Faust – eine deutsche Volkssage

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FILM

Faust – eine deutsche Volkssage.jpg
Filmdaten
Originaltitel: Faust – eine deutsche Volkssage.jpg
Produktionsland: Weimarer Republik
Erscheinungsjahr: 1926
Sprache: Deutsch
Filmproduktion: Universum-Film AG
Erstverleih: Parufamet GmbH
IMDb: deueng
Stab
Regie: F. W. Murnau
Regieassistenz: Hans Rameau
Drehbuch: Hans Kyser
Vorlage: Johann Wolfgang von Goethe (Bühnenstück „Faust“),
Christopher Marlowe (Bühnenstück); Ludwig Berger,
Ludwig Berger
Produzent: Erich Pommer
Produktionsleitung: Max Wogritsch
Musik: Werner Richard Heymann (Bei der Uraufführung),
Rolf Unkel (1976. ZDF),
Wolfgang Dauner (1976. ZDF)
Kamera: Carl Hoffmann
Kameraassistenz: Erich Grohmann,
Charles Rosher
Standfotos: Hans Natge
Bauten: Robert Herlth,
Walter Röhrig
Kostüm: Robert Herlth,
Walter Röhrig
Besetzung
Darsteller Rolle
Gösta Ekman Faust
Emil Jannings Mephisto
Camilla Horn Gretchen
Frida Richard Gretchens Mutter
Wilhelm Dieterle Valentin
Yvette Guilbert Marthe Schwerdtlein
Eric Barclay Herzog von Parma
Hanna Ralph Herzogin von Parma
Werner Fuetterer Erzengel Gabriel
Hans Brausewetter Bauernbursche
Lothar Müthel Mönch
Hans Rameau
Hertha von Walther
Emmy Wyda

Faust – eine deutsche Volkssage ist ein Stummfilm von Friedrich Wilhelm Murnau aus dem Jahr 1926. Er ist geprägt vom dominanten Spiel Emil Jannings', den Bauten von Robert Herlth und Walter Röhrig sowie seiner Beleuchtung.

Auszeichnungen

Prädikate
  • Volksbildend
  • Künstlerisch besonders wertvoll

Handlung

Basierend auf Motiven des Goethe-Klassikers erzählt der Film die Geschichte des Gelehrten Faust, der von Mephisto in Versuchung geführt wird. Mephisto hatte nämlich in einem Streit mit dem Erzengel Gabriel behauptet, er könne jeden Menschen vom Weg Gottes abbringen. Um den alten Faust zu verführen, läßt Mephisto das Land von der Pest heimsuchen; da die sterbenden Menschen den Gelehrten um Hilfe anflehen und dieser trotz seiner Gebete keine Hilfe von Gott erhält, sucht er Rat beim Teufel. Um ihn für sich zu gewinnen, verspricht Mephisto Faust die ewige Jugend und alle Schätze dieser Welt. Faust läßt sich auf den Pakt ein und verschreibt damit seine Seele dem Teufel. Fortan muß Mephisto ihm alle Wünsche erfüllen.

Als Mephisto und Faust eines Tages in dessen Heimatstadt zurückkehren, verliebt Faust sich in das unschuldig-reine Gretchen. Des Nachts steigt er in Gretchens Zimmer ein, um sie zu verführen, während Mephisto deren gerade aus dem Krieg heimgekehrten Bruder Valentin herausfordert und tötet. Zu allem Unglück entdeckt Gretchens Mutter Faust im Zimmer ihrer Tochter, worüber sie aus Gram stirbt.

Gretchen wird von ihrer Umwelt verstoßen. Als sie einsam und verlassen im Winter ein Kind zur Welt bringt und dieses in der Kälte stirbt, wird sie zum Tode auf dem Scheiterhaufen verurteilt. Faust erfährt von ihrem drohenden Schicksal, verflucht die ewige Jugend und macht sich auf den Weg, Gretchen um Verzeihung zu bitten. Er steigt zu ihr auf den lodernden Scheiterhaufen, und im Augenblick des Todes erkennt Gretchen in dem alten Mann ihren Geliebten, vereint gehen sie in den Tod. Mephisto glaubt sein Ziel erreicht zu haben. Doch Gabriel verwehrt dem Teufel diesen Triumph: Die reine, echte Liebe zwischen Faust und Gretchen hat Mephistos böses Vorhaben zunichte gemacht.

Anmerkungen

Eine der schwersten Aufgaben des Stummfilmes wurde im Jahre 1925 mutig angepackt mit der filmischen Gestaltung der Faustsage, jenes Werkes, das der höchste und geheimnisvollste Ausdruck eines Menschenlebens, eines Volkes, eines Zeitalters blieb – das „eigentümlichste Gedicht der Deutschen", in dem Goethes Geist in einer erhabenen und nicht ausknöpfbaren Offenbarung sich legte. Lessing hat einmal von der Verliebtheit der Deutschen zu ihrem „Doktor" gesprochen.

Was Wunder, daß die Deutsche Filmkunst die Sehnsucht verspürte, das Leben und Wirken des faustischen Menschen zu gestalten, von dem es schon im ersten Volksbuch hieß: „Er nahm Adlerflügel an sich und wollte alle Gründe im Himmel und auf Erden erforschen.“ Hans Kyser, einer der fanatischsten Verfechter der Filmkunstidee, ist der Faustfilmdichter. Er hat die Faustbüchern und Faustdichtungen zugrunde liegende Idee des Kampfes des Guten mit dem Bösen glücklich und genial aus dem Wurf von mittelalterlicher Quacksalberei und der damaligen Zeit schon etwas entrückten Mystizismus herausgelöst und diese erhabene Idee um die Gretchenhandlung kreisen lassen, die immer und durch alle Zeiten in ihrer Einfachheit und Menschlichkeit ergreifend wirkt. Nur so konnte Kyser auch den gänzlich unliterarischen Zuschauer im Kino von dem metaphysischen Problem der Faustdichtung und der Charakterisierung Faustens im Goetheschen Sinne fernhalten und ihm den Faustfilm in stummer Bildgestaltung verständlich machen. Dem Regisseur F. W. Murnau, dem Kameramann Carl Hoffmann und den Architekten Herlth und Roehrig fiel die bildliche Ausgestaltung des Faustfilms zu.

Sie haben alle starken Bildmotive, die die Volksbücher, Volksschauspiele und Puppenspiele über den Doktor Faust boten, mit dem Gretchenstoff szenisch, dramatisch, photographisch, malerisch und architektonisch zu einem künstlerischen Meisterwerk verschmolzen. Das war wiederum nur möglich, weil Murnau es, wie wohl kein zweiter vor ihm, verstanden hat, alle seine Mitarbeiter in den Bann seiner Persönlichkeit zu ziehen und sie mit heißer Liebe zur Sache zu entflammen. So ist schließlich mit dem Faust-Film ein absolutes Werk filmischer Kunst entstanden – ein echt deutscher Film von leidenschaftlicher Innigkeit und einem ungemeinen Willen zur Läuterung und Reinheit des ringenden Menschen und darüber hinaus ein Film, der Ungezählten die Begierde nach Goethes Faust geweckt hat – vielleicht der höchste und schönste Ruhm dieses Films.

Kritiken

Für ihren Faust-Film stellte die Produktionsfirma UFA die für damalige Verhältnisse riesige Summe von zwei Millionen Reichsmark zur Verfügung und erwartete nicht nur ein repräsentatives Filmkunstwerk, sondern auch das große Geschäft. Die Rechnung ging nur zum Teil auf. Der finanzielle Auslandserfolg machte zwar die geringe Resonanz im Inland wieder wett, künstlerische Schwächen jedoch waren von Anfang an erkennbar. Auch heute noch wirkt der Film überladen und stilistisch unausgeglichen. Unter den rund 30 Faust-Varianten ist dies aber die einzige,die sich bemühte, möglichst dicht am Volksbuch aus dem Jahre 1587 zu bleiben, wenn sich auch einige Sequenzen (Vorspiel im Himmel, Gretchens Tod) an der Goethe-Bearbeitung orientieren. Autor Hans Kyser reduzierte die vielschichtige Problematik des Stoffes auf die einfache Darstellung von Gut und Böse. Faust ist weder der mittelalterliche Teufelsbündler noch der Renaissancemensch, der sich seiner selbst bewußt wird und Himmel und Erde erforschen will. Kysers Faust verschreibt sich dem Teufel, um seine Landsleute von der Pest zu befreien und Gretchen zu verführen.
Murnaus philosophische Andeutung des Themas bleibt unvollkommen und oberflächlich im Gegensatz zu den vielen furiosen Regieeinfällen: Gemeinsam mit dem Kameramann und dem Architekten Robert Herlth und Walter Röhrig gelangen dem Regisseur einzigartige Aktionen und Visionen: der Ansturm der apokalyptischen Reiter – der Ausbruch der Pest – der nächtliche Flug von Faust und Mephisto auf einem fliegenden Teppich – Mephistos Beschwörung durch Faust. Dies alles ist in seiner Bildsprache, in seinem atmosphärischen Dekor und in seinen Licht- und Schatteneffekten so suggestiv, daß einige schauspielerische Leistungen in den Hintergrund rücken. Besonders im zweiten Teil werden bei dem Schweden Gösta Ekman als Faust und der Neuentdeckung Camilla Horn die Grenzen sichtbar.
Ursprünglich hatte die UFA das Projekt mit Ludwig Berger als Regisseur und Conrad Veidt als Mephisto realisieren wollen. Dann entschied man sich doch wieder für Friedrich Wilhelm Murnau und Emil Jannings, die schon 1924 in ‚Der letzte Mann‘ und 1925 in ‚Tartüff‘ erfolgreich zusammengearbeitet hatten.
Weniger fruchtbar verlief die Mitarbeit des Dichters Gerhart Hauptmann am Faust. Seine Zwischentitel in unbeholfenen Knittelversen mußten aus der fertigen Fassung wieder herausgeschnitten und durch Texte von Hans Kyser ersetzt werden. Diese im Laufe von 40 Jahren wiederholt veränderten Titel wurden jetzt von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung in Wiesbaden rekonstruiert. Als wesentlich schwerer im Vergleich zu seiner Musik zum ZDF-Stummfilm ‚Die Weber‘, aber als nicht minder reizvoll bezeichnet der Stuttgarter Komponist Rolf Unkel seine Arbeit am Faust, dem Märchen für Erwachsene, das auf drei Ebenen spielt: in der Welt der Magie, in der bürgerlichen Welt und in der christlichen Glaubenswelt. Diese drei Ebenen erhielten nun einen adäquaten Musik-Hintergrund, der einerseits historische Wurzeln erkennen läßt, andererseits zeitgenössisch gesetzt ist, ohne die echte Naivität des Volksbuches intellektuell zu verletzen.
Für die Ebene der magischen Welt hat der Komponist mit Wolfgang Dauner und seinem großen Moog-Synthesizer zusammengearbeitet. Das Orchester ist sparsam besetzt. So begleitet nur ein Englischhorn das Gretchen vom höchsten Glück bis zur tiefsten Erniedrigung. Das Faustische durchzieht leitmotivisch die hundert Filmminuten. Andere Szenenkomplexe wie das Techtelmechtel zwischen Frau Marthe und Mephisto werden instrumental motivisch gebunden. Das alte geistliche Motiv des Dies irae bindet im zweiten Teil die dramatische Entwicklung bis hin zu Gretchens Tod auf dem Scheiterhaufen.“ — ZDF in den 1970er Jahren
„Seit der Erfindung des Films gehört das Faust-Motiv zu den beliebtesten Themen der Regisseure. Bereits 1896 drehte Louis Lumiere den ersten Faust-Film. 1897 folgte Georges Melies, der später noch mehrere andere Faust-Filme inszenierte. 1900 entstand der erste amerikanische Faust. Unter den zahlreichen späteren Filmen sind besonders bekannt geworden die Filme ‚La beaute du diable‘ (Pakt mit dem Teufel, Frankreich 1949) von Rene Clair, ‚Marguerite de la nuit‘ (Die Blume der Nacht, Frankreich 1955) von Claude Autant-Lara und ‚Faust‘ (1960), Peter Gorskis Filmversion der Inszenierung von Gustaf Gründgens.
Die ersten Regisseure mag am Faust-Thema das Phantastische faszi¬niert haben, die Möglichkeit, Filmtricks sinnvoll anzuwenden. Auch bei Murnau spürt man noch eine spielerische Freude an derartigen Details – etwa, wenn der Flug Fausts und Mephistos auf einem fliegenden Teppich über Gebühr ausgedehnt wird, um diese verblüffende Szene ausgiebig auszukosten. Überwiegend wurden aber hier die Tricks dramaturgisch sinnvoll angewandt: die apokalyptischen Reiter, die Beschwörung und Erscheinung Mephistos, die Verwandlung Fausts vom Greis zum Jüngling und umgekehrt.
Eine wesentliche Rolle in diesem Film spielen auch die Bauten. Robert Herlth und Walter Röhrig entwarfen unter anderem eine mittelalterliche Stadt mit spitzen Giebeln, dunklen Winkeln und treppenartigen Straßen. Gleich am Anfang liegt es wie hingeduckt unter dem Ansturm der apokalyptischen Reiter. In dieser engen Welt beginnt und endet das große Drama, der Kampf des Erzengels mit Mephisto, den der Mensch durch seine freie Entscheidung nach vielen Irrwegen für das Licht und die Liebe entscheidet. Und trotz einiger Längen hat Murnau es vermocht, den religiös-philosophischen Gehalt seines Films mit suggestiver Stimmungsmalerei und praller, handfester Aktion zu vereinen.“ — ZDF in den 1970er Jahren
„Der Faust-Stoff hat Künstler in den verschiedensten Kunstgattungen immer wieder zur Gestaltung gereizt. Nahezu 30 mal wurden in der Geschichte der Kinematografie Filme nach Faust-Motiven gedreht. Murnaus Versuch nimmt in dieser Reihe einen bedeutenden Platz ein.
Dem Regisseur boten sich zwei Möglichkeiten: eine Illustration des Werkes von Goethe vorzunehmen oder sich stärker auf die Volkssage zu stützen. Murnau, der mit DER LETZTE MANN und TARTUFFE die Bild¬sprache des deutschen Stummfilms revolutioniert hatte, erkannte, daß Goethes ‚Faust‘ nicht mit den Mitteln des stummen Films zu gestalten war. So stützte er sich auf die Vorlage Hans Kysers, der in sein Drehbuch Elemente aus verschiedenen Werken um Faust entnahm, in erster Linie aber zur Volkssage zurückkehrte. Kyser reduzierte die Problematik auf den Kontrast von Gut und Böse, Gott und Teufel. Faust verfällt dem Satan aus Verzweiflung über seine Unwissenheit, die ihn beim Ausbrechen der Pest hilflos macht. Im Rausch der wiedergewonnenen Jugend gibt er sich erst völlig in dessen Hand. Durch diese Motivierung wird Fausts Pakt mit dem Teufel simplifiziert.
Es ist weniger das Was, als das Wie, das diesem Film Bedeutung verleiht. Murnau verstand besonders im ersten Teil, der Pest und dem Pakt mit dem Teufel, wirkungsvolle Bildkompositionen zu gestalten. Die mittelalterliche Atmosphäre in teils expressionistisch-stilisierten Dekors, von Deutschlands bedeutendsten Filmarchitekten die¬ser Jahre gebaut, wird in genau abgewogenen Einstellungen heraufbeschworen, jedes Bild fast einer Photographie gleichend. Dabei spielen besonders Lichteffekte eine Rolle, die schon in DER LETZTE MANN und TARTUFFE zu finden waren. In FAUST werden sie zum bestimmenden Element. Bereits der Anfang in der Gegenüberstellung von Erzengel und Mephisto deutet das Helldunkel an, welches den Film auch in den folgenden Szenen durchzieht und das Überirdische des Geschehens unterstreicht. Murnau gelingen dabei so genaue Lichtabstimmungen, daß Lotte Eisner in ihrem Buch ‚Dämonische Leinwand‘ den Film begeistert als den Höhepunkt des Helldunkel bezeichnet.
Durch die detaillierte Gestaltung der Bilder erhält jede Einstellung mehr Gewicht, was im Schnitt seine Folgen zeitigte. Die ‚entfesselte Kamera‘ im LETZTEN MANN deutlich spürbar, tritt nicht so stark in Aktion. Der Rhythmus des Films ist behäbiger, da entsprechend der Konzeption Murnaus für FAUST jedem einzelnen Bild mehr Bedeutung zukommt.
Im zweiten Teil – der Gretchentragödie – durchbricht der Regisseur teilweise dieses Prinzip, Gretchen tritt in den Mittelpunkt und wird stärker in ihren Stimmungen erfaßt. Dabei entgeht Murnau nicht einer Sentimentalität, wo er hätte lyrisch andeuten sollen, wie besonders die Gartenszene beweist. Der schöne, aber blasse Faust von Gösta Eckmann unterstreicht diesen Eindruck.
So werden Unterschiede in der künstlerischen Gestaltung deutlich. Ebenso unterschiedlich war die Resonanz auf diesen Film. In Deutschland fand er keinen großen Anklang. Die Fähigkeiten Murnaus wurden gelobt, ansonsten aber ein zu strenger Maßstab im Vergleich zu Goethes ‚Faust‘ angelegt, was in die Irre führen mußte. Im Ausland hatte er dagegen Erfolg. Man sah in ihm einen Höhepunkt in der Bild-komposition und Lichtführung. Diese beiden Elemente sind es auch, die ihm filmgeschichtliche Bedeutung verliehen.“ — Camera 13 / DDR in den 1970er Jahren

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