Jagdgeschwader 300

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Jagdgeschwader 300, Geschwaderkennzeichen.jpg

Das Jagdgeschwader 300 „Wilde Sau“ (JG 300) war eine fliegende Einheit der Luftwaffe im Zweiten Weltkrieg, die vor allem für ihre Einsätze im Rahmen der Reichsluftverteidigung (RLV) und des Wilde-Sau-Nachtjagdverfahrens bekannt wurde. Der erfolgreiche Jagdflieger und spätere Rammjäger sowie Schwerterträger Hans-Joachim Herrmann gilt als Synonym für den Mythos dieses Jagdgeschwaders.

Geschichte

Aufgestellt wurde das Geschwader am 26. Juni 1943 als Versuchskommando „Herrmann“ in Deelen als Antwort auf den verheerenden Bombenterror der Briten. Verwendet wurden die eigentlich ausschließlich als Tagjäger vorgesehenen Fw 190 A und Bf 109 G, die man hauptsächlich vom Jagdeschwader 1 und vom Jagdgeschwader 11 ausgeliehen hatte. Die Flugzeugführer waren Jagd- und Kampfflieger, die den Blindflug (Instrumentenflug) beherrschten.

Schon am 3./4. Juli 1943 beim ersten Einsatz schoß der neue Versuchsverband 12 Bomber der RAF in der Nähe von Köln ab. Die Wilden Säue hatten sich eindrucksvoll bewiesen. Nun wurde, auch als Antwort auf die barbarische Operation Gomorrha, das Kommando zum JG 300 ausgebaut; später entstanden noch das Jagdgeschwader 301 und das Jagdgeschwader 302, die nun allesamt in der 30. Jagd-Division zusammengefaßt und dem Luftwaffenbefehlshaber Mitte unterstellt wurden.

Reichsluftverteidigung der JG 300.jpg

Im Laufe des Jahres 1944 wurde aus der I. Gruppe/JG 300 die Nachtjagdgruppe 10 aufgebaut, so daß die JG 300 vermehrt zur Tagjagd auch ins Ausland (Rumänien) versetzt wurde und Ende 1944 während der Ardennenoffensive erneut die Reichsluftverteidigung übernahm.

Am 7. Juli 1944 führte Geschwaderkommodore Walther Dahl einen Gefechtsverband an, er bestand aus zwei Gruppen der JG 300 und der IV. (Sturm) Gruppe der JG 3. 1.129 B-17 (fliegende Festungen) und B-24 der USAAF flogen von England nach Leipzig und wurden dabei von dem verhältnismäßig kleinen, aber verwegenen Gefechtsverband abgefangen. Innerhalb einer Minute hatte der Verband eine gesamte Staffel von 12 B-24 ausgeschaltet, insgesamt wurden an diesem Tag 30 Bomber abgeschossen. Der Wehrmachtbericht vermeldete, wenn auch etwas falsch (da das JG 300 nicht erwähnt wurde):

„Die unter persönlicher Führung ihres Geschwaderkommodore Major Dahl kämpfende IV. Sturmgruppe/Jagdgeschwader 3, mit ihrem Kommandeur Hauptmann Moritz, zeichnete sich durch Abschuß von 30 viermotorigen Bombern besonders aus.“

Am 17. Dezember 1944 stiegen 100 Maschinen der JG 300 auf, um 550 bis 650 B-17 und B-24 Großbomber mit starkem Jagdschutz (150 bis 300 P-38 und P-51) Richtung Blechhammer (Oberschlesien) zu bekämpfen. Die Amerikaner waren überrascht, es war die größte Gruppe deutscher Abfangjäger, die man seit August 1944 gesehen hatte. 33 Bomber der USAAF wurden abgeschossen, allerding verlor die JG 300 zahlreiche Flugzeugführer (die VS-Führung meldete 43 Abschüsse), viele davon „Experten“, die nicht zu ersetzen waren.

Ein letztes Aufbäumen gab es am 14. Januar 1945, als JG 300 und JG 301 sich vereinten, und 600 bis 800 feindliche Bomber sowie über 300 Jäger abfing. Die beiden Geschwader mit vielen unerfahrenen Flugzeugführern konnten 18 B-17, 7 P-51 und eine P-47 abschießen, aber selbst verloren sie 89 Maschinen, 52 Piloten wurden getötet, 18 verwundet. Es sollte der letzte großangelegte Feindflug sein.

Ausrüstung und Verbleib

Die I. und III. Gruppe waren mit Bf 109 G ausgestattet, der Stab und die II. Gruppe mit Fw 190 A. 1944 wurden die drei Gruppen in jeweils 4 Staffeln geteilt, hinzu kam eine IV. Gruppe (mit beiden Flugzeugtypen) aus der I./Jagdgeschwader 76. Im August 1943 kam eine Ergänzungsstaffel hinzu, diese wurde im August 1944 aufgelöst. Die I. Gruppe wurde am 19. März 1945 aufgelöst. Die II. Gruppe des Jagdgeschwaders 300 lag zu Beginn des Jahres 1945 in Löbnitz. Im April 1945 verlegte die Gruppe nach Holzkirchen und noch im selben Monat weiter nach Ainring. Hier bildete die Gruppe zusammen mit der III./Jagdgeschwader 300 im Mai 1945 noch die Jagdgruppe 300. Im April 1945 verlegte die IV. (Sturm-) Gruppe nach Salzburg, wo sie bis Kriegsende lag.

Personen

Kommandeure

Geschwaderkommodore

Erwin Stahlberg, „Weiße 1“, Stab I./JG 300
  • Oberstleutnant Hajo Herrmann, Juni 1943 – 26. September 1943
  • Oberstleutnant Kurt Kettner, 26. September 1943 – 27. Juni 1944
  • Oberstleutnant Walther Dahl, 27. Juni 1944 – 26. Januar 1945
    • am 30. November 1944 von Hermann Göring abgelöst, da er sich weigerte, eine „selbstmörderische Abfangjagd“ zu befehlen. Offiziell galt er als „krankgeschrieben“, da Adolf Galland beschwichtigend auf Göring einwirken konnte und die Androhung der Todesstrafe wegen Befehlsverweigerung relativieren konnte. Göring sah den eigenen Fehler später ein, verlieh ihm das Eichenlaub zum Ritterkreuz, beförderte Dahl sogar noch zum Oberst und machte ihm zum letzten Inspekteur der Tagjäger.
  • Major Kurd Peters (m. d. F. b.), Dezember 1944 – Januar 1945
  • Major Anton Hackl, 30. Januar 1945 – 20 Februar 1945
  • Major Kurd Peters (m. d. F. b.), März 1945 – April 1945
  • Major Günther Rall, 20. Februar 1945 – 8. Mai 1945

Gruppenkommandeure

Manfred Dieterle, „Gelbe 1“, 3. Staffel/JG 300, März 1944
I. Gruppe/JG 300
  • Oberstleutnant Ewald Janssen, 1. Juli 1943 – 29. Oktober 1943
  • Hauptmann Gerhard Stamp, 1. November 1943 – November 1944
  • Major Baier, November 1944 – März 1945
„Gelbe 4“, 3. Staffel/JG 300, Oktober 1943
II. Gruppe/JG 300
„Weiße 13“, 10. Staffel/JG 300, April 1945
III. Gruppe/JG 300
  • Major Iro Ilk, 31. Januar 1944 – 25. September 1944
  • Hauptmann Herbert Nölter, 26. September 1944 – 6. Dezember 1944
  • Major Hans-Karl Kamp, 7. Dezember 1944 – 31. Dezember 1944
  • Hauptmann Peter Jenne, 1. Januar 1945 – 2. März 1945
IV. (Sturm-)Gruppe/JG 300
  • Hauptmann Josef Puchinger, Oktober 1944 (Bruder von Rudolf Puchinger)
  • Hauptmann Heinrich Offterdinger (Todesrune.png 15. Dezember 1989), 18. Dezember 1944

Weitere Angehörige (Auswahl)