Lemberg
Staat: | Polen |
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Woiwodschaft: | Lemberger Woiwodschaft |
Landkreis: | Kreisfreie Stadt |
Einwohner: | 725 000 |
Höhe: | 296 m ü. NN |
Lemberg befindet sich unter Fremdherrschaft. Das Gebiet ist von Ukraine vorübergehend besetzt.
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Lemberg (ukrainisch: Львів L’viv, [lʲviu̯]; polnisch: Lwów, [lvuf]; russisch: Львов L'vov) ist eine polnische Stadt in Galizien, heute auf dem Staatsgebiet der Ukraine gelegen.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Juden in Lemberg[1] | |||||||
Jahr | Ges.-Bew. | Juden | Anteil | ||||
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1857 | 55.800 | 22.586 | 40,5 % | ||||
1869 | k. A. | k. A. | k. A. | ||||
1880 | 110.000 | 30.961 | 28,2 % | ||||
1890 | 128.000 | 36.130 | 28,2 % | ||||
1900 | 160.500 | 44.258 | 27,6 % | ||||
1910 | 206.500 | 57.387 | 27,8 % |
1772 fiel die Stadt im Zuge der Ersten Teilung Polens an das Erzherzogtum Österreich. Lemberg wurde Hauptstadt des Königreichs Galizien und Lodomerien und viertgrößte Stadt im damaligen Österreich. Die Galizier besaßen die einheitliche österreichische Staatsbürgerschaft und waren mit polnischen und nach der Erweiterung des Wahlrechts auch ruthenischen Abgeordneten im Reichsrat in Wien vertreten.
Lemberg war Sitz des k. k. Statthalters (des Vertreters des Kaisers und seiner Regierung), des Sejms (Landesparlament), dreier Erzbischöfe (römisch-katholisch, griechisch-katholisch, armenisch-katholisch) und eines Oberrabbiners. In Lemberg befanden sich Konsulate von Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Rußland und Dänemark. Die galizische Landeshauptstadt verfügte über eine Universität und ein Polytechnikum, beide mit polnischer Unterrichtssprache, vier polnische, ein deutsches und ein ruthenisches Gymnasium.
1900 waren etwa die Hälfte der Einwohner Polen, ein Viertel Juden und 30.000 Ruthenen (Ukrainer). Diese wurden allerdings von der polnischen Mehrheitsbevölkerung diskriminiert. 1908 töteten drei polnische k.k. Gendarmen einen ruthenischen Bauern, worauf der ukrainische Philosophiestudent Miroslaw Siczynski den Statthalter Graf Andrzej Potocki erschoß. Dies führte zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen polnischen und ruthenischen Studenten.
Lemberg gehörte vor dem Ersten Weltkrieg, zusammen mit Krakau und der Festung Premissel, zu den größten Garnisonen der österreichisch-ungarischen Armee im Osten der Monarchie. Der Standort war Eckpfeiler zum Schutz der Grenze Rutheniens gegen das Russische Kaiserreich und dessen Armee.
Zwischenkriegszeit
Zum Ende des Ersten Weltkriegs wurde in Lemberg am 1. November 1918 die Westukrainische Republik gegründet, doch errang Polen nach teilweise heftigen Kämpfen mit Ukrainern die Herrschaft. Die Stadt wurde am 21./22. November 1918 von polnischen Truppen besetzt. Es folgten Ausschreitungen zwischen Polen, Ukrainern und Juden.
Zweiter Weltkrieg
In den Jahren 1939 bis 1941 wurde Lemberg 1939 in die Ukrainische Sowjetrepublik eingegliedert. Wie überall in der UdSSR wurde auch Lemberg der Zwangskollektivierung unterzogen. 1941 wurde Lemberg durch den Ostfeldzug Teil des deutschen Generalgouvernements. Bevor die Deutsche Armee die Stadt befreite, ermordete das NKWD 4000 polnische und ukrainische Gefangene in den Lemberger Gefängnissen, da die Zeit für eine Deportation in den Osten nicht reichte.
Im Zuge der Lemberg-Sandomir-Operation kam die Stadt 1944 wieder unter sowjetische Herrschaft.
Ukraine
Seit 1991 ist Lemberg Teil der unabhängigen Ukraine, doch gehen von Galizien immer wieder Autonomiebestrebungen aus, nicht zuletzt wegen der Geschichte Lembergs als Hauptstadt eines eigenen Königreiches.
Russischer Überfall 2022
Beim russischen Überfall auf die Ukraine 2022 diente die „Grenzstadt“ Lemberg als zentraler Punkt für Hilfslieferungen aus dem Westen, aber auch als Zielstadt für Hunderttausende Flüchtlinge aus dem Osten des Landes, die von den Russen vertrieben wurden. Die Kriegsflüchtlinge reisten weiter nach Polen, Deutschland usw., wenngleich vornehmlich Frauen und Kinder zu den Trecks gehörten. Aufgrund des verhängten Ausnahmezustandes dürften ukrainische Männer im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen, sie mußten der Verteidigung dienen.
Bekannte, in Lemberg geborene Personen
- Kazimierz Bartel (1882–1941), polnischer Gelehrter und Politiker
- Karl Ferdinand Dräxler (1806–1874), deutscher Dichter, Schriftsteller und Dramaturg
- Max Ettinger (1874–1951), jüdischer Komponist und Dirigent
- Michail Fridman (geb. 1964), jüdischer Oligarch und einer der einflußreichsten Wirtschaftsführer in Rußland
- Karl von Lukas (1860–1932), General der Infanterie im k.u.k. Heer
- Ludwig von Mises (1881–1973), jüdischer Ökonom aus Österreich
- Paul Muni (1895–1967), VS-amerikanischer Schauspieler
- Alfred Nossig (1864–1943), jüdischer Bolschewist, Schriftsteller, Publizist, Künstler und Statistiker
- Karl Radek (1885–1939), kommunistischer Politiker und Journalist, der in Polen, Deutschland und der Sowjetunion wirkte
- Hubert Svoboda Edler von Asticotal (1897–1976), deutscher Offizier und Ritterkreuzträger
- Oleg Tjagnibok (geb. 1968), ukrainischer Politiker (Swoboda-Partei)
- Karl Viktorowitsch Pauker (1893–1937), jüdischer Bolschewist
Siehe auch
- Lützenhofer Friedhof (Lemberg)
Verweise
- Lemberg verbietet Feierlichkeiten. Nach Ausschreitungen: Keine Ehrung von Sowjet-Veteranen (KOMPAKT-Nachrichten, 27.11.2011)
Filmbeitrag
- Massenmord der Roten Armee in Lemberg und Broniki an Zivilisten und deutschen Soldaten 1941
- https://archive.org/details/1941-07-09-Die-Deutsche-Wochenschau-566