Garaudy, Roger

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Roger Garaudy.jpg

Roger Garaudy (Lebensrune.png 17. Juli 1913 in Marseille; Todesrune.png 13. Juni 2012 in Chennevières bei Paris) war ein französischer Kulturphilosoph, Publizist, Autor[1] und früherer Kommunist. Nachdem er sich in den 1960er und 1970er Jahren dem Christentum zugewandt hatte, trat er 1982 zum Mohammedanismus über.

Für seine US- und Israel-kritische Haltung wurde er von deren Parteigängern mit dem Anwurf attackiert, er vertrete revisionistische und „antisemitische“ Positionen.

Leben

Roger Garaudy wurde am 17. Juli 1913 als Sohn eines Buchhalters in Marseille geboren. Er besuchte in Paris das Lycée Henri IV. und studierte an der Faculté des lettres. Die akademische Ausbildung schloß er mit der Lehrbefähigung für das Fach Philosophie und der Promotion zum Dr. ès lettres ab. Während des Zweiten Weltkrieges war Garaudy, der sich 1933 der Kommunistischen Partei angeschlossen hatte, 30 Monate lang in einem deutschen Kriegsgefangenenlager inhaftiert, konnte aber entkommen. Nach dem Krieg gehörte er von 1945 bis 1946 den beiden verfassunggebenden Versammlungen als Abgeordneter der französischen Kommunistischen Partei (PCF) an, ferner dem Zentralkomitee der PCF (ab 1945).[2]

Wirken

Von 1951 bis 1955 war Garaudy als Korrespondent des französischen Kommunisten-Parteiorgans „L'Humanité“ in der Sowjetunion tätig. Er wechselte dann 1958 in den akademischen Lehrstand und unterrichtete an verschiedenen Fakultäten, so in Albi, am Lycée Buffon in Paris, in Clermont-Ferrand (1962–1965) und Poitiers (1969–1973). Nebenher blieb Garaudy stets politisch engagiert. Von 1946 bis 1951 und dann wieder von 1956 bis 1958 vertrat er als Abgeordneter den Wahlbezirk Seine in der französischen Nationalversammlung und war ebenfalls von 1956 bis 1958 Vizepräsident der Nationalversammlung. Dem Senat gehörte er von Frühjahr 1959 bis November 1962 an. Er gab sein Mandat schließlich auf, um sich ganz seiner philosophischen Lehrtätigkeit an der Universität Poitiers widmen zu können.

Von 1956 bis 1961 war Garaudy Kandidat, anschließend bis 1970 Mitglied des Politbüros der stalinistischen PCF. Bis 1970 fungierte er außerdem als Direktor der „Cahiers du communisme“ und des von ihm gegründeten „Centre d'études et de recherches marxistes“ (CERM).

Roger Garaudy zählte zu den wenigen französischen Intellektuellen, die innerhalb der Kommunistischen Partei eine bedeutende politische Rolle spielten und darüber hinaus in regelmäßigen Abständen durch Gesinnungswechsel für Aufsehen sorgten. Er galt für viele Jahre als „gewissenhafter Wortführer des orthodoxen Kommunismus“ (Le Monde), der gnadenlos über die ideologische Reinheit der Lehre wachte und Abweichler ausschließen ließ. Nach dem XX. Parteitag der KPdSU im Februar 1956 wurde er der französische Repräsentant des „Reform-Kommunismus“ und von seiner Partei für die Beziehungen zu den Intellektuellen sowie später für den Dialog mit den Christen verantwortlich gemacht. So bewertete Garaudy 1960 Jean Paul Sartres Werk als „eines der wichtigsten Ereignisse der französischen Philosophie in diesem Halbjahrhundert“, setzte sich für die Anerkennung der Kunst eines Picasso, Kafka oder Saint-John Perse ein und nannte in seiner 1965 veröffentlichten Schrift „Vom Anathema zum Dialog“ die „unendliche Liebe Christi“ „schön.“ 1966 forderte er in seiner Schrift „Marxismus im 20. Jahrhundert“ die Erneuerung humanistischer Werte auf den Gebieten der Moral, der Religion und der Kunst.[2]

Bruch mit der Kommunistischen Partei

Zum Bruch mit der Kommunistischen Partei kam es wegen des von Garaudy begrüßten „Prager Frühlings“, zu welchem er sich in seinem 1968 veröffentlichten Werk „La liberté en sursis: Prague 1968“ bekannte, und seiner Kritik am Einmarsch des „Warschauer Paktes“ in die ČSSR (21. August 1968), den er als „total ungerechtfertigt“ und einen „Rückfall in den Stalinismus bezeichnete. Für weitere parteiinterne Diskussionen sorgte im selben Jahr sein Buch „Für ein französisches Modell des Sozialismus“ (Le grand tournant du socialisme), in welchem er sich gegen die moskautreue Haltung der PCF wandte und mehr innerparteiliche Demokratie forderte. Er wurde daraufhin auf dem PCF-Parteikongreß am 8. Februar 1970 nicht mehr in das Zentralkomitee und das Politbüro gewählt und trat von seinem Posten als Leiter des Zentrums für marxistische Forschungen in Paris zurück. Ende Februar 1970 erschien sein Buch „Toute la vérité“, das Kritiker als eine Anklageschrift gegen die KPdSU und die Moskauer Regierung lasen. Wenig später, im Mai 1970, wurde Garaudy aus der Partei ausgeschlossen. Zuvor noch hatte er den stellvertretender PCF-Generalsekretär Georges Marchais frontal mit dem Vorwurf angegriffen, das Protokoll der Unterredung zwischen dem tschechoslowakischen Ministerpräsidenten Alexander Dubček und dem Generalsekretär der KPF, Emile Waldeck Rochet, vom 19. Juli 1968, den orthodoxen ČSSR-Politikern Vasil Bilak und Alois Indra in durchsichtiger Absicht zugespielt zu haben.[2]

Nach seinem Parteiausschluß empfahl sich Roger Garaudy nach Meinung der Frankfurter Allgemeinen Zeitung als „Sammelbecken einer neuen Sensibilität“ sowie „Inkarnation einer neuen politischen Durchlässigkeit“[3] und machte sowohl durch seine Bemühungen um einen Dialog zwischen Marxismus und Christentum auf sich aufmerksam als auch durch sein Streben nach einer „Spiritualisierung der Politik“. 1972 wurde Garaudy im Zusammenhang mit der Publikation seines Buches „Die Alternative – Ein neues Modell der Gesellschaft jenseits von Kapitalismus und Kommunismus“ von der sowjetischen Tageszeitung Prawda als „Renegat, Apostat und Verräter am Marxismus angegriffen. Garaudy bekannte sich in diesem Buch zur Selbstentfaltung und Selbstverantwortlichkeit jedes Individuums als Maßstab der Politik. 1975 erschien sein autobiographischer Bericht „Menschenwort“, der mit dem Bekenntnis endete: „Das Kreuz hat mich die Entsagung gelehrt. Und die Auferstehung die Überschreitungen. Ich bin Christ.“[2]

Im Jahre 1981 kandidierte Roger Garaudy ohne Erfolg bei der französischen Präsidentschaftswahl, die im Mai 1981 der Sozialist François Mitterrand für sich entschied. Auf diesen Karriereknick reagierte Garaudy 1982 mit einer weiteren Gesinnungsänderung: Er sagte sich vom Christentum und vom Marxismus los und bekannte sich nunmehr zum Mohammedanismus. Zuvor war Beobachtern bereits aufgefallen, daß Garaudy in seinem Erfolgsbuch „Aufruf an die Lebenden“ (1980) den damaligen libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi und das damalige iranische Staatsoberhaupt Ruhollah Musavi Khomeini als „Kronzeugen einer humanen Gesellschaft“ vorgestellt hatte.

Nach seinem Übertritt zum Mohammedanismus wurde er zunehmend zum Kritiker des Staates Israel. Mit erheblicher finanzieller Unterstützung aus arabischen Kreisen wandte er sich seither zudem gegen die Politik der USA, denen er Lobbyismus für den Staat Israel vorwarf.

Von Teheran über Kairo bis Rabat empfahl sich der Publizist Garaudy besonders mit seinem polemischen Buch „L'affaire Israël“ (1983) als „Starintellektueller des Islam“, das sämtliche innerhalb der Veröffentlichten Meinung publizieren dürfenden europäischen Kritiker als „ein wirklich übles Werk“ (FAZ) rezensierten und das in Frankreich verboten wurde. In den arabischen Ländern wurde sein Buch dagegen wohlwollend zur Kenntnis genommen und der Autor als Held gefeiert und ausgezeichnet. Unter anderem berief man Garaudy in Marokko in die Königliche Akademie. Im Jahre 1984 produzierte das saudische Fernsehen eine lange Fernsehdokumentation über ihn.

1992 erschien Garaudys Streit- und Denkschrift „Verheißung Islam“ aus dem Jahre 1983 in deutscher Übersetzung und stieß im Feuilleton auf kontroverse Meinungen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung (28. Oktober 1992) erwähnte positiv, daß der „Freigeist“ u. a. dafür plädiere, „bei der Suche nach Auswegen aus der ökologischen, moralischen und gesellschaftlichen Krise unserer Welt, die Kenntnisse, Weisheiten und Erfahrungen des islamischen Kulturkreises nicht außer acht zu lassen“. Zum 80. Geburtstag von Garaudy urteilte Jürg Altwegg in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (17. Juli 1993) über den einst angesehenen Philosophen: „Auf seinen Wanderjahren zwischen Hammer, Kreuz und Minarett, trotz aller Konversionen und im Widerspruch zu seinen Bekenntnissen zu kultureller Toleranz, ideologischer Offenheit und religiöser Versöhnung ist Roger Garaudy ein intellektueller Kalter Krieger geblieben – sich selber treu in einer Welt, deren Veränderungen spurlos an ihm vorbeigegangen sind.

Für internationales öffentliches Aufsehen sorgte Garaudy allerdings mit seiner selbstverlegten Schrift „Les mythes fondateurs de la politique israélienne“ (Die Gründungsmythen der israelischen Politik), in der er unter anderem die Anzahl der im „Holocaust“ umgekommenen Juden bestritt. Weil der bekannte französische Apostel der Armen, Abbé Pierre, die revisionistischen Thesen seines Freundes Garaudy verteidigte, geriet auch dieser von vielen Seiten unter Druck und stürzte nach Einschätzung des L'Express als „lebende Ikone“ ab.[4] Garaudy wurde wegen der „Leugnung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ im Februar 1998 von einem Pariser Gericht zu einer Geldstrafe von 120.000 Franc verurteilt. Arabische Intellektuelle und Geschäftsleute starteten während des Prozesses Solidaritätsaktionen für Garaudy und feierten ihn als einen Verteidiger des Mohammedanismus, der ein Opfer der westlichen Zensur und modernen Inquisition geworden war. Die arabische Übersetzung seiner umstrittenen Schrift sowie andere Bücher von Garaudy wurden Verkaufsschlager und seine Stellungsnahmen in führenden arabischen Zeitungen vielfach nachgefragt.[2]

Die Gründungsmythen des Staates Israel (1996)

Wegen sogenannter „Leugnung des Holocaustes“ in seinem 1996 erschienen Buch „Die Gründungsmythen der israelischen Politik“ wurde Garaudy 1998 in einem politischen Prozeß von einem französischen Gericht verurteilt. Dieses Skandalurteil wurde 2003 auch noch vom sogenannten „Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte“ bestätigt.

In seinem Buch „Die Gründungsmythen des Staates Israel“ zieht der Philosoph Roger Garaudy die Existenz der Gaskammern und den Umfang der angeblichen Massenvernichtungen an den Juden durch die Nationalsozialisten in Zweifel. Ferner sei die Einzigartigkeit des Genozids eine Konstruktion, erklärte er, die einerseits dem Staat Israel als jederzeitige Rechtfertigung, und andererseits einer Lobby als Basis für ein „Shoah-Business“ diene.

Werke

Veröffentlichungen u. a.: „Antée“ (Roman), „Les sources françaises du socialisme scientifique“, „La théorie matérialiste de la connaissance“, „La liberté“, „Humanisme marxiste“, „Perspectives de l'homme“, „L'itinéraire d'Aragon“, „Dieu est mort“, „Prométhée 48“ (Theaterstück), „Qu'est-ce que la morale marxiste?“, „D'un réalisme sans rivages“, „Karl Marx“, „De l'anathème au dialogue“, „Marxisme du XXe siécle“, „La liberté en sursis: Prague 1968“ (1968), „Peut-on être communiste aujourd'hui?“ (1968), „Le grand tournant du socialisme“ (1969), „Toute la vérité“ (1970), „Reconquête de l'espoir“ (1971), „L'alternative“ (1972), „Le project espérance: Hegel“ (1976), „Clefs pour le marxisme“ (1977), „Qui dites-vous que je suis“ (Roman), „Comment l'homme devint humain“ (1978), „Appel aux vivants“ (1979), „Il est encore temps de vivre“ (1980), „L'Islam habite notre avenir“ (1981), „L'affaire Israël“ (1983), „Biographie du XXe siècle“ (1985), „Mon tour du siècle en solitaire“ (1989; Memoiren), „Intégrismes“ (1990), „Les fossoyeurs“ (1992), „Avons-nous besoin de Dieu?“ (1993), „Les mythes fondateurs de la politique israélienne“ (1996), „L'avenir, mode d'emploi“ (1997).

Übersetzungen ins Deutsche u. a. : „Das Projekt Hoffnung“ (1977), „Plädoyer für einen Dialog mit der Zivilisation“ (1980), „Die wiedergefundene Liebe“ (1981; Roman), „Aufruf an die Lebenden“ (1981), „Für einen Realismus ohne Scheuklappen“ (1981; Essays von 1963), „Der letzte Ausweg. Feminisierung der Gesellschaft“ (1982), „Verheißung Islam“ (1992).

Auszeichnungen

Kriegskreuz 1939–1945, Deportationsmedaille, Literaturpreis Deux Magots (1980), Ehrendoktorwürde des philosophischen Institutes der Akademie der Wissenschaften der UdSSR

Garaudy erhielt z. B. neben anderen Autoren im Jahr 2002 den mit 250.000 US-Dollar dotierten „Al-Gaddafi International Prize for Human Rights“ des libyschen Staatschefs Muammar al-Gaddafi.

Mitgliedschaften

Roger Garaudy wurde u. a. in die „Académie du Royaume du Maroc“ aufgenommen.

Familie

Roger Garaudy war zweimal verheiratet und hatte mit seiner Frau Paulette drei Kinder: Jacques, Françoise und Jean.

Nekrolog

„Sein unbändiger Drang zum messianischen Denken, der Garaudy bei vielen Kollegen philosophisch diskreditierte, beförderte ihn 1996 vollends ins Abseits. Nach Büchern über den christlichen und den islamischen Radikalismus verrannte er sich in ‚Les mythes fondateurs de la politique israelienne‘ in die Behauptung, der Holocaust sei historisch nicht nachweisbar und eine Erfindung zum Zweck der Expansion des Staates Israel. Nachdem er 1998 wegen sogenanntem ‚Negationismus und Aufwiegelung zum Rassenhaß‘ verurteilt wurde, ist es seit 1998 um ihn stiller geworden. Roger Garaudy verstarb am 13. Juni 2012 in seinem Haus in der Pariser Vorstadt Chennevières.“[5]

Literatur

  • Alain de Benoist: Aus rechter Sicht. Eine kritische Anthologie zeitgenössischer Ideen. Zwei Bände. Aus dem Französischen übertragen von Patrick de Trevillert, Grabert-Verlag, Tübingen 1983, ISBN 3-87847-065-7 [484 S.]; 1984, ISBN 3-87847-074-6 [501 S.]; darin: Bd. 2, S. 390–397

Fußnoten

  1. Internationales Biographisches Archiv 10/2003 vom 24. Februar 2003 (lö)
  2. 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 Munzinger-Archiv GmbH, 2003
  3. vgl. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17. Juli 1993
  4. vgl. SPIEGEL, 6. Mai 1996
  5. Segelkurs Starrsinn – Zum Tod von Roger Garaudy (sueddeutsche.de)