Scheel, Gustav Adolf
Gustav Adolf Scheel ( 22. November 1907 in Rosenberg, Baden; 25. März 1979 in Hamburg) war ein deutscher Arzt und Offizier der SA, der SS (zuletzt SS-Obergruppenführer und General der Polizei), Unterarzt d. R. der Luftwaffe, Mitglied des Reichstages, ab November 1941 Gauleiter in Salzburg und ab 1944 Reichsdozentenführer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbundes. Er war unter anderem Reichsstudentenführer, Befehlshaber der Sicherheitspolizei und des SD im deutschen Elsaß sowie ab 1941 Gauleiter und Reichsstatthalter in Salzburg.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Scheel wurde als Sohn eines evangelischen Pfarrers geboren. 1905 war sein aus Schwerte stammender Vater Wilhelm in den Dienst der Badischen Landeskirche getreten, und die Jugend Scheels spielte sich in familiärer Harmonie und in der festgefügten hierarchischen Ordnung des Kaiserreichs bzw. Großherzogtums ab. Seine Mutter war Cornelia, geb. Tillmanns, aus Elberfeld; er hatte noch drei jüngere Schwestern ( 1909, 1911 und 1921).
Er studierte Rechtswissenschaft, Volkswirtschaft und Theologie in Tübingen mit dem Berufswunsch Sozialpfarrer. Nach dem Wechsel zur Universität Heidelberg folgte das Studium der Theologie, Volkswirtschaft und Chemie. Ab 1928 studierte der Korporierte (Kyffhäuserverband) Medizin.
Er trat 1929 dem NS-Studentenbund, am 1. Oktober 1930 der SA und am 1. Dezember 1930 der NSDAP (Nr. 391.271) bei.
Drittes Reich
Im Jahre 1934 schloß er sein Studium mit dem Staatsexamen ab und promovierte mit sehr gut zum Dr. med. (Dissertation: „Zur Frage der Beeinflußbarkeit der Strahlensensibilität durch Diabetes bei Radiumbehandlung von an Collum- und Corpus-Carzinom erkrankten Frauen“). 1935 trat er der SS bei und wurde zum SS-Obersturmbannführer ernannt.
Am 6. November 1936 (nach dem Erlaß vom 5. November 1936 des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß) wurde der Heidelberger NSDStB-Führer als Nachfolger Albert Derichsweilers (Reichsleiter bzw. Bundesführer des Nationalsozialistischen Deutschen Studentenbunds; u. a. Mitglied des Reichstages, zuletzt SS-Obersturmführer der Waffen-SS) zum ersten und einzigen „Reichsstudentenführer“ ernannt, da der bisherige Derichsweiler in den Stab des Stellvertreters des Führers berufen wurde. Gleichzeitig erfolgte die Ernennung zum Reichsführer der Deutschen Studentenschaft (Reichsstudentenführer) durch Reichserziehungsminister Bernhard Rust.
- „... dazu gehört auch, daß alle Studenten Vorlesungen über Rassenkunde, Vererbungslehre, deutsche Kulturgeschichte und Wehrwissenschaft hören. Die kampfgewordene Gemeinschaft findet ihren äußeren Ausdruck im Deutschen Gruß, der auch untereinander in strammer und würdiger Form zu erweisen ist. Das in letzter Zeit eingerissene lässige Handaufheben ist eines SA-Studenten unwürdig.“[1]
Zwischenzeitlich Mitglied des Reichstages (M. d. R.) erfolgte im Mai 1941 die Versetzung als SS-Brigadeführer von München nach Salzburg, um als hoher SS- und Polizeiführer die Leitung des SS-Oberabschnitts Alpenland als Nachfolger des SS-Gruppenführers Alfred Rodenbücher zu übernehmen.
1941 ernannte er Würzburg, wo 1919 die Gründung der Deutschen Studentenschaft erfolgt war und 1938 neben einem „Studentengeschichtlichen Museum das Institut für Studentengeschichte und Hochschulkunde“ entstand, zur „Stadt der Reichsstudententage“.
Am 27. November 1941 wurde er zum Gauleiter und Reichsstatthalter in Salzburg ernannt. Gauleiter Gustav-Adolf Scheel, der Lehrer und Schriftsteller Karl Springenschmid sowie Kuno Brandauer gründeten 1942 das Heimatwerk, eine Dachorganisation für alle Bereiche der Volkskultur.
Dr. Scheel, zuletzt als Führer des Deutschen Volkssturms im Gau Salzburg, wurde im politischen Testament Adolf Hitlers zum Kultusminister bzw. Reichserziehungsminister (Reichsminister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung) der bislang letzten deutschen Regierung ernannt.
Nachkriegszeit
Von VS-amerikanischen Invasoren und Besatzern wurde er am 15. Mai 1945 in St. Veit verhaftet. Zwischenzeitlich kurz auf freien Fuß gesetzt, wurde er nach erneuter Verhaftung 1948 in einer Spruchkammerverhandlung in Heidelberg als sogenannter „Hauptschuldiger“ eingestuft, man entzog ihm die ärztliche Approbation. Am 24. Dezember 1948 wurde er nach einem Berufungsverfahren als „Mitschuldiger“ eingestuft. Zu seinen Gunsten hatte unter anderem der Salzburger Erzbischof Andreas Rohracher interveniert, da Scheel zum Ende des Krieges auf sein Bitten den Befehl zur Verteidigung der Stadt ignoriert und damit die drohende Zerstörung verhindert hatte. Scheel erhielt daraufhin die Approbation wieder und wurde entlassen.
Er arbeitete anschließend zunächst als Nachtarbeiter im Hamburger Hafen und war ab Sommer 1949 Arzt in einem Hamburger Krankenhaus, dann Assistenzarzt am Rautenberg-Krankenhaus in Hamburg.
Naumann-Kreis
In der Nacht vom 14. auf den 15. Januar 1953 wurde er im Zusammenhang mit dem sogenannten „Naumann-Kreis“[2] um Werner Naumann von der britischen Militärpolizei verhaftet und sechs Monate inhaftiert, mußte jedoch aus Mangel an Beweisen freigelassen werden.
Hamburg
Dr. med. Gustav Adolf Scheel lebte seit seiner Freilassung 1954 bis zu seinem Tod als niedergelassener Arzt in Hamburg, dabei pflegte er eine enge Freundschaft zu Hanns Martin Schleyer.
Chronologie
- 1914–1928 Volksschule und Gymnasium in Bötzingen am Kaiserstuhl, Tauberbischofsheim und Mannheim, am dortigen Karl-Friedrichs-Gymnasium 1928 Abitur
- in der Schulzeit Mitglied der „Schülerbibelkreise“ (B. K.), der „Deutschen Freischar“ und des „Großdeutschen Jugendbundes“
- 1928–1934 Studium der Rechtswissenschaft, Volkswirtschaft und Theologie (1. Semester Universität Heidelberg), Theologie, Volkswirtschaft und Chemie (2. und 3. Semester Universität Tübingen), Medizin (4.–11. Semester Universität Heidelberg)
- 1934 Medizinisches Staatsexamen (sehr gut), Promotion zum Dr. med. (sehr gut) bei Priv.-Doz. H. O. Kleine, Dissertation: „Zur Frage der Beeinflußbarkeit der Strahlensensibilität durch Diabetes bei Radiumbehandlung von an Collum- und Corpus-Carzinom erkrankten Frauen“
- 1930 Eintritt in die SA und die NSDAP, Mitgliedsnummer 391.271
- 1931 Vorsitzender des AStA an der Universität Heidelberg
- 1932 Kreisführer Südwest der Deutschen Studentenschaft und Gaustudentenführer
- 1934 Übertritt zur Allgemeinen SS
- 1935 Ehrensenator der Universität Heidelberg; 1945 Streichung aus der Ehrensenatorenliste
- 1935–1939 Oberabschnittsführer des Sicherheitsdienstes (SD) Stuttgart
- 1936–1945 Reichsstudentenführer
- 1938 MdR
- 1939 Inspekteur der Sicherheitspolizei und des SD-Oberabschnitts Stuttgart
- 1940 (Frühjahr) kurzzeitiger Wehrdienst bei einer Sanitätsersatzkompanie der Luftwaffe, Unterarzt der Reserve (Oberfähnrich)
- 1940 (Sommer) Befehlshaber des SD im Elsaß, 1940 (Herbst) Oberabschnittsführer des SD München
- 1941 (5.5.) Führer des SS-Oberabschnitts Alpenland in Salzburg
- 1941 (18.11.)–1945 Reichsstatthalter und Gauleiter in Salzburg
- 1942 Reichsverteidigungskommissar für den Gau Salzburg
- 1944–1945 Reichsdozentenführer
- 1945 (29.4.) Kultusminister der Reichsregierung Dönitz
- 15.5.1945 Verhaftung in St. Veit, Haft in Salzburg, Fürstenfeldbruck, Augsburg, Seckenheim, Kornwestheim, Heidelberg, Dachau
- 1946–1948 Haft im Nürnberger Gerichtsgefängnis, Zeuge beim Nürnberger Tribunal
- Entlassung am 12.1.1948
- 1948 (15.1.) Verhaftung durch die württemberg-badischen Behörden, Haft in Kornwestheim, Langwasser, Mannheim, Ludwigsburg
- 1948 (23.12.) Spruchkammerverhandlung in Heidelberg, „Hauptschuldiger“, Haftentlassung; 1952 (20.10.) Berufungsverhandlung vor der Zentralspruchkammer Nordwürttemberg in Tübingen, „Belasteter“
- 1949 Arzt in einem Hamburger Krankenhaus, später Eröffnung einer eigenen Praxis
- 1953 (15.1.) Verhaftung im Zusammenhang mit der Naumann-Affäre durch die britische Besatzungsmacht, Haft im Zuchthaus Werl und nach der Übergabe Scheels an die deutschen Behörden im Gerichtsgefängnis Karlsruhe
- 1953 (7.6.) entlassen
- 1977 Aufgabe der ärztlichen Praxis aus Gesundheitsgründen
Familie
Gustav Adolf Scheel heiratete im Juni 1936 seine Verlobte, die Arzttochter Elisabeth Lotze ( 1912) aus Dresden. Aus der Ehe sind vier Kinder entsprossen ( 1937, 1939, 1941 und 1945).
Beförderungen
- 1.10.1930 SA-Mann
- 1932 SA-Sanitäts-Sturmführer
- 1933 SA-Obertruppführer
- 1934 SA-Sturmführer
- 15.9.1934 SS-Untersturmführer (noch als Sturmführer)
- 20.4.1935 SS-Obersturmführer
- 30.1.1936 SS-Hauptsturmführer
- 20.4.1936 SS-Sturmbannführer
- 9.11.1936 SS-Obersturmbannführer
- 30.1.1937 SS-Standartenführer
- 20.4.1938 SS-Oberführer
- 20.4.1941 SS-Brigadeführer
- 21.6.1942 SS-Gruppenführer
- mit der Berechtigung zum Tragen der Uniform eines Generalleutnants der Polizei
- 1.8.1944 SS-Obergruppenführer
- 1.9.1944 General der Polizei
- zugleich Gauleiter und Präsidialrat im Reichsforschungsrat
NSDAP (Auswahl)
- 6.11.1936 Reichsamtsleiter der NSDAP
- 24.4.1937 Reichshauptamtsleiter der NSDAP
- 20.4.1940 Oberdienstleiter der NSDAP
Auszeichnungen (Auswahl)
- SS-Ehrendegen
- SS-Ehrenring
- Dienstauszeichnung der NSDAP in Bronze und Silber
- Medaille zur Erinnerung an den 13. März 1938
- Medaille zur Erinnerung an den 1. Oktober 1938 mit Spange „Prager Burg“
- Goldenes Parteiabzeichen der NSDAP
- Orden der Krone von Italien, Großoffizierskreuz mit Stern (Halsorden)
- SS-Dienstauszeichnung
- Kriegsverdienstkreuz (1939), II. und I. Klasse mit Schwertern
Literatur
- Karl Höffkes: HpG: Die Gauleiter des Dritten Reiches, Grabert-Verlag