Neubert, Erwin

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Nachruf

Erwin Fritz Neubert (Lebensrune.png 21. Juni 1925 in Bethel, Bielefeld; Todesrune.png 10. Dezember 1953 tödlich abgestürzt am Llullaillaco) war ein deutscher Offizier der Waffen-SS und in der Nachkriegszeit Mitarbeiter der Monatszeitschrift Der Weg – El Sendero in Buenos Aires (Dürer-Verlag), wo er vor allem für die Sparte Weltgeschehen geschrieben hat.

Erinnerungen

Dieter Vollmer, damals ebenfalls Weg-Mitarbeiter, schrieb 1993 in seinen Erinnerungen u. a.:

„Erstaunlich rasch arbeitete sich in diese komplizierten Zusammenhänge auch der junge Erwin Neubert ein, der – als Spätheimkehrer aus sowjetischer Gefangenschaft [sic!; laut Nachruf amerikanischer Gefangenschaft] – gerade erst herübergekommen war und eine echte Bereicherung unseres Redaktionsstabes darstellte. Er beherrschte bald die vielfältigen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen den maßgebenden New Yorker Bankhäusern und Pressedynastien so gut, daß er sie aus dem Kopf hersagen konnte. Die Kollegen von der Redaktion der ‚Freien Presse‘ und des ‚Argentinischen Tageblatts‘ in Buenos Aires (der beiden deutschsprachigen Tageszeitungen) zogen ihn gelegentlich damit auf, die der ‚Freien Presse‘, weil sie die Bedeutung nicht begriffen die des ‚Tageblatts‘ (Chefredakteur Aleman), weil sie sie nur zu gut kannten.
Neubert las täglich den ‚Congressional Record‘, auf den wir abonniert waren, die Tag für Tag veröffentlichten Sitzungsprotokolle sowohl des Senats der USA als auch des Abgeordnetenhauses mit dem vollständigen Wortlaut aller dort gehaltenen Reden. Fand er darin etwas, das für uns von Bedeutung schien, machte er von Leers darauf aufmerksam, der es dann entsprechend einzuordnen und auszuwerten wußte. Außerdem informierten wir uns an Hand der in den USA erscheinenden Zeitschrift ‚Common sense‘, die aus christlicher Sicht die nichtchristlichen Hintergründe der amerikanischen Innen- und Außenpolitik enthüllte, insbesondere die Begünstigung und Förderung des Kommunismus, und an Hand des Pressedienstes ‚Williams Intelligence Digest‘, der dasselbe im nationalamerikanischen Interesse und aus subtiler Sachkenntnis tat (Williams war ehemaliger Spionageabwehroffizier). So konnten wir recht gut vom Süden her hinter die Kulissen der USA und ,jener‘ Institutionen schauen, die sich dort eingenistet hatten. Von Europa aus sah (und sieht) man gewissermaßen nur die Fassade, das ‚make up‘. [...]
Das Augustheft unserer Zeitschrift stellten wir unter das Thema Nordamerika und statteten es mit einer doppelseitigen Kartenskizze aus, in der Verkehrswege, Bodenschätze, Rüstungs- und Atomtestzentren verzeichnet waren. Den sehr kritischen Leitartikel schrieb Friedrich Damok über ‚Von der Freiheit zur Vermassung‘. Er arbeitete darin den unversöhnlichen Gegensatz zwischen dem amerikanischen Liberalismus und wirklicher Freiheit der Persönlichkeit und der Völker heraus. Professor von Leers schilderte die Situation der amerikanischen Neger, der Nachkommen der Sklaven, und ein Auszug aus dem Buch ‚Spanischer Sommer‘ von Severin Reinhard (René Sonderegger), das gerade eben in zweiter Auflage in unserem Parallelverlag, dem Prometheus-Verlag Buenos Aires erschienen war, beleuchtete den maßgebenden Einfluß der zumeist jüdischen Bankhäuser auf die amerikanische Politik.. Das ‚Portrait des Monats‘ war Dwight D. Eisenhower gewidmet, und unser jüngster Redakteur, Erwin Neubert, analysierte aufgrund sehr gewissenhaft zusammengetragenen Zahlenmaterials die Nachwirkungen von RooseveltsNew Deal‘ auf die Entwicklung der amerikanischen Wirtschaft. Er hatte auch den ausführlichen Kommentar zu der Kartenskizze erarbeitet.
Diese sorgfältigen Recherchen erregten verständlicherweise – auf dem Höhepunkt des ‚kalten Krieges‘ – die Aufmerksamkeit der sowjetischen Botschaft in Buenos Aires, wo man sich fragen mochte, woher Neubert sein so detailliertes Material bekäme. Noch lebhafter wurde das Interesse der Sowjets, als wir dann im übernächsten, d.h. dem Oktoberheft, eine ebenso sorgfältig erarbeitete Kartenskizze der arabischen Staaten von Marokko bis zu den südlichen Gebieten der UdSSR, wiederum mit genau detaillierten Angaben, veröffentlichten, auf Quellen aus den USA gestützt. In diesen kritischen Monaten wurde spürbar, daß Perón im Stillen seine schützende Hand über unsere Arbeit hielt. Andernfalls hätten wir wohl mit akuten Störaktionen rechnen müssen, mit Agenten- und Sabotageaktionen. [...]
Da nach dem Orientheft ohnehin eins über den Staat Israel angebracht erschien, galt es, diesem die notwendige Schärfe zu geben. Als Titelgraphik ließ ich unseren Zeichner Wolters die USA und die Sowjetunion an zwei Ketten an dem kleinen Israel aufhängen, um die Abhängigkeit zu veranschaulichen, und darunter die Abwehrfront der ‚anderen‘ als stachelbewehrten Ring setzen.
Es folgten einige bezeichnende Zitate aus den ‚Protokollen der Weisen von Zion‘, deren inzwischen verwirklichter Inhalt die Frage nach echt oder unecht erübrigt. Den Leitartikel schrieb ich selbst und nannte ihn ‚Weltzerstörer‘. Veranstaltete doch damals gerade Prof. Edward Teller seine Kette von Wasserstoffbomben-Tests in der Stratosphäre, mit denen er zeitweilig den magnetischen van-Allen-Schutzgürtel der Erde gegen die kosmische Strahlung durchbrach. Neben diesen Artikel setzte ich ein ganzseitiges Bild der Brüder Bernard und Hermann Baruch und dahinter einen Aufsatz über Auserwähltheitsglauben und Weltherrschaftsstreben. Auch einen Brief von Frau Dr. Mathilde Ludendorff, der eigene Veröffentlichungen von der Besatzungsmacht untersagt waren, enthielt das Heft, ferner statistisches Material über die Entwicklung des Staates Israel von Erwin Neubert[1], ein ‚Portrait des Monats‘, das diesmal Chaim Weizman gewidmet war, einen Bericht über das Wiedererstehen der Freimaurerlogen in Deutschland und schließlich eine vernichtende Abfuhr über die ‚moderne Kunst‘.
Das ganze Heft war eine geballte Ladung, durchaus geeignet, heute, im Jahre 1993, hier in der Bundesrepublik Deutschland Verleger, Redakteur und Autoren für lange Zeit hinter Schloß und Riegel zu bringen. [...]
Eberhard Fritsch mußte seine Reisetätigkeit erheblich einschränken und die Redaktion der Zeitschrift wieder selbst übernehmen, weiterhin tatkräftig unterstützt von Prof. von Leers und von Erwin Neubert, der sich immer unentbehrlicher machte. Er schrieb nicht nur allmonatlich das ‚Weltgeschehen‘, einen ausführlichen, kenntnisreichen Überblick über das politische Geschehen in allen Erdteilen, sondern hatte sich besonders auf die inneren Verhältnisse in den USA, auf die enge Verquickung der beherrschenden Bankhäuser mit den meinungmachenden Zeitungsverlagen spezialisiert. Sein mit treffenden Portraitkarikaturen geschmückter Artikel ‚Die Herrschaft der Spekulanten‘ im Januarheft bewies, wie intensiv er sich in dieses Fach eingelebt hatte und wie sehr er in diesem Wissensbereich zuhause war. [...]
Als ich dann zwei Wochen wieder bei Rudel in Villa Carloa Paz war und an Hand der von ihm besprochenen Tonbänder am letzten Kapitel des Buches ‚Zwischen Deutschland und Argentinien‘ (‚Trotzdem‘, Zweiter Teil) arbeitete, brach er zu seiner zweiten Expedition auf den höchsten Vulkan der Erde, den 6900 Meter hohen Llullaillaco auf. Erwin Neubert, der ein Jahr zuvor alleine in den Bergen von Feuerland geklettert war, begleitete ihn. Und da, in den ersten Dezembertagen, geschah das Entsetzliche: Nach unsäglichen Mühen beim Aufstieg ohne Sauerstoffgerät, mit Atempausen nach jedem dritten Schritt, unmittelbar unter dem höchsten Gipfel des Kraterrandes, glitt Neubert auf einem steilen Schneefeld aus, geriet ins Rutschen, konnte sich nicht mehr bremsen und schlug ein langes Stück weiter abwärts mit dem Kopf so hart gegen eine Felsennase, daß er sofort tot war. An einen Abtransport war nicht zu denken. Rudel und zwei andere Expeditionsteilnehmer errichteten mit letzten Kräften eine Steinpyramide über dem Toten.
Als Rudel mich in Villa Carlos Paz anrief und mir am Telephon mitteilte, was geschehen war, empfand ich außer Trauer und Schmerz um den so liebenswerten Kameraden auch einen ungeheuren Zorn. Denn Neubert war für unsere Arbeit im Dürer-Verlag und der Weg-Redaktion längst ganz unentbehrlich geworden. Sein Leben hätte nie für ein sportliches Unternehmen aufs Spiel gesetzt werden dürfen. Seine Spezialkenntnisse über die Verhältnisse in den USA, besonders in New York rings um die Wallstreet samt Querverbindungen zu den großen Zeitungsverlagen waren nicht zu ersetzen. Auch hatte er sich in die Protokolle der Parlamentssitzungen an Hand des täglich erscheinenden Congressional-Record, auf den wir abonniert waren, so eingearbeitet, als säße er selbst dort, und hätte an den Sitzungen teilgenommen.
Das Weihnachtsfest und die Freude über das wohlgelungene Dezemberheft wurden ganz und gar überschattet von diesem so bitteren Verlust. Neubert und ich standen uns nicht nur menschlich nahe, wir waren uns auch über die hintergründigen Zusammenhänge des Weltgeschehens, über das er jeden Monat referierte, einig. [...]“[2]

Auszeichnungen

Fußnoten

  1. A Chronicle of Holocaust Revisionism – Part 2: Confronting Ulysses (1950-1955)„November 1952. In an article for the Buenos Aires-based magazine Der Weg, Erwin F. Neubert disputes the Six Million figure. E.F. Neubert, ‚Bevölkerungs- und Wirtschaftsentwicklung Israels und der Diaspora‘, Der Weg, Vol. 6, No. 11, pp. 772-777.“
  2. Bilanz vom Empfangen und Geben, von eigenem Tun und Erleben – Erste Lebenshälfte bis 1953 einschließlich Bibliographie (vollständiger Text)