Kampf um Lauban

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Strategische Karte der Schlacht um Lauban

Die Schlacht oder der Kampf um Lauban vom 2. bis 5./6. März 1945 in Schlesien stellte den vorletzten bedeutenden operativen Erfolg der Wehrmacht vor der bedingungslosen Kapitulation dar und ist somit von großer kriegsgeschichtlicher Bedeutung. Das Unternehmen geplant hatte der Oberbefehlshaber der 17. Armee, General der Infanterie Friedrich Schulz, der jedoch aufgrund einer Verwundung die Ausführung abgeben mußte. Als bereits die Rote Armee über die Oder gesetzt und nach Westen vorgestoßen war, die Reichshauptstadt eingeschlossen worden war und sich die „Befreier“ auf deren Eroberung einstellten, hielt die nach der Wiedergewinnung des „festen Platzes“ (Synonym für Festung) Lauban während des Unternehmens „Gemse“ erreichte Frontlinie vom 6. März bis zum 8. Mai 1945.

Während der Schlacht um Bautzen vom 21. bis 30. April 1945 sollte bei der erfolgreichen Befreiung noch ein letztes Mal die erbitterte und siegreiche Kampfkraft deutscher Truppen (darunter die Fallschirm-Panzer-Division 1 „Hermann Göring“) bewiesen werden.

Verlauf

Vorgeschichte

Hitlerjungen im Endkampf in Lauban
Junge deutsche Freiwillige im Endkampf um Lauban im März 1945.jpg

Nachdem die Sowjetarmee, im Januar 1945 aus dem Warka-Brückenkopf an der unteren Weichsel hervorbrechend und rasch nach Westen vorstoßend, noch einmal auf der Linie Guben – Penzig – nordostwärts GörlitzLauban – Zobten – Oppeln zum Stehen gebracht werden konnte, hatte sich diese Front in der letzten Dekade des Februars stabilisiert. Im Raum nördlich Lauban verlief dabei die Nahtstelle zwischen der 4. Panzerarmee im Norden und der 17. Armee südlich anschließend. Diese „Nahtstelle“ war dem Feind nicht verborgen geblieben, und so nutzte sie die Rote Armee, um in Richtung Dresden weiter durchzustoßen und damit gleichzeitig die mühsam errichtete deutsche Frontlinie aus den Angeln zu heben.

Erste Ziele waren dabei Lauban und Görlitz, die von der 3. (russischen) Garde-Panzerarmee genommen werden sollten. In der Nacht des 17. Februars begann der sowjetische Angriff auf Lauban, zunächst mit dem Einschließen der Artillerie, im Laufe des Tages mit dem Vorstoß der 56. Garde-Panzer-Brigade und der 23. (mot.) Garde-Schützenbrigade.

Verteidigt wurde Lauban von den Resten der 6. Volks-Grenadier-Division unter Führung von Generalmajor Otto-Hermann Brücker, Volkssturm und Teilen von Werner Mummerts Panzer-Brigade 103 unter Oberst Kurt Treuhaupt, die seit Ende Febraur in Lauban eingeschlossen waren. Die 6. Volks-Grenadier-Division, ehemals die 6. (rhein.-westf.) Infanterie-Division, war am 15. Januar 1945 bei den Kämpfen um den Warka-Brückenkopf an der Weichsel fast völlig zerschlagen worden. Die Reste, ohne schwere Waffen, hatten sich kämpfend letztlich bis in den Raum Lauban durchgeschlagen, konnten aber, zusammen mit den Kräften des Kampfkommandanten, Major der Reserve Tschuschke, das Eindringen des Feindes in den Nord- und Ostteil der Stadt nicht verhindern. Damit war auch die letzte Eisenbahnverbindung Berlin – Görlitz – Oberschlesien unterbrochen.

„Kampfkommandant von Lauban war ein Major der Reserve Tschuschke, ein tapferer und energischer Offizier, wohl ein aus dieser Gegend stammender Landwirt. Er verfügte zunächst nur über Volkssturm und einige Versprengte. Kampffühlung mit den Russen trat erst einige Tage nach dem 20. Februar ein, als russische Panzer über Wünschendorf gegen das Gut und den Friedhof nördlich Lauban vorstießen. Als der Feind in den letzten Februartagen in den Nordrand Lauban eingedrungen war und die Stadt auch von Osten her über Berteisdorf angriff, wurde die bereits vom Brückenkopf Steinau her bekannte und bewährte Panzer-Brigade 103 unter Oberst d. R. Mummert eingesetzt.“ — Bericht eines deutschen Landsers

In Lauban vergewaltigten die Russen alle Frauen furchtbar, auch alle Nonnen im Kloster. Nicht wenige Frauen begingen aus Angst vor Vergewaltigung oder weil sie die Gewalttaten nicht verkrafteten, Suizid. In ganz seltenen Fällen fanden die Frauen auch Erbarmen: Ein damals 16jähriges Mädchen erzählte, es sei verschont worden, „weil ich ihm [dem Soldaten] abgemagert und überaus ängstlich erschien. Als ich niederkniete und betete, war er sehr betroffen und entließ mich.“ Neben der Greueltaten der Rotarmisten wurden auch Polen oder Tschechen – Milizen oder Lagerpersonal – als Täter bezeichnet. Es kam auch zu unzähligen sadistischen Mordtaten.

Inzwischen sollte aber nach der Absicht des Oberkommandos des Heeres (OKH) die seit dem 13. Februar eingeschlossene Festung Breslau entsetzt werden. Für den operativen Aufmarsch dazu war jedoch diese Eisenbahnlinie zwingend erforderlich, ebenso auch für die gesamte Versorgung der Heeresgruppe Mitte.

Das großräumige Freikämpfen des Eisenbahnknotenpunktes Lauban sollte verbunden werden mit der Zerschlagung der weit vorgedrungenen 3. (russ.) Garde-Panzerarmee, um deren beabsichtigten weiteren Stoß auf Görlitz und Dresden zu verhindern

Generaloberst Ferdinand Schörner wurde beauftragt, aus seiner Heeresgruppe „Schörner“ (Mitte) eine Angriffsoperation zu führen, die Lauban vollständig wieder in den eigenen Besitz bringen und gleichzeitig dem Feind schwere Verluste zufügen sollte. Damit war die Absicht verbunden, dessen operative Möglichkeiten zumindest stark einzuschränken.

Aus dem bisherigen Kommando des XXIV. Panzerkorps (General der Panzertruppe Walther Nehring), das sich bei dem Rückzug von der Weichsel außerordentlich bewährt hatte, wurde der Führungsstab einer „Panzergruppe“ gebildet, wobei sich bei der Stellenbesetzung in den Führungspositionen nichts änderte.

Einheiten

Schlacht um Lauban.jpg

Der Panzergruppe „Nehring“ wurde das LVII. Panzer-Korps (General der Panzertruppe Friedrich Kirchner) und das XXXIX. PzKorps (General der Panzertruppe Karl Decker) unterstellt. Die Gliederung und Unterstellungsverhältnisse der Korps waren:

Die auf dem Papier beachtliche Streitmacht war jedoch nach sechs Kriegsjahren nur noch ein Schatten ihrer selbst, die Mehrzahl der Divisionskommandeure hatte ihre Verbände erst vor kurzem übernommen und sich mit den jeweiligen Stäben noch nicht eingespielt. Die Einheiten waren zwar zu 90 Prozent mit Mannschaften aufgefüllt, der Ersatz war jedoch schlecht ausgebildet und körperlich wenig widerstandsfähig, schwerer wog vor allem die unzureichende Ausbildung eines Teils der Bataillons- und Abteilungsführer, die materielle Lage war erschreckend, am schlechtesten war jedoch die Lage beim Betriebsstoff, dies machte weitreichende Bewegungen von vornherein unmöglich. In der ersten Kriegshälfte hätte man diese Truppen als zerschlagen und nicht mehr einsatzfähig bezeichnet.

Waffengerät

  • 17. Panzer-Division: gepanzerte Fahrzeuge zu 35 % einsatzbereit
  • Führer-Grenadier-Division: gepanzerte Fahrzeuge zu 36 % einsatzbereit
  • 6. Volks-Grenadier-Division: „noch nicht wieder voll aufgefüllt“
  • 8. Panzer-Division: gepanzerte Fahrzeuge zu 35 % einsatzbereit
  • Führer-Begleit-Division: gepanzerte Fahrzeuge zu 40 % einsatzbereit
  • 16. Panzer-Division: kurzfristig mit Verbänden der Panzer-Division „Jüterbog“ aufgefüllt, einsatzbereit 71 gepanzerte Fahrzeuge (47 %), sie war erst ab dem 5. März 1945 verfügbar.

Die Schlacht

Schlacht um Lauban2.jpg

Eine ursprüngliche Vorgabe, im Raum Lauban 2.000 Panzerfahrzeuge für diesen Einsatz zusammenzuziehen, konnte nicht einmal annähernd erreicht werden und entsprach damit den unrealistischen Vorstellungen, wie sie damals so häufig an der Tagesordnung waren. Mit diesen, letztlich nur eingeschränkt verwendbaren Divisionen trat die verwegene Panzergruppe „Nehring“ zur angriffsweisen Wiedergewinnung von Lauban bzw. dem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt im Zuge der letzten Schienenverbindung nach Oberschlesien an.

Der Plan für dieses Unternehmen sah eine stark überdehnte Mitte (besetzt durch die 6. Volks-Grenadier-Division und die Reste der Panzer-Brigade 103) sowie zwei gepanzerte Flügel – der rechte stärker – vor, die Lauban „weiträumig“ umfassen und sich letztlich bei Naumburg am Queis vereinigen sollten.

Nach den Erinnerungen von General der Panzertruppe Walther Nehring entsprach dieser Operationsplan in etwa dem der Schlacht bei Tannenberg 1914, soweit es den Ansatz der deutschen Kräfte betraf. Unter größter Geheimhaltung und mit kürzestem Vorlauf wurde der Aufmarsch für das Unternehmen mit dem Decknamen „Gemse“ durchgeführt. Den linken Flügel bildete das XXXIX. Panzer-Korps (17. PzDiv und Führer-Grenadier-Division), den stärkeren rechten Flügel das LVII. PzKorps (8. PzDiv, Führer-Begleit-Division und 16. PzDiv).

Die Geheimhaltung von Aufmarsch und Vorbereitungen gelang derart, daß der Kommandeur der 6. Volks-Grenadier-Division zum ersten Mal kurz vor dem Beginn des Angriffs durch das Eintreffen der vordersten Teile der Führer-Grenadier-Division davon erfuhr.

Am 2. März begann der Gegenangriff. Der linke Flügel kam mit der 17. Panzer-Division zunächst recht gut, mit der Führer-Grenadier-Division einigermaßen voran, wenngleich bei verlustreichen Kämpfen. Im Laufe dieser Kämpfe wurden bis zum 3. März im Raum zwischen Hennersdorf/Wünschendorf und Schreibersdorf über 100 russische Panzer abgeschossen.

Auszeichnung des Hitlerjungen Willi Hübner, der als Melder großartige Leistungen im Kampf um seine Heimatstadt Lauban vollbracht hat, je nach Quelle 8. oder 9. März 1945

Schon am 3. März wurde erkennbar, daß ein rascher Stoß auf Naumburg nicht möglich sein würde. Daher wurde die beiderseits der Straße Görlitz – Bunzlau weit vorgestoßene 17. Panzer-Division nach Osten in Richtung auf den Queis abgedreht. Sie stieß in einem Nachtangriff bis in das Queistal vor und fügte dem Feind schwere Verluste zu.

„Der in der Nacht vom l. zum 2. März beginnende und den Feind zunächst überraschende Angriff gewinnt in beiden Angriffsrichtungen zunächst rasch Boden. Aber dann tritt überall, ganz besonders aber bei der ostwärtigen Angriffsgmppe (57. Panzerkorps) vor der Front und in der rechten Flanke der Führer-Begleit-Division überlegener Feind auf, der dort zum Angriff übergeht, ohne indessen durchzukommen. Nachdem bei der linken Angriffsgruppe (39. Panzerkorps) bis zum Nachmittag des 2. März Ober-Bielau und die nordostwärtigen und nördl. Waldränder gegen sich versteifenden Widerstand genommen sind, steht Generalmajor Mäder, der Kommandeur der Führer-Grenadier-Division vor einer Entscheidung. Sein Befehl lautet, weiter durch den Wald und über Günthersdorf angreifend die Straße nach Bunzlau zu gewinnen. Nach dem Durchfressen durch den Wald, das Zeit und Verluste kostet, würde das stark mit russischen Panzern und Pak bestückte Günthersdorf außer kostbarer Zeit noch viele Opfer fordern. Auch der Angriff des linken Nachbarn, der 17. Panzerdivision, wird Mäders Aufgabe nicht erleichtern, da sie selbst gegen starken Feind zu kämpfen hat. Besteht nicht die Gefahr, daß der Feind aus dem Laubaner Sack im Queis-Tal nach Norden völlig entwischt, wenn man hier, 8 Kilometer von der Rückzugsstraße am Queis entfernt, Zeit verliert, um das gesteckte Ziel einer tiefen ‚klassischen Umfassung‘ zu erreichen, eine Zeit aber, die der Feind zum Entkommen auf der Straße im Queis-Tal ausnutzen kann? Biegt man dagegen nun sofort nach Osten ab, wird man noch den Feind im Queis-Tal fassen und eine schnellere Verbindung mit dem 57. Panzerkorps gewinnen. Allerdings verzichtet man mit dieser ‚kleinen Lösung‘ auf einen großen Kessel. Hier paßt das Sprichwort ‚der Spatz in der Hand ist mir lieber als die Taube auf dem Dach‘. So faßt auf Vorschlag General Mäders der Kommandierende des 39. Panzerkorps, General Decker, diesen Entschluß zum Abdrehen nach Osten. General Nehring, Führer dieser Schlacht, der zur gleichen Zeit ähnliche Überlegungen angestellt hat, billigt diesen Entschluß und befiehlt als neue Richtung Logau. Um nun einen zweitägigen Zeitsprung zu machen: am 4. März stößt die Führer-Grenadier-Division ostwärts über den Queis, wo sie auf dem Linden-B, (ostwärts Logau) der 8. Panzerdivision die Hand reicht. Jetzt ist der kleine Kessel geschlossen. Die Führer-Begleit-Division war im Raum Neuland—Kesseldorf—Giessmannsdorf in schwere wechselvolle Kämpfe mit überlegenem Feind geraten und konnte daher das Angriffsziel Naumburg nicht nehmen. Als ihr am 5. März schließlich die Wegnahme des zäh verteidigten Silber-B, (südostwärts Sächs.-Haugsdorf) gelingt, ist die Schlacht bei Lauban beendet.“

Resultat

Nach dem beeindruckenden Sieg der deutschen Truppen in Lauban (das Hauptziel war erreicht: die Befreiung Laubans mit der Wiedergewinnung der wichtigen Bahnstrecke) begann die Vorbereitung für einen weiteren Vorstoß. Am 9. März nach Beseitigung zahlreicher Kampfschaden war die Bahn wieder im Betrieb. Im übrigen hatte diese Schlacht dem Feind einen heftigen Stoß versetzt, denn die Zahl abgeschossener Panzer, die Menge an Beute und die Masse vernichteter Fahrzeugkolonnen im Queis-Tal sprachen in ihrer beachtlichen Höhe eine eindringliche Sprache. Die 17. Panzerdivision schoß am ersten Angriffstag 80 T-34 ab, und über 150 Panzerabschüsse konnte die 8. Panzerdivision buchen. Das sowjetische 99. mechanisierte Korps verlor 48 unzerstörte Geschütze. Und die 6. Volks-Grenadier-Division stellte nach der Schlacht aus der Beute eine vollständige Pak-Kompanie mit 16 7,62-cm-Kanonen und zwei schweren Feldhaubitzen-Batterien auf.

„Ich berichte dem Führer dann ausführlich von meinem Besuch in Lauban. Der Führer ist auch der Meinung, daß Schörner einer unserer hervorragendsten Heerführer ist. [...] Es sei Schörner gelungen, die Front in seinem Kampfraum im wesentlichen zu stabilisieren. Auf ihn sei es zurückzuführen, daß die Moral der Truppe dort so hervorragend gehoben worden sei. Ich berichte dem Führer von den radikalen Methoden, die Schörner zur Erreichung dieses Zieles anwendet. Deserteure finden bei ihm keine Gnade. Sie werden am nächsten Baum aufgeknüpft, und ihnen wird ein Schild um den Hals gehängt mit der Aufschrift: ‚Ich bin ein Deserteur. Ich habe mich geweigert, deutsche Frauen und Kinder zu beschützen, und bin deshalb aufgehängt worden.‘ Solche Methoden wirken natürlich. Jedenfalls weiß der Soldat im Kampfraum Schörners, daß er vorne sterben kann und hinten sterben muß.“Joseph Goebbels, Tagebücher 1945

Am 15. März 1945 begann die letzte große deutsche Angriffswelle im Osten, um die eingeschlossenen Truppen der Festung Breslau doch noch zu entsetzen, aber die bolschewistische Oberschlesische Operation verhinderte dies – Breslau war verloren, wie auch das Reich wenige Wochen später.

Verweise

Fußnoten

  1. Nach der Befreiung von Lauban am 5./6. März 1945 erfolgt der Marsch zur Oderfront östlich von Berlin. Die Reste der Panzer-Brigade 103 wurden ab dem 6. März 1945 zur Aufstellung der Panzer-Division „Münchberg“ erneut unter Schwerterträger Generalmajor Werner Mummert verwendet.
  2. Die Abteilung unterstand seit dem 12. März 1945 der Panzer-Division „Müncheberg“ und nahm mit ihr an der Schlacht um die Seelower Höhen und der Schlacht um Berlin teil.