Tappert, Horst
Horst Tappert ( 26. Mai 1923 in Elberfeld, heute ein Stadtteil von Wuppertal; 13. Dezember 2008 in Planegg) war ein deutscher Panzergrenadier der Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg und populärer Schauspieler in der Nachkriegszeit. Tappert erlangte weltweite Berühmtheit, als sein „Derrick“ in über 100 Ländern ausgestrahlt wurde.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Horst Tappert wurde als Sohn des Beamten Julius Tappert und dessen Frau Ewaldine, geb. Röll, geboren. Nach der Hauptschule absolvierte er eine kaufmännische Lehre für Im- und Export.
Zweiter Weltkrieg
Im Zweiten Weltkrieg kämpfte Tappert, nach eigenen kärglichen[1] und völlig unnötigen wahrheitswidrigen Aussagen (siehe Ehrenerklärung für Angehörige der Waffen-SS durch Bundeskanzler Adenauer), als Sanitäter in der Wehrmacht und geriet in Kriegsgefangenschaft. Am 26. April 2013 wurde durch den linksextremen Solinger Politiker, Politikwissenschafter und Soziologen Jörg Becker bekannt,[2] daß Tappert spätestens ab Frühjahr 1943 Mitglied der neu aufgestellten 14. Kompanie des SS-Panzergrenadier-Regiments 1 „Totenkopf“ (LSSAH),[3] einer der Eliteverbände der Waffen-SS war.[4][5] Die Nummer seiner Erkennungsmarke lautete „SS Flak E. Abt. 3409“.
Laut Meldung vom 22. März 1943 wurde Tappert während der Abwehrkämpfe seiner SS-Panzergrenadier-Division „Totenkopf“ bei Charkow (Ukraine) verwundet. Er erlitt einen Unterarmdurchschuß und einen Bauchschuß. Fünf Tage später wurde Tappert in das Feldlazarett „Groß Deutschland“ (Feldlazarett 400) in Poltawa (Ukraine) verlegt. Am 6. April 1943 kam er zur besseren Versorgung zurück nach Lublin (Polen) in ein Reservelazarett. Am 11. April 1943 wurde er nach Wien gebracht und absolvierte sechs bis acht Wochen Innendienst bei der dortigen Standortkommandantur. Dort wurde er zum Sanitätsgehilfen ausgebildet. Gegen Kriegsende wurde der Sturmmann Tappert mit seiner Sanitätstruppe bei Danzig von der Roten Armee eingeschlossen. Ihm gelang schließlich die Flucht gen Westen.
Noch bis 1971 nahm Tappert an Kameradschaftstreffen seines Regiments teil.
Pietätloser Moralismus und „virtue signalling“
Das ZDF äußerte sich 2013 in öffentlichen Erklärungen „bestürzt“ über das Bekanntwerden der Waffen-SS-Vergangenheit des 2008 verstorbenen Schauspielers Horst Tappert:
- „Das ZDF ist von der Nachricht, daß Horst Tappert Mitglied der Waffen-SS war, überrascht und befremdet.“[6]
Als im eigentlichen Sinne sonderbar erscheint demgegenüber jedoch die Tatsache, daß zahlreiche ZDF-Mitarbeiter, wie z. B. der bekannte und beliebte Drehbuchautor Herbert Reinecker, ebenfalls ohne Empörung oder öffentliche Rüge Soldaten der Waffen-SS waren. Deutsche Wiederholungen der Serie „Derrick“, in der Tappert von 1974 bis 1998 die Hauptrolle spielte, wurden ausgesetzt. Das ZDF entblödete sich nicht zu behaupten, daß das Zeigen von weiteren Folgen „eine Beleidigung für die Opfer des Krieges“ wäre. Ungeachtet des finanziellen Schadens (wegen möglicher Regreßforderungen) wurde schockartig sogar der gesamte internationale Vertrieb der sehr erfolgreichen deutschen Fernsehserie eingestellt.
Dieses offiziöse Verhalten bei ZDF-Offiziellen (Intendanz und Pressestelle) hat in der englischen Sprache eine Bezeichnung gefunden, für die es im Deutschen leider immer noch keine echte Entsprechung gibt. Im Englischen spricht man idiomatisch von „virtue signalling“ (= „Tugend signalisieren“), wenn jemand aus politischer Korrektheit heraus – vorauseilend oder nachsprechend – feierliche moralische Bekenntnisse ablegt, um die ihn niemand gebeten hat. Das „virtue signalling“ kann zum einen eine Verteidigungshandlung sei, um drohende politisch-moralische Vorhaltungen im Vorwege abzuwehren; „virtue signalling“ kann zum anderen aber auch als Angriffswaffe Verwendung finden, um Gegner oder Konkurrenten mundtot zu machen, indem jemand öffentlich damit prahlt, persönlich die viel bessere Moral zu haben (die allerdings nach politischen Maßstäben – nicht nach sittlichen – klassifiziert wird).
Bei der post mortem (ein halbes Jahrzehnt nach Horst Tapperts Tod) inszenierten moralischen Betroffenheit des ZDF liegt der neuartige Fall vor – es gibt keinen prominenten Parallelfall –, daß ein Totengedenken flugs den augenblicklichen Bedürfnissen einer propagandistischen Geschichtspolitik unterworfen wird. Während noch die SS-Beichte des Literaturnobelpreisträgers Günter Grass zu wütenden Aburteilungen zu Lebzeiten führte – die zu gleichen Teilen in der mangelnden Geschichtskenntnis der Aburteiler begründet waren und in der Rolle von Grass als unaufrichtiger Moralsirene –, wurden dagegen im Falle von Horst Tappert in schnöder Weise eben einem Toten unbillige (und vom politischen Ehrgeiz der Aburteiler motivierte) Vorwürfe mit mehrjähriger Verspätung ins Grab gerufen.
Sendungen ins Archiv zu verbannen, weil ein populärer Darsteller auch als junger Mann tauglich, pflichtbewußt und zuverlässig war – denn nichts anderes bedeutet es, einem militärischen Eliteverband anzugehören –, ist eine magieförmige Handlungsweise. Es entspricht magischem Handeln, das Unbegriffene durch Bannflüche und Bannhandlungen aus dem Blickfeld zu drängen. Das schäbige Verhalten der ZDF-Repräsentanten markierte einen neuen sittlichen Tiefstand. Es bewies erneut, daß mittlerweile eine Generation von Verbildeten in BRD-Schlüsselstellungen geraten ist, die von geschichtlichen Umständen nichts weiß. Sie rubrizieren geschichtliche Existenz (in der Weise einer gleichsam wesenlosen Betrachtung) allein nach moralischen Befindlichkeiten. Der Chor der Unschuldigen beginnt den Tag mit Kotwürfen auf einen Toten, um sich noch etwas unschuldiger zu fühlen (hier: einem vor Jahren Verstorbenen). Das ist so kindisch und zugleich so nichtswürdig, daß es diejenigen genau kennzeichnet, die derart vorgehen.
Künstlerisches Wirken
Beim Theater in Stendal, wo Horst Tappert sich nach Kriegsende als Buchhalter bewarb, war er ursprünglich als Aushilfsarbeiter tätig. Zunächst ohne jede Schauspielausbildung, wurde er dann aber auf die Bühne geholt und debütierte in der Spielzeit 1945/46 als Dr. Striebel in Helwigs „Die Flitterwochen“. Von Paul Rose erhielt er von 1945 bis 1947 schließlich doch noch Schauspielunterricht und für die Spielzeit 1946/47 ein erstes Engagement in Köthen, anschließend war er bis 1949 am Landestheater Württemberg-Hohenzollern engagiert. Von dort führte Tapperts Weg über das Stadttheater Göttingen (1949/50), das Staatstheater Kassel (1950/51), das Theater der Stadt Bonn (1951–1953) und die Städtischen Bühnen in Wuppertal (1953–1956) an die Kammerspiele in München (1956–1967) und daneben auch als Gast an das Bayerische Staatsschauspiel. Seit Mitte der 1950er Jahre war Tappert auch häufig als Hörspielsprecher im Einsatz. Er war in weit über 100 Hörspielen der unterschiedlichsten Genres vertreten, zumeist in Haupt- oder ausgebauten Nebenrollen. Er drehte ab 1958 zahlreiche Filme und Fernsehproduktionen an der Seite großer deutscher Schauspieler – von O. W. Fischer bis Heinz Rühmann.
International bekannt war Tappert als „Derrick“-Darsteller in der gleichnamigen ZDF-Kriminalfilmserie.[7]
Familie
Tappert lebte vorwiegend in Gräfelfing nahe München und war seit 1957 in dritter Ehe mit Ursula, geborene Pistor, verheiratet. Er hatte drei Kinder aus seinen ersten beiden Ehen (Karin, Ralph und Gary). Zu seinen Freizeitbeschäftigungen zählten unter anderem Angeln und Jagen.
Tod
Tappert starb am 13. Dezember 2008 im Alter von 85 Jahren in einer Klinik in Planegg bei München,[8][9] sein Grab ist auf dem Friedhof in Gräfelfing.
Theatrographie (Auswahl)
- Edward Albee: Die Ballade vom traurigen Café (Erzähler)
- Hermann Bahr: Das Konzert (Dr. Jura)
- Honoré de Balzac: Das Finanzgenie (1971 – Tournee)
- Samuel Beckett: Warten auf Godot (Wladimir)
- Bertolt Brecht: Die Dreigroschenoper (Mackie Messer)
- Georg Büchner: Leonce und Lena (König)
- Francis Durbridge: Ein lückenloses Alibi
- Friedrich Dürrenmatt: Die Physiker (Einstein)
- Johann Wolfgang von Goethe: Faust
- Curt Goetz: Ingeborg (Ottokar)
- Graham Greene: Die Kraft und die Herrlichkeit (Schnapspriester)
- Gerhart Hauptmann: Die Ratten (Bruno Mechelke)
- Georg Kaiser: Kolportage (Graf James Stjernehö)
- Heinar Kipphardt: In der Sache J. Robert Oppenheimer (Rob)
- Arthur Miller: Tod eines Handlungsreisenden
- Molière: Der eingebildete Kranke (Argan)
- Reginald Rose / Horst Budjuhn: Die zwölf Geschworenen
- George Bernard Shaw: Die heilige Johanna (Dauphin)
- Friedrich Schiller: Kabale und Liebe (Wurm)
- Carl Sternheim: Die Hose
Filmographie
- 1958: Schwester Bonaventura
- 1958: Die Trapp-Familie in Amerika
- 1958: Helden
- 1958: Wir Wunderkinder
- 1959: Der Engel, der seine Harfe versetzte
- 1959: Jacqueline
- 1959: Das schöne Abenteuer
- 1959: Ruf ohne Echo
- 1961: Zu viele Köche
- 1961: Küß mich Kätchen
- 1961: Ein schöner Tag
- 1962: Das Halstuch
- 1962: Er kann’s nicht lassen
- 1962: Schneewittchen und die sieben Gaukler
- 1963: Das tödliche Patent
- 1963: Zwei Whiskey und ein Sofa
- 1964: Sechs Personen suchen einen Autor
- 1964: Der Aussichtsturm
- 1964: Leonce und Lena
- 1965: Eine reine Haut
- 1966: Das ganz große Ding
- 1966: Ein Tag in Paris
- 1966: Der Kinderdieb
- 1966: Der Mann aus Melbourne
- 1966: Der schwarze Freitag
- 1966: Jerry Cotton: Die Rechnung eiskalt serviert
- 1966: Die Gentlemen bitten zur Kasse
- 1967: Liebe für Liebe
- 1968: Der Hund von Blackwood Castle
- 1968: Heißer Sand auf Sylt
- 1968: Der Gorilla von Soho
- 1968: Das Kriminalmuseum – Die Reifenspur
- 1969: Der Mann mit dem Glasauge
- 1969: Sieben Tage Frist
- 1970: Perrak
- 1970: Der Kommissar – ... wie die Wölfe
- 1971: Sie tötete in Ekstase
- 1971: Und Jimmy ging zum Regenbogen
- 1971: Bleib sauber, Liebling (oder: Rosy und der Herr aus Bonn)
- 1971: Der Teufel kam aus Akasava
- 1971: Der Kapitän
- 1971: Yester, der Name stimmt doch?
- 1972: Der Todesrächer von Soho
- 1972: Hoopers letzte Jagd
- 1973: Eine Frau bleibt eine Frau
- 1973–1998: Derrick
- 1974: Auch ich war nur ein mittelmäßiger Schüler
- 1984: Cinématon
- 2000: Der Kardinal – Der Preis der Liebe
- 2001: In 80 Jahren um die Welt
- 2003: Herz ohne Krone
- 2004: Derrick – Die Pflicht ruft (Originalstimmen von Tappert und Wepper)
Filmbeiträge
Auszeichnungen (Auszug)
- Trophäe für den dritten Platz („3. Sieger“) beim SS-Schießwettbewerb in Bad Arolsen
- Verwundetenabzeichen (1939) in Schwarz, 1943
- 1979: Bambi
- 1980: Ernennung zum Kriminalhauptkommissar ehrenhalber
- 1981: Goldene Kamera
- 1984: Goldene Kamera, Österreich
- 1986: Telegatto, italienischer Fernsehpreis
- 1988: Bundesverdienstkreuz am Bande
- 1993: Ehrenbürger von Norwegen
- 1995: Silberne Tulpe, niederländischer Fernsehpreis
- 1997: Bundesverdienstkreuz I. Klasse (Bundesverdienstorden)
- 1998: Telestar für das Lebenswerk
- 1998: Platin-Romy für das Lebenswerk
- 2002: Willy-Brandt-Preis der norwegisch-deutschen Willy-Brandt-Stiftung
- 2003: Bayerischer Fernsehpreis (Sonderpreis)
Autobiographie
- Derrick und ich – Meine zwei Leben. Heyne, München 1998, ISBN 3-453-15000-7
Literatur
- Katrin Hampel: Das Derrick-Buch. Alles über die erfolgreichste deutsche Krimiserie, Henschel, Berlin 1998, ISBN 3-89487-313-2
Verweise
- Christian Schröder: Good-bye, Mr. Gentleman, Der Tagesspiegel, 16. Dezember 2008
- Horst Tappert im Alter von 85 Jahren gestorben, Neue Zürcher Zeitung, 5. Dezember 2008
- SS-Hysterie: Niederländischer Sender setzt Derrick ab, Der Spiegel, 27. April 2013 (→ Derrick)
Fußnoten
- Geboren 1923
- Gestorben 2008
- Deutscher Schauspieler
- Deutscher Theaterschauspieler
- Filmschauspieler
- Angehöriger der Wehrmacht
- Angehöriger der Waffen-SS
- Träger des Bundesverdienstkreuzes 1. Klasse
- Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande
- Kriegsgefangener
- Romy-Preisträger
- Träger des Verdienstordens des Landes Nordrhein-Westfalen