Schirlitz, Ernst
Ernst Wilhelm Schirlitz ( 7. September 1893 in Christburg, Westpreußen; 27. November 1978 in Glücksburg) war ein deutscher Offizier der Kaiserlichen Marine, der Reichsmarine und der Kriegsmarine, zuletzt Vizeadmiral, Festungskommandant La Rochelle und Ritterkreuzträger im Zweiten Weltkrieg.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
- 1. April 1912 Eintritt in die Kaiserliche Marine als Seekadett
- Bordausbildung auf dem Großen Kreuzer SMS „Hertha“
- 8. März 1913 bis 3. August 1914 Besuch der Marineschule Mürwik und Spezielle Kurse
Erster Weltkrieg
- 4. August 1914 bis Januar 1915 Dienst auf der SMS „Freya“, der SMS „Friedrich Carl“ und der SMS „Fürst Bismarck“[1]
- Januar 1915 Versetzung zur Marine-Luftschiffer-Abteilung, Dienst als Wachoffizier (WO) auf den Luftschiffen „L 7“, „L 20“ und „L 33“ (seit 2. September 1916)
- Aufklärungseinsätze in der Nordsee und Angriffe auf England
- 24. September 1916 bis 3. Dezember 1919 in britische Kriegsgefangenschaft
L 33 über England (24. September 1916)
Luftschiff Zeppelin (LZ) 76 (Marineluftschiff L 33 Typ R) unter Kapitänleutnant der Reserve Alois Böcker befand sich am 24. September 1916 auf der ersten Feindfahrt gegen England. Ziel waren die Industrieanlagen in Ost-London (Bromley and Bow). Heftige Schiffsartillerie durch Zerstörer der Royal Navy konnten die Schiffe ausweichen. Um 22.30 Uhr näherten sich deutsche Marine-Luftschiffe England, L 33 machte um 22.40 Uhr als erstes Schiff der südlichen Luftschiffgruppe nördlich der Themsemündung (bei Foulness) Landfall. L 13, L 14, L 16, L 17, L 21, L 22, L 23, L 24, L 30, L 31 und L 32 folgten. Nur die großen Zeppeline (L 30, L 31, L 32 und L 33) attackierten London, die anderen acht, die älteren und langsameren, griffen die Midlands und den Nordosten an. Der bekannte Haudegen Kapitänleutnant Heinrich Mathy ( 4. April 1883 in Mannheim) von L 31 hatte die Führung. Mathy fiel eine Woche später am 2. Oktober 1916 in Potters Bar, England. Nachdem L 31 in Brand geschossen wurde und zur Erde stürzte, sprang er ab. Er soll nach dem Aufprall noch wenige Minuten gelebt haben.
Kapitänleutnant d. R. Böcker entschloß sich, London aus Richtung der stark verteidigten östlichen Vororte anzugreifen. L 33 konnte zwischen 0.12 und 0.40 Uhr erfolgreich 2 300-kg-Bomben, 8 100-kg-Bomben, 22 50-kg-Bomben und 20 Brandbomben abwerfen. Die ganze Zeit war das Schiff von 30 britische Flak-Scheinwerfer hell erleuchtet. Die Engländer protokollierten alleine durch L 33 große Schäden, insbesondere brannte das Öllager „Homelight Oil Co.“ (British Petroleum Company) in Old Ford Road lichterloh, ebenso gab es elf Tote und 26 Verletzte.
L 33 wurde nun auf 4.000-Meter-Höhe heftig beschossen und die Besatzung kämpfte um ihr Überleben. Die Flak verwendete Brandgeschosse, die sich in den letzten Monaten als sehr wirksam gegen Zeppeline erwiesen hatten. Die Gaszellen waren zwar von der Hülle getrennt, waren aber sehr anfällig. Das Royal Flying Corps (RFC) war schon seit 23 Uhr auf der Suche nach den eingedrungenen Luftschiffe. Nun wurde auch L 33 gesichtet (von Nachtjägern des „39 Home Defence Squadron“ von Hainault Farm aus) und aus großer Entfernung beschossen. Die Maschinengewehre des Luftschiffes konnten wegen ausströmenden Gases nicht verwendet werden. Das Schiff fiel in vier Minuten 1000 m durch, dann immer schneller. Um 0.33 Uhr verloren die Engländer das Schiff aus den Augen, ansonsten hätte L 33 das Schicksal von L 32 geteilt, das Luftschiff war um 0.45 Uhr von den Suchscheinwerfern erfaßt worden, wurde dann von dem RFC gejagt und mit Brandmunition (Brock-Geschosse) beschossen. Das Schiff unter Oberleutnant zur See Werner Peterson brandte und stürzte um 1.15 Uhr zur Erde. Alle Besatzungsmitglieder fielen, manchen sprangen in den Tod statt zu verbrennen.
Der Wind trieb das Luftschiff Seiner Majestät (SM) „L 33“ Richtung Nordosten. Um 2.10 Uhr (nach Böcker, während die Engländer 1.10 Uhr angeben), nur wenige Kilometer von der Küste entfernt, erfolgte die Strandung von L 33 aus 150 m (durch eine starke Böe senkrecht nach unten gedrückt) auf einem Feld bei New Hall Cottages, Little Wigborough, rund 10 Kilometer südöstlich Colchester in Essex. Kommandant Böcker, Leutnant zur See Schirlitz (der von Böcker in seinem 1917 aus der Schweiz herausgeschmuggelten Geheimbericht besonders gewürdigt wurde) und die restlichen 20 Besatzungsmitglieder waren insgesamt heil geblieben, wenngleich mehrere Brandwunden hatten und Maschinen-Maat Piepkorn einen Rippenbruch erlitt. Die Geheimsachen wurden in der vorderen Gondel zusammengelegt, mit Benzin übergossen und in Brand gesteckt. Nun machten sich die Deutschen auf den Weg Richtung Peldon zur Küste in der Hoffnung, ein Boot zu finden, mit dem sie (über die Nordsee nach Belgien) in die Heimat fahren könnten.
Die Polizei unter Special Constable Edgar Nicholas war den Deutschen jedoch dicht auf den Fersen und konnte die Männer stellen. Zuerst sprach Böcker mit Nicholas in perfektem Englisch und versuchte, ihn zu täuschen. Nicholas wurde mißtrauisch, ging aber mit Special Constable Elijah Taylor und Sergeant Ernest Edwards von Hatfield Board Oak erst einmal ebenfalls nach Peldon, wo die Deutschen dann vor dem Postamt offiziell, aber höflich festgenommen wurde. Anschließend wurden sie nach durch Pc Charles Smith, Special Constables Fairhead, Clement Hyam, Charles King, Elijah Taylor, Joseph May, Horace Charles Meade, Harry Beade und Edgar NicholasMersea Island verbracht, wo sich die Militärgarnison befand. Später ging es dann für die Gefangenen nach Colchester.[2] Später wurde in Great Wigborough ein Mädchen geboren und von den Eltern „Zeppelina“ genannt, als Dank an die Deutschen, die in Little Wigborough durch kräftiges Klopfen alle Bewohner gewarnt hatten, daß sie das Luftschiff in Brand setzen werden und dies ggf. für das Dorf gefährlich werden konnte. Die Häuser blieben intakt, nur die Farbe wurde vereinzelt in Mitleidenschaft gezogen. Zeppelina Clark, verheiratete Williams verstarb 2004.[3]
SM L 33 wurde von den Engländern vermessen, auch einer der sechs Maybach-Motoren zu 240 PS konnte erbeutet werden, und diente als Vorbild für die englischen Starrluftschiffe R33 und R34 (die Konstruktion des Schiffes wurde weitgehendst 1:1 von dem deutschen Schiff kopiert), die 1919 als erstes Luftschiff den Atlantik überquerte. Kapitänleutnant der Reserve Alois Böcker, der schon im Rahmen der Schlacht am Skagerrak mit L 14 Aufklärung und Angriffe flog, wurde wie alle seine Männer, bis auf Leutnant zur See Ernst Schirlitz, in die Schweiz verbracht, dort interniert und gegen britische Gefangene ausgetauscht; die meisten noch 1917, Böcker bis April 1918, um dann wieder Luftschiffkommandant. Mit Wirkung vom 31. Dezember 1917 wurde ihm das Ritterkreuz des Königlichen Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern verliehen.
Geheimbericht
Reichsmarine und Kriegsmarine
- Nach einem Urlaub und der Übernahme in die Vorläufige Reichsmarine Versetzung zur Küstenwehrabteilung Cuxhaven, später Versetzung zur Schiffsstammdivision der Nordsee
- 1. April 1921 Adjutant der I. Abteilung/Schiffsstammdivision der Nordsee
- 20. März 1922 Kompanieführer in der I. Abteilung/Schiffsstammdivision der Nordsee
- 28. September 1922 Wach- und Rollenoffizier auf dem Linienschiff „Braunschweig“
- 16. März 1925 Erster Adjutant im Stab der Kommandantur Wilhelmshaven
- 2. Oktober 1927 Kompaniechef in der II. Marine-Artillerie-Abteilung
- 26. September 1929 Wachoffizier auf dem Linienschiff „Schleswig-Holstein“
- 25. Februar 1930 Wachoffizier auf dem Linienschiff „Hannover“
- 1. Oktober 1930 Berater in der Marineabwehrabteilung der Marineleitung
- 29. September 1934 Erster Offizier (IO) auf dem Panzerschiff „Deutschland“
- 23. September 1936 bis 16. Mai 1938 Chef des Stabes beim II. Admiral der Nordsee (später vorübergehend in II. Admiral der Nordseestation umbenannt)
- zugleich Leiter des Abwicklungsamtes der Kriegsmarine
- 8. Juni 1938 bis 23. September 1939 Chef des Stabes bei der Inspektion des Bildungswesens der Marine
- 1. bis 20. August 1938 zugleich stellvertretender Inspekteur des Bildungswesens
- 24. September 1939 Chef des Stabes beim Befehlshaber der Sicherung der Ostsee
- 28. Oktober 1939 Chef des Stabes beim Unternehmen „Seelöwe“
- 1. April bis 25. August 1940 erneut stellvertretender Inspekteur des Bildungswesens
- 15. April 1942 zur Verfügung des Kommandierenden Admirals der Marinestation der Nordsee gestellt
- 14. Mai 1942 zur Verfügung des Marinebefehlshabers Westfrankreich gestellt
- 16. Juni 1942 Kommandant der Seeverteidigung Bretagne
- 1. März 1943 Kommandierender Admiral Atlantikküste
- 20. August 1944 bis 9. Mai 1945 zugleich Festungskommandant in La Rochelle
Nachkriegszeit
Am 9. Mai 1945 geriet Schirlitz in Kriegsgefangenschaft, aus der er am 13. Oktober 1947 entlassen wurde. Danach war er einige Jahre als Angestellter in Kiel tätig und lebte hier seit 1951 als Pensionär.
Tod
Vizeadmiral a. D. Ernst Schirlitz verstarb am 27. November 1978. Die Trauerfeier und Beisetzung fand am 30. November 1978 auf dem Kieler Nordfriedhof mit militärischen Ehren durch eine Abordnung der Marine der Bundeswehr statt.
Bildergalerie
Auszeichnungen (Auszug)
Beförderungen
- 1.4.1912 Seekadett (Crew 1912)
- 12.4.1913 Fähnrich zur See
- 22.3.1915 Leutnant zur See
- 21.8.1919 Oberleutnant zur See mit Rangdienstalter vom 25.12.1917
- 1.4.1923 Kapitänleutnant
- 1.12.1930 Korvettenkapitän
- 1.4.1936 Fregattenkapitän
- 1.10.1937 Kapitän zur See
- 1.3.1942 Konteradmiral
- 1.4.1943 Vizeadmiral
- Eisernes Kreuz (1914) II. und I. Klasse[4]
- Hanseatenkreuz Lübeck[4]
- Erinnerungsabzeichen für die Besatzung der Marineluftschiffe
- am 1. August 1920 von Reichswehrminister Otto Geßler gestiftet
- Ehrenkreuz für Frontkämpfer am 9. Oktober 1934
- Wehrmacht-Dienstauszeichnung, IV. bis I. Klasse
- Wiederholungsspange (1939) zum Eisernen Kreuz II. und I. Klasse (1914)
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse mit Schwertern
- Deutsches Kreuz in Gold am 1. Dezember 1944[5] als Vizeadmiral und Kommandierender Admiral Atlantikküste sowie zugleich Festungskommandant La Rochelle
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 11. März 1945[5] als Vizeadmiral und Kommandierender Admiral Atlantikküste sowie zugleich Festungskommandant La Rochelle
Verweise
- Zeppelin Attack! The Battle to Destroy L-33, YouTube-Film (englischsprachig)
Fußnoten
- Geboren 1893
- Gestorben 1978
- Deutscher Offizier
- Leutnant zur See (Kaiserliche Marine)
- Korvettenkapitän (Reichsmarine)
- Vizeadmiral (Kriegsmarine der Wehrmacht)
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Person im Zweiten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Träger des Ritterkreuzes des Eisernen Kreuzes
- Träger des Deutschen Kreuzes in Gold
- Träger des Hanseatenkreuzes (Lübeck)