Renold, Peter
Peter H. Renold ( 6. Juni 1924 in Wollishofen, Kanton Zürich; 13. April 1995) war ein Deutschschweizer Freiwilliger und Offizier der Waffen-SS, zuletzt SS-Untersturmführer und Ritterkreuzträger[1] des Zweiten Weltkrieges.
Inhaltsverzeichnis
Werdegang
Der technisch begabte Deutsch-Schweizer Peter Renold meldete sich im November 1941 freiwillig zur Waffen-SS. Nach der Grund- und Spezialausbildung kam er zur Nachrichtentruppe an der SS-Nachrichten-Schule in Metz. Er erhielt u. a. Spezialausbildung, auch an Feindgerät, an der Funkschule Forst (Lausitz) und Oranienburg. Renold, nun „Funk-Meister“, gehörte vermutlich dem 3. Funktrupp (ausschließlich Angehörige der SS-Nachrichten-Schule Metz) der SS-Führungs-Nachrichten-Abteilung 500[2] (mit Wirkung vom 1. Dezember 1942 durch das SS-Nachrichtenzeugamt Oranienburg (In 7) aufgestellt) an, die, wie alle 500er-Einheiten, als Sondereinheit galt.
Von Ende 1942 bis Anfang 1944 führte er zusammen mit Kommandotruppen bzw. Streifkorps der Division „Brandenburg“ 16 Einsätze hinter der russischen Hauptkampflinie an der Ostfront durch, um im sowjetischen Hinterland Störsender aufzubauen. Für diese Aufgabe wurde er sicherlich an einer Fallschirmschule ausgebildet, denn auch später sprang er mit dem Fallschirm über Drvar ab. Anzunehmen ist auch, daß er zwischendurch Lehrgänge an einer Junkerschule bzw. einen Kriegs-Junkerlehrgang bei der SS-Nachrichten-Schule in Metz besuchte, Voraussetzung für die Beförderung zum Offizier, welche erst kurz vor oder nach „Rösselsprung“ erfolgte.
Unternehmen „Rösselsprung“
Mitte Mai 1944 wurden vier Angehörige der Nachrichtenschule Metz, zu denen Renold gehörte, nach Zagreb-Lucko in Marsch gesetzt. Am 19. Mai 1944 wurden die SS-Nachrichter dem Trupp „Savadil“ der Einheit „Benesch“ (kroatischer „Wildschutz-Verband“ der Brandenburger) zugeteilt. Der Trupp wurde aus Angehörigen des Frontaufklärungstrupps (FAT) 216 „Sisak“ der Abwehr gebildet, der die Aufgabe hatte, bei dem Sondereinsatz wichtiges Dokumentenmaterial des Gegners, der Partisanen Titos, sicherzustellen. Die vier Mann hatten die strikte Anweisung, im Rahmen des Unternehmens „Rösselsprung“ mit allen Mitteln den Funk- und Fernsprechkontakt des Feindes und seinen britischen Beratern (Kommandosoldaten des SAS) zu unterbrechen und auszuschalten. Trupp Savaldi wurde dem SS-Untersturmführer Hugo Witzemann ( 2. Februar 1921) vom SS-Fallschirmjäger-Bataillon 500 unterstellt. Renold erlebte während des Unternehmens den hohen Blutzoll der Fallschirmjäger und berichtete nach dem Krieg vom tragischen Ausfall des Kommandeurs SS-Hauptsturmführer Kurt Rybka.
Endkampf
Ab dem 27. August 1944 tobte nach der Invasion in der Normandie der Kampf um Metz. Die Nachrichten-Schule der SS unter SS-Standartenführer Ernst Kemper war an den Kämpfen beteiligt, während das Rahmenpersonal im September zur SS-Nachrichten-Ersatzabteilung nach Nürnberg, im Januar 1945 dann nach Leitmeritz und Aussig im Protektorat Böhmen-Mähren kam. Ob Renold in Metz kämpfte und ggf. das Ärmelband „Metz 1944“ erhielt, ließ sich nicht ermitteln. Die SS-Nachrichten-Schule Leitmeritz/Aussig/Melnik wurde in ein Grenadier-Regiment umgegliedert, die Lehrgruppe III bildete dabei ein Infanterie-Bataillon unter SS-Sturmbannführer Ellmenreich, ebenso die Lehrgruppe I unter SS-Obersturmbahnführer Kruft. Der Einsatz der Gruppen aus Leitmeritz geschah unter der Führung von SS-Oberführer Kemper bei Bad Schandau an der Elbe. Die SS-Nachrichten-Schule Aussig bildete mindestens zwei Kampfgruppen, teilweise durch Luftwaffenhelferinnen verstärkt. Eine Kampfgruppe wurde im Raum Teplitz-Schönau eingesetzt, bevor sie zum Entsatz der Garnison von Prag in Marsch gesetzt wurde und bei Melnik in Kämpfe mit tschechischen Partisanen verwickelt wurde. Diese Kampfgruppe soll dem „Freikorps Böhmen und Mähren“ unterstanden haben. Nachrichtenoffizier in dieser Kampfgruppe war der SS-Untersturmführer Schlösser. Zumindest Teile der 1. und der 3. Inspektion (St.Ju./St.Oju.) der SS-Nachrichten-Schule Leitmeritz/Aussig/Melnik sollen im April 1945 zur Kampfgruppe „Böhmen und Mähren“ gekommen sein
Zuletzt soll Peter H. Renold im SS-Panzergrenadier-Regiment 5 „Thule“ gedient haben; er erhielt den Spitz- bzw. Ehrennamen „Panzerbubi“, nachdem er im Alleingang neun Sowjetpanzer abgeschossen hatte.
Unternehmen „Rösselsprung“ aus Sicht von Peter Renold
Eine am 21. Mai 1944 dem Wehrmachtführungsstab übermittelte endgültige Fassung des Angriffsplanes sah die Landung von Luftlande- und Fallschirmtruppen in den frühen Morgenstunden des 25. Mai im Gebiet von Drvar vor mit dem Ziel, das Hauptquartier der Partisanen zu besetzen. Gleichzeitig sollten starke, teils motorisierte Kampfgruppen aus dem Raum Bihać, Bosn. Krupa, Knin, Livno, Jajce und südlich Kulen-Vakuf konzentrisch gegen Drvar vorgehen. Diese Umfassungsaktion verfolgte einerseits das Ziel, die in der Umgebung des Ortes liegenden Partisanenverbände in Abwehrkämpfe zu verwickeln und sie so daran zu hindern, dem bedrohten Obersten Stab zur Hilfe zu kommen. Andererseits sollten diese beweglichen motorisierten Truppen möglichst früh in Drvar eintreffen, um die am Morgen des 25. Mai gelandeten Fallschirm- und Luftlandetruppen zu entsetzen. Einzelheiten über den Einsatz des verstärkten SS-Fallschirmjäger-Bataillons, der in zwei Wellen erfolgen sollte, enthält die von Freiherr von Varnbüler unterzeichnete Studie vom 24.5.1944. Danach bestand die erste Welle aus insgesamt 654 Offizieren und Mannschaften, von denen 340 durch Lastensegler gelandet werden sollten, während die restlichen 314 mit dem Fallschirm abzuspringen hatten.
Die Studie sah eine Gliederung der ersten Gruppe in sechs verschieden starke Abteilungen vor, wobei der 110 Mann umfassenden Kampfgruppe „Panther“ die schwierige Aufgabe zufiel, die sogenannte „Zitadelle“ zu nehmen, wo sich – wie man annahm – Tito und die Mitglieder des Obersten Stabes aufhielten. Die Gruppe „Greifer“ (40 Mann) sollte die Mitglieder der britischen, „Stürmer“ (50 Mann) die der sowjetischen und „Brecher“ (ebenfalls 50 Mann) die der amerikanischen Militärmission gefangennehmen und jeweils die Verbindung zu den nächstgelegenen Gruppen aufnehmen.
Das Ziel der Kampfgruppe „Draufgänger“ war die Besetzung des sogenannten „Westkreuzes“, wo die deutsche Aufklärung die Funkstation der Partisanen vermutete, während die mit 20 Mann zahlenmäßig kleinste Gruppe „Beißer“ nach der Eroberung eines strategisch wichtigen Außenpostens den Kontakt zur Gruppe „Greifer“ herstellen und mit ihr zusammen gegen die britische Militärmission vorgehen sollte.
Die 314 Mann starke Truppe der Fallschirmjäger – in die Kampfgruppen „Blau“, „Grün“ und „Rot“ aufgeteilt – hatte die Aufgabe, den Ort Drvar zu nehmen und gemeinsam mit Teilen der übrigen Gruppen eventuelle Ausbruchsversuche des Gegners abzuwehren. Um jedes Risiko im Verlauf der Operation zu vermeiden, sollte eine zweite Welle von Fallschirmjägern zu einem möglichst frühen Zeitpunkt abspringen bzw. mit Lastenseglern südlich des Ortes landen.
Die Führung der gesamten Fallschirm- und Luftlandetruppen hatte der Kommandeur des Fallschirmjäger-Bataillons, SS-Hauptsturmführer Rybka, der sich zunächst mit seinem Stab der Gruppe „Rot“ anschließen und dann den Angriff auf die „Zitadelle“ leiten sollte. Für den Fall, daß dieser Angriff nicht sofort erfolgreich abgeschlossen werden könne, sollten laut Varnbüler-Studie auf ein bestimmtes Leuchtsignal hin die Kampfgruppen „Rot“, „Grün“ und „Stürmer“ ohne Rücksicht auf ihre ursprünglichen Kampfziele auf kürzestem Wege gegen die „Zitadelle“ vorgehen und sie nehmen. Die Kampfgruppe „Panther“ und das Bataillon sollten sofort nach der Besetzung der „Zitadelle“ die eigene Luftaufklärung durch ein Erkennungszeichen in Form eines Hakenkreuzes von dem erfolgreichen Angriff auf das Hauptquartier in Kenntnis setzen und diese Nachricht auf dem Funkwege durchgeben.
Ein Befehl des Bataillonskommandeurs Rybka vom 20.5.44 24 Uhr nachts enthält Einzelheiten, nennt aber das Ziel des Einsatzes noch nicht. So blieb die Kenntnis des Gesamtplanes mit allen seinen Details auf einen kleinen Kreis beschränkt, für das Fallschirmjäger-Bataillon z. B. auf die Abteilungen Ia, lb, IVa und V des Bataillonsstabes. In den Divisions- bzw. Bataillonsbefehlen, die in der Nacht vom 23. auf den 24. Mai ausgegeben wurden, taucht erstmals der Name Drvar auf. Nach einem Hinweis auf Drvar als dem „wichtigsten Organisations- und Versorgungszentrum der Banden“ gab Kommandeur Rybka der Truppe jetzt auch das eigentliche Ziel der Aktion bekannt:
- „Das Zentrum der roten Führung muß durch das Unternehmen ‚Rösselsprung‘ ausgeschaltet werden.“
Der größte Teil des Bataillons waren reguläre Angehörige der Waffen-SS mit vielseitiger Spezialausbildung. Mehrere Kameraden trafen aufeinander, die in Stendal und Wittstock 1943 einen Fallschirmlehrgang bei der Luftwaffe gemeinsam erlebt hatten.
Über die Zusammensetzung des Fallschirmjäger-Bataillons 500/501 gibt es verschiedene Versionen, die man positiv und negativ auslegen kann. Es trifft zu, daß aus Kraljevo Luftlandesoldaten mit mäßiger Sprungausbildung, jedoch hoher, infanteristischer Fähigkeit zum Einsatz gelangten, die aufgrund einer Verurteilung Bewährungssoldaten wurden, die es in jedem Wehrmachtsteil gab. Für das Sicherheitsrisiko dieses besonderen Einsatzes war die sorgfältige Auslese unter diesen Soldaten entscheidend.
Die deutschen Truppen, die in zwei Wellen über Drvar landen sollten, bestanden aus dem SS-Fallschirmjäger-Bataillon 500/501, verstärkt durch Teile des 1. Luftlanderegiments, einer Gruppe der Einheit „Benesch“ und dem Trupp „Savadil“.
Mitte Mai wurden vier Angehörige der Nachrichtenschule Metz, zu denen ich gehörte, nach Zagreb-Lucko in Marsch gesetzt. Am 19.5.1944 wurden wir dem Trupp „Savadil“ der Einheit „Benesch“ zugeteilt. Der Trupp wurde aus Angehörigen des Frontaufklärungstrupps (FAT) 216 „Sisak“ gebildet, der die Aufgabe hatte, bei einem Einsatz wichtiges Dokumentenmaterial des Gegners sicherzustellen. Wir vier Mann hatten die strikte Anweisung, mit allen Mitteln den Funk- und Fernsprechkontakt zu unterbrechen und auszuschalten. Wir Nachrichter der Waffen-SS waren früher schon hinreichend an der Funkschule Forst und Oranienburg ausgebildet worden. Wir waren mit englischen Nachrichtenmitteln funktechnisch gut vertraut.
Der Abtransport der einzelnen Kampfgruppen aus Kraljevo vollzog sich nach einem vorgeschriebenen Zeitplan, den Rybka noch in der Nacht zum 21. Mai in einem ergänzendenen Befehl bekanntgegeben hatte. Die erste Gruppe unter SS-Untersturmführer Haselwanter hatte mit eigenen Fahrzeugen – als gewöhnliche infanteristische Einheit getarnt – am 22. Mai um 12 Uhr mittags Belgrad erreicht und wurde von dort mit der Bahn in Richtung Groß-Betschkerek befördert. Acht Kilometer von dem Ort entfernt blieb die Gruppe bis in die frühen Morgenstunden des 25. Mai.
Die Gruppen 2 und 3 unter SS-Untersturmführer Witzemann bzw. SS-Hauptsturmführer Obermeier hatten, wie vorgesehen, Kraljevo am 21. Mai um 14 Uhr 02 mit einem Eisenbahntransport verlassen. In Nova Gradiška, dem Ausladebahnhof für die Kampfgruppe Obermeier, wurden die Lastkraftwagen dieser Gruppe sowie Verpflegung, Waffen und Munition für alle drei Gruppen ausgeladen. Hauptsturmführer Obermeier brachte seine Leute in der Umgebung des Ortes unter und verlegte sie im Laufe des 24. Mai in unmittelbare Nähe des Flugplatzes von Banja Luka, Zaluzani. Von hier aus meldete er dem inzwischen in Groß-Betschkerek eingetroffenen Kommandeur Rybka um 17 Uhr in einem verschlüsselten Funkspruch die Einsatzbereitschaft seiner Truppe.
Die Gruppe Witzemann hatte die Fahrt befehlsgemäß bis zu ihrem Zagreber Zielbahnhof allein fortgesetzt. Hier nahm Witzemann mit den beiden Flugplätzen Zagreb-Lucko und Cerklje Verbindung auf und besprach mit dem Kommandeur der Lastensegler-Einheiten die genaue Einteilung in Kampfgruppen, wie sie bereits festgelegt worden war.
Die am Unternehmen beteiligten Bodentruppen waren ebenfalls im Laufe des 24. Mai in ihre Ausgangsstellungen eingerückt und warteten in den frühen Morgenstunden des X-Tages auf das verabredete Signal zum Aufbruch. Bei den für diesen Einsatz vorgesehenen Kräften der 7. SS-Freiwilligen-Division „Prinz Eugen“ waren die letzten Vorbereitungen erst um 4 Uhr früh am 25. Mai abgeschlossen.
Es gab auch Sicherungsmaßnahmen auf jugoslawischer Seite. Denn, nachdem sich die Partisanen Anfang Januar 1944 gezwungen sahen, ihr bisheriges Hauptquartier von Jajce nach Drvar zu verlegen, richteten sich Tito und der Oberste Stab zunächst notdürftig in einem Haus in Drvar ein. Aus Furcht vor den deutschen Luftangriffen übersiedelte der Marschall bald darauf in eine Höhle, die sich im Innern des Höhenzuges befand, der den Ort Drvar von allen Seiten umgibt. Die im März 1944 gegründete Ingenieurs-Brigade des Obersten Stabes hatte die Höhle ausgebaut und eine Holzbaracke direkt vor dem Höhleneingang errichtet. Hier lebte und arbeitete Tito während seines Aufenthaltes in Drvar. Als im Frühjahr 1944 die Bombardierung des Ortes und der umliegenden Dörfer zunahmen und den Jugoslawen erste Anzeichen für einen möglichen deutschen Angriff auf den Obersten Stab vorlagen, übersiedelte Tito in eine zweite Höhle in das 6 km entfernte Bastasi, wo er sich meist tagsüber aufhielt. Abends kam er oft mit seinem Jeep nach Drvar, wo die übrigen Mitglieder des Obersten Stabes nach wie vor ihren Sitz hatten.
Die Höhle in Drvar und ihre unmittelbare Umgebung wurde durch fünf mit Maschinenpistolen bewaffnete Wachtposten gesichert, von denen sich drei direkt vor der Höhle befanden, während die beiden anderen vor den Gebäuden, in denen die Mitglieder des Begleit-Bataillons schliefen, Posten bezogen hatten. An Truppen befanden sich in Drvar neben der Ingenieurs-Brigade und weit mehr als hundert Offiziersschülern die Einheiten des Begleit-Bataillons des Obersten Stabes.
Die Zeit der Ungewißheit war für die Mitglieder des Obersten Stabes am 27. März 1944 beendet. An diesem Tage verhörten jugoslawische Stellen den kurz zuvor gefangengenommenen Tetarić, der zu den Deutschen übergelaufen war. Bis zu seiner Desertion hatte er dem 1. Proletarischen Korps angehört, das sich in der weiteren Umgebung von Drvar befand, und dort in der Intendantur gearbeitet. Tetarić hatte den Deutschen noch Mitte März genaue Angaben über Tito, das Begleitbataillon, die Stärke der Wachen und der Partisaneneinheiten in und um Drvar gemacht.
Am 4. Mai erbeutete die der 4. Division angehörende 11. Kozara-Brigade bei einem Sabotageunternehmen gegen einen Zug mit deutschen Wehrmachtangehörigen ein Dokument, dem eine Skizze von Drvar beigefügt war. Beide enthielten detaillierte Angaben über die genaue Lage aller militärischen und zivilen Organisationen in diesem Ort sowie Einzelheiten über die Militärmissionen der Alliierten, die Sicherungsvorkehrungen des Obersten Stabes und schließlich Hinweise auf eine möglichst wirkungsvolle Bombardierung des Hauptquartiers. Im Nachrichtenzentrum (obavestajni centar) des Stabes des für Drvar zuständigen V. Korps, wohin man die Dokumente geschickt hatte, bestand nun kein Zweifel mehr daran, daß die Deutschen über genügend Material verfügten, um jederzeit losschlagen zu können. In einer Biographie über Tito heißt es, daß er mit der Möglichkeit eines Luftlandeunternehmens rechnete, beim Chef des Generalstabes, Jovanović, aber auf Unverständnis stieß.
Während im Laufe des 24. Mai sowohl die deutschen Bodentruppen als auch die in mehreren Kampfgruppen gestarteten Fallschirmjäger in ihre Ausgangstellungen bzw. Ausgangsflughäfen einrückten, ahnte man in Drvar nichts von dem bevorstehenden Großangriff. Die Straßen belebten sich erst mit Anbruch der Dunkelheit, da man tagsüber deutschen Luftangriffen ausgesetzt war.
Auch die Maßnahmen zum Schutz der in unmittelbarer Nähe der Stadt und in Einzelgehöften im Talkessel von Drvar untergebrachten alliierten Militärmissionen wurden verstärkt. Die dritte der insgesamt vier Gruppen des Begleitbataillons wurde mit dieser Aufgabe betraut und dorthin verlegt. Als in den letzten Tagen vor dem deutschen Angriff die Luftaufklärung über Drvar zunahm, bat der stellvertretende Leiter des britischen Verbindungsstabes bei den Partisanen, Vivian Street, Tito am 22. Mai, die Übersiedlung der westlichen Militärmissionen in umliegende Dörfer zu gestatten. Nachdem Tito zugestimmt hatte, wurden die britische und amerikanische Mission noch am gleichen Tage evakuiert. Lediglich vier Berichterstatter großer amerikanischer und englischer Zeitungen, darunter der Reuter-Korrespondent Talbot und der Vertreter von „Life“, Stojan Pribicević, blieben in der Nähe des Hauptquartiers zurück und fielen später in deutsche Gefangenschaft. Randolph Churchill, der zusammen mit Tito Anfang Mai die Delegierten des in Drvar tagenden zweiten Jugendkongresses begrüßt hatte, befand sich nicht unmittelbar in Gefahr. Mac Lean, der Chef des Verbindungsstabes, befand sich zu dieser Zeit in England.
Die Sicherung des Hauptquartiers wurde mehrmals umgruppiert, Gräben ausgehoben und Fla MG’s im Gelände postiert. Auf Befehl des Gebietskommandanten Tomić wurde an einem abfallenden Berghang ein Gerüst mit einer Kirchenglocke befestigt. Hiermit wurde, wenn notwendig, Fliegeralarm ausgelöst.
Zum Begleitbataillon von 350 Mann gehörten mehrere Fla MG’s und ein aus drei Panzern bestehender Panzerzug. Daneben gab es die aus zwei Bataillonen bestehende Ingenieurs-Brigade, sowie noch einen Teil der aus 816 Delegierten bestehenden Vereinigten Antifaschistischen Jugend Jugoslawiens (USAOJ), die noch nicht in ihre Heimatorte zurückgekehrt waren. Es gibt ziemlich objektive Arbeiten über die Partisanentätigkeit in diesem Zusammenhang, die jedoch wegen der sprachlichen Probleme im Westen kaum ausgewertet werden können.
Der deutsche Angriff auf Drvar setzte in den frühen Morgenstunden des 25. Mai 1944 mit einem Luftangriff ein. Zu diesem Zeitpunkt befanden wir uns in Zagreb in Alarmbereitschaft. Es kann gegen 5.00 Uhr gewesen sein. Meine Kameraden und ich hatten noch Fotos der Luftaufklärung und die etwaige Lage des Westkreuzes studiert, wo sich die Funkstation befinden sollte; das war zunächst unser gemeinsames Ziel. Der Abflug ging geordnet und diszipliniert vonstatten. An meinem Gurtzeug befanden sich eine Luftwaffentragtasche mit Karten, Schreibzeug, Sprengmittel, MPi mit Ersatzmagazin und Pistole. An unserer Ju 52 wurde ein Lastensegler DFS 230 in Schlepp genommen.
Mit meiner Minox gelang es mit später, einige Fotos aus der Maschine von Drvar und dem Lauf der Unac und anderen Flugzeugen mit Lastenseglern zu machen. Wir waren voller Anspannung. Unser Absetzer, ein Feldwebel und Kretateilnehmer der Luftwaffe, übertrug seine Ruhe und Gelassenheit auch auf uns. Die Uhrzeit betrug 6.50 Uhr. Der Absprung aus der Maschine ging glatt und ohne Probleme vonstatten. Die Dauer des Öffnungsvorganges plus Sinkgeschwindigkeit des Schirmes kann bis zur Bodenberührung 12 bis 15 Sekunden gedauert haben. Die Landegeschwindigkeit war recht gut und zeigte damit an, daß die Windverhältnisse am Boden für den LL-Einsatz günstig waren. Wir landeten an einer Straße direkt am Ort. Der Absprung mit unserem Kommandeur, Hauptsturmführer Rybka, war bis auf wenige Ausnahmen geglückt. Der Lastensegler mit dem Kommandeur der Gruppe „Greifer“ SS-Obersturmführer Bredenbeck wurde unterwegs beschossen und mußte ca. 10 Kilometer vor Drvar landen. Der Kommandeur fand dabei den Tod.
Nach der Befreiung aus dem Gurtzeug und nachdem wir uns bewaffnet hatten, machten wir uns an die gestellte Aufgabe. Wir sahen Fallschirmjäger im Sprung aus ca. 100 Meter über Grund am Fallschirm und auch landend. Die Lastensegler steuerten eine Landefläche an. Es sah zunächst alles gut und geordnet aus, als doch plötzlich eine wilde Schießerei begann. Unsere Gruppe hatte kaum Widerstand, und wir gaben uns gegenseitig Feuerschutz. Im Ort fanden wir nach einigem hin und her ein Gebäude, wo sich ein Abspannbock für Fernsprechleitungen befand (SFK FFK) und auch mehrere Antennen. Das Haus war beschädigt, und als ob man uns erwartet hätte, begann ein Feuergefecht. Ein weiterer Trupp Fallschirmjäger kam uns zu Hilfe. Durch unser rücksichtsloses Vorgehen und die Anbringung einer Sprengladung, die sofort gezündet wurde, mußte meiner Meinung der Nachrichtenverkehr unterbrochen sein. Unsere Gegner waren Partisanenoffiziere und bewaffnete Nachrichtenhelferinnen in Uniform, die den härtesten Widerstand entfalteten.
Nach Sprengung und Niederkämpfung konnte der Trupp Savadil seine vorgeschriebene Arbeit beginnen. Wir von der Junkerschule Metz meldeten uns befehlsgemäß bei Hauptsturmführer Rybka zurück. Sein momentaner Gefechtsstand war ein Lastensegler. Wir wurden der Gruppe „Greifer“ zugeteilt gegen die „Zitadelle“, das vermeintliche Hauptquartier der Partisanen. In erbitterte Abwehrkämpfe mit dem Gegner wurden wir verwickelt. Bei dem Versuch, den Höhleneingang zu nehmen, trafen wir auf den Widerstand von rund 100 Angehörigen des Begleitbataillons. Diese hatten nach der ersten Überraschung unter Führung des Obersten Stabes die Verteidigung der Höhle organisiert. Es wurde gemeldet, daß ein großer Teil der Ortschaft bereits in unserer Hand war. Nach 8.00 Uhr griffen mehr als 100 Offiziersschüler von SW her in die Kämpfe ein und störten uns erheblich bei einem geplanten Flankenangriff auf das Hauptquartier. Der Kampf mit dem Gegner war hart und ohne Kompromisse. Verwundete wurden entwaffnet und liegengelassen. Hauptsturmführer Rybka befahl am Vormittag wörtlich, den Gegner zu nageln und festzuhalten, wo es ging. Auch wir hatten viele Ausfälle und Verwundete, die nicht direkt versorgt werden konnten.
Gegen Mittag etwa wurde die bisher übersichtliche, geordnete Lage sehr kritisch. SS-Hauptsturmführer Obermeier, der laut Bataillonsbefehl vom 23.5.1944 nach der ersten Welle springen sollte, begann mit dem Absetzen ca. 11.50 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt wurden wir vom Gegner (III. Lika-Brigade) Stück für Stück von der Höhle abgedrängt. Die Gruppe Obermeier landete mit großen Verlusten im Tal. Ich machte von diesem Absetzmanöver verschiedene Fotos, die heute noch existieren. Es waren ca. 20 Flugzeuge mit rund 200 Fallschirmjägern. Auch einige Lastensegler flogen ein und erlitten, weil keine Einweisung erfolgen konnte, Totalschaden.
Die Kameraden im und am Schirm mußten alles an Abwehrfeuer hinnehmen, denn unser Feuerschutz war mäßig und konnte nicht konzentriert gesteuert werden. Am Nachmittag konnten wir doch bis zur Höhle vordringen und mußten erleben, wie unser Kommandeur Kurt Rybka im Nahkampf von einer Handgranate schwer verwundet wurde. Mit einer Gruppe bildeten wir einen kleinen Keil in den Gegner, um unseren Kommandeur zu bergen. Er wurde übrigens in der Dämmerung mit einem Fieseler-Storch ausgeflogen und lag lange in Prag im Lazarett.
Das Kommando über das Bataillon übernahm Hauptmann Bentrup, der sofort neue Befehle ausgab. Ich bekam den Befehl, mit meiner Gruppe den nahen Friedhof zu erreichen, denn hier waren die Kameraden der zweiten Welle mit dem Gegner in Nahkampf verwickelt. Wir igelten uns systematisch am Friedhof ein. Aus den zu Bruch gegangenen Lastenseglern versuchten kleine Gruppen mit und ohne Erfolg möglichst Waffen wie MG 42, Munition und Versorgungsbehälter zu bergen. Die Partisanen wurden noch einmal verstärkt durch das I. Bataillon der I. Brigade. Diese griffen pausenlos die ganze Nacht den Friedhof an. Die Rückseite an der Friedhofsmauer war der behelfsmäßige Verbandsplatz. Wir waren mit dem Gegner vollauf beschäftigt. Von einem Verwundeten, der zum Verbandsplatz durchgekommen war, hörten wir, daß nach härtestem Kampf und schwerster Belastung der Höhleneingang genommen werden konnte. Die Kämpfe an der Höhle waren nicht minder grausam und hart. Wir vernahmen auch, daß die hohen Offiziere und Tito nicht gefangengenommen wurden. Es ist immerhin unbestritten, daß nach dem Angriffsplan nur eine der insgesamt sechs Kampfgruppen gegen das wirkliche Hauptquartier vorging und nicht das ganze Bataillon. Hätte die deutsche Aufklärung die Lokalisierung von Titos Aufenthaltsort mit größerer Genauigkeit durchgeführt und das Bataillon veranlaßt, auch auf dem Bergplateau oberhalb der Höhle einige Fallschirmjäger abzusetzen, dann wäre dem Obersten Stab der Fluchtweg abgeschnitten worden, und Tito hätte einer Gefangennahme kaum entgehen können.
Unser gemeinsames Ziel, die wir am Gegner lagen, war auszuharren; denn unser Kommandeur glaubte an baldige Hilfe von außen, nämlich von der Division „Prinz Eugen“. Unsere HKL (wenn man es so nennen darf) verschob sich mehrmals. Wir hörten in der Ferne Sprengungen und zogen uns langsam zu einem Sägewerk zurück. Die verwundeten Kameraden sollten dort in Sicherheit gebracht werden. Ich selbst war am rechten Fuß verwundet worden, und das Bein schwoll sehr stark an. Unsere Kräfte waren mit der Kampfmoral etwas gesunken. Die Angriffe und der Beschuß vom Gegner wurden überfallartig gestaltet; auch die Bevölkerung von Drvar mischte bei diesem Reigen kräftig mit. Wir bekamen ab und zu auch Luftunterstützung, und die alliierte Luftwaffe war auch in Kämpfen außerhalb unseres Gesichtskreises verwickelt. Zu irgendeinem Zeitpunkt hörten wir das unüberhörbare Schießgeräusch vom MG 42 und sahen zwei oder drei Schwimmwagen, die sich im Gelände mit größter Sicherheit bewegten. Wir vernahmen dann den Ruf: „Wir sind von der ‚Prinz Eugen‘, wir holen euch raus!“ Es dauerte nicht lange, und unsere Retter waren Herr der Lage. Mit meiner Verwundung wurde ich in einem Schwimmwagen abtransportiert. Ein umgebauter Muli war als Truppenverbandsplatz eingerichtet. Ein Oberleutnant der Luftwaffe (von der Waffen-SS übernommen), leitete die Wundversorgung ein. Eine Zehe am rechten Fuß wurde bei mir amputiert, eine Verletzung unter dem linken Arm fachgerecht versorgt. Wir waren wirklich glückliche Soldaten, und die Kameraden der Division „Prinz Eugen“, meist Volksdeutsche, gaben sich redlich Mühe, uns tadellos zu behandeln und Sonderwünsche zu erfüllen.
Nur von einzelnen Grausamkeiten des Gegners wurde berichtet. Man hatte einige Soldaten gefunden, denen man mit Zündschnüren Glieder gesprengt hatte. Gesehen habe ich es nicht. Zwei Kameraden von der Junkerschule Metz sind gefallen. Ein anderer Kamerad ist heute Oberstleutnant bei der Bundeswehr. Wir waren alle irgendwie verwundet. Am Verbandsplatz waren laut Arzt 28 Überlebende. An einem anderen Verbandsplatz sollen noch 20 Kameraden gewesen sein. Wenn man die Zahlen der zum Einsatz gelangten Gruppen addiert, so werden es mit den Tschetniks und ausgefallenem Lastensegler Bredenbeck rund 654 LL-Soldaten. Die Verluste der Partisaneneinheit werden von einem ehemaligen Teilnehmer des Obersten Stabes beim Tito-Einsatz mit 1.916 gezählten und etwa 1.400 geschätzten Toten angegeben. Die deutschen LL-Einheiten verloren laut einer Aussage eines Kriegsgefangenen der 373. Legionsdivision vom 6. Oktober 1948 fast alle Lastensegler.
Nach Abschluß der Kämpfe erklärte sich der Oberbefehlshaber SO mit dem Ergebnis im ganzen zufrieden, „wenn es auch nicht voll den Erwartungen entsprach“. Das OKW teilte diese Auffassung nicht. Der Führer und Oberste Befehlshaber der Wehrmacht, Adolf Hitler, vertrat die Meinung, daß Tito von kroatischer Seite in Agram gewarnt worden sei und empfahl, bei künftigen Unternehmungen dieser Art kroatische Verbände nicht mehr zu beteiligen.
Trotz der reichen Beute an Nachrichtengerät und „umfangreichem Schriftmaterial“, das die Deutschen im eroberten feindlichen Hauptquartier vorfanden, dürfte es den Partisanen gelungen sein, Dokumente von entscheidender Bedeutung rechtzeitig zu vernichten bzw. vor dem deutschen Zugriff zu retten. Tito entkam nach Potoci. Dort befanden sich bereits die Offiziere der alliierten Militärmissionen, das Nationalkomitee und versprengte Angehörige des Obersten Stabes und des Begleitbataillons. In schweren Kämpfe gegen nachdrängende Einheiten der 7. SS-Freiwilligen-Division „Prinz Eugen“ gelang es dieser Gruppe mit schweren Verlusten unter dem Schutz der III. Proletarischen Brigade und einiger weiterer Verbände, am 3. Juni Kupresko polje zu erreichen. In der Nacht auf den 4. Juni landete daraufhin der in Bari stationierte sowjetische Pilot Sornikow mit einer DC 3 auf dem Flugfeld bei Kupresko polje, nahm Tito und einige Angehörige des Obersten Stabes der sowjetischen und britischen Militärmission an Bord und landete wenig später in Bari (Italien).
Die Bilanz in und um Drvar war auf deutscher Seite erschreckend, denn eine Elite-Einheit wie das SS-Fallschirmjäger-Bataillon war fast aufgerieben. Obwohl die Deutschen ihr Ziel nicht erreicht hatten, brachte ihnen das Unternehmen „Rösselsprung“ doch eine gewisse Atempause bei der Bekämpfung der kommunistischen Aufständischen. Durch die gelungene Flucht des Partisanenführers Tito war seine vorübergehende politische Position gefestigt. Sein Ruhm und auch die der Teilnehmer im Talkessel von Drvar wurde legendär und eine historische Begebenheit. Seit Jahren wird dieser Schauplatz mit Prospekten für in- und ausländische Touristen zu einer Attraktion hochstilisiert, wobei die Hütte, die Höhle und manches Haus „Museumscharakter“ haben.
Auszeichnungen (Auszug)
- Eisernes Kreuz (1939), 2. und 1. Klasse
- Fallschirmschützenabzeichen
- Infanterie-Sturmabzeichen in Silber
- Nahkampfspange in Bronze
- Verwundetenabzeichen (1939) in Schwarz (Verwundung während „Rösselsprung“)
- Sonderabzeichen für das Niederkämpfen von Panzerkampfwagen durch Einzelkämpfer
- 1 mal Gold und 4 mal Schwarz/Silber für insgesamt 9 Panzervernichtungen
- Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes am 6. Mai 1945 als SS-Untersturmführer
- Da die Verleihung im Rahmen des sogenannten „Dönitz-Erlasses“ erfolgte, wird die Verleihung von manchen Quellen angezweifelt oder abgelehnt.