Seeflugzeug-Versuchskommando Warnemünde

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Die Inspektion der Fliegertruppen startete schon im März 1914 einen Wettbewerb zur Entwicklung eines zweimotorigen bewaffneten Doppeldeckers mit drei Mann Besatzung. Die Flugdauer sollte bei einer Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h sechs Stunden betragen. Nach der Fertigstellung wurde die Gotha UWD per Bahn an das Seeflugzeug Versuchs Kommando in Warnemünde transportiert. Dort montierte man das Flugzeug und übergab es am 30. Dezember 1915. Es erhielt die Marine Nummer 120 und startete am 3. Januar 1916 zu seinem Erstflug, der ohne Probleme verlief. Die erfolgreiche Erprobung endete im März 1916. Anschließend kam die „UWD“ (Ursinus-Wasser-Doppeldecker) zur Seeflugstation Flandern I in Zeebrügge und schon am 19. März erfolgte der erste Feindflug. Zusammen mit anderen Seeflugzeugen (Friedrichshafen FF 33 und Brandenburg NW) wurden die Hafenanlagen von Ramsgate und Dover angegriffen. Weitere erfolgreiche Angriffe folgten bis in den Juli 1916. Wenig später brachen nach der Rückkehr von einem Angriff bei einer harten Wasserung die gesamten Schwimmerstreben, was zu einer nicht mehr zu reparierenden Beschädigung der UWD führte. Am 2. Oktober 1916 wurde das Schwimmerkampfflugzeug 120 aus dem Bestand der Kaiserlichen Marine gestrichen.

Das See-Flugzeug-Versuchskommando Warnemünde (kurz: SVK; auch: See-Flugzeug-Abnahme-Kommission Warnemünde) bestand von 1913 bis 1945 aus einer Fliegerschule, einem Seefliegerhorst der Marineflieger und einem Flugplatz der kaiserlichen Fliegertruppe sowie der Luftwaffe in Warnemünde.

Geschichte

Warnemünde, 24. April 1917
Flugplatz „Hohe Düne“ im Jahr 1924

Auf Vorschlag von Großadmiral Alfred von Tirpitz unterschrieb Kaiser Wilhelm II. im Jahre 1913 ein Dekret über den Aufbau einer Fliegereinheit der Kaiserlichen Marine im Bereich der Hohen Düne in Warnemünde östlich der Warnow. Dieser Ort schien besonders geeignet: die relativ ruhige Wasserfläche des Breitlings, die unmittelbare Nähe der Ostsee, Bauholz aus der nahen Rostocker Heide. Noch im selben Jahr begannen die Arbeiten. Flachliegendes Land wurde erhöht und mooriges Gelände verfüllt. Schon ein Jahr später, im August 1914, standen auf dem Gelände drei große Hallen für die Aufnahme von Flugzeugen. Ein Rollfeld für Radflugzeuge wurde angelegt. Die Marine hatte sieben Wasserflugzeuge stationiert. Das Platzkommando bestand aus zwei Offizieren und 24 Mannschaften. Der Marinefliegerstützpunkt „Hohe Düne“ war entstanden.

Noch im Jahr 1914 fand der erste deutsche Seeflugwettbewerb auf diesem Flugfeld statt. Es bewarben sich 26 in- und ausländische Flugzeuge um Teilnahme. Mitten in diesen Wettbewerb fiel am 2. August 1914 der Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Alle teilnehmenden Flugzeuge wurden beschlagnahmt. Die anwesenden Reservisten und Kriegsfreiwilligen unter den Flugzeugführern erhielten ein „Matrosenpäckchen“ und wurden so zu aktiven Marineangehörigen. Ein Kapitänleutnant Kunze erhielt das Kommando als Flugplatzleiter über jetzt 21 Flugzeuge, ein Torpedoboot, ein Motorboot, zwei Dampfbarkassen und einen Hebeprahm. In der Folgezeit wurde der Flugplatz zügig ausgebaut. Es entstanden weitere Flugzeughallen (insgesamt jetzt 12), Dienst- und Wirtschaftsgebäude, eine Krankenstation sowie Unterkünfte für das Personal. Das war auch bitter nötig, denn auf dem Marinefliegerstützpunkt wurde ein Seeflug-Versuchskommando (SVK) in Stärke von 1.500 Mann (darunter 60 Offiziere) stationiert. Hauptaufgabe dieser Einheit waren die Erprobung neuer Flugzeuge, Waffen und Ausrüstungen, das Formulieren von taktischen und technischen Anforderungen für Neuentwicklungen und die Auftragserteilung. Auch der Schriftsteller Hans Gustav Bötticher, besser bekannt unter den Namen Joachim Ringelnatz, versah von 1914 bis 1915 zeitweilig Dienst als Maat auf der Hohen Düne.

Erster Weltkrieg

Während der Kriegsjahre herrschte ein reger Flugverkehr. Aus dem Jahre 1918 ist eine Beschwerde der Marineleitung überliefert, daß die Oberleitung der seit 1910 zwischen Hohe Düne und Markgrafenheide verkehrenden Strandbahn diesen Flugverkehr zunehmend gefährdete. Daraufhin wurde die Oberleitung der Bahn auf einer Länge von ca. 60 m abgebaut. Die Bahn mußte diesen Abschnitt stromlos rollend überwinden. Die Marineleitung wurde verpflichtet, Mannschaften zum Schieben der Bahn abzustellen, falls diese einmal liegenbleiben sollte.

Nachkriegszeit

Im November 1918 war der Krieg zu Ende. Das SVK setzte zunächst seine Arbeit fort. Die Verwaltung übernahm das Reichsschatzamt. Der Flugplatz wurde auch von Polizeifliegerkräften und für zivile Zwecke genutzt. Im Jahre 1919 begann der Zubringerflugverkehr Berlin–Warnemünde für die Fähre nach Gedser, und ab April wurde die Fluglinie Berlin–Warnemünde–Kopenhagen eröffnet. Es war der erste deutsche Flugverkehr nach Kriegsende ins Ausland. Die Flugdauer betrug ca. 3 Stunden. Schon im Mai wurde diese Linie bis Stockholm verlängert. Eine Flugwache der Polizei, bestehend aus einem Oberbeamten und fünf Unterbeamten, überwachte den Flugverkehr. Mit Inkrafttreten des Versailler Vertrages beendete am 10. Januar 1920 das SVK seine Arbeit. Ein großer Teil der Hallen und Einrichtungen wurde gesprengt bzw. abgerissen. 1922 wurde der Flugplatz Hohe Düne als Verkehrslandeplatz geschlossen. Die Luftverkehrsverbindungen nach Skandinavien liefen jetzt über Hamburg und Stettin. Der Flugzeugkonstrukteur Ernst Heinkel mietete eine Flugzeughalle und begann mit dem Flugzeugbau (durch den Vertrag von Versailles stark eingeschränkt). 1923 wurde der Flugplatz Reichseigentum. Die Stadt Rostock erhielt dafür 800.000 Mark als Entschädigung.

1923 gründete Walther Bachmann, Einflieger und Unternehmer, auf dem Flugplatz Hohe Düne die erste deutsche Land- und Seeflugschule, die „Aero-Sport GmbH“. Bis 1919 hatte Bachmann als Marineleutnant (Leutnant zur See) d. R. und Seeflieger beim SVK Dienst getan. Am 1. April 1923 formierte sich eine „Seeflug GmbH“ mit Sitz in Warnemünde Hohe Düne. Die Marine schuf sich so eine Ausbildungsstätte für Seeflugzeugführer und -beobachter. Da dies laut Versailler Vertrag verboten war, wurde sie unter dem Deckmantel einer privaten Gesellschaft betrieben. Leiter und Geschäftsführer wurde der Korvetten-Kapitän a. D. Goltz.

In den Jahren 1924 bis 1925 wurde der Flugplatz zeitweilig wieder Verkehrflugplatz. Die Abteilung Luftverkehr der „Junkers Flugzeugwerk AG“ erprobte auf der Strecke Berlin–Warnemünde–Karlskrona–Stockholm eine Nachtfluglinie. Der Flugplatz diente auch als Zwischenlandeplatz beim Wettbewerb „Deutscher Rundflug“.

Da sich die „Aero-Sport GmbH“ nach der Gründung der „Seeflug GmbH“ so stark einschränken mußte, daß ihre geschäftliche Existenz bedroht war, baute Walther Bachmann ab 1926 jetzt ebenfalls Flugzeuge auf der Hohen Düne bzw. führte Reparaturen an Flugzeugen aus. Vom 12.–31. Juli 1926 veranstaltete der Deutsche Luftfahrtverband auf dem Flugplatz Hohe Düne den 3. Deutschen Seeflugwettbewerb. Von 18 ursprünglich gemeldeten Teilnehmern beteiligten sich 12. Gestartet wurde nach Norderney und später nach Pillau in Ostpreußen. Sieger wurde Wolfgang von Gronau mit der Heinkel-Maschine HE 5A nach gut 4.000 km Flugdistanz. Als offizielles Ziel dieses Wettbewerbes für Wasserflugzeuge wurde die „Züchtung eines seetüchtigen, leistungsfähigen und betriebstüchtigen Postflugzeugs“ genannt. Im Hintergrund stand aber wiederum die Marineleitung, die an Flugzeuge für die Seeaufklärung dachte.

1927 wurde die „Seeflug GmbH“ aufgelöst, die Ausbildung der Flugzeugführer und Seebeobachter auf dem Flugplatz „Hohe Düne“ übernahm die „Deutsche Verkehrsfliegerschule GmbH“ (DVS). Das Personal der „Seeflug GmbH“ und die gerade in der Ausbildung befindlichen Schüler wurden von der DVS übernommen. Im Hintergrund der DVS stand erneut die Marineleitung, die trotz Verbot von Fliegerkräften einen Stamm fliegerisch ausgebildeter Offiziere und Zeitsoldaten haben wollte. Vor ihrer Ausbildung zum Seeflieger mußten die Flugschüler einen Grundlehrgang in Seemannschaft und Navigation an der „Hanseatischen Yachtschule“ in Neustadt/Holstein absolvieren. Neben Kursen für sogenannte „Altmärker“, ehemalige Seeflieger, die als Marineoffiziere beurlaubt wurden, um die Flugstunden zum Behalt des Pilotenscheins zu absolvieren, wurden „Jungmärker“ ausgebildet. So wurden zukünftige Marine-Offiziersanwärter genannt. Diese Gruppe bestand aus bis zu 30 Schülern. Neben den Marinekadetten wurden aber auch Piloten für die zivile Verkehrsfliegerei ausgebildet, darunter auch Flugschüler aus Brasilien, China und Island. Die Leitung der DVS-Außenstelle Warnemünde übernahm der ehemalige Marineflieger Herrmann Becker (1887–1970). Das Wiederaufleben des Flugverkehrs führte zu erneuten Konflikten mit der Strandbahn. Auf mehreren hundert Meter Länge wurde die Oberleitung durch seitliche Stromschienen ersetzt. 1932 wurden auf dem Flugplatz „Hohe Düne“ Szenen des UFA-Filmes „F.P.1 antwortet nicht“ mit Hans Albers gedreht.

Ab 1934 wurde der Flugzeugbau auf der Hohen Düne gänzlich eingestellt. Neue Produktionsstandorte wurden für Heinkel Rostock-Marienehe und für Bachmann Ribnitz. Unter der Bezeichnung „Gruppe W“ wurde auf dem Flugplatz Hohe Düne eine getarnte vormilitärische Marinefliegertruppe aufgebaut. Das „W“ steht für General Wilbrand. Er leitete die vormilitärischen Einsätze der Gruppe. Die Piloten waren teilweise Verkehrsflieger, teilweise Offiziere, Unteroffiziere und Matrosen, die in ziviler Montur dienten, aber ihren militärischen Rang behielten. Mit Flugzeugen vom Typ Dornier „Wal“ wurden fast täglich Fernaufklärungsflüge über der Ostsee in Richtung Osten geflogen. Auf der Hohen Düne und in Markgrafenheide entstanden Wohn- und Kasernenbauten für das Flieger- und Flugplatzpersonal.

Am 9. März 1935 verkündete der Reichsminister für Luftfahrt, Hermann Göring, die Existenz einer durch den Versailler Vertrag verbotenen deutschen Luftwaffe.

Am 16. März 1935 erklärte die NSDAP bzw. die Regierung des Deutschen Reiches die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht in Deutschland.[1] Die Luftwaffe wurde offiziell zum dritten Wehrmachtsteil erklärt. Die noch zivilen Piloten der „Gruppe W“ meldeten sich als Offiziersanwärter zur Ausbildung an der Marineschule in Flensburg. Die Deutsche Verkehrsfliegerschule (DVS) wurde aufgelöst. Der Ausbau des Flugplatzes zum Fliegerhorst wurde vorangetrieben.

Zweiter Weltkrieg

Das „Höhere Flieger-Ausbildungskommando 2“ übernahm den Fliegerhorst und bildete bis 1945 vorwiegend Flugzeugführer und Beobachter aus. 1940 wurde der Fliegerhorst als Bereitstellungsraum für Heerestruppen und Kampftechnik für den Fall „Weserübung“ genutzt. Am 8. April wurden die Truppen mit ihrer Kampftechnik u. a. auch auf Fähren verladen und am 9. April von Warnemünde nach Dänemark übergesetzt. Die Eroberung Dänemarks und Norwegens hatte begonnen.

Nachdem 1945 der Flugplatz Berlin-Tempelhof durch Kriegseinwirkung und Bombenterror der Alliierten zerstört worden war, wurde die „Hohe Düne“ auch wieder Verkehrsflugplatz. Die Lufthansa flog bis zum 30. April 1945 noch nach Dänemark, Schweden und Norwegen. Als sich Anfang Mai die Rote Armee dem Raum Rostock näherte, wurde der militärische und zivile Flugverkehr gänzlich eingestellt.

Nachkriegszeit

In den Jahren 1946 bis 1947 wurden die militärischen Anlagen auf dem Flugplatz „Hohe Düne“ in Erfüllung der Beschlüsse des „Potsdamer Abkommens“ durch den kommunistischen Feind aus dem Osten demontiert bzw. gesprengt. Im Eingangsbereich zum Flugplatz (damals noch am Neuen Strom gelegen) blieben drei Gebäude stehen:

  • das Eingangsgebäude zum Flugplatz,
  • ein kleines Gebäude mit Turm (der Turm hat eine Plattform),
  • ein weiteres Gebäude.

Im Haus mit Turm richtete die Baltische Flotte eine Marinesignalstelle ein. In dem stehengebliebenen Gebäude befindet sich heute der Sitz der Warnemünder Lotsen (Stand: 2014).

Personen (Auswahl)

Literatur

  • Volker Koos: Luftfahrt zwischen Ostsee und Breitling. Der See- und Landflugplatz Warnemünde 1914 bis 1945, NARA-Verlag (1990), ISBN 978-3344004804

Fußnoten

  1. Die allgemeine Wehrpflicht im Deutschen Reich wurde mit dem Gesetz für den Aufbau der Wehrmacht vom 16. März 1935 wieder eingeführt und mit dem Wehrgesetz vom 21. Mai 1935 konkretisiert. Dauer des aktiven Wehrdienstes war zwei Jahre. (Zunächst war ein Jahr festgelegt worden; am 24. August 1936 wurde vor Ausscheiden der im Herbst 1935 einbe­rufenen Wehrpflichtigen die aktive Dienstzeit auf zwei Jahre verlängert. Lediglich einige zah­lenmäßig begrenzte Kategorien (z. B. Verheiratete) wurden nach einjähriger Dienstzeit entlassen.) Einberufen wurde im Herbst 1935 zunächst der Jahrgang 1914, dann 1915, 1916, 1917. Der jüngste noch im Ersten Welt­krieg ausgebildete Jahrgang war der Jahrgang 1900. Dazwischen klaffte die Lücke der sogenannten „weißen“ Jahrgänge, die keine Ausbildung genossen hatten. Um auch sie nach Möglichkeit für das Heer im Kriege als personelle Reserve verfügbar zu machen, wurden für diesen Zweck neben der aktiven Truppe „Ergänzungseinheiten“ (E-Einheiten) aufgestellt. In ihnen erhielten die Angehörigen der weißen Jahrgänge eine zwei-, später eine dreimonatige Kurzausbildung. Zunächst wurde 1936 der Jahrgang 1913 einberufen, dann 1937 die Jahrgänge 1912 sowie 1908 und älter.