Speziallager

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Das „Gelbe Elend“ in Bautzen

Speziallager waren Folter- und Konzentrationslager, die nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 von der sowjetischen Militäradministration in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) eingerichtet wurden und bis 1950 in der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) bestanden.

Erläuterung

Internierungslager wurden aufgrund gemeinsamer alliierter Vereinbarung in allen Besatzungszonen eingerichtet. Die Speziallager in der Sowjetischen Besatzungszone arrestierten jedoch einen wesentlich umfangreicheren Personenkreis als in den westlichen Zonen, blieben länger bestehen und dienten vor allem auch der Unterdrückung politischer Gegner.

Friedrich-Christian Schroeder stellt darüber hinaus fest:

„Das Vorgehen der Sowjetischen Militärtribunale gegen deutsche Zivilpersonen stand nicht nur hinsichtlich der angewendeten Rechtsvorschriften, sondern auch hinsichtlich ihrer Praxis in krassem Widerspruch zu rechtsstaatlichen Grundsätzen.“[1]

Artikel 46 der Haager Landkriegsordnung von 1907 besagte – bezogen auf das Verhalten von Besatzungsmächten im besetzten Staat:

„Die Ehre und die Rechte der Familie, das Leben der Bürger, das Privateigentum, die religiösen Überzeugungen und die gottesdienstlichen Handlungen sollen geachtet werden. Das Privateigentum darf nicht eingezogen werden.“

Insgesamt gab es zehn Speziallager bei folgenden Orten: Fünfeichen, Sachsenhausen, Weesow, Hohenschönhausen, Ketschendorf, Jamlitz, Bautzen, Mühlberg, Torgau und Buchenwald (bei Weimar). Das Speziallager Nr. 2 in Buchenwald wurde auf dem Gelände des ehemaligen KL Buchenwald eingerichtet, das die Sowjetische Besatzungsmacht ab August 1945 weiter nutzte. Ähnliches gilt für das KL Sachsenhausen. Die Lager waren dem NKWD, ab 1946 MWD unterstellt, das dafür eine eigene Abteilung „Spezlager“ hatte. Vom Leiter des NKWD, Lawrenti Beria, wurde am 4. Juli 1945 Iwan A. Serow zum „Bevollmächtigten des NKWD für die Gruppe der Sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland“ ernannt. Dieser war der direkte Vorgesetzte des Leiters der Abteilung Speziallager des NKWD Michail J. Swiridow. Die Abteilung unterstand seit 1948 der Hauptverwaltung der Lager (GULag) des sowjetischen Innenministeriums. Im Speziallager Nr. 3 - Berlin-Hohenschönhausen befand sich in der Genslerstraße die zentrale Verwaltung aller zehn sowjetischen Speziallager.

Inhaftierte

Nach Angaben des sowjetischen Innenministeriums von 1990 wurden in den Lagern 122.671 Deutsche - nach Schätzungen westlicher Historiker 160.000 bis etwa 180.000 - unter dem Vorwurf festgehalten, Nationalsozialisten zu sein. Die Lager dienten neben der Inhaftierung von Nationalsozialisten vor allem dazu, Gegner der gesellschaftlichen Umwälzung aus der Öffentlichkeit zu entfernen und mundtot zu machen: Sozialdemokraten, Liberale, Konservative, Adlige, Unternehmer, Bauern und sogenannte Großbauern, die mehr als 100 Hektar Land besaßen und sich ihrer entschädigungslosen Enteignung widersetzten.

Verhöre

Nach der Verhaftung erfolgten regelmäßig tage- oder auch wochenlange Verhöre beim örtlichen NKWD, oft auch unter Folter. Die dann zu unterzeichnenden Verhörprotokolle waren oftmals nur auf Russisch verfaßt und enthielten gelegentlich Geständnisse, die von den Betroffenen nicht oder nicht so wie protokolliert gemacht worden waren. Wer dabei „Pech“ hatte, kam vor ein Sowjetisches Militär-Tribunal (SMT).

Verfahren vor dem SMT

Die Verfahren vor dem SMT verliefen nach sowjetischem, stalinistischem Rechtsverständnis, demzufolge es nicht auf Feststellung individueller Schuld ankam, sondern darauf, daß vor allem als Gegner des sowjetischen Systems Verdächtigte aus dem Verkehr gezogen werden. Hierbei wurde sowjetisches Recht rückwirkend angewandt. In dem üblichen Schnell-Verfahren von 15 bis 20 Minuten Dauer waren 25 Jahre Zwangsarbeit die Regelstrafe. Verteidiger waren nicht zugelassen, ebenso keine Entlastungszeugen, und es gab keine Berufungsmöglichkeit. Eine Schuld mußte nicht nachgewiesen werden, es genügte das Votum des Tribunals, um in die UdSSR deportiert, sofort erschossen oder in eine Strafanstalt auf deutschem Boden eingewiesen zu werden.

Speziallager-Insassen

Wem dieses Schicksal, einem SMT überstellt zu werden, erspart blieb, kam in eines der Speziallager. Diese waren somit keinesfalls der Verwahrort für Täter, sondern für Personen, denen das diesbezüglich nicht zimperliche NKWD bzw. MWD trotz intensiven Bemühens, trotz erfolgter vorliegender Denunziationen und unter Nachhelfen mit Folter nichts hatte nachweisen können. In den Speziallagern fanden auch weitere solcher Verhöre statt mit weiteren Verurteilungen und/oder Deportationen, denn während der Haftzeit blieb für die Sowjets und in deren Akten immer der ursprüngliche Vorwurf (z. B. „Du Chef Organisazi Werwolf“ oder „Du Spion“) maßgeblich, so als ob dieses „Delikt“ wirklich vorgelegen hätte.

Isolierzelle in Hohenschönhausen

Die Insassen der Speziallager wurden somit ausnahmslos alle ohne Urteil festgehalten, denn die von sowjetischen Militär-Tribunalen (SMT) Verurteilten kamen nicht in die Speziallager. Da es aber auf dem Gelände einiger Speziallager (Sachsenhausen, Bautzen, Torgau) Strafvollzugsanstalten für Verurteilte gab, ist gelegentlich fälschlicherweise zu lesen, daß in den Speziallagern auch Verurteilte waren. Diese gehörten jedoch nicht zu den Speziallager-Insassen, waren auch völlig isoliert untergebracht [2], hatten erheblich schlechtere Haftbedingungen und waren auch nicht von den Entlassungen 1948 und 1950 betroffen.

Bernd Bonwetsch beschreibt die Einrichtung von Speziallagern durch den NKWD und dessen Methoden in der SBZ als geprägt „durch die Erfahrungen des sowjetischen Gulag“. Alliierte Vereinbarungen hätten dies zwar etwas „modifiziert“, was aber de facto auf sowjetische Verhör- und Haftpraktiken kaum von nennenswertem Einfluß war [3].

Auch Wolfgang Schuller hebt den Unrechtscharakter der Lager als Abbild und „Außenposten des Archipel Gulag“ hervor. Hauptzweck der Speziallager sei nicht die Bestrafung etwaiger Täter gewesen, sondern - wie in der Sowjetunion - die Ausschaltung mutmaßlicher Gegner des sowjetischen Systems. Dies könne man unter anderem auch an dem Umstand der Geheimhaltung der Lager und der Vertuschung der Opferzahlen festmachen [4].

Von den inhaftierten Personen sind nach sowjetischen Angaben 42.889 gestorben, also ein Drittel; in erster Linie durch Aushungern und diverse lagertypische Krankheiten wie Dystrophie, Ruhr, Tuberkulose, Typhus. 45.261 wurden freigelassen, die übrigen wurden entweder in die Sowjetunion (Gulag) deportiert (12.770), zu Kriegsgefangenen umgewandelt (6.680) oder den mittlerweile installierten kommunistischen Behörden in der SBZ bzw. der DDR übergeben (14.202). Nur einer kleinen Anzahl gelang die Flucht. Nach v. Flocken und Finn stellen diese sowjetischen Zahlen Untertreibungen dar. So sollen etwa 65.000 Menschen gestorben sein. Neben ständigem Hunger, Kälte und Folgeerkrankungen zermürbten das Verbot fast jeder Tätigkeit und die Isolation die Gefangenen.

Viele der Inhaftierten waren Mitglieder und kleinere Funktionsträger der NSDAP und angebliche oder tatsächliche Mitglieder der Organisation Werwolf. Dies hat zur Inhaftierung Tausender Jugendlicher zwischen 12 und 18 Jahren durch die sowjetische Besatzungsmacht geführt, die jedoch keinerlei Anschläge irgendwelcher Art verübt hatten, sondern unschuldig waren. Auch Benno Prieß, einer der Jugendlichen, saß unschuldig in den Speziallagern des NKWD. Er dokumentierte die damaligen Massenverhaftungen in zwei Büchern. Es gab viele Akte von Willkür. So wurden zahllose Personen von der Straße weg verhaftet, um das vorgegebene stalinistische „Plansoll“ an Verhaftungen zu erfüllen. Beispielsweise wurde jemand als angeblicher „SS-Bannführer“ verhaftet, weil er als Beruf „S-Bahn-Führer“ angegeben hatte. Ebenfalls in den Lagern waren auch dort geborene Kinder, die meistens mit den Müttern in abgesonderten Bereichen untergebracht waren. Die Frauen wurden teilweise bereits schwanger inhaftiert oder auch erst im Lager schwanger [5].

Orte

Nr. 3 – Berlin-Hohenschönhausen („U-Boot“ oder „GPU-Keller“ genannt)

Die Speziallager der SMAD in der damaligen SBZ befanden sich mit folgender Bezeichnung in:

Es gab aber auch Speziallager des NKWD, so z. B. das Speziallager Nr. 1 Bad Liebenwerda-Neuburxdorf (Elbe-Elster) und das Speziallager Nr. 4 Landsberg (Warthe).

Entlassungen

Die erste größere Entlassungswelle fand im Sommer 1948 statt. Zur Auflösung der Lager kam es 1950, auch durch Proteste des Westens gegen die menschenrechtsverletzende und dem Völkerrecht widersprechende Behandlung der Lagerinsassen. In den Westzonen und im westlichen Ausland war mittlerweile eine breitere Öffentlichkeit über die Zustände in den Lagern informiert, und es wurde von daher diesbezüglich Druck auf die sowjetische Besatzungsmacht und die Führung der DDR ausgeübt. Die gerade neugegründete DDR wollte ihre Reputation erhöhen. So wurde dort die Auflösung als großmütiger Akt der Sowjetunion dargestellt und die Verhältnisse in den Lagern propagandistisch beschönigt. B. Ritscher beschreibt 1993 die für die größte Mehrheit der Speziallager-Inhaftierten fehlgehende Diffamierung durch DDR-Presseorgane – und z. T. noch durch einige heutige Publikationen – als angebliche NS-Verbrecher und Kriegsverbrecher und stellt fest, daß nach 1945 eine sehr große Anzahl Menschen interniert wurde, denen keine Verbrechen vorgeworfen werden konnten. [6]

Etliche der Gefangenen wurden jedoch anläßlich der Lagerauflösungen nicht entlassen, sondern in die Sowjetunion deportiert oder in Zuchthäuser der DDR überstellt. 2.154 Häftlinge wurden am 9. und 13. Februar 1950 nach Waldheim gebracht, wo sie in den Waldheimer Prozessen zu langjährigen Haftstrafen sowie in 32 Fällen zum Tode verurteilt wurden.

Die Schließung der Speziallager wurde zwar im Neuen Deutschland und anderen DDR-Zeitungen bekanntgegeben, später wurde dort jedoch über das Thema offiziell geschwiegen. Angehörige von Toten wurden nicht benachrichtigt. Die Massengräber am Rande und in der Umgebung der Lager wurden erst nach dem Ende der DDR 1989 teilweise geöffnet, untersucht, gekennzeichnet und danach als Ruhestätten gestaltet.

Siehe auch

Literatur

  • Jan von Flocken, Michael Klonovsky: Stalins Lager in Deutschland 1945–1950. Dokumentation, Zeugenberichte. Ullstein Verlag, Berlin 1991, ISBN 3-550-07488-3
  • Gerhard Finn: Die Speziallager der sowjetischen Besatzungsmacht (PDF-Datei)
  • Benno Prieß: Unschuldig in den Todeslagern des NKWD 1946–1954. Torgau – Bautzen – Sachsenhausen – Waldheim
  • Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander von Plato mit Volkhard Knigge und Guenter Morsch (Hg.): Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945–1950
Band 1: Studien und Berichte, Berlin: Akademie Verlag 1998, 595 S., ISBN 3-05-002531-X
Band 2: Sowjetische Dokumente zur Lagerpolitik. Eingeleitet und bearbeitet von Ralf Possekel, Berlin: Akademie Verlag 1998, 424 S., ISBN 3-05-003244-8.
  • Joel Kotek, Pierre Rigoulot: Das Jahrhundert der Lager. Propyläen, 2001, ISBN 3549071434
  • Gerhard Finn: Die politischen Häftlinge in der Sowjetzone. Berlin 1958
  • Karl Wilhelm Fricke: Politik und Justiz in der DDR. Köln 1979
  • Das System des kommunistischen Terrors in der Sowjetzone. SPD-Informationsdienst, Denkschriften 28, Hannover 1950
  • Peter Reif-Spirek, Bodo Ritscher (Hg.): Speziallager in der SBZ. Ch. Links Verlag, Berlin 1999, ISBN 3861531933
  • Waltraut Skoddow: Zu keinem ein Wort. Edition Amadis, Berlin 1999, ISBN 3929560232
  • Die ersten Jahre der SBZ/DDR. In: Bericht der Enquète-Kommission „Aufarbeitung von Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“. Deutscher Bundestag, Drucksache 12/7820, Bonn 1994
  • Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern, Forum Verlag Leipzig, 2001, ISBN 3-931801-26-8
Englischsprachig
  • Ulrich Merten: The Gulag in East Germany: Soviet Special Camps 1945–1950, Kindle E-Book, 2018, ASIN‎ B079V4W546

Verweise

Fußnoten

  1. Friedrich-Christian Schroeder Rechtsgrundlagen der Verfolgung deutscher Zivilisten durch Sowjetische Militärtribunale
  2. Sergej Mironenko, Lutz Niethammer, Alexander v. Plato (Herausgeber) : Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950, Band 1 Studien und Berichte, Akademie Verlag, Berlin 1998, ISBN 305002531X
  3. B. Bonwetsch: „Der Gulag - das Vorbild für die Speziallager in der SBZ“ in : Peter Reif-Spirek/Bodo Ritscher (Hg.) Speziallager in der SBZ, (in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Buchenwald und der Landeszentrale für Politische Bildung Thüringen), Berlin, Links, 1999, ISBN 3861531933
  4. Wolfgang Schuller "Die sowjetische Militärjustiz und ihre Lager als Instrument der kommunistischen Herrschaft in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands" in Der 17. Juni 1953. Der Anfang vom Ende des sowjetischen Imperiums. Dokumentation, S. 69, 4. Bautzen-Forum der Friedrich-Ebert-Stiftung vom 17.-18. Juni 1993[1]
  5. Alex Latotzky: Kindheit hinter Stacheldraht, Mütter mit Kindern in sowjetischen Speziallagern, Forum Verlag Leipzig, 2001, ISBN 3-931801-26-8
  6. Bodo Ritscher Spezlager Nr. 2 Buchenwald, Gedenkstätte Buchenwald 1993