Libyen-Konflikt 2011
Der Libyen-Konflikt, der mit angeblichen Unruhen begonnen haben soll, entstand im Februar 2011 im Zuge zeitgleicher Proteste in der arabischen Welt („Arabellion“). Im März beschloß die NATO (Operation „Odyssey Dawn“) unter französisch-englischer Führung mit einem UN-Mandat (Resolution 1973) den Überfall auf Libyen.
Inhaltsverzeichnis
UN-Resolution 1973
Am 17. März 2011 erließ der UN-Sicherheitsrat die Resolution 1973, durch die „zum Schutz der Zivilbevölkerung“ eine Flugverbotszone über Libyen eingerichtet und mit allen erforderlichen Mitteln durchgesetzt werden kann. Angeblich soll Gaddafi friedliche Kundgebungsteilnehmer aus der Luft bombardiert haben, was aber angezweifelt wird. Ende März 2011 kamen Nachrichten auf, die schwer bewaffneten Aufständischen hätten Verbindungen zu den Widerstandskämpfern von al-Qaida, was Gaddafis Behauptung, ebendiese steckten hinter den Unruhen, glaubwürdiger erscheinen läßt.[1]
Die Resolution wird von den VSA, Frankreich, Großbritannien, Portugal, Bosnien-Herzegowina, Gabun, Nigeria, Südafrika, Kolumbien und dem Libanon unterstützt. Rußland, China, Brasilien, Indien und die BRD[2] enthalten sich. Die libysche Führung reagierte auf die Entscheidung mit der Ankündigung eines sofortigen Waffenstillstands, welche später noch einmal wiederholt wurde.
Operation „Odyssey Dawn“
Die Luftangriffe auf Libyen wurden schon seit Jahren von den Planungsstäben des Pentagon vorbereitet.[3] Operation Odyssey Dawn wird als die „größte militärische Intervention des Westens in der arabischen Welt seit der Invasion des Irak vor genau acht Jahren“ bezeichnet.[4]
Dieser Krieg ist Teil des Kampfes um Erdöl. Libyen gehört zu den weltweit größten Erdölproduzenten mit einem geschätzten Anteil von 3,5 Prozent an den globalen Erdölreserven; damit sind seine Reserven zweimal so groß wie die der VSA. Hinter dem militärischen Eingreifen steht das Ziel, sich unter dem Vorwand einer Einmischung aus humanitären Gründen die Kontrolle über die libyschen Erdöl- und Erdgasreserven anzueignen. Die geopolitischen und wirtschaftlichen Auswirkungen einer von den VSA und der NATO angeführten, gegen Libyen gerichteten militärischen Intervention reichen weit.
Operation „Odyssey Dawn“ ist Teil einer umfassenderen militärischen Agenda für den Nahen und Mittleren Osten sowie Zentralasien, die darauf abzielt, die Kontrolle und Besitzrechte von mehr als 60 Prozent der Weltreserven von Erdöl und Erdgas, einschließlich der Erdgas- und Erdölpipelines, an sich zu reißen.[5]
Kosten des NATO-Krieges
Unter der Bezeichnung „militärische Einsätze zum Schutze der Zivilbevölkerung“ wurde das UN-Mandat zur Flugverbotszone von der NATO über Libyen umgesetzt.[6] Das Washingtoner Zentrum für strategische Studien beziffert die Kosten für einen Monat Überwachung der Flugverbotszone auf 353 Millionen Euro.
Zu Beginn der Operation zogen die VS-Streitkräfte vor Libyen drei U-Boote (Unterhaltungskosten liegen bei 90.000 bis 150.000 VS-Dollar pro Tag), zwei Zerstörer (50.000 bis 60.000 VS-Dollar), zwei Landungsschiffe (einer davon – Flugzeugträger, 150.000 bis 200.000 VS-Dollar), ein Kommunikationsschiff, Flaggschiff der 6. Flotte (rund 150.000 VS-Dollar) zusammen. Von den Schiffen wurden bis Ende März 200 „Tomahawk“-Marschflugkörper abgefeuert (eine bis anderthalb Millionen VS-Dollar/Stück). Die Kampfflugzeuge und Bomber unternahmen rund 1.000 Flüge (Großbritannien ca. 120,[7] Frankreich etwas mehr als 140). Eine Flugstunde des Kampfflugzeugs F-15 Eagle oder F-16 Falcon kostet 13.000 VS-Dollar. Dabei dauert ein Kampfeinsatz durchschnittlich anderthalb Stunden. Die Bomber B-2 (drei Angriffe auf Libyen von den Stützpunkten im VS-Bundesstaat Mississippi) sind zwar in der Luft etwas günstiger als die Kampfflugzeuge, die Wartungskosten sind jedoch höher und die Entfernung ist größer. Ein Flug kostet also rund 15.000 VS-Dollar. Das abgestürzte Kampfflugzeug F-15 Strike Eagle kostet die VSA 55 Millionen VS-Dollar.[8]
Um eine Flugverbotszone auch durchsetzen zu können, werden auch Boden-Luft-Raketen eingesetzt. Die VS-Streitkräfte verschossen von Positionen im Mittelmeer aus Marschflugkörper vom Typ „Tomahawk“.[9][10] Der amerikanische Tarnkappenbomber B-2 kostet pro Einsatzstunde 7.000 Euro. Von ihrem Heimatstützpunkt in Missouri bis zum Einsatzgebiet fliegen die B-2 etwa 25 Stunden — mit Luftbetankung.
Geschehnisse
Die NATO bestätigte am 1. Mai 2011 den Angriff auf Gaddafis Wohnkomplex in Tripolis.[11] Dabei wurde der jüngste Sohn[12] und drei Enkelkinder Gaddafis getötet (→ Gezielte Tötung).
Von Mitte März bis Ende Mai wurden durch die Luftangriffe der NATO insgesamt 718 Zivilisten getötet und mehr als 4.000 weitere verletzt. Im Juni teilte die NATO mit, die Kriegsteilnahme in Libyen um drei Monate (bis September 2011) zu verlängern.[13]
Am 4. Juni 2011 setzte die NATO, erstmals seit dem Ausbruch der Kämpfe in Libyen, Kampfhubschrauber ein. Die NATO-Hubschrauber griffen angeblich Militärfahrzeuge und militärisches Gerät an.[14]
Zitate
Der libysche Regierungssprecher Mussa Ibrahi kritisierte:
- „Wir sind in diesem Konflikt die einzige Seite, die ihre Bereitschaft für eine politische Lösung deutlich gemacht hat. Der Westen hat sich Gesprächen aber verweigert, statt dessen schickten sie Raketen und Bomben, denn das ist gut für manche europäische Volkswirtschaft. Der Westen will in Libyen nicht Demokratie, sondern Öl.“[15]
Filmbeitrag
- Libyen-Krieg war seit 10 Jahren geplant
- Später Gaddafi-Triumph – Libyen kämpft mit Millionen Kalaschnikows für die Ehre (31. Januar 2012)
Es mag ein später Triumph für den getöteten libyschen Staatschef Muammar al-Gaddafi sein, aber er kommt dennoch nicht zu spät: Mit Millionen Kalaschnikows, die Gaddafi kurz vor dem Tod an sein Volk verteilen ließ, kämpfen die Libyer heute nach wie vor mutig und bestimmt für ihr Land und die Ehre. Der US-Journalist Webster Tarpley berichtet exklusiv über die derzeitigen Ereignisse. Tarpley zeichnet ein düsteres Bild der Rebellen-„Regierung“, die durch zahlreiche Misserfolge derzeit massiv an Glaubwürdigkeit verliert und immer stärker unter Druck gerät.Und er berichtet über die unrühmliche Rolle der USA, Großbritanniens und der NATO, die sich durch Lügen und Täuschungen schwer gegen die libysche Zivilbevölkerung versündigt haben.
Verweise
- altermedia: DIE WELT, Libyen und die feigen Deutschen (19. März 2011)
- altermedia: Bombenangriffe auf Tripolis (20. März 2011)
- altermedia: Von Luftgangstern und Heuchlern (20. März 2011)
- altermedia: Rußlands gespaltenes Verhältnis zu den gegenwärtigen Vorgängen in Libyen (22. März 2011)
- Udo Ulfkotte, 26. März 2011: USA im Netz der Lügen: Waffenlieferungen für Al Qaida Kämpfer in Libyen
- altermedia: Abt. “Vor Tisch las man anders”: Nun also doch! (8. April 2011) (mit Filmbeitrag)
- F. William Engdahl: Jetzt hat Washington den Nahen und Mittleren Osten verloren, Kopp Online, 21. September 2015
- Michel Chossudovsky, 20. Mai 2011: Libyen: Größtes Militärunternehmen seit der Invasion des Iraks - Auf dem Weg zu einer länger andauernden Militäroperation
- Michel Chossudovsky, 8. Juni 2011: Militärische Eskalation: „Phase Zwei“ des Krieges gegen Libyen
- Susan Lindauer, 12. Juni 2011: Skrupellos: NATO-Kriegsverbrechen in Libyen
- hinter-der-fichte, 24. August 2011: Libyen: Die große Video-Show - Wie die NATO und ihre Sender fälschen.
- altermedia: Libyen: Der Kampf um die Beute beginnt (28. August 2011)
- Die wahren Gründe der „Befreiung“ Libyens (Kehrusker)
- Karikaturen
- Götz Wiedenroth:
- Libyen: Nato-Bomben gegen Gaddafi, aber wofür?, 24. März 2011
- USA, Libyen, etc.: Kriegerische Engagements des Friedensnobelpreisträgers, 28. März 2011
- Obama löst die Bundeswehrfahrkarten nach Libyen – mit einer Freiheitsmedaille, 9. Juni 2011
- Nordafrika-Auslandseinsatz des deutschen Militärs. Der Staat versichert nach siebzig Jahren erneut, es sei ganz notwendig, 10. Juni 2011
- Filmbeiträge
- 6. April 2011: Die Heuchelei der Macht: Nigel Farage über die „Saufkumpanen Gaddafi und van Rompuy“ (→ Europäische Union)
- 7. April 2011: Wladimir Putin kritisiert die Kreuzzugsmentalität des Westens im Fall Libyens (→ Wladimir Putin)
- Der russische Ministerpräsident Wladimir Putin prangert in einem Interview die Kontinuität der westlichen Aggressionspolitik von Clinton (Jugoslawien) über Bush (Afghanistan und Irak) bis Obama an. Nun sei Libyen unter dem Vorwand der Verteidigung der Bevölkerung an der Reihe. Putin: „Das alles erinnert mich an den mittelalterlichen Appell zum Kreuzzug.“