Grenadier
Grenadiere (anfangs auch als „Granatiere“ bezeichnet) waren Infanteristen im 17. und 18. Jahrhundert, die ursprünglich mit Handgranaten bewaffnet und eine Elite der Infanterie waren. In der neuen preußischen Armee und wieder in der Wehrmacht und Bundeswehr diente der Begriff allgemein zur Bezeichnung auch mit MTW oder anderen Transportpanzern motorisierter Infanterie. Durch die Ausrüstung mit Schützenpanzern wurden sie zu Panzergrenadieren umgerüstet. Im Falle der Schweiz wurden Grenadiere im Jahre 1942 als „Kommando Spezialkräfte“ in die Schweizer Armee einberufen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Seit 1667 mußten sich in jeder französischen Infanterie-Kompanie vier Soldaten auf den Umgang mit Granaten spezialisieren und wurden deshalb als Grenadiere bezeichnet. Der Anteil der Grenadiere an der Infanterie stieg in der Folgezeit, so daß bereits ab 1671 jedes französische Bataillon eine Kompanie Grenadiere umfaßte. Seit 1670 wurden auch in Österreich, 1676 in Brandenburg und 1678 in England Grenadier-Einheiten aufgestellt, worauf bis zum Ende des 17. Jahrhunderts die meisten anderen europäischen Staaten folgten. Der Begriff wurde in dieser Zeit aus dem Französischen auch in die deutsche Sprache übernommen. Für die Aufstellung einer Grenadier-Einheit wurden die stärksten, geschicktesten und oft die größten Soldaten ausgesucht (ein Beispiel waren die „Langen Kerls“ Friedrich Wilhelms I. von Preußen).
Die Grenadiere bildeten eine militärische Elite. Sie wurden bei Belagerungen mit besonders gefährlichen Aufgaben betraut und an Schwerpunkten des Kampfes in der Schlacht eingesetzt. Zu ihrer Bewaffnung gehörten neben etwa einem Dutzend Granaten eine Muskete mit Bajonett und ein Säbel. Oft konnte man die Grenadiere auch rein äußerlich von den anderen Soldaten unterscheiden: Um beim Werfen der Granaten nicht behindert zu werden, trugen sie stets schmale Kopfbedeckungen (ursprünglich die einfache Lagermütze) statt der damals üblichen breiten Hüte (Dreispitz).
Schon im 18. Jahrhundert wurden die Handgranaten nach und nach wieder abgeschafft; die Grenadiere blieben aber Eliteeinheiten. Aus ihren ursprünglichen Zipfelmützen entwickelten sich – als Statussymbol und, um ihre Träger größer erscheinen zu lassen – hohe und teils sehr schwere Grenadiermützen mit Metallschilden oder aus Pelz, zu deren Tragen ein Kinnriemen notwendig war. Weil es schwierig war, diese Mützen zum Gruß abzuziehen, entstand als besonderes Zugeständnis an die Grenadiere der sogenannte „Grenadiergruß“ (das bloße Andeuten durch Anlegen der Hand an die Mütze). Dieser Gruß wurde aus Prestigegründen von immer mehr Einheiten übernommen und so zur heute weltweit am weitesten verbreiteten militärischen Ehrenbezeigung.
Besonders berühmt wurden die „Grenadiere der alten Garde“ der Kaiserlichen Garde von Napoleon I., die bis zur Schlacht von Belle Alliance den Ruf der Unbesiegbarkeit genossen.
Deutsches Heer
In der Armee des deutschen Kaiserreichs (1871–1918) gab es nur wenige Regimenter mit der Bezeichnung „Grenadier“ im Namen:
Königreich Preußen
- Die fünf kgl. preußischen Garde-Grenadierregimenter
- Kaiser Alexander Garde-Grenadier-Regiment Nr. 1
- Kaiser Franz Garde-Grenadier-Regiment Nr. 2
- Königin Elisabeth Garde-Grenadier-Regiment Nr. 3
- Königin Augusta Garde-Grenadier-Regiment Nr. 4
- Garde-Grenadier-Regiment Nr. 5
- Die zwölf kgl. preußischen Linien-Grenadierregimenter
- Grenadierregiment „Kronprinz“ (1. Ostpreußisches) Nr. 1
- Grenadier-Regiment „König Friedrich Wilhelm IV.“ (1. Pommersches) Nr. 2
- Grenadierregiment „König Friedrich Wilhelm I“ (2. Ostpreußisches) Nr. 3
- Grenadier-Regiment „König Friedrich der Große“ (3. Ostpreußisches) Nr. 4
- Grenadier-Regiment „König Friedrich I.“ (4. Ostpreußisches) Nr. 5
- Grenadier-Regiment „Graf Kleist von Nollendorf“ (1. Westpreußisches) Nr. 6
- Grenadier-Regiment „König Wilhelm I.“ (2. Westpreußisches) Nr. 7
- Leib-Grenadier-Regiment „König Friedrich Wilhelm III.“ (1. Brandenburgisches) Nr. 8
- Colbergsches Grenadier-Regiment „Graf Gneisenau“ (2. Pommersches) Nr. 9
- Grenadier-Regiment „König Friedrich Wilhelm II.“ (1. Schlesisches) Nr. 10
- Grenadier-Regiment „König Friedrich III.“ (2. Schlesisches) Nr. 11
- Grenadier-Regiment „Prinz Carl von Preußen“ (2. Brandenburgisches) Nr. 12
Königreich Sachsen
- Leibgrenadierregiment (bis 1866)
Daraus wurden mit dem Beitritt in den Norddeutschen Bund gegründet:
- Leib-Grenadier-Regiment (1. Königlich Sächsisches) Nr. 100
- Grenadier-Regiment „Kaiser Wilhelm, König von Preußen“ (2. Königlich Sächsisches) Nr. 101
Königreich Württemberg
- Die zwei kgl. württembergischen Linien-Grenadierregimenter
- Grenadier-Regiment „Königin Olga“ (1. Württembergisches) Nr. 119
- Grenadier-Regiment „König Karl“ (5. Württembergisches) Nr. 123
Großherzogtum Baden
Die beiden badischen Grenadierregimenter:
- 1. Badisches Leib-Grenadier-Regiment Nr. 109
- 2. Badisches Grenadier-Regiment „Kaiser Wilhelm I.“ Nr. 110
Großherzogtum Mecklenburg
- Das großherzoglich mecklenburgische Grenadierregiment
Weitere
Das Königreich Bayern (Königlich Bayerische Armee) sowie die anderen Bundesstaaten hatten keine Grenadierregimenter.
Wehrmacht
In der Wehrmacht wurden ab 15. Oktober 1942 die bisherigen „Schützen“ und „Oberschützen“ der Infanterie als „Grenadier“, bzw. „Obergrenadier“ bezeichnet. Des weiteren wurden fast alle Bezeichnungen entsprechend geändert. So wurden aus „Infanterie-Regimentern“ nunmehr „Grenadier-Regimenter“. Die Maßnahme sollte der Hebung der Moral dienen. Nur ab Divisionsstufe behielten die Divisionen ihren Namen. Nach dem Putschversuch 1944 wurden danach aufgestellten Divisionen als Volksgrenadier-Divisionen bezeichnet. Diese waren herkömmliche Infanteriedivisionen und standen in keinem Zusammenhang mit dem Volkssturm.
Waffen-SS
Mehrere Divisionen der Waffen-SS bestanden aus Grenadieren, aber auch der Kern freiwilliger Formationen wurden von Grenadieren getragen, so zum Beispiel die Russische Befreiungsarmee mit 10 Grenadier-Divisionen.
Gardeeinheiten
Da Grenadiere meist als Eliteeinheiten aufgefaßt wurden, findet man sie noch heute häufig in Garderegimentern bzw. -kompanien, wo sie an ihren charakteristischen, hohen Mützen als Grenadiere erkennbar sind.
Schweiz
Nachdem General Henri Guisan 1942 auf der Schwägalp einer von Hauptmann Mathias Brunner ausgearbeiteten Nahkampf-Demonstration mit Ostschweizer Freiwilligen der Felddivision 7 beigewohnt hatte, befahl er im Februar 1943 die Aufstellung von Pionierkompanien der Genietruppen auf Regimentsstufe. Deren Umbenennung in Grenadier-Kompanien erfolgte noch 1943 mit den Worten:
- „Die moderne Kriegsführung stellt die Infanterie und die leichten Truppen vor Kampfaufgaben, die den Einsatz besonders ausgebildeter und ausgerüsteter Stosstrupps notwendig machen.“[1]
Heute sind Grenadiere das Hauptglied der Schweizerischen Kommando Spezialkräfte. Die Grenadierausbildung gilt als eine der anspruchsvollsten und umfangreichsten militärischen Ausbildungen in der Schweizer Armee. Für diese herausfordernde Funktion kommen nur Freiwillige in Frage, welche bei der Rekrutierung die geforderten Höchstleistungen erbringen. Das Kommando Spezialkräfte (KSK) umfaßt die Grenadierbataillone, das KSK-Stabsbataillon, die Fallschirmaufklärer (Kompanie 17), das Armee-Aufklärungs-Detachement 10 (AAD 10), das Militärpolizei-Spezialdetachement (MP Spez Det) und das Ausbildungszentrum Spezialkräfte (AZ Spez Kräfte).