Tilly, Johann t’Serclaes von
Johann t’Serclaes Graf von Tilly ( Februar 1559 auf Schloß Tilly, Gemeinde Villers-la-Ville im Herzogtum Brabant (Burgundischer Reichskreis); gefallen 30. April 1632 in Ingolstadt) war ein bedeutender kaiserlicher Feldherr des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Der Freiherr und spätere Reichsgraf (Ernennung durch den Kaiser 1623) führte das kaiserliche Heer, das Heer der Liga und die Landsknechte im Dreißigjährigen Krieg an und errang dabei 36 Siege bei Feldschlachten. Die Genossen Walhallas Wallenstein und Tilly sind bis heute die beiden bekanntesten Feldherren aus dem Dreißigjährigen Krieg.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Graf von Tilly wurde 1559 auf Schloß Tilly in Brabant, unweit von Brüssel, geboren. Von Kölner Jesuiten erzogen, erlernte er bei Alexander Farnese das Kriegshandwerk. Nachdem er in den Niederlanden für die katholisch-spanische Sache und in Ungarn erfolgreich gegen die Türken gekämpft hatte, ernannte ihn Rudolf II. zum Feldmarschall. Im Juni 1609 gewann ihn Kurfürst Maximilian unter Ernennung zum Generalleutnant (damals ein höherer Dienstgrad als der Feldmarschall) für den bayerischen Dienst, und im Mai 1624 schenkte er ihm für seine treuen und erfolgreichen militärischen Dienste die Herrschaft über Breitenegg, Breitenbrunn und Kemnathen. Militärhistorisch wird inzwischen stark angezweifelt, daß er je den Titel Generalissimus erhalten hat.
Von Tilly verstand es durch sein Organisationstalent und seine Erfahrung, das bayerische Heer zu modernisieren und zu der schlagkräftigsten Truppe im ganzen Reich zu machen. Durch sein Streben nach Ordnung und Disziplin wurden die vielen Siege der kaiserlichen Armee erst möglich. Zeitgenössisch wurde ihm nachgesagt, er sei ein verantwortungsbewußter, gerechter und tiefreligiöser Mensch. Man gab ihm deswegen auch den Namen „der Heilige im Harnisch“. Diesem Urteil kann man aus heutiger Sicht wohl nur mit deutlichen Einschränkungen beipflichten, da es im Krieg sicher nur wenige Möglichkeiten zu einem „heiligen“ Leben gibt.
Tilly war ein kluger Stratege und hervorragender Organisator, dies bescherte ihm die schon erwähnten Siege für die katholisch-kaiserliche Seite. Er eroberte Böhmen und vertrieb den sogenannten „Winterkönig“, verfolgte ihn quer durch ganz Deutschland und schlug eine um die andere Schlacht erfolgreich. Er besiegte Georg Friedrich von Baden-Durlach und Christian von Braunschweig und eroberte Heidelberg, Mannheim und Frankenthal. Daraufhin wurde von Tilly 1623 vom Kaiser für seine Verdienste in den Grafenstand erhoben. Der bayerische Kurfürst verlieh 1624 dem bis dahin heimatlosen Feldmarschall das Lehen Breitenbrunn mit Schloß Breitenegg, um ihn noch enger an ihn und seine Sache zu binden.
Im November 1630 erhielt Tilly als Nachfolger von Wallenstein (der im August 1630 als kaiserlicher General-Oberst-Feldhauptmann abgesetzt worden war) neben seinem Kommando als Heerführer der bayerischen katholischen Liga durch Kaiser Ferdinand II. die Ernennung zum Generalleutnant der Kaiserlichen Armee.
Beförderungen
- 1600 Oberstleutnant der Kaiserlichen Armee (seit 1598 in kaiserlichen Diensten)
- im Königreich Ungarn unter General Giorgio Basta gegen Aufständische und in den Türkenkriegen gegen die Osmanen
- 7. Mai 1602 Obrist eines Wallonenregiments (Patent Kaiser Rudolfs)
- Er kämpfte unter dem Kommando des Herzogs Philipp Emanuel von Lothringen-Mercoeur als Kommandeur von 3.000 Wallonen gegen die Türken in Ungarn. Ihm wird außerordentliche Tapferkeit beim Sturm auf die Festung Ofen bescheinigt. Nach dem Fall von Ofen blieb Tilly bis 1606 in Ungarn.
- 1603 Generalfeldwachtmeister (Dienstgrad auch bekannt als Obrist-Feldwachtmeister; Generalmajor) unter den Erzherzog und späteren deutschen Kaiser Matthias
- 1604 Feldzeugmeister bzw. ggf. Oberfeldzeugmeister (General der Artillerie)
- 1605 Feldmarschall der Kaiserlichen Armee
- 1610 Feldmarschall der ligistischen Armada; Reorganisation des Artilleriewesens; Einführung der ersten Feldlazarette
- Schon früh als „bairischer Generallieutenant“ bzw. „Generallieutenant der Armee von Baiern“ bezeichnet, begnügte er sich vorerst mit dem Feldmarschallamt. Die ihm gebührende Generallieutenant-Charge erhielt er erst 1620, da Franz Prinz von Vaudemont seinen Anspruch auf den Titel endlich aufgegeben hatte.
- 1618 Generalfeldmarschall der katholischen Liga (Tilly war lange enttäuscht darüber, daß er nicht zum kaiserlichen oder gar Reichsgeneral der Reichsarmee ernannt wurde)
- Ferdinand II. erteilte dem Kurfürsten Maximilian auf dessen Betreiben im Juni 1625 seine kaiserliche Vollmacht „cum potestate substituendi auf Tilly’s Person“ in Kriegssachen
- November 1630 Generalleutnant der Kaiserlichen Armee (historisch der zweithöchste Rang im Reich)
- Nachdem Wallenstein auf dem Reichstag zu Regensburg 1630 entlassen wurde, ernannte der Kaiser Tilly zum Oberbefehlshaber der kaiserlichen Truppen und hieß hieß fortan auch „des Kaisers Generallieutenant“. Er behielt zugleich den Oberbefehl über die liguistische Truppen „als eine absonderliche Armee des in seinem Esse verbleibenden Bundes“. Militärhistorisch ist es strittig, ob er den zweithöchsten Rang Generalleutnant oder doch tatsächlich den höchsten militärischen Titel (wie im 18. und 19. Jahrhundert zumeist geschrieben wurde[1]), wie ihn Wallenstein hatte, Generalissimus erhielt.
Wirken
Zu seinem Wirken heißt es:[2]
- „Bayrischer Generalfeldmarschall und Generalissimus des Heeres der Liga, ein eiserner Charakter, groß an Feldherrngaben, tapfer, treu, uneigennützig, mönchisch-ascetisch und glaubenseifrig, doch sanfteren Gefühlen kaum zugänglich. Von Jesuiten erzogen, machte er seine erste militärische Schule unter Herzog Alba durch, kämpfte später gegen die Türken, wurde 1609 von Herzog Maximilian an die Spitze der bayrischen Armee gestellt, die er schnell zu einer gebietenden Kriegsmacht umformte, und zählte bis 1636 nicht weniger als 36 Siege. Der letzte war die Erstürmung und Zerstörung Magdeburgs. Fortan verließ ihn das Glück. Bei Breitenfeld unweit Leipzig von Gustav Adolph in die Flucht geschlagen, erhielt er bei Vertheidigung des Lechüberganges einen Schuß durch den Schenkel und starb an dieser Verwundung.“
Tod
Bei Verteidigung des Lechübergangs bei Rain am 5. April 1632 wurde Tilly durch eine Falkonettkugel der rechte Schenkel zerschmettert, was einige Wochen später, am 30. April, seinen Tod herbeiführte.
Ehrungen (Auswahl)
- Eine Büste Tillys (Modell von Ludwig Schwanthaler) fand im Jahre 1843 Aufstellung in der Ruhmeshalle in München.
Literatur
- Onno Klopp: Tilly im dreißigjährigen Kriege, Stuttgart 1861 (PDF-Dateien: Band 1, Band 2) (Beide PDF-Dateien haben denselben Namen)
Verweise
- Johann t’Serclaes Graf von Tilly, tabellarische Biographie
- Tilly, in: Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 19. Leipzig 1909, S. 554–555