Bokowa, Irina

Aus Metapedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

Irina Georgiewa Bokowa, auch Irina Georgieva Bokova (geb. 12. Juli 1952 in Sofia, Bulgarien) ist eine Politikerin der Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP) und Diplomatin. Bis zum November 2017 war sie Generaldirektorin der NWO-Einheit UNESCO.

Werdegang

Irina Georgiewa Bokowa wurde am 12. Juli 1952 in Sofia geboren. Ihre Familie gehörte in Bulgarien der kommunistischen Nomenklatura an. Bokowas Vater Georgi Bokow (* 1920; † 1989) war Journalist und als Mitglied des ZK-Sekretariats (1968–1976) ein hochrangiger KP-Funktionär. 1958 bis 1976 leitete er als Chefredakteur das Parteiorgan „Rabotnitschesko Delo“, anschließend war er Präsident der Nachrichtenagentur „Sofia Presse“. 1960-1976 hatte Bokow zudem den Vorsitz der Bulgarischen Journalisten-Union inne. Bokowas Bruder ist Diplomat. Er war politischer Berater des bulgarischen Präsidenten Georgi Parwanow und des (2009 abgewählten) sozialistischen Ministerpräsidenten Sergej Stanischew.[1]

Die Stellung ihres Vaters erleichterte Irina Bokowa den Zugang zu einer privilegierten Ausbildung. Sie legte 1971 ihr Abitur am englischsprachigen Gymnasium in Sofia ab und studierte in der damaligen Sowjetunion am prestigeträchtigen Moskauer Institut für Internationale Beziehungen (MGIMO), einer führenden Kaderschmiede für Diplomaten, wo sie 1976 einen Master-Abschluß (MBA) erwarb. In den Vereinigten Staaten von Amerika absolvierte sie 1989 an der University of Maryland (School of Public Affairs) ein mehrmonatiges Studienprogramm zum Thema VS-Außenpolitik und im Nov./Dez. 1999 an der Harvard University (John F. Kennedy School) eine Fortbildung für Führungskräfte. Zudem studierte sie im Rahmen eines Förderprogramms der Nordatlantikallianz (NATO) für die osteuropäischen Länder 1992–1994 die Funktion demokratischer Institutionen mit Fokus auf Minderheitenschutz.

Wirken

Bokowa hatte alle Kaderschmieden durchlaufen.[2] Von den Verbrechen der totalitären Zeit habe sich die Politikerin und Diplomatin niemals distanziert.

Bis zum Zusammenbruch des kommunistischen Regimes 1989 war Bokowa Mitglied der Kommunistischen Partei (KP) Bulgariens. 1977 begann sie ihre Karriere im diplomatischen Dienst in der Hauptstadt Sofia, arbeitete von September 1982 bis Januar 1984 in der ständigen Vertretung Bulgariens bei den Vereinten Nationen (UNO) in Neuyork und kehrte dann ins bulgarische Außenministerium nach Sofia zurück.

Bei den ersten demokratischen Parlamentswahlen wurde Bokowa im Juni 1990 als Abgeordnete der aus der KP hervorgegangenen Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP) in die verfassunggebende Volksversammlung gewählt. Nach den Neuwahlen im Oktober 1991 schied sie aus dem Parlament aus. Stärkste Kraft war nun die Ende 1989 gebildete anti-kommunistische Union Demokratischer Kräfte (UDK/SDS), die die erste Nachkriegsregierung ohne kommunistische Beteiligung stellte.

Mit den Wahlen im Dezember 1994 kehrten die Sozialisten an die Macht zurück. Im Kabinett des BSP-Ministerpräsidenten Schan Widenow amtierte Bokowa von Juni 1995 bis Februar 1997 als Staatssekretärin für Europäische Integration sowie stellv. Außenministerin und war für die Beziehungen zur Europäischen Union (EU) zuständig. Im September 1995 vertrat sie Bulgarien bei der UN-Weltfrauenkonferenz in Peking. Bei der Präsidentenwahl im Herbst 1996 kandidierte sie als „Vize“ an der Seite des BSP-Bewerbers Iwan Marasow, der allerdings in der Stichwahl gegen Petar Stojanow (SDS) unterlag. Von November 1996 bis Februar 1997 stand sie nach dem Rücktritt von Außenminister Georgi Pirinski interimistisch an der Spitze des Ressorts. Bulgarien wurde damals vor dem Hintergrund einer tiefen Finanz- und Wirtschaftskrise von innenpolitischen Unruhen erschüttert. Nach dem Abtritt der Widenow-Regierung fungierte Bokowa im Übergangskabinett von Premier Stefan Sofijanski und in der nach den vorgezogenen Neuwahlen vom April 1997 amtierenden Regierung unter Iwan Kostow (jew. SDS) bis September 1997 als Beraterin im Außenministerium.

1997 war Bokowa an der Gründung des „European Policy Forum“ beteiligt, das sich für die Integration Bulgariens in die EU und NATO einsetzte. Im Juni 2001 zog die überzeugte EU-Europäerin erneut ins Parlament ein und wurde zur stellv. Vorsitzenden des außenpolitischen Ausschusses gewählt. Ab Juni 2005 war sie dann Botschafterin Bulgariens in Frankreich und Monaco sowie bei der UNESCO, der UN-Sonderorganisation für Bildung, Wissenschaft und Kultur mit Sitz in Paris.

In der Öffentlichkeit bis dahin weitgehend unbekannt, wurde Bokowa im September 2009 überraschend zur neuen Generaldirektorin der UNESCO gewählt. Sie setzte sich dabei im fünften Wahlgang einer Kampfabstimmung im Exekutivrat mit 31 zu 27 Stimmen gegen den zunächst favorisierten ägyptischen Kulturminister Faruk Hosni durch. Dieser war wegen antiisraelischer Äußerungen (→ Antisemitismus) in die Kritik geraten,[3][4] weshalb verschiedene Menschenrechtsorganisationen, Intellektuelle und Politiker dazu aufgerufen hatten, Hosni nicht zu wählen. Auf ihrer Bewerbungstour hatte Bokowa 74 Länder besucht. Allerdings war die Nominierung Bokowas als Tochter eines einstigen KP-Funktionärs in ihrer Heimat nicht unumstritten. So sprach der in Bulgarien geborene deutsche Schriftsteller Ilija Trojanow von einem „Hohn für die Opfer“ des Kommunismus.[5] Sie selbst betonte hingegen, sie habe aktiv an der politischen Transformation zu einem pluralistischen System in Bulgarien mitgearbeitet.[6]

Die UNESCO-Generalkonferenz bestätigte Bokowas Wahl im Oktober, womit sie am 15. November 2009 den Japaner Koichiro Matsuura an der Spitze der UNESCO ablöste. Sie amtierte bis November 2017.

Irina Bokowa gelang es nach Einschätzung politischer Beobachter, mit Bildungsprogrammen für Mädchen und Frauen neue Prioritäten in der Organisation zu setzen, außerdem schuf sie die Stelle eines Sonderbeauftragten für das Erinnern an den Holocaust.[7] Sie unterzeichnete mit Israels ständigem Vertreter bei der Weltbildungsorganisation UNESCO im März 2011 ein Abkommen, das die Entwicklung und Förderung des Holocaust-Unterrichts unterstützt und weltweit verbindlich zu machen sucht.

Wiederholt wurde die Arbeit der UNESCO vom ungelösten Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern überschattet. In schwere Finanznöte geriet die Organisation, als die mit Israel verbündeten VSA ihre Beitragszahlungen einstellten, nachdem Palästina im Oktober 2011 als 195. Vollmitglied in die UNESCO aufgenommen wurde, ohne selbst UN-Mitglied und universell als Staat anerkannt zu sein. Auf der UNESCO-Generalkonferenz votierten 107 Mitgliedstaaten dafür, auch Bokowa hatte sich für die Aufnahme Palästinas eingesetzt. Allerdings steuerten die VSA bis dahin ca. 22 % zum Gesamtetat der Organisation bei. Bokowa verordnete ihr daher einen radikalen Sparkurs und musste mit einem Nothaushalt auskommen, teils finanziert von Saudi-Arabien, Katar und China, die nur zweckgebundene Mittel gaben, womit die UNESCO kaum frei verfügbare Gelder hatte.

Im Oktober 2013 wurde Bokowa für eine weitere Amtszeit bestätigt, wobei sie sich gegen den dschibutischen Botschafter Rachad Fahrah und den franko-libanesischen Intellektuellen Joseph Maïla durchsetzte. Manche Kritiker warfen ihr jedoch vor, sie betreibe einen „schwer erträglichen Personenkult“ und sei „eher Teil des Problems als der Lösung“ der Krise, in der sich die UNESCO befand.[8]

Im Oktober 2016 wählte die UN-Vollversammlung jedoch den fr. portugiesischen Ministerpräsidenten und ehemaligen Chef des UN-Flüchtlingshilfswerks, António Guterres, zum neuen UN-Generalsekretär.

Für Empörung in Israel sorgte die Anerkennung der Altstadt von Hebron und des dort liegenden Patriarchengrabes als palästinensisches Weltkulturerbe durch die UNESCO im Juli 2017. Das Patriarchengrab, ein jüdisches Heiligtum, befindet sich im selben Bauwerk wie die Ibrahimi-Moschee; die Stadt Hebron ist seit 1998 zweigeteilt, wobei der israelisch kontrollierte Teil die Altstadt umfasst.

Im Oktober 2017 gab die im Januar neu angetretene republikanische VS-Administration bekannt, daß die VSA die UNESCO zum Jahresende verlassen und nur noch einen Beobachterstatus behalten werden. Begründet wurde dies u. a. mit den in der UNESCO angeblich zunehmend vertretenen antiisraelischen Positionen, kurz darauf erklärte auch Israel seinen Austritt. Allerdings war es nicht das erste Mal, daß die VSA der UNESCO den Rücken kehrten: Auch 1985–2002 gehörten sie der Organisation nicht an.

Im Oktober 2017 beschloss der UNESCO-Exekutivrat die Nachfolgeregelung für Bokowa, die nach zwei Amtszeiten nicht erneut antreten durfte. Hierbei setzte sich die frühere Kulturministerin Frankreichs Audrey Azoulay (Jüdin)[9] mit 30 zu 28 Stimmen gegen den katarischen Kandidaten Hamad Bin Abdulaziz Al-Kawari durch und wurde später auch von der Generalversammlung bestätigt, so daß sie Bokowa am 15. November 2017 ablöste.

Auszeichnungen

Orden „Stara Planina“/Bulgarien (2014), Kommandeur d. frz. Ehrenlegion (2015), zahlr. weitere ausländ. Verdienstorden; Freedom Award/International Peace Center Sarajevo (2012), International Distinguished Service Award/ Simon Wiesenthal Center (2015), Global Women's Leadership Award (2016), Premio Marisa Bellisario (2016); zahlr. Ehrendoktorate u. Ehrenprofessuren

Netzwerke

Gründerin Bulgarian National Heritage Association u. Democratic Union of Women, Harvard Club of Bulgaria (stv. Vorsitz 2001–2005), National Association of International Relations, Bulgarian Diplomatic Society, Bulgarian Atlantic Club, Union of Bulgarian Journalists, Jury-Mitgl. des Internationalen Nürnberger Menschenrechtspreises (seit 2008)

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 43/2009
  2. Deutschlandradio Kultur: Die bulgarische Politikerin und Diplomatin habe vor der Wende als Tochter eines kommunistischen Chefredakteurs alle Kaderschmieden durchlaufen.
  3. UNESCO-Chefin Irina Bokowa hatte sich in der Stichwahl gegen Faruk Hosni durchgesetzt, dem judenfeindliche Äußerungen vorgeworfen worden waren.
  4. http://de.metapedia.org/m/index.php?title=Diskussion:UNESCO&diff=94594&oldid=94042
  5. FAZ, 25. September 2009
  6. NYT, 24. September 2009
  7. Süddeutsche Zeitung, 26. Mai 2015
  8. WELT, 19. November 2013
  9. Audrey Azoulay ist jüdisch-marokkanischer Herkunft.