Nicolai, Walter

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„Der Leiter des deutschen Nachrichtendienstes im Kriege, der auch schon im Frieden in gleicher Tätigkeit reiche Erfahrungen hatte sammeln können, war Oberst Nicolai (Chef der Abteilung III B.), von dem General Ludendorff in seinem ‚Kriegserinnerungen‘ schrieb: ‚Seine Aufgabe war besonders vielseitig, vielleicht zu sehr!‘ — And damit hatte Ludendorff durchaus recht. Nicht daß unserem Chef und uns Nachrichtenoffizieren persönlich die Arbeit zuviel geworden wäre, aber die Gefahr der Zersplitterung lag vor. Sie ist dank der Umsicht des Chefs und Emsigkeit aller Mitarbeiter vermieden worden.“ — Oberstleutnant a. D. Hans Witte, im Kriege Major im Generalstab des Feldheeres, Nachrichtenoffizier der OHL und Chef der Unterabteilung III b West, 1931 in „Kämpfer an vergessenen Fronten – Kolonialkrieg, Seekrieg, Luftkrieg, Spionage“, S. 422

Walter Nicolai (Lebensrune.png 1. August 1873 in Braunschweig; Todesrune.png ermordet 4. Mai 1947 in Moskau) war ein deutscher Offizier der Preußischen Armee, des Deutschen Heeres und der Vorläufigen Reichswehr, zuletzt Oberst und Chef des deutschen Geheimdienstes III B während des Ersten Weltkrieges. Zu seinen weiblichen Untergebenen gehörten u. a. „Mata Hari“ und Dr. Elisabeth „Elsbeth“ Schragmüller.

Leben

Walter Nicolai wurde als Sohn eines preußischen Hauptmanns und einer Bauerntochter in Braunschweig geboren. Ab 1884 besuchte er das Domgymnasium Stephaneum in Halberstadt und trat dann in das Kadettenkorps ein, wo er glänzte. Am 22. März 1883 wurde er als Sekondeleutnant in das 2. Kurhessische Infanterie-Regiment Nr. 82 nach Göttingen überwiesen, wo er zuletzt als Adjutant des III. Bataillons (1. Oktober 1897 bis 30. September 1900) diente. Vom 1. bis 30. Juni 1896 war er zuvor kurzzeitig zum Pionier-Bataillon Nr. 10 kommandiert.

Er studierte vom 1. Oktober 1900 bis 22. Juli 1903 an der Kriegsakademie in Berlin. Zur Ausbildung gehörte auch, daß er Generalstabsreisen unternahm. Diese Reisen führten ihn kurz vor seiner Berufung als Chef des Nachrichtendienstes der deutschen Obersten Heeresleitung auch nach Russland. Er sprach fließend Russisch. Am 1. April 1904 wurde er zum Großen Generalstab kommandiert, im Oktober dann zur Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin, wo er Japanisch studierte. Schließlich kehrte er in die 5. Kompanie seines Stammregiments zurück.

Am 1. Juli 1906 begann seine Karriere beim militärischen Geheimdienst des Kaiserreichs (Sektion III b), als er beim I. Armeekorps unter Colmar von der Goltz die Nachrichtenstation in Königsberg übernahm und zum Führungsstab für die Spionage in Rußland ausbaute. Am 22. März 1910 wurde er Chef der 7. Kompanie im 3. Thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 71, am 20. Juli 1912 ging es dann wieder zum Großen Generalstab.

Im April 1913 wurde er als Nachfolger von Wilhelm Heye Chef der Sektion III b, die u. a. zur Aufklärung des Spionagefalls der Gemeinsamen Armee um Alfred Redl beitrug. Nicolai leitete den deutschen Geheimdienst von 1913 bis 1919. Als solcher reiste er auch Ende 1913 mit Otto Liman von Sanders in das befreundete Osmanische Reich. Er baute die Sektion/Abteilung III b intensiv aus. Nicolai schrieb unter anderen:

„Vor jeder Neuerwerbung, Lieferung pp. frage sich der N.O. [Anmerkung: N.O. = Nachrichten-Offizier]: Welchen Nutzen bringt sie für den Krieg.“

Als Erich Ludendorff Generalquartiermeister wurde, kam es zu einer Expansion vom militärischen Geheimdienst. Im Inland wurde nun ein Netz von V-Männern in Firmen, Behörden und in privaten Kreisen aufgebaut. Nach einer Verfügung der Obersten Heeresleitung vom 8. Mai 1917 schuf Nicolai eine Propagandastelle nach englischem Vorbild und führte bei den Truppen einen vaterländischen Unterricht ein. Seine Offiziere beteiligten sich an der Werbearbeit für Kriegsanleihen. Nicolai stand hinter der Gründung der Deutschen Vaterlandspartei (DVLP).

1918 wurde er noch zum Oberstleutnant befördert. Nach dem Novemberputsch und dem Waffenstillstand von Compiègne (1918) wurde Nicolai, nachdem Reichskanzler Max von Baden seine Beurlaubung durchgesetzt hatte, abgelöst. Sein Stellvertreter und späterer Nachfolger ab 1919 war Major Friedrich Gempp, den er beratend unterstützte. Seinen Abschied erhielt er am 27. Februar 1920 mit dem Charakter als Oberst.

Von 1921 bis 1924 war er Gruppenleiter der Sondergruppe R (Rußland). Januar 1926 reiste er im Auftrag von Mustafa Kemal Pascha nach Ankara, um unter Feldmarschall Fevzi Cakmak den ersten türkischen Geheimdienst der neuen Republik aufzubauen.

In der Zeit des Nationalsozialismus gehörte er seit 1935 zum Sachverständigenbeirat des Reichsinstituts für Geschichte des neuen Deutschland unter der Präsidentschaft von Walter Frank (1905–1945).[1] Seit dem 1. April 1936 hatte er an diesem Institut einen Forschungsauftrag mit dem Titel „Politische Führung im Weltkrieg“. Dazu sollte er alles verfügbare Material zum Ersten Weltkrieg zusammentragen und durchführen.[2]

Tod

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der 72jährige Nicolai 1945 vom sowjetischen Geheimdienst NKWD von Deutschland nach Moskau verschleppt. Er starb während der Folterhaft am 4. Mai 1947 im Hospital des Moskauer Butyrka-Gefängnisses nach schwersten Mißhandlungen (Untersuchungsakte 21152) durch den Smersch Agent Iwan Alexandrowitsch Serow. Der Leichnam wurde verbrannt und auf dem Moskauer Donskoi-Friedhof verscharrt, wo auch viele andere, zumeist erschossene deutschen Opfer des Stalinismus ruhen.

Serow, von 1954 bis 1958 auch KGB-Chef, war durch das Buch „Total Espionage“ des jüdischen Emigranten Curt Riess auf Nicolai aufmerksam geworden. Riess hetzte seine amerikanischen Leser mit diesem flott geschriebenen Buch aus dem Jahr 1941 Richtung Kriegseintritt der USA auf. Er beschrieb darin seine Erfindung vom Wirken eines weltumspannenden Netzes NS-Geheimdienste. Der Verschwörungstheoretiker Generaloberst Serow (Todesrune.png 1. Juli 1990 in Moskau) glaubte aus diesem fiktiven Propagandamachwerk zu ersehen, daß Oberst a. D. Nicolai die „graue Eminenz“ der Geheimdienste des Dritten Reiches gewesen sein mußte.

Offiziell bestätigt wurde sein Tod erst 1979. Der Chef der Abteilung III b Walter Nicolai wurde 1999 von der Hauptmilitärstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation rehabilitiert.

Beförderungen

Auszeichnungen (Auszug)

Walter Nicolai II.JPG

Schriften (Auswahl)

  • Nachrichtendienst, Presse und Volksstimmung im Weltkrieg. Berlin 1920
  • Geheime Mächte. Internationale Spionage und ihre Bekämpfung im Weltkrieg und Heute. Leipzig 1923
    • Faksimile-Ausgabe: Verlag für Ganzheitliche Forschung, Viöl/Nordfriesland 1999, ISBN 3-932878-24-8.

Literatur

  • Markus Pöhlmann: German Intelligence at War, 1914–1918. In: Journal of Intelligence History. 5, 2005, S. 33–62.
  • Kenneth J. Campbell: Colonel Walter Nicolai: A Mysterious but Effective Spy. In: American Intelligence Journal 27.1 (2009) S. 83-89.

Fußnoten

  1. Ernst Klee: Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer, Frankfurt am Main 2007, S. 433.
  2. Anne Christine Nagel (Hrsg.): Die Philipps-Universität Marburg im Nationalsozialismus. Dokumente zu ihrer Geschichte. Franz Steiner, Stuttgart 2000, S. 398.