Deutsch-Neuguinea
Basisdaten | |
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Hauptstadt: | Berlin, Deutsches Reich |
Verwaltungssitz: | 1885–1891: Finschhafen 1891–1899: Friedrich-Wilhelm-Hafen 1899–1910: Herbertshöhe ab 1910: Rabaul |
Verwaltungsorganisation: | |
Einwohner: | zirka 600.000 Einwohner, davon zirka 772 Deutsche (1912) |
Währung: | 1885–1911: Neuguinea-Mark, ab 1911: Reichsmark |
Besitzergreifung: | 1884-1899 |
Mandat: | Japan (später USA), Australien |
Heutige Gebiete: | Mikronesien Marshallinseln Papua-Neuguinea (Nordteil) Nauru Salomonen Palau Marianen |
Im Jahr 1899 übernahm das Deutsche Reich die Gebiete der Neuguinea-Kompagnie unter dem Namen Deutsch-Neuguinea als reguläre Kolonie.
Inhaltsverzeichnis
Erläuterung
Die Gesamtfläche betrug 242.476 Quadratkilometer. Bei der einzigen Volkszählung (1912) wurden 478.843 Indigene und 772 deutsche Einwohner gezählt. Sie umfaßte die Gesamtheit aller Südsee-Kolonien des Deutschen Reiches außer Samoa. Dazu gehörten
- das Kaiser-Wilhelms-Land auf der Insel Neuguinea
- die Bismarck-Inseln im Bismarck-Archipel
- die nördlichen Salomonen
- die Karolinen
- die Marianen
- Palau
- Nauru
- Neupommern
- Neumecklenburg
- Neuhannover
- und die Marshallinseln (bis 1906 unabhängiges Schutzgebiet)
Geschichte
Die deutsche Flagge wurde bereits 1884 durch Finsch und Dallmann im Kaiser-Wilhelms-Land und Bismarck-Archipel gehisst. 1885 erhielt das Gebiet einen kaiserlichen Schutzbrief. Im selben Jahr fielen die Marshall-Inseln an Deutschland. Zwei Jahre später kamen die westlichen Salomonen-Inseln in deutsche Hände, welche jedoch (außer Bougainville und Buka) nach dem Samoa-Vertrag wieder an England fielen.
Schutzgebiet
1888 wurde noch die Insel Nauru in Besitz genommen. Nach dem Schiedsspruch des Papstes Leo XIII. erwarb das Deutsche Reich die Marianen, Karolinen und Palau.
Im Jahr 1891 musste die Hauptstadt Finschhafen wegen Malaria aufgegeben werden. Am 1. April 1899 kam es unter die Verwaltung des Deutschen Reiches. Die Regierung siedelte 1906 nach Rabaul um. Am 18. Oktober 1910 begann der Aufstand der Sokehs.
Erster Weltkrieg
Zu Beginn des Ersten Weltkrieges, also schon 1914, besetzten australische Truppen das Kaiser-Wilhelms-Land, Bismarck-Archipel, Salomonen-Inseln und Nauru. Die Marianen, Karolinen, Palau und Marshall-Inseln wurden fast kampflos von japanischen Einheiten besetzt. 1920 gab der Völkerbund das Gebiet unter japanische und australische Mandatsverwaltung.
- „Die deutschen Garnisonen waren winzig und großteils aus nur leicht bewaffneten Einheimischen und Polizisten bestehend. Nach Kriegsbeginn berief der amtierende deutsche Vizegouverneur, Eduard Haber, auch etwa 50 deutsche Reservisten der Kolonie ein. Er konnte etwa 300 Mann im Kernraum der Kolonie sammeln, nämlich auf Kaiser-Wilhelms-Land und dem Bismarck-Archipel, wo es Funkstationen gab - darunter die strategisch besonders wichtige Station Bita Paka nahe des Hauptortes Simpsonhafen auf der Insel Neupommern (heute Rabaul auf der Insel Neubritannien), die für die Kommunikation mit dem deutschen Flottenverband im Pazifik wesentlich war, dem ‚Ostasien-Geschwader‘ mit seinen damals zwei Panzerkreuzern und vier Kleinen Kreuzern sowie einigen Kanonenbooten und Versorgern. Die Australier also hatten im August einen Verband mit einigen Kreuzern, Zerstörern und teils bewaffneten Frachtern zusammengestellt, der rund 2000 Mann Infanterie inklusive bewaffneter Matrosen und Milizionären beförderte und alles zusammen wohl 6000 Mann an Bord hatte; die Zahlenangaben differieren. Auch AE1 und AE2 fuhren mit. Die Aussies kreuzten am 9./10. September vor Neupommern auf und setzten Landungstruppen ab, die zunächst Rabaul und einige andere Orte kampflos besetzten.
- Die Deutschen hatten ihre Kräfte auf Neupommern indes im wesentlichen in der Nähe der Funkstation Bita Paka rund 30 km südöstlich von Rabaul mitten im Dschungel konzentriert, um die am 11. September ein heftiges Gefecht ausbrach, bei dem die deutschen und melanesischen Verteidiger die maßlos überlegenen Australier in dem schwierigen tropischen Kampfraum durch in Baumkronen versteckte Scharfschützen und Gegenangriffe zeitweise in Bedrängnis brachten, letztlich aber aufgaben. Die Schlacht um Bita Paka: Sieben Australier, ein Deutscher und mindestens 30 Melanesier fielen bei diesem stundenlangen Gefecht in brütend feuchter Hitze im Dschungel, wobei es zu Nahkämpfen inklusive Einsatzes von Säbeln und Bajonetten kam. Pläne der Verteidiger, Minen zu zünden, wurden vereitelt. Die Sache mit den überproportional vielen Opfern bei den melanesischen Hilfstruppen der Deutschen hat dabei einen finsteren Mitgrund: Berichten zufolge, die in Australien nicht unbedingt bestritten werden, sind nämlich einige dieser Gefangenen von australischen Soldaten erstochen worden. Etwa 75 Verteidiger wurden, großteils verwundet, gefangen, die übrigen flohen, am Ende und noch einigen Scharmützeln kapitulierte Vizegouverneur Haber am 17. September. Deutsch-Neuguinea wurde letztlich bis 1915 kampflos besetzt, wobei die weit verstreuten Inselgruppen etwa der Marianen und Marshallinseln japanische Truppen besetzten (ein Akt, der sich noch für den Verlauf des Zweiten Weltkriegs massiv auswirken sollte). In der Region Morobe auf Neuguinea versteckte sich noch ein deutscher Hauptmann, Philipp Detzner (1882 bis 1970), zusammen mit einigen Begleitern, und ergab sich erst 1918. Detzner wurde dadurch en passant zum Ethnologen und Naturforscher und gab nach dem Krieg das Buch ‚Vier Jahre unter Kannibalen‘ heraus.“[1]
Nach dem Zweiten Weltkrieg
Nach dem Zweiten Weltkrieg kamen die japanischen Völkerbundmandate unter amerikanische Herrschaft. Mit der Zeit wurden die Inseln in die Unabhängigkeit entlassen:
- 1975 Kaiser-Wilhelms-Land, Bismarck-Archipel, Bougainville, Neupommern und Neumecklenburg als Teil Papua-Neuguineas
- 1968 Nauru
- 1986 Karolinen als Mikronesien und Marshall-Inseln
- 1994 Palau
Die Marianen sind bis heute als Nördliche Marianen Teil der VSA.
Deutsche Führung
Die Verwaltungschefs führten den Titel Landeshauptmann bzw. Kommissar/Reichskommissar, bis die Neuguinea-Kompagnie die Landeshoheit 1899 endgültig an das Deutsche Reich zurückgab.
Landeshauptmänner und Kaiserliche Kommissare
- 16. Juni 1884 bis 1887 Gustav Carl Heinrich Lucas von Oertzen (Kommissar)
- 1885 bis 1886 zugleich Kommissar der Marshall-Inseln
- 1886–1888 Georg von Schleinitz
- 1888–1889 Reinhold Kraetke
- 1889–1892 Fritz Rose (Kommissar)
- 1892–1895 Georg Schmiele
- 1895–1896 Hugo Rüdiger
- 1896–1897 Curt von Hagen
- 1897 Albert Hahl (geschäftsführend)
- 1897–1899 Hugo Skopnik
Gouverneure
- 1899 bis 1901 Rudolf von Bennigsen
- 10. Juli 1901 bis 1914 Albert Hahl
- Nach dem Rücktritt Rudolf von Bennigsens versah Albert Hahl zunächst ab 10. Juli 1901 das Gouverneursamt als stellvertretender Gouverneur kommissarisch. Er kehrte im Juni 1902 wegen einer Erkrankung an Schwarzwasserfieber nach Deutschland zurück, wo er am 20. November 1902 endgültig zum Gouverneur von Deutsch-Neuguinea bestellt wurde. Er übte dieses Amt bis zum 13. April 1914 aus.
- 1914 bis 1920 Eduard Haber
- 1913 wurde Johann Karl Emil Eduard Haber zum Stellvertreter des Gouverneurs von Deutsch-Neuguinea (DNG), Albert Hahl, berufen; er reiste am 22. Januar 1914 ab. Aufgrund der Erkrankung Hahls, der nach Deutschland beurlaubt wurde, führte er die Amtsgeschäfte in Rabaul kommissarisch.
Siehe auch
- Kolonialismus
- Deutsche Kolonien
- Deutsche Siedlungen im Ausland
- In Honolulu (Ohne Hemd und ohne Höschen)
Literatur
- Heinrich Schnee:
- Bilder aus der Südsee: Unter den kannibalischen Stämmen des Bismarck-Archipels, (PDF-Datei 12MB)
- Die koloniale Schuldlüge, Knorr & Hirth, München 1924 (HTML-Version)
- Die deutschen Kolonien vor, in und nach dem Kriege, Quelle und Meyer, Leipzig 1935
- Richard Parkinson: Im Bismarck-Archipel. Erlebnisse und Beobachtungen auf der Insel Neu-Pommern (PDF-Datei)
- Richard Neuhauss: Deutsch Neu-Guinea. 3 Bände. Reimer, Berlin 1911
- Hermann Detzner: Vier Jahre unter Kannibalen – Von 1914 bis zum Waffenstillstand unter deutscher Flagge im unerforschten Innern von Neuguinea, Verlag August Scherl, Berlin 1921
- Claus Nordbruch: Deutsche Kolonialleistungen gegen die Kolonialschuldlüge, in: Rolf Kosiek / Olaf Rose (Hgg.): Der Große Wendig – Richtigstellungen zur Zeitgeschichte, Band 1, Grabert Verlag, Tübingen 2006, S. 101–113
- Hermann Joseph Hiery:[2]
- Das Deutsche Reich in der Südsee (1900–1921). Eine Annäherung an die Erfahrungen verschiedener Kulturen. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 1995, ISBN 3-525-36322-2
- Die deutsche Südsee 1884–1914. Ein Handbuch. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2001, 2. Aufl. 2002, ISBN 3-506-73912-3
- Bilder aus der deutschen Südsee: Fotografien 1884–1921. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 2004, ISBN 978-3-506-70112-1
- Deutsche Kolonien – Viel besser als ihr Ruf, Compact Geschichte Nr. 18 (erschienen 2023), Vorstellung und Bezugsnachweis
- Bruce Gilley:[3] Verteidigung des deutschen Kolonialismus. Edition Sonderwege bei Manuscriptum, 2021
Verweise
- Ausführliche Beschreibung Deutsch-Neuguineas im Deutschen Kolonial-Lexikon von 1920 (Band I, S. 315 ff.)
- Deutsch-Neuguinea (Deutsche-Schutzgebiete.de)