich der Kampf in der Dunkelheit in ein wüstes Handgemenge, den die Lützower schließlich auf Grund der Stärke des Gegners verloren. Der Verlust an Toten und Verwundeten betrug 305 Mann. Die aus ehemaligen Rheinbundsoldaten bestehende Infanterie hatte beim ersten Angriff des Feindes die Flucht ergriffen und ließ sich trotz aller Anstrengungen des kommandierenden Offiziers nicht wieder formieren. Einigen Husarenoffizieren, Husaren und Jägern gelang es, sich im Schutze der Dunkelheit einen Weg durch die Gehöfte zu erkämpfen, die Saale zu erreichen und dann über die Elbe zu gehen. Einem weiteren Trupp Husaren und Jägern gelang es, sich auf der Straße nach Leipzig durchzuschlagen. Sie waren immer noch der Meinung, daß der Überfall auf einem Mißverständnis untergeordneter Führer beruhte und wollten von General Arrighi in Leipzig Genugtuung fordern, der ließ sie aber entwaffnen und auf die Pleißenburg führen. Hier wurden sie nicht wie Soldaten einer regulären Armee behandelt, sondern, wie es eine Weisung Napoleon festlegte, wie Briganten. Selbst die Verwundeten erhielten keine ärztliche Fürsorge, wurden in eine Kirche gesperrt und waren auf das Wohlwollen der Leipziger angewiesen. Die Zahl der nach Leipzig gebrachten Gefangenen belief sich auf 200 Mann.

Die Fürsorge der Leipziger gegenüber den Lützowern war ohne Gleichen, Ärzte bemühten sich um die Verwundeten, Frauen brachten Kost und schmuggelten Zivilkleidung. So entflohen viele Lützower in der abenteuerlichsten Verkleidung. Der Schwund an Gefangenen veranlaßte die Franzosen, den Rest in Richtung Frankreich zu schicken. Es gab strenge Anweisungen, jeden fliehenden Gefangenen zu erschießen, einige in Zivilkleidung aufgegriffene Lützower kamen auf die Gefangenengaleere. Major von Lützow schaffte es, sich in Begleitung des Jägers Ihn nach Genthin durchzuschlagen, hier traf er auf die Ulanen-Eskadron, die der Oberjäger Berzwarzowski mit Schneid und umsichtiger Führung hierher gebracht hatte. Theodor Körner lag schwer verwundet auf den Gefechtsfeld, nachdem er wieder zu sich kam, schleppte er sich in einen nahe gelegenen Wald. Hier fanden ihn die Kinder eines Tagelöhners aus Groß-Zochen. Der Tagelöhner brachte Theodor in sein Haus und benachrichtigte den Dr. Wendler, einen Freund der Familie Körner.

Quelle: Geschichte des Königlich Preußischen Freikorps Freiherr Adolf von Lützow, Interessen-Gemeinschaft „Lützower Freicorps 1813“


Literatur

  • Ein Streifzug der Lützow’schen Reiterschaar und der Überfall bei Kitzen. Geschildert von einem alten Lützower, 1863 (PDF-Datei)
  • Hartmut Bücker / Dieter Härtig: Das Gefecht bei Rippach am 1. Mai 1813, die Schlacht bei Großgörschen am 2. Mai 1813 und der Überfall auf das Lützow’sche Freikorps bei Kitzen am 17. Juni 1813: nach den Originalquellen und zeitgenössischen Dokumenten neu bearbeitet mit Reproduktionen, ISBN 3-00-013903-6