Frisches Haff

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Das Frische Haff südlich des Samlandes und seine Lage in Ostpreußen

Das Frische Haff ist ein Strandsee südlich des Samlandes in den preußischen Provinzen Ost- und Westpreußen (zu ⅔ zum Regierungsbezirk Königsberg, zu ⅓ zum Regierungsbezirk Danzig gehörig), der sich, 860,5 qkm groß, 80 km lang und bis 18 km breit, von Südwesten nach Nordosten von Elbing bis Fischhausen und Königsberg erstreckt und durch die Frische Nehrung, einen 52 km langen, 2-3 km breiten, aus Sanddünen bestehenden Streifen Landes, von der Ostsee getrennt wird. Mit letzterer steht es durch das 380 m breite und 4,4 m tiefe Gatt oder Neue Tief bei Pillau in Verbindung, das am 10. September 1510 während eines Sturms entstand. Die Tiefe des Haffs beträgt 3-5 m. In dasselbe münden die Nogat, der Elbingfluß, die Passarge, der Frisching (wovon es wahrscheinlich den Namen hat) und Pregel.

Zweiter Weltkrieg – Das Ende am Frischen Haff

Elbing und seine Landschaft am Frischen Haff (darunter Tolkemit), ein Federzeichnung von Ernst Kossol
Das Ende am Frischen Haff
Denkmal für die Opfer der Flucht über die Kurische Nehrung und über das Frische Haff im Winter 1945.

Das Frische Haff bot Ende März 1945 ein letztes Tor der ostpreußischen Flüchtlinge nach Westen. Die Dörfer waren ein einziger brennender Trümmerhaufen. Die Wege waren übersät mit Granat- und Bombentrichter. Die Luft stank nach Brand, nach Pulver, überall lagen Leichen herum. Diejenigen, die es bis zum 25. März 1945 erwischt hatte, waren schon vom Sand am Haff stark eingeweht. Niemand dreht sie um, niemand nahm ihnen die Erkennungsmarke ab, hier wurden die vielen unbekannten Toten den Vorbeigehenden auffällig bewußt. Das Inferno war ausgebrochen. Die Trecks ostpreußischer Flüchtlinge standen am Haffufer, beladen mit der Last ihres schweren Schicksals und der wenigen Habe, die der Krieg ihnen gelassen hatte. Russische Tiefflieger kamen von Osten. Sie schossen auf alles, was vor die Mündungen ihrer Bordkanonen kam. Frauen, Kinder und Soldaten warfen sich nieder, und rannten um ihr Leben. Die Sowjets kannten keine Gnade. Sie schossen auf alles. Nicht einmal ihre eigenen Leute (Kriegsgefangene, aber auch Engländer aus den Kriegsgefangenenlagern) fanden Gnade vor ihnen. In den todbringenden Flugzeugen saßen auch französische Flugzeugführer, die auf sowjetischer Seite kämpften. Die deutsche Luftwaffe in Ostpreußen existierte nicht mehr. Die zahlreichen Verwundeten im Kampfgebiet konnten nicht mehr versorgt werden. Zu jener Zeit war der Raum um Balga zusammengedrängt worden. Die Dörfer Follendorf und Balga waren bis zum letzten Winkel mit Verwundeten vollgestopft. Nachdem der Russe das Zeichen des Deutschen Roten Kreuzes lange respektiert hatte, verwandelte er in den Abendstunden des 25. März 1945 unerwartet mit Phosphorbomben und Granaten die beiden Dörfer in einen großen Scheiterhaufen.

Aus dem Kriegsaufzeichnungen von Obergefreiter Walter Michel, Motorenwart einer Flieger-Feldwarte in Pillau, ergänzt durch Auszüge aus Gefechtsbüchern sowie eigene Aufzeichnungen von Hermann Lohmann und Karl-Heinz Schmeelke von der Fallschirm-Panzergrenadier-Division 2 „Hermann Göring“ während der Schlacht um Ostpreußen:

„26. März 1945: Um 6.00 Uhr entdecken wir einen gangbaren Pfad in das große Bruch hinein – überall Sumpf, größere und kleinere Wassergräben, ein Labyrinth von Wasser. Nach einer Stunde sehen wir ein paar Häuserruinen. Das muß Follendorf sein. Was wir erblicken ist zu vergleichen mit einem Heerlager. Tausende sind hierher geflüchtet und bevölkern den kleinen Ort. Stumpfsinnige, mutlose und ausgemergelte Menschen, die auf ihre Vernichtung warten. Entsetzlich! Wir stehen auf einer erhöhten Düne und sehen in Richtung Pillau. Die Stadt wird von einem englischen Bombengeschwader angegriffen. Die Luft vibriert von den Detonationswellen bis nach Balga und Follendorf, Rauchsäulen steigen über Pillau hoch. Zehn Kilometer vor unseren Augen hält der Tod Ernte.
Der Strand war übersät mit Flüchtlingen und Soldaten. Im Haff schwammen unzählbare Lebende und Tote. Viele Menschen, die im Wasser waren, taten dies, weil sie Durst hatten. Sie tranken das Leichenwasser vom Mühlen Fließ und gingen danach elend zugrunde. An den Dünenrändern lagen die Reste zerschlagener Divisionen,[1] Trosse, Militärfahrzeuge und dazwischen Flüchtlinge. Treckwagen, Frauen, Kinder, Greise, kaputte Fuhrwerke, Pferdekadaver, getötete oder gestorbene Flüchtlinge, die man nicht beerdigen konnte. Furcht und grauenerregende Anblicke, Greise fielen vor Erschöpfung tot um, die Menschen lebten unter freiem Himmel. Ein chaotisches und trostloses Bild. Und über allen russische Bomber und Schlachtflugzeuge.
Der Ring wird immer enger. Am Strand bei Follendorf hetzen Frauen und Kinder. Aus Richtung Peyse – Zimmerbude kommen sowjetische Jabos [Jagdbomber], jagen im Tiefflug über die Flüchtlingskolonnen und schießen sie zusammen. Fahrzeuge der Wehrmacht und Trecks verkeilen sich ineinander. Getroffene Tiere brüllen. Wer nicht aus eigener Kraft aufstehen kann, verblutet. Die Lage wurde von Tag zu Tag verheerender. Ob alt, ob jung, ob Zivilist oder Soldat, nur verzweifelte Menschen. Alle wollten nach Pillau. Nur sich selbst das Leben retten, war die Parole. Mütter warfen ihre Kinder im Wahnsinn ins Meer. Menschen hängten sich auf, andere stürzten sich auf verendete Pferde, schnitten sich Fleisch heraus, brieten die Stücke über offenem Feuer. Frauen wurden im Treckwagen entbunden. Der Kessel von Balga am Frischen Haff, der Millionen die Flucht über das Eis ermöglicht hatte, ist am Ende.
Alte und Kinder starben schnell. Schlimm war das Los der Säuglinge. Die Mütter hatten keine Milch, und wir mußten alle zusehen, wie die kaum Geborenen verhungerten. Wer krank wurde, war verloren. Die Schiffs-Verladeplätze am Haffufer geraten immer wieder unter Beschuß. Immer wieder sind Szenen der Panik zu beobachten. Mütter verlieren ihre Kinder, Feldgendarmen versuchen, mit Gewehrkolben Ordnung zu schaffen. Sie werden überrannt, übertölpelt, und auch bestochen. Unter den Flüchtlingen in Balga gehen solche Schilderungen von Mund zu Mund. Es sind keine Gerüchte, sondern Tatsachen.
Viele Flüchtlinge, die zu den kleinen Schiffen drängen, sind von den Russen schon ein- oder gar zweimal überrollt worden. Balga und Follendorf wird zur Mausefalle. Nur der Weg über's Haff ist noch frei, ein schmaler Küstenstreifen. Hier bleibt das Strandgut des Krieges und der Flucht hängen wie in einem verstopften Sieb. Die Menschen sind hart geworden, egoistisch, wer überleben will, muß sich selbst am nächsten sein. Hilfe bleibt Mangelware. Wenn am Morgen die Sonne den Nebel hochzieht, werden Menschen und Tiere zu Zielscheiben. Latrinenparolen geistern über das Haff, im Hafen von Pillau sollen schwedische Schiffe liegen? Ach, wie oft wurden Hoffnungen erweckt und arg enttäuscht! In der Nacht war dann die Marine mit ihren Schiffen und Kähnen bemüht, die Flüchtlinge und verwundeten Soldaten fortzuschaffen in Richtung Neutief – Pillau.
Jeder hat den gleichen Gedanken: Weg von hier – kein Mensch wartet mit Gleichmut auf seinen Heldentod oder auf die sowjetische Gefangenschaft. Es dämmert, leichte weiße Nebel legen sich übers Haff und die Niederung, landeinwärts noch immer lauter Gefechtslärm. Am Strand liegen Tausende, die die Nacht in Deckungslöchern verbracht haben und es werden immer mehr. Es wimmelt bald wie in einem Ameisenhaufen. Die Toten werden im Sand begraben, und die Verwundeten vom HVP-Balga bringt man so dicht wie möglich an den Anleger heran. Nicht nur am Strand, auch der Hang zum Ort Balga hin ist voller Verwundete.[2]
Ich wollte zur Ordenskirche, kam aber nur bis zur Außentür, dort hielt mich ein Militärpfarrer zurück. Die Kirche war voll von toten Soldaten vom Hauptverbandsplatz in der Jugendherberge und Gefallenen, die man hierher gebracht hatte. Die Sanitäter kümmerten sich vorbildlich in den Trümmern des Dorfes Balga um die Verwundeten, besorgten Verpflegung und hielten Ausschau nach einer Möglichkeit, alle auf ein Schiff zu bringen. Doch dies schien zunächst aussichtslos. ‚Rüberschwimmen wäre Selbstmord‘, sagt der Sanitäter. ‚Das schafft keiner, denn das Wasser ist lausig kalt.‘
Wir gehen am Haff wieder zurück in Richtung Follendorf. Wenige hundert Meter vor dem Ort liegt am Anleger eine Pionierfähre, vor der wie eine große Traube Hunderte von Menschen stehen. Verwundete werden verladen, es war ca. 10 Uhr. Auf der Fähre stehen Feldgendarmen, sie versuchen, die Frauen und Kinder vom Schiff fernzuhalten. ‚Hier kommen nur Verwundete drauf – kein anderer betritt das Schiff‘, brüllt der Feldgendarm immer wieder. Ein Tumult lag in der Luft.
Ein Arzt im Leutnantsrang und ein paar Sanitäter. Die Wunden wurden nur notversorgt, sie entzündeten sich, eiterten, die Verbände nässten durch. Es gab keine Medikamente, nicht einmal genügend Papierverbände. Mit der Verpflegung war es nicht besser. Verwundete konnten nicht mehr aufgenommen werden, sie wurden nach Balga und Kahlholz weitertransportiert. Dort sei die Gelegenheit, auf ein Schiff zu kommen. Doch dies glaubte niemand. Die Absicht der Russen war es, alles was sich am Haff im Raum Balga befand, zu vernichten. Dazu trugen auch die sowjetischen Flieger bei, die mit ihren IL-2 Maschinen[3] mit Bomben, Bordwaffen und Phosphor die Menschen und Fahrzeuge und die strohgedeckten Fischerbuden am Haffstrand in Brand schossen. Der Strand am Haff – auf jedem Quadratmeter lagen zwei Tote! Fast alle Pferde wurden durch Artilleriebeschuß getötet, fast alle Fahrzeuge durchsiebt.
Im losen Sand am Haff werden viele Frauen, Kinder und Soldaten verschüttet. Ununterbrochen wütet die russische Artillerie, schießt die Pak und heulen die Stalinorgeln. Kaum ein Quadratmeter bleibt übrig, der nicht umgepflügt wurde. Nach der Besetzung von Rosenberg fuhren die Russen sofort schwerste Artillerie am Ort auf, die das ganze Haff bis Pillau beherrschten.
An den Dünen- und Wegrändern lagen Reste der wochenlangen Flucht, kaputte zerschossene Fuhrwerke, Pferdekadaver, aufgebrochene Koffer und Kisten, getötete oder gestorbene Flüchtlinge, die man hatte nicht beerdigen können. Über die zerschundene ostpreußische Erde rast ein Inferno sondergleichen. Und über allen – russische Schlachtflugzeuge. Vom erwachenden Morgen bis zur Abenddämmerung ließen sie den Tod vom Himmel fallen. Tiefflieger auf Menschenjagd rasten über die Flüchtenden, töteten mit den Geschoßgarben ihrer Bordwaffen alles, Menschen und Pferde, zerschossen die Fahrzeuge und die Anleger am Haffstrand. Wo hielt der Tod jemals eine reichere Ernte? Doch es grenzt an ein Wunder und ist für mich heute noch unfaßbar, daß es Menschen gab, die diesen Totentanz lebend überstanden hatten, wozu auch ich gehöre.
Mit dem Einbruch der Dunkelheit versucht mancher, zu einem schwimmenden Untersatz zu kommen. Flöße werden gebaut, es wurde herangeschleppt, gehämmert, gezimmert. Doch woher das Material nehmen? Wir haben nichts mehr, nicht mehr als das, was wir auf dem Leib tragen, und vor Balga und Follendorf sitzen die Russen. Die wenigen gezimmerten Flöße legen ab, sie sind bis zum Kentern besetzt. Im Wasser schwimmend klammern sich verzweifelte Menschen an den Floßrand, doch die Insassen drängen sie ab, sie gefährden das Gelingen. Mancher Schwimmer kehrt erschöpft zurück. Eine unheimliche Tragödie spielt sich vor unseren Augen am Strand von Follendorf an meinem Geburtstag ab. Dazwischen immer wieder die russische Artillerie, die den Strand geradezu umpflügt. Immer wieder gibt es Tote und Verwundete.
Gegenangriff von Follendorf in Richtung Rosenberg um 22 Uhr. Es galt, Zeit für den Abtransport der Menschen zu gewinnen, es meldeten sich ca. 120 Freiwillige aller Einheiten. Der Russe ging bis Rosenberg zurück. Nur ca. 70 Mann kehrten zurück, aber der Zweck war erreicht. Im russischen Artillerie-Feuer ging der Abtransport von Follendorf und Balga vom Landungssteg mit Schiffen der Marine übers Haff nach Neutief und Pillau weiter. 27. März 1945: An der immer weiter schrumpfenden Kampffront löste ein Angriff der Russen den anderen ab. Schlimm war es für unsere Truppe, daß die Munition für alle Waffen, insbesondere für die Panzerabwehr, langsam aber sicher zu Ende ging. Der Kessel um Balga wurde immer kleiner. Wir hielten die letzte Bastion von Kahlholz bis Follendorf. Verpflegung und Trinkwasser gab es nicht mehr. Schließlich trank man salzhaltiges Haffwasser, und am Haff geschah es, dass die Feldgendarmerie (‚Kettenhunde‘) nach Fahnenflüchtigen und Drückebergern suchte, denn die Zeiten waren so, daß auch Lahme und Halbblinde zu den Waffen greifen mußten. Hier am Haff läuten die Sterbeglocken.“[4]

Obergefreiter Michel (Lebensrune.png 11. Mai 1922 in Frankfurt a. M.) wird seit dem 26./27. März 1945 vermißt, allerdings haben Kameraden (Gerhard Rohloff und Hans Schult) den Eltern Ende 1945 geschrieben, daß er wohl am 27. März 1945 an den Folgen seiner schweren Verwundungen gefallen war. Vater Wilhelm Michel, Architekt, verstarb im Jahr 1956, ohne einen endgültigen Hinweis über das Schicksal seines Sohnes zu erhalten. Am 21. Oktober 1978 erhielt die Mutter Margarethe Michel, 33 Jahre nach Kriegsende, Post vom Deutschen Roten Kreuz und eine Vorladung, ein Gutachten persönlich abzuholen. Dieses Gutachten galt zwar als offizielles Dokument, mit dessen Hilfe man den Angehörigen ermöglichte, den Vermißten für tot erklären zu lassen. Als Margarethe Michel 1991 erblindet im Alter von 99 Jahren verstarb, erhielt der Familiengrabstein auch eine Inschrift für Walter Michel.[5]

Siehe auch

Literatur

  • Bernhard Heister: „Frisches Haff - Frische Nehrung“, herausgegeben von der Landsmannschaft Ostpreußen (PDF-Datei)

Verweise

Fußnoten

  1. 23 erfahrene deutsche Ost-Divisionen wurden aufgerieben. Da immer mehr deutsche Versorgungseinheiten mit ihren Trossen durch das ostpreußische Grenzland nach Westen zogen, ließ das die Hoffnung der Ostpreußen auf ein Wunder immer mehr schwinden. Eine unübersehbare Zahl von Flüchtlingen drängte nach Westen. Was besonders auffiel, waren die Panjewagen der Hiwis, der fremdländischen Hilfswilligen, die sich den deutschen Versorgungseinheiten anschlossen, um nicht der Roten Armee in die Hände zu fallen.
  2. An Großkampftagen im Endkampf um Deutschland 1945 war mit jeweils etwa 3.000 Verwundeten zu rechnen, die Zahl der Gefallenen mit etwa 2.000.
  3. Schwer gepanzerte, blitzschnelle und kaum abzuschießende Schlachtbomber Ilyushin-2
  4. Die Tragödie Ostpreußens
  5. Das kurze Leben des Soldaten Walter Michel