Hirth, Wolf

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Flugpionier Wolf Hirth

Kurt Erhard Wolfram „Wolf“ Hirth (Lebensrune.png 28. Februar 1900 in Stuttgart; Todesrune.png 25. Juli 1959 bei Dettingen unter Teck) war ein deutscher Diplom-Ingenieur, Segelflugpionier und Träger des silbernen Segelflugabzeichens Nr. 1. Er war Leiter der Reichssegelfliegerschule, Motorrad-Rennfahrer, Flugzeugkonstrukteur, Unternehmer und erster Präsident des Deutschen Aero Clubs nach dem Zweiten Weltkrieg.

Leben

Wolf Hirth als stolzer Avus-Sieger im Jahr 1926
Wolf Hirth als junger Flieger auf der Wasserkuppe im Jahr 1929
Von links: Peter Riedel, Heini Dittmar, Willy Drude (Teilnehmer im Rhön-Wettbewerb 1920 mit Schlak-Drude-Schalk-Doppeldecker und 1921 mit Drude-Eindecker, Sieger beim Ersten deutsche Küstensegelflug-Wettbewerb in Rossitlen, 1923), Wolf Hirth, Hanna Reitsch und Edgar Dittmar, 1932
Wolf Hirth (1934)
Eine Minimoa wartet am Fluggelände unter der Teck auf den nächsten Start
Hanna Reitsch und Wolf Hirth, 1937

Hirth war der Sohn des Erfinders und Industriellen Albert Hirth, sein Bruder war der Pionier des Motorfluges Hellmuth Hirth. Er selber baute weltbekannte, bahnbrechende Segelflugzeuge und war Entdecker des Thermikfluges. Im Juli 1934 stellte er mit 360 Kilometern einen Weltrekord im Langstreckenflug auf. Ab 1933 war er Lehrbeauftragter an der Technischen Hochschule Stuttgart, 1935 gründete er die Sportflugzeugbau „Schempp-Hirth OHG“. 1938 erschien sein über Jahrzehnte als Standardwerk geltendes „Handbuch des Segelflugs“. Weitere seiner Werke landeten nach der „Befreiung vom Nationalsozialismus“ auf der Verbotsliste der Sieger. Ab 1951 amtierte er als Präsident des Deutschen Aero-Clubs.

„Er kam am 28. Februar 1900 in Stuttgart als Kurt Erhard Wolfram Hirth als letztes von drei Jungs auf die Welt. Sein Vater war der Erfinder und Firmengründer Albert Hirth und seine Mutter Karoline geborene Holz. Seine Geschwister hießen Albertine, Hellmuth, Johanna und Roland. Sein Bruder Hellmuth ist 16 Jahre älter gewesen, und war technisch genauso interessiert wie sein Vater und später auch Wolf. Aus diesem Grund war Wolf auch einer von den ersten Mitgliedern des 1913 gegründeten Modell-Aeroklubs, der Club machte es sich zur Aufgabe Modelflugwettbewerbe und Modellausstellungen zu organisieren und diverse Fachzeitschriften rauszubringen. Mit 18 Jahren macht Wolf in Stuttgart sein Notabitur. Anschließend ging er für eine kurze Zeit als Praktikant zur Uhrenfabrik Junghans nach Schramberg, in der schon sein Vater tätig gewesen war, und wechselte dann zu Daimler-Benz nach Stuttgart. Mit 25 Jahren verlor Wolf bei einem Motorradunfall sein linkes Bein, unbeeindruckt von seinem Handicap ließ er sich nicht davon abbringen bei Motorradrennen mitzumachen oder sich von der Fliegerei zu verabschieden. Der Vereinsmeierei müde löste sich unter der Leitung von Wolf Hirth 1926 eine Gruppe von 8 Männern aus dem Flugtechnischen Verein Stuttgart mit dem Willen Flugzeuge zu bauen und auch zu konstruieren. Die Gruppe AKA-FLIEG wurde geboren, und Wolf Hirth wurde der 1. Vorsitzende des Vereins.“[1]

Kurzer Lebenslauf

  • 1911 Erster Flug als 11Jähriger mit seinem Bruder Hellmuth, auch Ernst Heinkel wurde von Hellmuth mitgenommen[2]
  • 1918 Notabitur
  • 1919 Praktikant bei Junghans in Schramberg und Daimler-Benz in Stuttgart
  • 1920 Teilnahme am 1. Rhönwettbewerb für Gleit- und Segelflüge
    • die erste „Rhön“ fand vom 15.7. bis 31.8.1920 statt
  • 8. Juli 1925 nach einem Unfall mit einer 1000 cm³ NSU wurde das linke Bein wurde schwer verletzt und mußte über dem Knie amputiert werden
    • während des Krankenhausaufenthaltes gründete er die Akaflieg Stuttgart
  • 1928 Abschluß des Studiums an der TH Stuttgart mit Dipl.-Ing., Techn. Berater beim Württembergischen Luftfahrtverband
  • 1930 Hirth heiratete in Stuttgart seine 23jährige Verlobte Clara Wagner
    • 12 Jahre nach der Hochzeit kam Tochter Barbara auf die Welt, fünf Jahre später folgte Eva, und 1959 wurde der Stammhalter Hellmuth als einziger der sich von der Flugbegeisterung seines Vaters anstecken lies geboren.
  • 1930 erster Motorflieger (in einem Klemm-Sportflugzeug) nach Island
  • 1931 Segelflug über Neu York
    • Am spektakulärsten waren dort sein Gummiseilstart in New York und sein anschließender Flug im Aufwind der Hochhäuser.
    • Seine großen Expeditionen trugen zur Erforschung des Segelflugs unter verschiedenen klimatischen Bedingungen bei.
    • Er erfand die Schleppwinde, verbesserte die Schlepptechnik und eröffnete den Weg zum Thermiksegelflug, der über den ursprünglichen Hangsegelflug hinaus den heutigen Segelflug als Dauer-, Strecken- und Höhensegelflug ermöglicht.
  • 15. Februar 1931 gemeinsam mit Robert Kronfeld die „Silber C Nr. 1“ von der ISTUS verliehen
    • Zusammen mit Hans Deutschmann entdeckte er im Riesengebirge die Möglichkeit, in der Welle zu fliegen. Weitere Reisen führten ihn mit Walter Georgii und anderen nach Südamerika.
  • 1932 Leiter der Segelflugschulen Grunau (Schlesien) und Hornberg bei Schwäbisch Gmünd
  • 1933 wurde Hanna Reitsch von Hirth gebeten, als Fluglehrerin an seiner neuen Segelfliegerschule auf dem Hornberg bei Schwäbisch Gmünd zu arbeiten; hier wurde u. a. das spätere Flieger-As Adolf Dickfeld ausgebildet
  • Herbst 1935 reiste Wolf Hirth in seiner Eigenschaft als Leiter der Reichssegelfliegerschule mit zwei weiteren Fluglehrern nach Japan, um auch hier die Segelfliegerei bekannt zu machen.
    • Bei seinen Japanbesuch wurde Hirth am kaiserlichen Hof durch Kaiser Hirohito empfangen.
  • 1935 unterstützte Wolf Hirth seinen Freund Martin Schempp bei der Gründung seiner Firma „Sportflugzeugbau Göppingen Martin Schempp“.
  • 1938 Überführungsflug (Bücker 131) nach Südafrika
    • 1938 wurde Wolf Hirth offiziell Teilhaber des jungen Unternehmens, das ab da den Namen „Sportflugzeugbau Schempp-Hirth“ (Kirchheim unter Teck) und später „Schempp-Hirth Flugzeugbau“ trug.
  • Oktober 1940 Hirth wurde trotz seiner Behinderung in die Fliegerschule der Luftwaffe nach Königsberg einberufen
    • der Patriot hatte schon vor Kriegsbeginn bei seinem Fliegerkameraden Ernst Udet eine Meldung zur Luftwaffe abgegeben
    • Wieder zurück in Kirchheim, beteiligte sich Hirth unter anderem an der Entwicklung des Lastenseglers „Gigant“ und des Segelflugzeugs „Habicht“, das wegen seiner Sturzflugfähigkeit zur Ausbildung von Sturzkampfflieger, dient.
  • Nach dem Krieg hat Wolf Hirth versucht, das Unternehmen mit dem Bau von Kinderrollern über Wasser zu halten. Aus den Holzresten, die vom Segelflugbau übrig geblieben waren, hat Hirth auch Wohnwagen gebaut.
  • 1950 bei der Gründung vom Deutschen Aero-Clubs in Gersfeld/Rhön dabei
  • 1951 Präsident (1. Vorstand) des Deutschen Aero-Clubs
  • 1954 erster Herzinfarkt
  • 1954 Ehrenvorsitzender des Aero-Clubs

Fliegertod

1959 verstarb Hirth nach einem Flugzeugabsturz als Folge eines Herzinfarktes.[3] Die Absturzstelle ist durch den Ausbau der Siedlung am Guggenrain nicht mehr einsehbar. Er ruht gemeinsam mit seinem Vater und seinem Bruder Hellmuth in einem Gemeinschaftsgrab auf dem Waldfriedhof in Stuttgart-Degerloch.

„Wolf Hirth ist der schönste Fliegertod beschieden gewesen, der sonst nur im Kriege einem Fliegerkameraden bei vollem Flugeinsatz durch eine tödliche Kugel beschieden wird.“ — Nachruf im „Deutschen Aero Club“, dem Organ des „Deutschen Aero Clubs e. V.“

Auszeichnungen und Ehrungen (Auszug)

  • 1924 Achtfacher Sieger bei Motorradrennen (Herrenfahrer)
    • U. a. beim Stuttgarter Solitude-Rennen 1924, auf einem von seinem Bruder entwickelten Zweitakter-Doppelkolbenmotor, holt er sich den Sieg.
  • 1926 1. Platz beim Avusrennen in Berlin trotz Beinprothese
    • mit einem in der 250-ccm-Klasse bis dahin nicht erreichten Durchschnitt von mehr als 100 Stundenkilometern
  • 1929 Hindenburg-Pokal (Motorflug) für verschiedene Europa-Flüge und seinen Island-Flug
  • 1932 Hindenburg-Pokal (Segelflug) für seine Leistungen und Forschung im Thermikflug
  • 1958 Verleihung der Lilienthal-Medaille der Internationale Aeronautische Vereinigung (FAI)
  • In zahlreichen Ortschaften Baden-Württembergs wurden Straßen nach Wolf Hirth benannt. Unter anderem in Bartholomä, Bettringen, Böblingen, Ditzingen, Leinzell, Leonberg, Kirchheim/Teck und Schramberg gibt es eine Wolf-Hirth-Straße, außerhalb Württembergs in Gersfeld (Rhön). In Kiel-Holtenau gibt es eine Hirthstraße.

Schriften (Auswahl)

  • Handbuch des Segelflugs, 1938
  • Hanns wird Flieger (Verbotsliste der „Befreier“)
  • Im Sportflugzeug über drei Erdteilen (Verbotsliste der „Befreier“)
  • Mit Segelfliegern über Deutsch-Südwest (Verbotsliste der „Befreier“)
  • Die hohe Schule des Segelfluges (Verbotsliste der „Befreier“)

Literatur

  • Karl Buck: Wolf Hirth – eine bebilderte Biografie, ISBN 978-3-00-057860-1

Verweis

Bildergalerie

Fußnoten

  1. Wolf Hirth
  2. Jürgen Potthoff / Ingobert C. Schmid: Wunibald I. E. Kamm – Wegbereiter der modernen Kraftfahrtechnik, Springer-Verlag, 2011, S. 14
  3. Prominente ohne Maske - Drittes Reich, FZ-Verlag 1998, ISBN 3924309396
  4. Buchbeschreibung des Verlags: „Das Lebensbild einer faszinierenden Familie. Der Name Hirth ist aus der Luftfahrtgeschichte nicht wegzudenken. In einer alt und jung fesselnden Darstellung wird das Leben und Wirken Albert Hirths sowie seiner Söhne Hellmuth und Wolf geschildert. Neben ‚Vater‘ Hirth, dem vielseitigen Erfinder bahnbrechender technischer Neuerungen, die mit dem industriellen Aufschwung der letzten fünfzig Jahre unlöslich verbunden sind, und dem seiner Zeit vorauseilenden Konstrukteur neuartiger Motoren, stehen die beiden Söhne: Hellmuth, der gleich seinem Vater hochtalentierte Motorenkonstrukteur, zugleich aber der kühne Flieger, dessen Name in der Entwicklung des Motorflugs von besonderer Bedeutung ist, und Wolf, der bekannte Rennfahrer und berühmte Pionier des Segelflugs. Wechselvolle Bilder führen den Leser über die Enge der schwäbischen Heimat hinaus in die weite Welt. Wir erleben das ebenso erfolgreiche wie mühselige Ringen eines genialen Erfinders mit den hemmenden Widrigkeiten des Daseins und verfolgen gespannt Ballonfahrten und Motorradrennen, Motorflüge und Segelflüge in allen Teilen der Welt, während wir zugleich den Blick richten auf die Entwicklung bedeutender industrieller Betriebe im Verlauf der schicksalsvollen letzten fünfzig Jahre.“
  5. Stuttgarts Waldfriedhof, auf einer Halbhöhenlage zwischen Heslach und Degerloch gelegen, birgt nicht nur die Gräber einst wichtiger Personen und Persönlichkeiten aus Stadt und Land, er bildet auch eine Sehenswürdigkeit für sich. Ob Bundespräsident Theodor Heuss, Stuttgarts legendärer Bürgermeister Arnulf Klett, der Fernsehturmerbauer Fritz Leonhardt, der Flugzeugpionier Wolf Hirth; der Architekt des Hauptbahnhofs Paul Bonatz; Robert Bosch, der Vermarkter der Zündkerze; der Tenor Wolfgang Windgassen oder der Kaufhauskönig Eduard Breuninger – sie und viele mehr mit klangvollen Namen haben hier ihre letzte Ruhe gefunden. Das Besondere am Waldfriedhof ist sein natürlicher Waldcharakter mit sich kurvig schlängelnden Wegen und ohne Grabeinfassungen. Neuerdings gibt es auch Baumgräber. Die Seilbahn wiederum, die hölzern-tröstliche, bringt einen bis knapp vor den Haupteingang.